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Den Versuch menschliche Gesellschaften zu klassifizieren also Gesellschaftstypen aufzustellen haben zahlreiche Sozialwissenschaftler unternommen Die meisten neueren Ansatze stutzen sich auf eine historisch fundierte Typenlehre so wie jungst die Aufstellung von Anthony Giddens Soziologie 1999 die hier dargestellt wird Unter alteren Ansatzen gewann bereits die protosoziologische marxistische Typologie der Klassengesellschaften grossen Einfluss Sozialwissenschaftlich wirkungsvoll wurde dann die Einteilung nach Karl Bucher in Die Entstehung der Volkswirtschaft Inhaltsverzeichnis 1 Gesellschaftstypen nach Giddens 1 1 Die fruhesten Gesellschaften Jager und Sammler 1 1 1 Zeitraum 1 1 2 Soziale Merkmale 1 1 3 Jager und Sammler die ursprunglichen Uberflussgesellschaften 1 2 Weidegesellschaften 1 2 1 Zeitraum 1 2 2 Soziale Merkmale 1 3 Agrargesellschaften 1 3 1 Zeitraum 1 3 2 Soziale Merkmale 1 4 Traditionelle Staaten oder Zivilisation 1 4 1 Zeitraum 1 4 2 Soziale Merkmale 1 4 3 Die Maya 1 5 Gesellschaften der Ersten Welt 1 5 1 Zeitraum 1 5 2 Soziale Merkmale 1 6 Gesellschaften der Zweiten Welt 1 6 1 Zeitraum 1 6 2 Soziale Merkmale 1 7 Gesellschaften der Dritten Welt 1 7 1 Zeitraum 1 7 2 Soziale Merkmale 1 7 3 Indien 1 8 Schwellenlander 1 9 Quelle 2 Siehe auchGesellschaftstypen nach Giddens BearbeitenDie fruhesten Gesellschaften Jager und Sammler Bearbeiten Zeitraum Bearbeiten Der Zeitraum ihres Bestehens erstreckt sich von vor 50 000 Jahren bis heute Jager und Sammler sind heute noch in den Gebieten des brasilianischen Dschungels oder auf Neuguinea zu finden vgl Wildbeuter Durch die zunehmende globale Ausbreitung der westlichen Kultur verschwinden die Jager und Sammler zunehmend Hier werden zumeist sehr von Giddens abweichende Zeitraume veranschlagt namlich von diesseits des Tier Mensch Ubergangsfeldes vor ca funf Millionen Jahren bis zum Ende des Mesolithikums Soziale Merkmale Bearbeiten Jager und Sammler leben in kleinen Gruppen oder Stammen mit festen Territorien Ihre Gemeinschaften umfassen ungefahr 30 bis 40 Leute die zusammen leben und arbeiten Den Lebensunterhalt sichern sie durch Jagen Fischen und Sammeln von wild wachsenden Pflanzen Im Leben der Jager und Sammler herrscht genaue Arbeitsteilung zwischen Mannern und Frauen Ihre materiellen Guter beschranken sich auf Waffen fur die Jagd Werkzeuge fur das Graben und Bauen Fallen und Kochutensilien Verglichen mit grosseren Gesellschaften gibt es bei den Jagern und Sammlern nur wenig soziale Ungleichheit Es gibt keine Unterscheidung zwischen Arm und Reich Unterschiede des sozialen Ranges ergeben sich nur auf Grund des Alters und des Geschlechts Den altesten und erfahrensten Mannern kommt der meiste Respekt der Gruppe zu weshalb sie auch ublicherweise die wichtigen Entscheidungen treffen Jager und Sammler die ursprunglichen Uberflussgesellschaften Bearbeiten Der Ethnologe Marshall Sahlins nennt die Gemeinschaften der Jager und Sammler die ursprunglichen Uberflussgesellschaften weil er vermutet dass sie im Durchschnitt weniger durch ihre Arbeit in Anspruch genommen wurden als heutzutage Angestellte durch die Erwerbsarbeit Allerdings legten die Jager und Sammler keinen Wert auf Wohlstand Sobald die Grundbedurfnisse befriedigt waren wandten sie sich zeremoniellen und rituellen Aktivitaten