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Die Gangolfskapelle ist ein romanischer Kirchenbau bei Neudenau im Landkreis Heilbronn im nordlichen Baden Wurttemberg Die 1276 erstmals erwahnte Kirche war die Pfarrkirche des um 1600 aufgegebenen Ortes Deitingen Seit 1923 wird die Tradition der vom 14 bis zum fruhen 19 Jahrhundert dort praktizierten Pferdewallfahrt wieder fortgesetzt Gangolfskapelle in Neudenau Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Beschreibung 2 1 Kirchengebaude 2 2 Wandmalereien 2 3 Gangolfsaltar 2 4 Liebfrauenaltar 2 5 Sonstige Ausstattung 3 Einzelnachweise 4 Literatur 5 WeblinksGeschichte BearbeitenErstmals erwahnt wurde die dem heiligen Gangolf gewidmete Kirche als Pfarrkirche des Ortes Deitingen im Jahr 1276 anlasslich des Verkaufs der Kirche vom Kloster Amorbach an das Stift Wimpfen wobei die Kirche von einer selbststandigen Pfarrkirche zu einer Filialkirche der Pfarrkirche St Laurentius in Neudenau wurde Um 1363 wurde die Kirche erneuert 1393 wurde ein zweites Benefizium fur den neben dem Gangolfsaltar bestehenden Liebfrauenaltar der Kirche gestiftet Der um die Kirche liegende Ort Deitingen kam 1359 an den Erzbischof von Mainz war 1395 wohl nur noch teilweise bewohnt und 1409 vermutlich bereits aufgegeben Letztmals wurde das Dorf 1445 genannt 1 Es wird vermutet dass die Pferdewallfahrten zur Gangolfskapelle im 14 Jahrhundert begannen Kirchenpatron Gangolf wird als Schutzherr von Quellen und als Patron von Reitern Pferden und Hausvieh verehrt Aus Mosbach kommende Wallfahrten mit Pferden und das Brauchtum der Pferdesegnung sind fur 1497 und 1501 belegt Nach dem Dreissigjahrigen Krieg erfuhren Wallfahrten zur Gangolfskapelle grosse Beliebtheit 1808 endete die Wallfahrt vorlaufig 1864 wurden die historischen Wandmalereien der Kirche wiederentdeckt und die Empore erneuert 1891 wurde der Turmhelm erneuert Die Kirche wurde zuletzt 1962 restauriert Die Pferdewallfahrten der Neuzeit wurden durch den Pfarrer Richard Aichele 1860 1948 neu begrundet Aichele war Pfarrer in Neudenau ab 1922 erforschte die historische Wallfahrt und fuhrte 1923 den Gangolfsritt wieder ein der unter seinem ab 1927 amtierenden Nachfolger Fridolin Mayer 1877 1956 Verfasser der Neudenauer Stadtchronik von 1937 weiter erforscht wurde 2 Beschreibung BearbeitenKirchengebaude Bearbeiten nbsp Gangolfskapelle in Neudenau links im Vordergrund Quelle und FeldkanzelDie Kapelle liegt ostlich von Neudenau Nach Norden hin steigt das Gelande an wahrend es nach Sudwesten hin einem grosszugigen Bogen der Jagst folgend abfallt Die ursprunglich im Stil der Romanik erbaute Kirche ist von einer alten Steinmauer umgeben die nach Suden zu einer breiten Treppe hin geoffnet ist und in deren Sudwesten sich eine gemauerte Feldkanzel uber einer gefassten Quelle befindet Bei der Kirche befindet sich das alte Pfarrhaus mit Wirtschaftsgebauden Der Turm im Sudwesten des Gebaudes ist vermutlich der alteste Teil der Kirche und wird aufgrund seiner baulichen Details auf nach 1230 datiert Er hat drei Geschosse die durch aussen umlaufende Gesimse getrennt sind im dritten Geschoss befindet sich die Glockenstube der gemauerte zeltdachformige Turmhelm wurde 1891 erneuert Der Zugang zur Kirche erfolgt durch das mit Hufeisen als Votivgaben geschmuckte Portal an der Sudfassade des Turmuntergeschosses Die altesten der an dieser wie auch an einer weiteren Tur an der Sudwand des Langhauses angeschlagenen Hufeisen stammen aus dem 15 Jahrhundert Das Turmuntergeschoss ist von einem Kreuzgewolbe uberspannt Nach Osten ausgerichtet schliessen sich Kirchenschiff und Chor an Das Kirchenschiff ist 11 30 Meter lang und 10 80 Meter breit und von einer flachen Holzdecke uberspannt Das an die sudliche Turmfassade anschliessende Mauerwerk das wie der Turm eine Starke von 1 30 Metern hat entstammt wohl noch dem romanischen Ausgangsbau die Fenster wurden jedoch bei dem um 1363 erfolgten Umbau umgestaltet Das Mauerwerk im Norden ist mit 1 10 Metern Starke dunner daher vermutlich junger und gibt Hinweise dass die Kirche 1363 nach