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Georges de Porto Riche 20 Mai 1849 in Bordeaux 5 September 1930 in Paris war ein franzosischer Dramatiker und Romancier Er gilt als Initiator des modernen Theatre d amour eine thematisch bestimmte Richtung franzosischer Theaterstucke vor dem Ersten Weltkrieg in deren Mittelpunkt jeweils die Liebe stand Andere Vertreter des Theatre d amour waren etwa Henry Bataille und Henry Bernstein Georges de Porto Riche Fotografie von Nadar 1895 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 1 1 Jugend und fruhe schriftstellerische Versuche 1 2 Das Theatre d amour 2 Rezeption 3 Werke Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Werk BearbeitenJugend und fruhe schriftstellerische Versuche Bearbeiten nbsp Jacques Emile Blanche Georges Porto Riche 1889 nbsp Georges de Porto Riche gezeichnet von Aristide Delannoy 1910 Porto Riche wurde als Sohn eines Wechselhandlers in eine assimilierte judische Familie geboren die ursprunglich aus Italien stammte Wahrend seiner Kindheit lebte er sieben Jahre mit der Familie in Valparaiso von wo sein Vater ruiniert nach Frankreich zuruckkehrte Allerdings erwarb der Vater bis zum Ende des Zweiten Kaiserreichs als Verwalter der Bouffes Parisiennes und mit anderen Geschaften wieder einiges Vermogen In Frankreich lebte Georges de Porto Riche zunachst in einem Internat bei Paris 1865 begann er eine Banklehre die er aber unterbrach um 1867 das Abitur abzulegen Auf Wunsch seines Vaters begann er daraufhin ein Jurastudium vernachlassigte dies aber bald zu Gunsten der Literatur Als Anhanger der Commune sass er im Mai 1871 fur einige Wochen im Gefangnis Ermutigt von Theophile Gautier und offensichtlich beeinflusst von Victor Hugo veroffentlichte Porto Riche 1872 einen ersten Gedichtband Mit Hilfe seines Vaters erreichte er 1873 die erste Auffuhrung eines Einakters 1875 gelang ihm mit seinem Versdrama uber Philipp II mit Buhnenmusik von Jules Massenet ein Achtungserfolg Aber nachdem 1878 noch einmal zwei seiner Dramen zur Auffuhrung kamen jedoch ohne jede Resonanz blieben publizierte er bis 1888 nichts mehr Spater unterband er Neuauflagen seiner fruhen Arbeiten Das Theatre d amour Bearbeiten nbsp Illustration zu La Chance de Francoise in der Revue Illustree 1885 Porto Riche uberwarf sich 1879 durch die Heirat einer zehn Jahre jungeren Cousine mit seiner Familie knupfte aber eine enge Freundschaft zu Guy de Maupassant Er fuhrte ein Boheme Leben und bot seine Manuskripte meist vergeblich verschiedenen Theatern zur Auffuhrung an Sein Durchbruch gelang ihm 1888 mit dem bereits funf Jahre zuvor geschriebenen La Chance de Francoise im Theatre Libre von Andre Antoine Dieses Stuck widersprach in seiner Konzeption sowohl traditionellen wie auch naturalistischen Vorstellungen Porto Riche verzichtete dabei sowohl auf eine Handlung im konventionellen Sinne als auch auf eine Charakterisierung der Figuren Das einzige Thema stellte stattdessen die Liebe dar deren Wesen insbesondere von der weiblichen Hauptfigur psychologisiert wurde Die von langen Perioden des Schweigens unterbrochenen Dialoge ahnelten dem symbolistischen Drama Vor allem in den 1890er Jahren feierte Porto Riche grosse Buhnenerfolge Seine Stucke L Infidele 1890 und vor allem Amoureuse 1891 galten mit ihrer naturalistischen und psychologischen Darstellung von Dreiecksbeziehungen menage a trois von Ehemann Ehefrau und deren Liebhaber und ihrer vergleichsweise deutlichen Thematisierung von Sexualitat als wegweisend und fanden viele