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Unter Genkopplung versteht man in der klassischen Genetik dass gemeinsam vererbte korperliche Merkmale eng aneinander gebunden sind weil die sie codierenden Gene auf ein und demselben Chromosom liegen Nicht nur die Merkmale sind im Erbgang verbunden sondern auch ihre Gene die eine Kopplungsgruppe bilden Ein im Mikroskop sichtbares Chromosom ist die Darstellung einer genetisch funktionalen Einheit die in der Regel weder in der Mitose noch in der Meiose aufgeteilt wird Deswegen werden gekoppelte Gene nicht unabhangig voneinander vererbt Ein Beispiel fur Genkopplung sind die Gene die fur die Selbstinkompatibilitat bei Pflanzen zustandig sind Inhaltsverzeichnis 1 Kopplungsgruppen 2 Rekombination 2 1 Meiotisches Crossing over 2 2 Genkartierung 2 3 Mitotisches Crossing over 3 Neue Kopplung 4 Keine Kopplung 5 Literatur 6 Einzelnachweise 7 Siehe auchKopplungsgruppen BearbeitenMit Methoden der klassischen Genetik wird von korperlichen Merkmalen auf ursachliche Gene geschlossen Das Gen selbst ist im Mikroskop nicht unmittelbar zu erkennen 1 Doch vom Phanotyp eines Organismus ist eine Genkopplung abzulesen Sie tritt in Erscheinung wenn elterliche Merkmale erneut zusammen in den Nachkommen vorkommen Die verbundenen Merkmale A B sowie a b der Eltern erscheinen so kombiniert A B a b auch in der ersten folgenden Generation in der F1 Bestimmte Gene verursachen entsprechend korperliche Merkmale Deswegen zeigen verbundene Merkmale die Kopplung ihrer Gene welche in ein und demselben Chromosom liegen Homologe Chromosomen enthalten in der gleichen Reihenfolge die gleichen Gene welche allerdings als Allele vorliegen konnen Die Gene der homologen Chromosomen eines Diplonten gehoren demnach zu derselben Kopplungsgruppe A B a b 2 Deswegen ist die Zahl der Kopplungsgruppen mit der Zahl der Chromosomen eines einfachen haploiden Chromosomensatzes identisch Beim Menschen sind es 1n 23 Chromosomen welche 23 Kopplungsgruppen bilden Die fruhen Genetiker spurten mittels phanotypischer Kopplung lediglich einzelne Gene auf Die DNA Sequenzierung ganzer Genome erlaubt die genetischen Kopplungsgruppen zu vervollstandigen Wenn das menschliche Genom etwa 20 000 Gene besitzt die Proteine codieren dann enthalt ein mittleres Chromosom 670 solcher Gene 3 4 Rekombination BearbeitenVor der Teilung eines Zellkerns bietet sich in den verdoppelten reduplizierten Chromosomen die Moglichkeit Gen Gruppen aus einer Chromatide zu losen und wechselseitig reziprok mit homologen Gengruppen Allelen einer homologen Chromatide auszutauschen Dieses molekulare Geschehen heisst Crossing over das unter dem Mikroskop als Uberkreuzung Chiasma der betreffenden Chromosomen erscheint Das Crossing over bricht also in Eukaryoten die alte Genkopplung indem es Gene beziehungsweise Gengruppen reziprok umordnet Solche Rekombinationen ereignen sich in meiotischen aber auch in mitotischen Zellkernen 5 Meiotisches Crossing over Bearbeiten Hier geht es um die vier homologen Chromatiden die in der ersten Prophase der Meiose ein Synaptonemaler Komplex zu einer Tetrade verbindet Sie ist die vierstrangige Struktur eines Chromosomenpaares weil die Meiose erst in einem Zellkern beginnt der einen 4C DNA Gehalt besitzt Im Zygotan spatestens im Pachytan kommt es zu Crossing over zwischen den Nicht Schwesterchromatiden einer jeden Tetrade wodurch Teile mutterlicher und vaterlicher Chromatiden ausgetauscht werden In den einfachen Fallen ereignet sich jeweils ein Crossing over das die elterlichen Allele neu aneinanderreiht So entstehen reziprok neue Kopplungsgruppen Die homologen Chromosomen die sich nach Crossing over in der ersten meiotischen Anaphase trennen sind genetisch verschieden zu den mutterlichen und vaterlichen Chromatiden Geschieht das Crossing over zwischen den gekoppelten Genen der Merkmale A B sowie a b dann erscheinen nach genugend Kreuzungen neben A B und a b in manchen Nachkommen auch rekombinante Neuerungen namlich A b und a B Je naher zwei