zu Die meisten Jager und Sammlergesellschaften die heute noch existieren wurden aus fruchtbaren Gebieten vertrieben sind auf unwirtliche karge Gebiete zuruckgedrangt und leben oft an der Grenze zum Verhungern Weidegesellschaften Bearbeiten Zeitraum Bearbeiten Vor ca 20 000 Jahre begannen einige Gruppen der Jager und Sammler mit der Aufzucht von Haustieren Weidegesellschaft Die Weidegesellschaften bestehen seit ca 12 000 Jahren und sind heute noch als Teile grosserer Staaten z B in Afrika oder Zentralasien auffindbar Soziale Merkmale Bearbeiten Weidegesellschaften existieren oft in Regionen mit dichtem Grasbewuchs in Wusten oder Bergen Diese Regionen eignen sich nicht zum Ackerbau jedoch zur Aufzucht von Tieren In Weidegesellschaften werden gebietsabhangig Tiere wie z B Rinder Schafe Ziegen Kamele oder Pferde gezuchtet Sie dienen der Gemeinschaft als Lebensunterhaltssicherung Die Menschen sind auf Grund der Jahreszeiten genotigt zwischen verschiedenen Gebieten hin und her zu wandern vgl dazu Nomaden Durch die Tiere als Transportmittel ist es ihnen im Gegensatz zu den Jagern und Sammlern moglich weite Distanzen zu uberwinden Da durch die Tiere eine konstante Nahrungsquelle gegeben ist besteht die Gesellschaft aus wesentlich mehr Mitgliedern bis zu einer Viertel Million als die der Jager und Sammler Als Folge der Gebietsdurchwanderung und somit dem Zusammentreffen verschiedener Gruppen treten die ersten Handelsbeziehungen auf Diese Zusammentreffen konnten unter Umstanden auch zu Kriegen fuhren vgl Reitervolker In der Weidegesellschaft entsteht bedingt durch den Besitz Tiere eine starke soziale Ungleichheit Die Gruppe wird von einem Hauptling oder einem kriegerischen Konig regiert Agrargesellschaften Bearbeiten Zeitraum Bearbeiten Agrargesellschaften bestehen ebenfalls seit ca 12 000 Jahren vgl Neolithische Revolution und zu geringen Teilen auch heute noch Jedoch haben sie ihren spezifischen Charakter verloren da sie heute Teil grosserer politischer Einheiten geworden sind Soziale Merkmale Bearbeiten Agrargesellschaften sind sesshaft und beruhen auf kleinen Gemeinschaften auf landlichem Gebiet oder in kleinen Stadten Ihr Lebensunterhalt wird durch die Landwirtschaft sowie durch Jagen und Sammeln gesichert Im Vergleich zu den Jagern und Sammlern besitzen Agrargesellschaften mehr materielle Guter Durch die Sesshaftigkeit lassen sich regelmassige Handelswege und politische Handelsbeziehungen aufbauen Auch in der Agrargesellschaft lasst sich wie bei der Weidegesellschaft kriegerisches Verhalten finden weil ihre Vorratshaltung Raubzuge gegen sie motiviert Auch die Agrargesellschaften sind durch soziale Ungleichheiten gekennzeichnet und sie werden von Hauptlingen beherrscht Traditionelle Staaten oder Zivilisation Bearbeiten Zeitraum Bearbeiten Das Bestehen der traditionellen Staaten erstreckt sich auf den Zeitraum von 600 v Chr bis zum 19 Jahrhundert Soziale Merkmale Bearbeiten Dieser Gesellschaftstyp kam durch die Entwicklung der Stadte zustande Als weiteres Merkmal ist hier zu nennen dass die Gesellschaft der Schrift machtig war Innerhalb der traditionellen Staaten herrscht eine sehr stark ausgepragte Ungleichheit bzgl des Wohlstandes Traditionelle Staaten werden von Monarchen zunachst oft Priesterkonigen vgl Hydraulische Gesellschaft beherrscht Durch die entwickelte Zentralgewalt