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Ein Verruf oder Verschiss ist in Zusammenhang mit Studentenverbindungen des 18 und 19 Jahrhunderts eine Ehrenstrafe mit Zwangsmittelcharakter die von den Landsmannschaften verhangt wurde 1 Die Verrufe trafen meist einzelne Studenten Sie wurden aber auch gegen Personen ausserhalb der Universitat oder sogar gegen eine ganze Universitat ausgesprochen Gottinger Studenten im Rathe des Verrufs 1818 Ein Verruf gegen eine Universitat fuhrte zu einem Auszug der Studentenschaft aus der jeweiligen Universitatsstadt Dies geschah zum Beispiel 1809 in Gottingen nach der Gendarmen Affare in deren Folge insgesamt 418 von 615 Studenten die Universitat nach Eintragung in ausliegende Verrufslisten zum Wintersemester verliessen 2 Anfang des 19 Jahrhunderts ubernahmen die Corps den Verruf als Strafe in die SC Comments die das Zusammenleben der Studenten an der Universitat regelten Daher wird der Verruf insoweit bis heute auch SC Verruf genannt Ab 1818 wurde er von Seiten der Corps insbesondere in den Auseinandersetzungen mit den neu aufkommenden Burschenschaften angewandt spater auch in den Auseinandersetzungen mit der Progressbewegung Als Ehrenstrafe bedeutet der Verruf dass sich die den Verruf aussprechende Gruppe verpflichtet jeglichen Umgang mit dem oder denjenigen zu unterlassen uber den oder die der Verruf verhangt wurde Von der Wirkung her ist der Verruf also am ehesten mit dem modernen Boykott zu vergleichen einer angelsachsischen Begriffsbildung aus der Zeit nach 1880 Die besondere Effizienz des Verrufs liegt heute noch ahnlich wie beim Boykott darin dass Rechtsverletzungen und Verfahrensfehler erst nach Verhangung der Sanktion in einem meist schiedsgerichtlichen Verfahren oder bei Fehlen entsprechender Vereinbarungen gar nicht gepruft werden konnen Siehe auch Ehre Wahrend der Verruf bei den Studenten des fruhen 19 Jahrhunderts sehr ernst genommen wurde entwickelte sich nach 1848 auch eine parodistische Variante fur den Biertisch Hier konnte nach dem Bier Comment auch der Bier Verschiss B V oder die Bier Acht verhangt werden Auf alten Bildern von studentischen Kneipen kann man teilweise mit kunstvollen Schnitzereien verzierte B V Tafeln sehen auf denen mit Kreide die verhangten Bier Verschisse notiert und nach Vollzug der entsprechenden Sanktionen wieder geloscht wurden In der modernen Sprache uberlebt hat der Ausdruck Verruf in Begriffen wie verrufene Spelunke u a Bekannt ist ebenfalls noch der Ausdruck Der hat bei mir verschissen Literatur BearbeitenRainer Assmann Der Verschiss Einst und Jetzt 33 1988 S 213 219 J G Krunitz Verruf in Oeconomische Encyclopadie 1773 1858 1 Einzelnachweise Bearbeiten Zum Sprachgebrauch siehe auch den Lexikoneintrag bei Krunitz zu Verruf Nach den Brudern Grimm Deutsches Worterbuch in der Studentensprache seit 1515 als Verschiss nachweisbar ab 1818 20 Aufkommen des feiner klingenden Begriffes Verruf Franz Stadtmuller Geschichte des Corps Hannovera zu Gottingen 1809 1959 S 34 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verruf amp oldid 232806306