Gene allerdings in ihrem Chromosom beieinander liegen desto seltener werden sie getrennt Die Wahrscheinlichkeit zu rekombinieren verhalt sich proportional zur Entfernung der Gene zueinander Ausserdem ist Crossing over wichtig fur die genaue Teilung eines 4C Chromosomenpaares in der ersten Anaphase der Meiose 6 Denn es darf nicht ubersehen werden dass in der ersten meiotischen Anaphase die Zentromere nicht spalten sodass ihre jeweiligen Schwesterchromatiden zusammenhangend verteilt werden Ob nun mutterliche oder vaterliche Zentromere zu einem der beiden Pole wandern ist dem Zufall uberlassen So kommt es beim Menschen mit 23 Bivalenten nur ein einziges Mal in 2 4 194 304 Fallen vor dass alle mutterlichen zum selben Pol und die vaterlichen zum anderen Pol wandern Diese zufalligen Verteilungen der neu kombinierten Chromosomen ist nach den Ereignissen des Crossing over die zweite Art genetischer Rekombination welche die Meiose leistet 7 So ist die naturliche Rekombination der Schlusselprozess fur die Zuchtung von Pflanzen und Tieren ohne Gentechnik 8 Hinweis Manche Arten verzichten in einem Geschlecht auf die meiotische Rekombination Mikroskopisch sind keine Uberkreuzungen der Chromosomen zu finden Beispielhaft fur achiasmatische Meiosen sind die mannlichen Taufliegen 9 Genkartierung Bearbeiten Sobald man wusste die Gene befinden sich in den Chromosomen war es naheliegend zu fragen In welcher Reihenfolge und in welchem Verhaltnis sind sie dort zu finden Fur Antworten auf solche Fragen sind mindestens drei Merkmale bezw ihre Gene ins Kalkul zu ziehen Dies geschieht mit einer Kopplungsanalyse Eine klassische Genkarte erfordert meiotische Austauschraten einer Kopplungsgruppe zu bestimmen und auf einer Geraden in relativen Abstanden einzutragen 10 11 Werden zwei Gene in einem Fall pro 100 Meiosen getrennt so hat man definiert besitzen sie einen Abstand von einem centiMorgan cM 12 Beim Menschen entspricht ein 1 cM etwa 1 Mb Million Basenpaaren Das kann jedoch stark variieren Eine Faktorenkarte von Drosophila melanogaster zeigte Curt Stern 1933 13 Mitotisches Crossing over Bearbeiten Allel Austausch ist nicht auf die Meiose beschrankt Crossing over kann auch in der mitotischen Verteilung der Chromosomen passieren Dies war bereits Curt Stern bekannt der dazu viele Versuche anstellte Das Ergebnis registrierte er an Gewebe Flecken die er als Mosaike verstand Solche Veranderungen des somatischen Karyotyps wirken sich selbstverstandlich nicht auf den Erbgang aus 14 RNA Synthese Transkription aktiver Gene begunstigt die mitotische Rekombination 15 Ein Forscher Duo aus Kopenhagen und New York verfolgte einzelne Ereignisse homologer Rekombination in lebenden somatischen Zellen in Echtzeit Sie untersuchten nicht nur die beteiligten DNA Sequenzen sondern auch die an der Rekombination beteiligten Proteine Mitotische Rekombinationen bezwecken nicht so sehr Genome zu variieren sondern Gendefekte zu reparieren 16 Obwohl Parallelen zwischen mitotischer und meiotischer Rekombination bekannt sind erledigen sie verschiedene Aufgaben Die Meiose braucht Crossing over um gekoppelte Allele zu variieren und um gleichwertige Verteilung der Chromosomen in der Anaphase zu gewahrleisten In der Mitose geht es vor allem um Reparatur von DNA Schaden wozu Crossing over nicht unbedingt erforderlich sei 17 Neue Kopplung BearbeitenEs gibt Haufungspunkte hot spots fur Crossing over sodass bestimmte Gene haufiger gemeinsam vererbt werden als es statistisch der Fall ware Einfache Wiederholungen simple repeats in der DNA Sequenz fordern die meiotische Rekombination 18 19 Dieser Idee ist man auch in der Viren Genetik nachgegangen 20 Keine Kopplung BearbeitenGene in verschiedenen Chromosomen sind nicht aneinander gebunden sie sind nicht gekoppelt Wegen ihrer Unabhangigkeit werden sie nach der dritten Mendel Regel vererbt Literatur BearbeitenJochen Graw Genetik 7 Auflage Springer Berlin Heidelberg 2021 ISBN 978 3 662 60908 8 James D Watson Molekularbiologie 6 aktualisierte