Nachahmer Seine spateren Dramen nahmen dabei die Abstraktion wieder zu Gunsten konventioneller dramatischer Mittel zuruck Porto Riches grosses Thema war aber stets die Liebe Als Sammlung Theatre d amour 1928 fullen seine Stucke vier Bande und beschaftigen sich immer wieder mit Paarbeziehungen und ihren Problemen Die Porto Riches fuhrten einen Salon in welchem Personlichkeiten wie Maupassant Eleonora Duse Gabriele D Annunzio und Paul Hervieu verkehrten Mit Leon Blum verband Porto Riche eine auch politische Freundschaft und ein gemeinsames Engagement fur Alfred Dreyfus Durch die Vermittlung Blums und Jean Jaures wurde Porto Riche 1906 zum Direktor der Bibliotheque Mazarine ernannt Er war Grand officier de la Legion d honneur und wurde 1923 in die Academie francaise gewahlt Da er aber nicht bereit war die vorgeschriebene Laudatio auf seinen Vorganger Ernest Lavisse zu halten wurde er nie offiziell aufgenommen Porto Riche liegt zusammen mit seinem Sohn Marcel auf dem Meeres Friedhof von Varengeville sur Mer begraben Rezeption Bearbeiten nbsp Programm zur Auffuhrung von Amoureuse am Pariser Theatre du Vaudeville am 24 Marz 1896 mit Rejane in der HauptrollePorto Riches Theatre d amour irritierte zunachst Publikum und Kritik ob der Handlungsarmut und Thematik Der Kritiker Francisque Sarcey etwa sprach von insanite Henri de Bornier schlug fur Amoureuse als neuen Titel Hysterique vor Der grosse Publikumserfolg etwa von Amoureuse der wohl nicht zuletzt auf die Leistungen der Schauspielerin Rejane Gabrielle Charlotte Rejus in der weiblichen Hauptrolle zuruckzufuhren war stimmte die Kritik allerdings zunehmend freundlich Auch die literaturhistorische Bedeutung des Stuckes wurde anerkannt Auf der anderen Seite zog Porto Riche auf Grund seiner Liebeskonzeption und seines Engagements in der Dreyfus Affare die scharfe Kritik konservativer Kreise auf sich die im Fall der Action francaise auch dezidiert antisemitisch gefarbt war 1 nbsp Szenenbild aus dem Programm zur Auffuhrung von Amoureuse vom 24 Marz 1896Das Provokante an dem Theater Porto Riches bestand einerseits in der fur die damalige Zeit unverblumten Thematisierung der Sexualitat und andererseits in dem Angriff auf die Ehe als zentraler Institution der burgerlichen Gesellschaft Leon Blum etwa berief sich in seinem umstrittenen Essay Du Mariage 1907 in welchem er die Trennung von Ehe und Liebe forderte explizit auf das Theatre d amour 2 Auch in Deutschland war der Rezeption gemischt Als Amoureuse das von Theodor Wolff unter dem Titel Verliebt ubersetzt worden war am 10 Oktober 1903 am Deutschen Volkstheater aufgefuhrt wurde schrieb Hermann Bahr Wunderbar weil kaum irgend ein anderes die Stimmung dieser Generation einer zugleich skeptischen und doch noch Leidenschaft verlangenden unglaubigen und sehnsuchtigen nihilistisch enttauschten und romantisch verschwarmten so traurig schon ausgedruckt hat Technisch kommt der Autor aus dem ersten Theatre Libre und von Henry Becque her Keine Handlung keine Spannung keine Praparationen keine ficelles wie man damals hohnisch sagte keine scene a faire nichts mehr von diesem unertraglich und verachtlich gewordenen Metier des guten Onkel Sarcey Sondern Menschen alltaglich wie wir sind in ihren alltaglichen Gefuhlen und ihrer alltaglichen Erscheinung vorgebracht 3 Arthur Eloesser hingegen bemerkte Er besingt nur die Tragodien der Herzen die geopfert werden die sich immer wieder zum Opfer anbieten und sich mit den Wunden ihrer Leidenschaft wie mit blutigen Rosen schmucken er