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Die Gottinger Gendarmen Affare war ein Zusammenstoss von Gottinger Studenten mit der Gendarmerie des Konigreichs Westphalen am 17 August 1809 mit erheblichen Folgen fur die Gottinger Studentenschaft wie auch die Georg August Universitat selbst Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkungen 2 Gendarmen Affare 3 Literatur 4 EinzelnachweiseVorbemerkungen BearbeitenIm Jahr 1809 und wahrend der gesamten Franzosenzeit im Kurfurstentum Hannover 1807 1813 unterstand die Georg August Universitat Konig Jerome Bonaparte und damit dem Unterrichtsministerium des Konigreichs Westphalen in Kassel Nach dem Tod des Generaldirektors des Offentlichen Unterrichts Johannes von Muller im Mai 1809 war der Gottinger Professor Staatsrat Justus Christoph Leist sein Nachfolger geworden Die Landsmannschaften in denen die Studenten in Gottingen wie auch an anderen Universitaten traditionell organisiert waren befanden sich seit Marz 1808 aufgrund des nachlassenden Verfolgungsdrucks der akademischen Behorden gegen die baltischen Studentenverbindungen in einer Phase der Neuorganisation und des Aufwinds So hatten sich die Landsmannschaft der Guestphalen der Hannoveraner vereinigt mit den Rheinlandern der Vandalen sprich Mecklenburger 1 und der Ruthenen Deutsch Balten vereinigt mit der Landsmannschaft Pomerania zu Beginn des Jahres 1809 im Gottinger Senioren Convent einen neuen SC Comment gegeben den Allgemeinen Komment der Gottinger Burschenschaft 2 Dies war bis nach Kassel zu Johannes von Muller vorgedrungen der den Gottinger Prorektor Johann Gottfried Eichhorn bereits am 16 Februar 1809 auf die Entwicklung hinwies und die Universitatsbehorden zu scharfer Aufsicht anhielt 3 Aus Gottingen berichtete an Muller besonders zum Thema der Landsmannschaften regelmassig informell der Professor Christoph Meiners auch uber den verbindungsfreundlichen Prorektor Eichhorn dessen Sohn Franz 4 Mitglied bei den Vandalen war 5 Entsprechend erhohten von Muller und im Sommer 1809 auch sein Nachfolger Leist den Verfolgungsdruck Im Sommer 1809 wurden die Studenten die bisher nicht nur einer eigenen Akademischen Gerichtsbarkeit durch das Universitatsgericht mit den Pedellen als Ermittlungs und Vollzugsorganen unterstanden nunmehr auch durch die wesentlich rigider vorgehende normale Gendarmerie des Konigreichs verfolgt Zusatzlich verbot Leist mit seinem Edikt vom 22 Juli 1809 nicht nur das massiv in Mode gekommene Tragen von Couleur jeder Art insbesondere aber das Tragen der Studentenmutzen in den Farben der jeweiligen Verbindung sondern auch das Tragen von Schnurrbarten den Waffenbesitz und das offentliche Tabakrauchen Tabak wurde zu dieser Zeit zumeist mit Ton oder Porzellanpfeifen geraucht Letztere wurden oftmals mit dem Wappen der Verbindung und den Namen der Mitglieder der Landsmannschaft geschmuckt die schon damals in die Hande der akademischen Behorden geraten als Beweismittel dienten und so nachvollziehbar noch heute fur Studentenhistoriker wichtige Quellen sind 6 Im Sommer 1809 machten sich die Gottinger Studenten uber die Anordnungen Leists zunachst lustig Gendarmen Affare BearbeitenDie Gendarmen Affare 7 wurde ausgelost durch eine eigentlich harmlose Begebenheit einen gemeinsamen Ausritt von Mitgliedern der Hannovera aus der Stadt Die Gendarmen griffen zu weil die Studenten beim Ausritt ihnen angeblich nicht ausgewichen seien Es entstand ein Menschenauflauf bestehend aus Gottinger Burgern und weiteren Studenten der von weiteren herbeieilenden Gendarmen zu Pferde mit blankem Sabel zusammengeritten und mit Sabelhieben aufgelost wurde nbsp Ulrichs Garten 1801 Am Abend des gleichen Tages versammelten sich die erregten Studenten auf dem Ulrich einer beliebten Gaststatte bei der Albanikirche etwa wo heute die Stadthalle Gottingen steht Die Studentenschaft beschloss auf dieser Zusammenkunft von der Regierung in Kassel Genugtuung zu fordern Sie wurde in diesem Ansinnen auch vom akademischen Senat der Universitat bestarkt Diese Genugtuung wurde nicht gewahrt wenn auch einer der Gendarmen in der Folge strafversetzt wurde Vielmehr wurde die Hannoversche Landsmannschaft am 9 September 1809 vonseiten der Regierung in Kassel offiziell aufgelost Im Verborgenen bestand sie indes fort Die Studentenschaft verhangte nun fur die Dauer von zwei Jahren den Verruf uber die Universitat Die Studenten verpflichteten sich damit wechselseitig im Sinne eines Boykotts die