Auflage Pearson Studium 2011 ISBN 978 3 86894 029 9 Katharina Munk Taschenlehrbuch Biologie Genetik Georg Thieme Verlag 2011 ISBN 978 3 13 144871 2 Orlando J Miller Eeva Therman Human chromosomes Structure behavior and effects 4 Auflage Springer New York Berlin Heidelberg 2000 ISBN 0 387 95031 1 Walther Traut Chromosomen Klassische und molekulare Cytogenetik Springer Berlin Heidelberg 1991 ISBN 3 540 53319 2 Walter Nagl Chromosomen Organisation Funktion und Evolution des Chromatins 2 Auflage Paul Parey Berlin Hamburg 1980 ISBN 3 489 60234 X Michael J D White The chromosomes 6 Auflage Chapman and Hall London 1973 ISBN 0 412 11930 7 iiif wellcomecollection org PDF Curt Stern Faktorenkoppelung und Faktorenaustausch Handbuch der Vererbungswissenschaft Borntraeger Berlin 1933 DNB 362545197 Max Hartmann und Richard Goldschmidt in Verehrung und Dankbarkeit fur mehr als zehn gluckliche Arbeitsjahre am Kaiser Wilhelm Institut fur Biologie Einzelnachweise Bearbeiten Giulia Frezza Mauro Capocci Thomas Hunt Morgan and the invisible gene The right tool for the job In History Philosophy Life Sciences 40 2018 Article 31 Rigomar Rieger Arnd Michaelis Melvin M Green A glossary of genetics and cytogenetics Springer Heidelberg New York 1968 linkage International Human Genome Sequencing Consortium Finishing the euchromatic sequence of the human genome In Nature 431 7011 2004 S 931 945 doi 10 1038 nature03001 Allison Piovesan Francesca Antonaros Lorenza Vitale Pierluigi Strippoli Maria Chiara Pelleri Maria Caracausi Human protein coding genes and gene feature statistics in 2019 In BMC Res Notes Band 12 2019 S 315 ncbi nlm nih gov PDF Rigomar Rieger Arnd Michaelis Melvin M Green A glossary of genetics and cytogenetics Springer Heidelberg New York 1968 S 103 Neil Hunter Meiotic recombination The essence of heredity In Cold Spring Harb Perspect Biol 7 12 2015 a016618 ncbi nlm nih gov PDF Der Autor bemerkt dass defekte Rekombinationen Hauptursachen fur Fehlgeburten und fur Erbkrankheiten des Menschen sind Michael J D White The chromosomes 6 Auflage Chapman and Hall London 1973 ISBN 0 412 11930 7 S 95 Meiosis first anaphase iiif wellcomecollection org PDF Roven Rommel Fuentes Dick de Ridder Aalt D J van Dijk Sander A Peters Domestication shapes recombination patterns in tomato In Mol Biol Evol 39 2022 msab287 ncbi nlm nih gov PDF Jessica E Fellmeth Kim S McKim A brief history of Drosophila female meiosis In Genes Basel 13 5 2022 S 775 ncbi nlm nih gov PDF Rigomar Rieger et al 1968 S 266 Curt Stern 1933 S 113 Walter Traut Chromosomen Klassische und molekulare Cytogenetik Springer Berlin Heidelberg 1991 ISBN 3 540 53319 2 S 256 Als Einheit der Genkarte gilt 1 Austausch definiert als Centimorgan Curt Stern 1933 S 114 Abb 42 Curt Stern Somatic crossing over and segregation in Drosophila melanogaster In Genetics 21 6 1936 S 625 730 ncbi nlm nih gov PDF Andres Aguilera Helene Gaillard Transcription and recombination When RNA meets DNA In Cold Spring Harb Perspect Biol 6 8 2014 a016543 PDF Michael Lisby Rodney Rothstein Cell biology of mitotic recombination In Cold Spring Harb Perspect Biol 7 3 2015 a016535 PFD Sabrina L Andersen Jeff Sekelsky Meiotic versus mitotic recombination Two different routes for double strand break repair The different functions of meiotic versus mitotic DSB repair are reflected in different pathway usage and different outcomes In Bioessays 32 12 2010 1058 1066 PDF Walther Traut Chromosomen Klassische und molekulare Genetik Springer Berlin Heidelberg 1991 ISBN 3 540 53319 2 Kopplungsgruppen und Genkarten S 256 268 Yechezkel Kashi David G King Simple sequence repeats as advantageous mutators in evolution In Trends Genet 22 5 2006 253 259 Abstract Rasel Siddiqe Ajit Ghosh Genome wide in silico identification and characterization of Simple Sequence Repeats in diverse completed SARS CoV 2 genomes In Gene Rep 23 2021 101020 PDF Siehe auch BearbeitenSyntanie Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Genkopplung amp oldid 238436517