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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Freier Fall Begriffsklarung aufgefuhrt Der freie Fall ist in der klassischen Mechanik die Bewegung eines Korpers bei der ausser der Schwerkraft keine weiteren Krafte wirken Je nach Betrag und Richtung der Anfangsgeschwindigkeit beschreibt der Korper verschiedene Bahnen Die Umgangssprache versteht unter dem freien Fall vorwiegend die beschleunigte Bewegung senkrecht nach unten die sich ergibt wenn der Korper vorher in Ruhe war Hat er eine Anfangsgeschwindigkeit v displaystyle v die nicht in der Richtung der Schwerkraft liegt ergibt sich eine Keplerbahn die bei hinreichend kleinem v displaystyle v als Wurfparabel bezeichnet wird Freier Fall in stroboskopischer Mehrfachbelichtung Der Ball fallt ab der zweiten Zeitspanne um jeweils zwei Langen mehr als in der vorherigen Zeitspanne konstante Beschleunigung Die Gesamtstrecke wachst wie 1 3 5 displaystyle 1 3 5 dotsb Uber die Ursache und den genauen Ablauf des freien Falls von Korpern wurden schon in der Antike Spekulationen angestellt Doch erst Anfang des 17 Jahrhunderts fuhrte Galileo Galilei Messungen durch Diese ergaben dass im Schwerefeld der Erde die Bewegung im freien Fall gleichmassig beschleunigt ist und daruber hinaus unabhangig von Material Masse und Form des Korpers Letzteres ist Inhalt des schwachen Aquivalenzprinzips Auf der Erde wirkt auf einen fallenden Korper ausser dem Schwerefeld im Allgemeinen auch der Luftwiderstand Dieser kann bei einfachen Fallexperimenten aufgrund der geringen Geschwindigkeiten und der kurzen Zeiten noch vernachlassigt werden sodass eine gleichmassig beschleunigte Bewegung mit der Fallbeschleunigung von etwa g 9 81 m s 2 displaystyle g 9 81 mathrm m s 2 festgestellt wird Bei zunehmender Fallgeschwindigkeit verringert der Luftwiderstand die weitere Beschleunigung bis asymptotisch eine konstante Grenzgeschwindigkeit erreicht wird Diese Grenzgeschwindigkeit hangt von der Masse und der Form des fallenden Korpers ab und bestimmt sich aus dem Verhaltnis von Gewicht zu Querschnittsflache Bei gleichem Material fallen daher grossere Kugeln z B Regentropfen schneller als kleinere z B Nebeltropfchen Besonders niedrig ist die Grenzgeschwindigkeit bei einem Korper der leicht ist z B Staubkorn oder eine grosse Querschnittsflache hat z B Laubblatt Fallschirm Abweichungen vom freien Fall sind Gegenstand der Aussenballistik Albert Einstein nahm fur seine allgemeine Relativitatstheorie an das naturliche Bezugssystem sei nicht das in dem die Erde ruht und die Schwerkraft wirkt sondern das in dem der frei fallende Korper ruht Darin ist der freie Fall vollig kraftefrei der Korper also schwerelos Die im Bezugssystem der Erde festzustellende Gravitationskraft wird damit zu einer Scheinkraft erklart Aus dem einsteinschen starken Aquivalenzprinzip folgt dass auch Licht fallt es breitet sich im beschleunigt fallenden Bezugssystem geradlinig aus was experimentell bestatigt ist Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Antike 1 2 Renaissance 1 3 Galileis Fallgesetze 1 4 Newtons Gravitationsgesetz 2 Freier Fall im homogenen Feld 3 Fall gegen Widerstandskraft 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAntike Bearbeiten Im Zusammenhang mit dem Problem der Bewegung von Korpern betrachtete der griechische Philosoph Aristoteles im 4 Jahrhundert v Chr Korper in einem Medium