scheint zu sagen dass nur noch die Frauen in einer durch keine Kultur zerstorten pflanzenhaften Naturlichkeit imstande sind sich hinzugeben dass nur sie noch die Gabe des hochsten Gluckes und des tiefsten Unglucks empfangen konnen Bei ihnen ist die Liebe die hochste die einzige Angelegenheit des Lebens wahrend sie bei den Mannern zu einer Episode geworden ist 4 Deswegen so fassten es die Sozialistischen Monatshefte 1930 in ihrem Nachruf zusammen weil Porto Riche mehr von der ertraumten als von der realistisch zu fassenden Frau dichtete wurde er in unserer Zeit beinahe vergessen und nur noch von Schauspielerinnen bemuht wenn sie in Verlegenheit um eine Bombenrolle waren 5 Bis in die 1930er Jahre wurden die Werke Porto Riches zwar noch recht haufig aufgefuhrt Nach dem Zweiten Weltkrieg galten sie indes eher als historische Zeitdokumente Literaturhistorisch nimmt das Theatre d amour dabei eine vermittelnde Position ein zwischen dem konventionellen Drama des 19 Jahrhunderts und den avantgardistischen Stucken die nach dem Ersten Weltkrieg aufgefuhrt wurden Der Einfluss Porto Riches ist vor allem bei Paul Geraldy Henry Bataille Tristan Bernard Edouard Bourdet und Sacha Guitry zu spuren aber auch noch im Boulevardtheater der Gegenwart Werke Auswahl BearbeitenLyrikPrimo Verba Gedichte 1872 Tout n est pas rose Gedichte 1877ProsaPommes d Eve 1874 Bonheur manque carnet d un amoureux 1889 Quelques vers d autrefois 1915 Anatomie sentimentale pages preferees 1920 Veux tu que je sois ta femme Roman 1923 Sous mes yeux 1927TheaterstuckeLe Vertige 1873 Un drame sous Philippe II 1875 Les Deux Fautes 1878 Vanina 1878 La Chance de Francoise 1888 L Infidele 1890 Amoureuse 1891 Le Passe 1897 Les Malefilatre 1904 Le Vieil homme 1911 Zubiri 1912 Le Marchand d estampes 1918 Les Vrais Dieux 1929WerkausgabeTheatre d amour 4 Bande Paris 1926 1928 nbsp Grabstein in Varengeville sur MerLiteratur BearbeitenWolfgang Asholt Gesellschaftskritisches Theater im Frankreich der Belle epoque 1887 1914 Studia Romanica 59 Verlag Winter Heidelberg 1984 ISBN 3 533 03548 4 zugl Habilitationsschrift Universitat Munster 1983 Hermann Bahr Glossen zum Wiener Theater 1903 1906 S Fischer Berlin 1907 Hendrik Brugmans Georges de Porto Riche Sa vie son oeuvre Droz Paris 1934 Arthur Eloesser Literarische Portraits aus dem modernen Frankreich S Fischer Berlin 1904 Henry Marx Georges de Porto Riche Son Œuvre NRC Paris 1924 W Muller Georges de Porto Riche Vrin Paris 1934 Weblinks BearbeitenKurzbiografie und Werkliste der Academie francaise franzosisch Literatur von und uber Georges de Porto Riche im SUDOC Katalog Verbund franzosischer Universitatsbibliotheken Angaben zu Georges de Porto Riche in der Datenbank der Bibliotheque nationale de France Einzelnachweise Bearbeiten Wolfgang Asholt Gesellschaftskritisches Theater im Frankreich der Belle epoque 1887 1914 S 118 123 Wolfgang Asholt Gesellschaftskritisches Theater in Frankreich der Belle epoque 1887 1914 S 123 128 Hermann Bahr Glossen zum Wiener Theater 1903 1906 S 163 Arthur Eloesser Literarische Portraits aus dem modernen Frankreich S 99 Sozialistische Monatshefte 1930 S 1183 Normdaten Person GND 118792946 lobid OGND AKS LCCN n85348945 VIAF 22183540 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Porto Riche Georges deKURZBESCHREIBUNG franzosischer Dramatiker und RomancierGEBURTSDATUM 20 Mai 1849GEBURTSORT BordeauxSTERBEDATUM 5 September 1930STERBEORT Paris Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Georges de Porto Riche amp oldid 213681860