entstand die Bezeichnung traditionelle Staaten Zudem erhielten Wissenschaft und Kunste einen Aufschwung Anhand dieser Merkmale werden diese Gesellschaften auch Zivilisationen civilizations genannt Die meisten der traditionellen Staaten werden auf Grund der Grosse der Eroberungen und der Einverleibung anderer Volker Millionen von Menschen auch Reiche genannt Beispiele hierfur sind China Mesopotamien Persien oder das Romische Reich Als Unterschied zu den anderen Gesellschaftsformen muss hier angefuhrt werden dass der traditionelle Staat der erste historische Gesellschaftstyp war in dem sich ein grosser Teil der Bevolkerung nicht direkt mit der Herstellung von Nahrung beschaftigte jedoch die Landwirtschaft die Grundlage des Wirtschaftssystems bildete Der Handel und die Guterproduktion konzentrieren sich auf Stadte Die traditionellen Staaten zeichnen sich durch ein sehr kompliziertes Berufssystem aus zudem verfugen die traditionellen Staaten uber einen ausgebildeten Regierungsapparat an dessen Spitze ein Kaiser oder ein Konig steht Die Menschen wurden in Stande aristokratische Gruppen u a m eingeteilt vgl Sozialstruktur Das Verschwinden der traditionellen Staaten lasst sich nach Giddens durch die Industrialisierung begrunden Die Maya Bearbeiten Ein Beispiel fur einen traditionellen Staat waren die Maya die dritte amerikanische Zivilisation Sie lebten von 300 n Chr bis 800 n Chr auf der Halbinsel Yucatan im Golf von Mexiko Die Maya waren bekannt fur ihre prachtvollen religiosen Zentren gebaut aus Stein in Form von grossen Pyramiden welche von ihren Wohnhausern umgeben waren Beherrscht wurden die einfachen Bauern von den angesehensten Personen der Gesellschaft den Krieger Priestern Sie waren die religiosen Wurdentrager und militarischen Anfuhrer zugleich Gesellschaften der Ersten Welt Bearbeiten Zeitraum Bearbeiten Gesellschaften der Ersten Welt bestehen seit dem 18 Jahrhundert und reichen bis in die Gegenwart Weiter zuruckgreifende Datierungen beziehen hier die lombardischen Stadtstaaten Venedig Genua Portugal oder die Niederlande ein Soziale Merkmale Bearbeiten Die Gesellschaften der Ersten Welt entstanden durch den Kolonialisierungsprozess Sie beruhen auf der industriellen Produktion und der Marktwirtschaft Weiter zuruckgreifende Datierungen beziehen hier den Merkantilismus sowie stehende Heere und Kriegsflotten ein Die Menschen der Ersten Welt wohnen sowohl in kleineren als auch in grosseren Stadten Die Landwirtschaft wird nur noch von einem sehr geringen Teil der Bevolkerung betrieben Als weiteres Merkmal sind hier die Klassenunterschiede zu erwahnen Im Vergleich zu den traditionellen Staaten sind diese jedoch geringer Die Regierungsform der Ersten Welt beruht weitgehend auf einem parlamentarischen Mehrparteiensystem Beispiele fur Lander der Ersten Welt westliche Nationen Japan Australien und Neuseeland Gesellschaften der Zweiten Welt Bearbeiten Zeitraum Bearbeiten Die Gesellschaften der Zweiten Welt entstanden nach der Russischen Revolution 1917 und hatten bis Anfang der 1990er Jahre Bestand Soziale Merkmale Bearbeiten Eines der wichtigsten Merkmale der Zweiten Welt Gesellschaft ist die industrielle Basis und ein zentralgeplantes Wirtschaftssystem Zentralverwaltungswirtschaft Ein abnehmender Teil der Bevolkerung hat in der Landwirtschaft gearbeitet Das Leben der meisten Menschen