wie Wasser Schwere Korper bewegen sich wegen ihrer Schwere nach unten leichte wegen ihrer Leichtigkeit nach oben schwer und leicht bedeuten hier grosseres bzw kleineres spezifisches Gewicht als Wasser und dies offenbar mit konstanter Geschwindigkeit Im gleichen Medium sinken daher schwerere Korper schneller zu Boden als weniger schwere und in verschiedenen Medien ist die Geschwindigkeit umgekehrt proportional zum Widerstand des Mediums In einem leeren Raum ohne Medium musste die Sinkgeschwindigkeit dann unendlich gross sein also konne es so ein Vakuum nicht geben Diese Auffassungen wurden von den spatantiken arabischen und scholastischen Gelehrten auf Bewegungen aller Art ausgedehnt obwohl sie nicht den Erfahrungen beim Werfen und Fallen in Luft entsprechen und daher als allgemeine Eigenschaft des freien Falles auch bezweifelt wurden So beschrieb schon um 55 v Chr der romische Dichter und Philosoph Lukrez in seinem Werk De rerum natura Uber die Natur der Dinge dass fallende Objekte nur durch Widerstand des Mediums gebremst werden und daher leichte Korper langsamer im Vakuum aber alle Korper gleich schnell fallen mussen 1 Durch Simplikios ca 485 550 n Chr ist uberliefert dass bereits Straton von Lampsakos 340 268 v Chr aufgrund der Tropfenbildung von Wasser beim Fall von einem Dach eine beschleunigte Bewegung geschlussfolgert hatte 2 3 Renaissance Bearbeiten Giovanni Battista Benedetti zeigte 1554 anhand eines Gedankenexperiments zum freien Fall von zwei einzelnen bzw zwei miteinander verbundenen Kugeln dass die Geschwindigkeit nicht von dem Quotienten aus Gewicht und Widerstand abhangen kann sondern von der Differenz der spezifischen Gewichte von Korper und Medium In einem Vakuum mussten dann alle Korper gleicher Dichte gleich schnell fallen Dies wurde fur das Medium Luft 1586 von Simon Stevin durch eines der ersten entscheidenden Experimente der neuzeitlichen Naturwissenschaft 4 bestatigt indem er zwei verschieden schwere Bleikugeln beim gleichzeitigen Fall aus etwa 10 m Hohe auch gleichzeitig unten aufschlagen horte Galilei dem haufig die erstmalige Ausfuhrung dieses Experiments einige Jahre danach am schiefen Turm von Pisa zugeschrieben wurde hat es wahrscheinlich nie gemacht 5 6 Galileis Fallgesetze Bearbeiten source source source source source source source source source source track track track track David Randolph Scott demonstriert 1971 im Vakuum der Mondoberflache mithilfe von Hammer und Falkenfeder Galileis These dass alle Korper unabhangig von ihrer Masse gleich schnell fallen Dagegen war Galileo Galilei in seiner Schrift De Motu Uber die Bewegung von etwa 1590 noch auf der Seite von Aristoteles Wenn man eine Kugel von Blei und eine von Holz von einem hohen Turm fallen lasst bewegt sich das Blei weit voraus 7 Erst nach seinen Experimenten an der schiefen Ebene mit genauen Messungen und deren mathematischer Analyse war Galilei 1609 in der Lage den freien Fall mathematisch korrekt zu beschreiben und damit die aristotelische Beschreibung zu widerlegen Er hatte dabei noch keinen genauen Zeitmesser und verlangsamte deshalb die Bewegung indem er eine Kugel eine Fallrinne hinabrollen liess Als Zeitmesser diente z B eine genaue Waage fur die Wassermenge die wahrend des Durchlaufens einer bestimmten Wegstrecke aus einem Eimer in einem dunnen Strahl in einen Becher geflossen war Er nutzte auch seinen Puls sowie die Fahigkeit des Gehors die