Norden hin verbreitert wurde Die einen grossen Teil des kleinen Langhauses einnehmende holzerne Empore wurde um 1500 eingezogen und 1864 erneuert Im Osten des Bauwerks befindet sich der Chor der die Innenmasse von 7 Meter in der Lange und 6 50 Meter in der Breite hat und wiederum von einem Kreuzgewolbe uberspannt ist Im Scheitel weist der Chor ein schmales zweiteiliges Fenster auf Nach Suden hin ist der Chor zum im 15 Jahrhundert angebauten Nebenchor geoffnet Der Nebenchor hat zwei spitzbogige Masswerkfenster Der bogenformige Durchbruch zwischen Chor und Nebenchor wurde erst nachtraglich geoffnet wodurch ein Teil der dort befindlichen Wandmalereien verloren ging Im Norden des Chores wurde im 15 Jahrhundert eine kleine Sakristei angefugt uber der spater ein Oratorium eingebaut wurde das eine Galerie an der Chornordwand bildet nbsp Mit Hufeisen geschmucktes Portal nbsp Kreuzgewolbe im Sockelgeschoss des Turms nbsp Kanzel mit Flachschnitzereien nbsp Blick vom Chor zum OratoriumWandmalereien Bearbeiten nbsp Darstellung des Weltenrichters im Chorgewolbe darunter MartyrerszenenIm Altarraum und im Nebenchor befinden sich zahlreiche historische Wandmalereien Die einheitliche Ausmalung des Chors ist um 1330 entstanden die weiteren Malereien bis 1500 In den Gewolbekappen des Chors ist das Jungste Gericht mit schwertbewehrtem Weltenrichter flankiert von Johannes dem Taufer Gottesmutter und Engeln mit Schwertern den von Petrus und Paulus angefuhrten Aposteln einem sechsflugeligen Seraph sowie den Seligen im Paradies und den von Teufeln in den Hollenschlund geworfenen Verdammten zu sehen An den Wanden finden sich Darstellungen des Fegefeuers des zwei Pilger kronenden Apostels Jakobus posaunenblasender Engel der Seelenwagung durch den Erzengel Michael sowie Toter die sich aus ihren Grabern erheben Ausserdem ist im Chor ein umfangreicher Zyklus mit verschiedenen Martyrerdarstellungen aus der Legenda aurea zu sehen die Steinigung des Hl Stephanus das Martyrium des Hl Laurentius auf dem gluhenden Rost die Raderung des Hl Georg das Martyrium des Hl Viktor zwischen den Muhlsteinen ausserdem die Leiden des von Wurfspiessen durchbohrten Kirchenpatrons Gangolf das Martyrium der von zwei Palmen zerrissenen Hl Korona die Zerfetzung des Hl Blasius sowie mehrere weitere Martyriumsdarstellungen wie die im Bereich des Mauerdurchbruchs zum Nebenchor nur fragmentarisch erhaltene Blendung des Hl Leodegar und eine nicht mehr eindeutig zu bestimmende Heiligendarstellung bei der es sich vermutlich um die Beschworung der Hl Luzia handeln konnte Die durch das Fenster geteilte Altarwand im Chor zeigt links die Kreuzigung Jesu sowie Maria mit dem Kind und einer Heiligengestalt umgeben von 40 kleineren Brustbildern alttestamentlicher Konige und Propheten Die rechte Halfte der Altarwand zeigt Maria die von Jesus gekront wird Auch dieses Hauptmotiv ist von kleineren Brustbildern und weiteren biblischen Motiven umgeben Die Nordwand des Nebenchores war vor dessen Errichtung einst die sudliche Aussenwand des Chores Die dort zu sehenden Darstellungen des Hl Christophorus und der Hl Drei Konige sind um 1400 entstanden und wurden vor dem Bau des Nebenchores vermutlich von einem Vordach geschutzt Im Nebenchor gibt es ausserdem Darstellungen der Nichtigkeit des Seins ein von Schlangen durchzogenes Skelett und eines Passionszyklus sowie das Gleichnis von den klugen und torichten Jungfrauen nbsp Hollensturz im Chorgewolbe nbsp Apostelgruppe im Chorgewolbe nbsp Wandmalereien im NebenchorGangolfsaltar Bearbeiten nbsp Gangolfsaltar im ChorDer Gangolfsaltar ist der ursprungliche Hochaltar der Kirche und soll einst auf 1501 datiert gewesen sein Sein Mittelschrein enthalt die drei Standfiguren von St Gangolf mit Hut Stab und Schwert St Mauritius und dem mit dem Schwert seinen Mantel teilenden Hl Martin Die Altarflugel zeigen auf den Innenseiten je zwei Szenen aus dem Leben Gangolfs die Aussenseiten zeigen Gangolf Laurentius Petrus und Paulus Auch die Seitenwande des Altars sind bemalt Die Predella des Altars enthalt geschnitzte Busten