spielte sich zunehmend in den Stadten ab Auch in diesem Gesellschaftstyp sind grosse Klassenunterschiede festzustellen Zweite Welt Gesellschaften sind politisch abgegrenzte Gemeinschaften oder Nationalstaaten bis 1989 bestanden sie aus der Sowjetunion und Osteuropa Seit 1989 haben die sozialen und die wirtschaftlichen Veranderungen das System der Zweiten Welt Gesellschaft in eine freie Marktwirtschaft umgewandelt und sie somit zu Gesellschaften der Ersten Welt gemacht Gesellschaften der Dritten Welt Bearbeiten Zeitraum Bearbeiten Die Gesellschaften der Dritten Welt entstanden zumeist im 18 Jahrhundert in kolonisierten Gebieten und bestehen auch heute noch Beispiele alterer Staaten sind z B Athiopien Nepal oder Thailand Soziale Merkmale Bearbeiten Mit dem Begriff Dritte Welt sind allgemein die weniger entwickelten Gesellschaften gemeint Kennzeichen der Dritte Welt Gesellschaften sind Armut vor allem in den landlichen Gebieten fehlende Schulbildung Substandard Wohnungen Benachteiligung der Frauen und eine niedrige Lebenserwartung Viele Gesellschaften der Dritten Welt befinden sich in Gebieten die fruher von Kolonialmachten regiert wurden Die Gesellschaften der Dritten Welt waren lange Zeit an die Industrielander gekoppelt Der Handel mit den westlichen Landern hat sie gepragt Sklavenhandel war in den Gesellschaften der Dritten Welt oft ublich In den Gesellschaften der Dritten Welt sind die meisten Menschen in der Landwirtschaft tatig Dies ist oft schwer weil die Menschen von Durreperioden oder Uberflutungen geplagt werden Ein Teil der landwirtschaftlichen Produkte welche durch traditionelle Produktionsmethoden gewonnen werden wird auf dem Weltmarkt abgesetzt cash crops Nicht alle Lander der Dritten Welt haben einen gleichen Aufbau so verfugen einige uber ein marktwirtschaftliches System wahrend andere Zentralverwaltungswirtschaften sind Alle Lander der Dritten Welt sind jedoch politisch abgegrenzte staatliche Gemeinschaften bei Giddens communities oder Nationalstaaten In den letzten Jahren haben sich die Bedingungen der Entwicklungslander eher verschlechtert als verbessert Indien Bearbeiten Ein Beispiel fur ein Land der Dritten Welt ist Indien Indien wurde von Grossbritannien kolonialisiert Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte Indien zwar die Unabhangigkeit jedoch zerfiel es in zwei Teile das eigentliche Indien in welchem der Hinduismus vorherrscht und das islamische Pakistan In Indien ist noch heute ein Drittel der Bevolkerung in der Landwirtschaft tatig Schwellenlander Bearbeiten Schwellenlander werden auch als neue industrialisierte Lander bezeichnet Als Beispiele fuhrt Giddens Brasilien und Mexiko in Lateinamerika Hongkong Singapur und Taiwan in Ostasien an S 66 Schwellenlander gehorten vor ihrem Aufstieg zu den Gesellschaften der Dritten Welt Die grosste Anzahl der Menschen lebt nun in den Stadten die Landwirtschaft hingegen gerat in den Hintergrund Schwellenlander zeichnen sich durch enorme Klassenunterschiede aus meist sind diese hoher als in den Gesellschaften der Ersten Welt Quelle Bearbeiten Anthony Giddens Soziologie Nausner und Nausner 1999 2 Auflage gt Siehe auch BearbeitenTyp Normaltyp Idealtyp Urgesellschaft Wildbeuter Hydraulische Gesellschaft Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesellschaftstypen nach Giddens amp oldid 236635824