Genauigkeit des Rhythmus periodischer Gerausche zu beurteilen In seinem letzten Werk legt Galilei Salviati der Personifizierung seiner damals aktuellen Ansichten folgende Zusammenfassung in den Mund 8 veduto dico questo cascai in opinione che se si levasse totalmente la resistenza del mezzo tutte le materie descenderebbero con eguali velocita Angesichts dessen sage ich kame ich zu der Uberzeugung dass wenn man den Widerstand des umgebenden Mediums ganz aufhobe alle Stoffe mit derselben Geschwindigkeit fallen wurden Galileo Galilei Discorsi e dimostrazioni matematiche intorno a due nuove scienze 1638 Dieses Spatwerk Galileis wird auch deshalb als Beginn der klassischen Physik gewurdigt weil hier die Galileischen Fallgesetze dargestellt werden Im Vakuum fallen alle Korper gleich schnell und ihre Bewegung ist gleichformig beschleunigt 9 Anders ausgedruckt Ihre Fallgeschwindigkeit ist proportional zur Fallzeit der Fallweg proportional zum Quadrat der Fallzeit Die Beschleunigung ist dabei am selben Ort fur alle Korper gleich gross Nachdem 1647 mit dem Experiment Leere in der Leere die Existenz des Vakuums durch Blaise Pascal nachgewiesen werden und 1649 mit der Erfindung der Hubkolbenpumpe durch Otto von Guericke ein technisches Vakuum erzeugt werden konnte bestatigte 1659 Robert Boyle experimentell dass im Vakuum Korper unterschiedlicher Masse und Zusammensetzung gleich schnell fallen Newtons Gravitationsgesetz Bearbeiten Isaac Newton formulierte dann in den 1687 veroffentlichten Philosophiae Naturalis Principia Mathematica ein einheitliches Gravitationsgesetz Mit Hilfe des ihm zu Ehren benannten Newtonschen Gravitationsgesetzes lassen sich nun sowohl die Umlaufbahnen der Monde und Planeten erklaren als auch der freie Fall von Objekten auf der Erde Uber die Angabe dieses mathematischen Gesetzes hinaus enthielt Newton sich aller weitergehenden Erklarungen warum die Gravitationskraft allen Korpern am selben Ort die gleiche Beschleunigung erteilt unabhangig von ihrer stofflichen und sonstigen Beschaffenheit 10 Eine tiefergehende Beschreibung der Gravitation wurde erst im Rahmen der allgemeinen Relativitatstheorie gefunden Freier Fall im homogenen Feld BearbeitenEin anfangs in Ruhe befindlicher Korper fallt im homogenen Feld senkrecht nach unten mit einer konstanten Fallbeschleunigung g displaystyle g nbsp Bei einer nach unten zeigenden Koordinatenachse s displaystyle s nbsp sind die Vorzeichen von g displaystyle g nbsp und der Geschwindigkeit v displaystyle v nbsp positiv Wahlt man den Startpunkt zum Koordinatenursprung s 0 displaystyle s 0 nbsp und die Startzeit zu t 0 displaystyle t 0 nbsp dann sind die Formeln fur die Geschwindigkeit v t displaystyle v t nbsp zum Zeitpunkt t und fur den zu diesem Zeitpunkt zuruckgelegten Weg s t displaystyle s t nbsp einfach v t g t displaystyle v t gt nbsp s t 1 2 g t 2 displaystyle s t frac 1 2 gt 2 nbsp Daraus ergeben sich die Fallzeit und die Endgeschwindigkeit nach Zurucklegen einer Fallhohe h displaystyle h nbsp zu t h 2 h g displaystyle t h sqrt frac 2h g nbsp v h 2 g h displaystyle v h sqrt 2gh nbsp In sehr guter Naherung gilt dies auf der Erde wobei der Auftrieb die Luftreibung die Zunahme der Gravitationskraft bei Annaherung an die Erde und die Corioliskraft als Folge der Erdrotation vernachlassigt werden Die Fallbeschleunigung betragt in Deutschland etwa 9 81 m s 2 displaystyle 9 81 mathrm m s 2 nbsp siehe