der Anna selbdritt der Hl Barbara und einer weiteren Heiligen in Figurennischen sowie die Hl Ursula Attribut Pfeil und Hl Dorothea Attribut Korb als Malereien Der Altar hatte ursprunglich auch noch einen kleinen Auszug mit Standfiguren des Schmerzensmannes sowie Maria und Johannes Evangelist Die Figuren haben sich erhalten und sind heute an anderen Stellen der Kirche aufgestellt Stilistisch ist der Altar mit dem Wimpfener Quirinusaltar verwandt und konnte vom selben Kunstler geschaffen worden sein nbsp Anna selbdritt Predella des Gangolfsaltars nbsp Weitere Heiligenfigur in der Predella nbsp Hl Ursula Predella des GangolfsaltarsLiebfrauenaltar Bearbeiten nbsp LiebfrauenaltarDie Figuren im Schrein des Liebfrauenaltars sind Maria mit dem Kind flankiert von Johannes dem Taufer und Johannes dem Evangelisten Die Altarflugel sind aussen und innen mit Heiligendarstellungen bemalt die Innenseiten der Altarflugel zeigen die Hl Katharina und Barbara Die Predella des Altars zeigt das von zwei Engeln gehaltene Schweisstuch der Veronika Urkundlich belegt ist die Stiftung eines Marienaltars in der Gangolfskirche durch den Wurzburger Domherren Johannes von Kirchheim im Jahr 1393 Der Altar wurde daher einst verschiedentlich in jenes Jahr datiert Die Standfiguren des heute vorhandenen Altars die durch zahlreiche Ubermalungen lange Zeit nicht mehr ihren ursprunglichen Charakter offenbaren konnten werden seit der Freilegung der ursprunglichen Fassung jedoch eher in die Zeit um 1460 70 datiert und stammen vermutlich aus einer regionalen Werkstatt Die beiden Johannesfiguren konnten auf den Stifter Johannes von Kirchheim verweisen und altere Figuren gleicher Bedeutung ersetzt haben Die Rahmung des Schreins hat vermutlich dasselbe Alter wie die Figuren wurde jedoch 1688 durch Hans Peter Heymann aus Neckarsulm ubermalt von dem mit ziemlicher Sicherheit die barocken Heiligenfiguren auf den Flugeln stammen nbsp Liebfrauenaltar geschlossen nbsp Predella des LiebfrauenaltarsSonstige Ausstattung Bearbeiten nbsp Kruzifix uber dem linken SeitenaltarAuf einem Seitenaltar links vom Chor uber dem sich ein altes Kruzifix befindet werden eine alte holzerne Johannesschussel Schussel mit dem Kopf Johannes des Taufers Durchmesser 38 cm sowie eine kleine vollplastische Figur des Hl Veit im Kessel Hohe 55 cm aufbewahrt nbsp Johannesschussel nbsp Hl VeitNeben den Altaren gehoren zur Ausstattung der Kirche Tonfiguren von Jesus mit den Aposteln aus dem 15 Jahrhundert deren namentlich nicht bekannter Kunstler manchmal als Meister der Neudenauer Apostelgruppe bezeichnet wird Weiter findet sich eine ebenso aus Ton gefertigte historische Pieta sowie die mit floralen Flachschnitzereien verzierte Kanzel aus der Zeit der Spatgotik Teile der Ausstattung der Kirche darunter die Tonfiguren aber auch manche der Altarfiguren sind vor Ort nur in Kopie zu sehen da sich die Originale in verschiedenen Museen befinden nbsp Tonfiguren aus dem 15 Jahrhundert Kopien nbsp PietaEinzelnachweise Bearbeiten Hartmut Graf Mittelalterliche und fruhneuzeitliche Wustungen in den ehemaligen Amtern Mockmuhl Neuenstadt und Weinsberg In heilbronnica Beitrage zur Stadt und Regionalgeschichte Band 4 Stadtarchiv Heilbronn Heilbronn 2008 ISBN 978 3 940646 01 9 Quellen und Forschungen zur Geschichte der Stadt Heilbronn 19 Jahrbuch fur schwabisch frankische Geschichte 36 S 69 168 Weihrauch Heimberger Neudenauer Uberlieferungen Neudenau 1979Literatur BearbeitenClemens Jockle Kirchen und Kapellen Neudenau 1 Auflage Schnell amp Steiner Munchen und Zurich 1992 Schnell Kunstfuhrer 1975 Heiner Heimberger Die Neudenauer Johannesschussel und St Veit Plastik In Badische Heimat 31 Jahrgang 1951 H 1 Hartmut Graf Unterlander Altare 1350 1540 Heilbronn 1983 S 66 71 Nr A 14 Gangolfaltar und A 15 Marienaltar Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Gangolf Neudenau Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien 49 2898 9 2848 Koordinaten 49 17 23 3 N 9 17 5 3 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gangolfskapelle Neudenau amp oldid 169817979