Universitat zu verlassen und zum folgenden Wintersemester auch nicht zuruckzukehren Dies erfolgte durch namentliche Eintragung in die heute so genannten Verrufslisten von 1809 in Spalten unter jeweils eine der funf im Sommer 1809 bestehenden Landsmannschaften 8 Von den 615 Studenten der Georgia Augusta im Sommersemester 1809 unterschrieben 418 Studenten diese Verrufslisten Daraus kann jedoch nicht der Schluss gezogen werden das diese ebenso viele Mitglieder hatten vielmehr unterschrieben neben dem engeren Kreis auch die Renoncen und nach dem Gesichtspunkt der Konnexitat sonstige Sympathisanten der jeweiligen Landsmannschaften also auch sogenannte Wilde oder Kamele wie die nicht organisierten Studenten damals genannt wurden Die Begebenheiten des Jahres 1809 schildert als Zeitzeuge der damalige Student und spatere Professor an der Universitat Kiel Heinrich Rudolf Brinkmann 1789 1878 9 Die verbotenen Hannoveraner wandten sich in grosserer Zahl im Wintersemester 1809 10 nach Heidelberg und stifteten dort das Corps Hannovera Heidelberg als eigenstandiges Filialcorps im Heidelberger Senioren Convent das als eines von funf Corps den Heidelberger SC Comment vom 1 Juni 1810 mit unterzeichnete und immerhin mit dem Hannoveranerfarben rot blau bis 1812 dort bestand In der Konsequenz hatte die Georgia Augusta zum Wintersemester 1809 1810 aufgrund der Weiterungen der Gendarmen Affare einen erheblichen Einbruch bei den Studentenzahlen in der Immatrikulationsliste Die Zahl sank von 615 im Sommersemester 1809 auf 453 im folgenden Wintersemester ab 10 Unter Berucksichtigung der 170 Neuimmatrikulationen des Wintersemesters waren trotz des Verrufs also 283 Studenten aus dem Sommersemester geblieben 11 wobei nur 197 den Verruf nicht unterschrieben hatten ein Teil der Unterzeichner folgte dem Verruf also nicht Leist proklamierte dies am 11 September 1809 in der Presse als Erfolg und gab sich der Hoffnung hin die Landsmannschaften aus Gottingen verbannt zu haben 12 Das Prorektorat des als streng und landsmannschaftsfeindlich bekannten Juristen Gustav Hugo im Studienjahr 1809 10 trug dazu bei dass der Verruf eingehalten wurde Erst unter seinem liberaleren Nachfolger als Prorektor Thomas Christian Tychsen im Wintersemester 1810 11 lebte das Leben der Landsmannschaften in Gottingen langsam wieder auf 13 Literatur BearbeitenHeinrich Rudolph Brinkmann Bruchstucke die Universitat Gottingen betreffend In Kieler Beytrage hrsg von e Gesellschaft Kieler Professoren Band 1 Schleswig 1820 S 221 ff S 266 ff abgerufen bei Google Books am 23 April 2012 Bruning Quaet Faslem Nicol Geschichte des Corps Bremensia 1812 1912 Gottingen 1914 Wilhelm Schack Steffenhagen Die Convente der Curonia an den Universitaten Deutschlands 1801 1831 In Festschrift der Curonia Bonn 1958 S 139 ff Franz Stadtmuller Geschichte des Corps Hildeso Guestphalia zu Gottingen Gottingen 1954 Franz Stadtmuller Geschichte des Corps Hannovera zu Gottingen 1809 1959 Gottingen 1963 S 27 ff Hanna Feesche Robert Mueller Stahl Ein Ritt mit Folgen Die Gottinger Gendarmen Affare 1809 In Franz Walter Teresa Nentwig Hrsg Das gekrankte Ganseliesel 250 Jahre Skandalgeschichten in Gottingen V amp R Academic Gottingen 2016 S 40 47Einzelnachweise Bearbeiten Walter Richter Die vandalische Verbindung zu Rostock 1750 1824 In Einst und Jetzt Band 21 1976 S 15 55 Abdruck bei Gotz von Selle in Gottinger Universitatstaschenbuch fur 1929 Otto Deneke Alte Gottinger Landsmannschaften Gottingen 1937 S 55 ff Otto Deneke Franz Eichhorn der Vandale Gottingen 1931 Auszugsweise bei Otto Deneke Alte Gottinger Landsmannschaften Gottingen 1937 S 57 ff Vgl Harald Seewann Pfeifenkopf der Vandalia Gottingen 1811 1813 In Einst und Jetzt Band 31 1986 S 209 211 Brinkmann Bruchstucke Lit als grosse Unruhen in Gottingen wegen der Gensd armen Statt fanden siehe Brinkmann Bruchstucke Lit Abschriften aus dem Nachlass Ernst Reinecke im Archiv des Corps Hannovera Gottingen Bruchstucke die Universitat Gottingen betreffend Lit zu H R Brinkmann selbst Johannes Tutken Privatdozenten im Schatten der Georgia Augusta Band 2 2005 S 474 ff Friedrich Saalfeld Geschichte der Universitat Gottingen in dem Zeitraume vom 1788 bis 1820 S 32 Stadtmuller 1963 S 39 Gotz von Selle Die Matrikel der Georg August Universitat zu Gottingen 1734 1837 Hildesheim Leipzig 1937 Stadtmuller 1963 S 39 Stadtmuller 1963 S 51 f Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gendarmen Affare amp oldid 224205733