Normalschwereformel Ein Sprung vom 5 m Brett im Schwimmbad dauert demnach rund eine Sekunde und es wird eine Geschwindigkeit von etwa 10 m s gleich 36 km h erreicht Aus einem Meter Hohe werden 16 km h erreicht aus drei Metern 28 km h Im Fallturm von gut 100 m nutzbarer Hohe werden Freie Fall Zeiten von uber 4 5 Sekunden Dauer mit Aufprallgeschwindigkeiten von knapp 170 km h erreicht Schiesst man darin den Probekorper mit einem Katapult zunachst mit dieser Geschwindigkeit nach oben verdoppelt sich die Zeit der Schwerelosigkeit auf uber 9 Sekunden 11 Fall gegen Widerstandskraft Bearbeiten Hauptartikel Fall mit Luftwiderstand Der freie Fall ist beim Fall von Korpern in Luft oder einem noch zaheren Medium wie etwa Wasser oder Honig hochstens naherungsweise erreichbar Eine Daunenfeder fallt schon nach funf Zentimetern mit freiem Auge wahrnehmbar langsamer als ein Steinchen Ein Loffel sinkt langsamer in Honig ein als ins Wasser eines Schwimmbeckens Je nach Dichte der umgebenden Luft erreicht ein Fallschirmspringer auch ohne geoffneten Schirm nur ein Maximaltempo von grob 200 km h oder in hohen entsprechend dunnen Atmospharenschichten etwa Schallgeschwindigkeit Kleinere Staubteilchen in Luft oder feinere Sandkornchen in Wasser sinken langsamer ab als jeweils grossere ihre Sedimentationsgeschwindigkeit hangt von diversen Eigenschaften der Teilchen und des Fluids ab Siehe auch BearbeitenAuch beim Parabelflug eines Flugzeugs spricht man vom freien Fall Hier wird der Luftwiderstand des Flugzeugs durch Triebwerksschub kompensiert Solange das Flugzeug einer Wurfparabel folgt herrscht annahernd Schwerelosigkeit 12 FallschnurWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Freier Fall Sammlung von Bildern und Videos Freier Fall eines Bleizylinders und einer Feder im Vakuum im Vergleich Experiment mit Video Video aus der Sendung Anderthalb uber den freien Fall 1 5 Minuten Video Freier Fall Institut fur den Wissenschaftlichen Film IWF 2003 zur Verfugung gestellt von der Technischen Informationsbibliothek TIB doi 10 3203 IWF C 14839 Einzelnachweise Bearbeiten Deklination der Atome Auf Zeno org David Deming Science and Technology in World History Volume 1 The Ancient World and Classical Civilization McFarland 2014 ISBN 978 0 7864 5657 4 S 130 google com John Freely Platon in Bagdad Wie das Wissen der Antike zuruck nach Europa kam Klett Cotta 2012 ISBN 978 3 608 10275 8 S 35 google com Stillman Drake Galileo Studies Univ of Michigan Press Ann Arbor 1970 S 30 Friedrich Hund Geschichte der physikalischen Begriffe Bd 1 2 Auflage BI Hochschultaschenbucher Mannheim 1978 Karoly Simonyi Kulturgeschichte der Physik Harri Deutsch Thun 1990 S 210 Armin Hermann Weltreich der Physik Von Galilei bis Heisenberg Bechtle Esslingen 1980 S 12 Armin Hermann Fallgesetze In Armin Hermann Hrsg Lexikon Geschichte der Physik A Z Biographien und Sachworter Originalschriften und Sekundarliteratur 2 Aufl Aulis Verlag Deubner Koln 1978 S 102 Armin Hermann Weltreich der Physik Von Galilei bis Heisenberg Bechtle Esslingen 1980 S 13 Kenneth Eriksson Donald Estep Claes Johnson Angewandte Mathematik Body and Soul 3 Band Springer Verlag Berlin Heidelberg 2006 ISBN 978 3 540 24340 3 S 898 Google Books Der Fallturm Bremen PDF 2 6 MB abgerufen am 3 April 2018 Rainer Muller Klassische Mechanik de Gruyter 2009 S 126 in der Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Freier Fall amp oldid 237129136