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In der Mathematik ist eine freie abelsche Gruppe eine abelsche Gruppe die als Z displaystyle mathbb Z Modul eine Basis hat Im Gegensatz zu Vektorraumen hat nicht jede abelsche Gruppe eine Basis deshalb gibt es den spezielleren Begriff der freien abelschen Gruppe Man beachte dass eine freie abelsche Gruppe nicht dasselbe ist wie eine freie Gruppe die abelsch ist In der Tat sind die meisten freien Gruppen nichtabelsch und die meisten freien abelschen Gruppen sind keine freien Gruppen Eine freie abelsche Gruppe ist genau dann auch eine freie Gruppe wenn ihr Rang hochstens 1 displaystyle 1 ist Zur Vermeidung von Missverstandnissen verwenden manche Autoren daher auch die Bezeichnung frei abelsche Gruppe in der die Bezeichnung frei abelsch als ein einzelnes Attribut aufgefasst wird Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Alternative Definitionen 3 Universelle Eigenschaft 4 Beispiele 5 Konstruktion 6 Rang 7 Basiswechsel und Automorphismen 8 Gruppenhomomorphismen und Matrizen 9 Untergruppen 10 Anwendung auf endlich erzeugte abelsche Gruppen 11 LiteraturDefinition BearbeitenDie abelsche Gruppe F displaystyle F nbsp heisst frei uber B F displaystyle B subset F nbsp wenn B displaystyle B nbsp eine Basis des Z displaystyle mathbb Z nbsp Moduls F displaystyle F nbsp ist Dies bedeutet dass sich jedes Element von F displaystyle F nbsp auf genau eine Weise als Z displaystyle mathbb Z nbsp Linearkombination uber B displaystyle B nbsp darstellen lasst Hierbei ist eine Z displaystyle mathbb Z nbsp Linearkombination uber B displaystyle B nbsp eine Summe der Form b B l b b displaystyle textstyle sum b in B lambda b cdot b nbsp von Elementen aus B displaystyle B nbsp mit ganzzahligen Koeffizienten l b Z displaystyle lambda b in mathbb Z nbsp Ist die Menge B displaystyle B nbsp unendlich so fordert man hier zusatzlich dass nur endliche viele der Koeffizienten l b displaystyle lambda b nbsp von null verschieden sein durfen damit die Summe einen Sinn hat Die Elemente der von B displaystyle B nbsp erzeugten freien abelschen Gruppe werden auch als formale Summen von Elementen aus B displaystyle B nbsp bezeichnet Beispielsweise werden in der Definition der singularen Homologie die formalen Summen singularer Simplizes oder in der Definition der Bloch Gruppe die formalen Summen komplexer Zahlen verwendet Alternative Definitionen BearbeitenDie Bedingung dass die abelsche Gruppe F displaystyle F nbsp frei uber B displaystyle B nbsp ist lasst sich in zwei Teile gliedern B displaystyle B nbsp ist ein Erzeugendensystem fur die Gruppe F displaystyle F nbsp das heisst jedes Element von F displaystyle F nbsp ist eine Z displaystyle mathbb Z nbsp Linearkombination uber B displaystyle B nbsp B displaystyle B nbsp ist frei das heisst das neutrale Element 0 displaystyle 0 nbsp kann nur auf die triviale Weise als Z displaystyle mathbb Z nbsp Linearkombination uber B displaystyle B nbsp dargestellt werden Jede abelsche Gruppe ist auf naturliche Weise ein Z displaystyle mathbb Z nbsp Modul Freie abelsche Gruppen sind daher nichts anderes als freie Moduln uber Z displaystyle mathbb Z nbsp Universelle Eigenschaft BearbeitenEine abelsche Gruppe F displaystyle F nbsp ist genau dann frei abelsch mit Basis B F displaystyle B subset F nbsp wenn sie folgende universelle Eigenschaft hat Ist f B A displaystyle f colon B to A nbsp eine beliebige Abbildung der Menge B displaystyle B nbsp in eine abelsche Gruppe A displaystyle A nbsp dann gibt es genau einen Gruppenhomomorphismus h F A displaystyle h colon F to A nbsp der f displaystyle f nbsp fortsetzt also h b f b displaystyle h b f b nbsp fur alle b B displaystyle b in B nbsp erfullt Diese universelle Abbildungseigenschaft ist zu obiger Definition aquivalent Jede der beiden Charakterisierungen kann also als Definition freier abelscher Gruppen verwendet werden Die jeweils andere Charakterisierung ist dann eine Folgerung Beispiele BearbeitenDie Gruppe Z displaystyle mathbb Z nbsp der ganzen Zahlen ist frei abelsch mit Basis 1 displaystyle 1 nbsp Das kartesische Produkt Z Z displaystyle mathbb Z times mathbb Z nbsp mit komponentenweiser Addition ist frei abelsch mit Basis 1 0 0 1 displaystyle 1 0 0 1 nbsp Allgemein ist Z r displaystyle mathbb Z r nbsp frei abelsch mit Basis e 1 e r displaystyle e 1 dotsc e r nbsp wobei e i 0 0 1 0 0 displaystyle e i 0 dotsc 0 1 0 dotsc 0 nbsp der i displaystyle i nbsp te Einheitsvektor ist Die Menge Z N displaystyle mathbb Z mathbb N nbsp der Folgen ganzer Zahlen die nur endlich viele von 0 verschiedene Komponenten haben ist mit der komponentenweisen Addition eine freie abelsche Gruppe eine Basis bilden die kanonischen Einheitsvektoren 0 0 1 0 displaystyle 0 dotsc 0 1 0 dotsc nbsp Hingegen ist die Menge Z N displaystyle mathbb Z mathbb N nbsp aller Folgen ganzer Zahlen mit der komponentenweisen Addition zwar eine abelsche Gruppe aber nicht frei abelsch Endliche abelsche Gruppen ausser der einelementigen Gruppe sind keine freien abelschen Gruppen Jede freie abelsche Gruppe ist torsionsfrei aber umgekehrt ist nicht jede torsionsfreie abelsche Gruppe auch frei abelsch Zum Beispiel ist Q displaystyle mathbb Q nbsp nicht frei abelsch Konstruktion BearbeitenZu jeder Menge B displaystyle B nbsp kann eine freie abelsche Gruppe mit Basis B displaystyle B nbsp wie folgt konstruiert werden Wir betrachten die Menge F B Z B displaystyle F B mathbb Z B nbsp aller Funktionen B Z displaystyle B to mathbb Z nbsp der Menge B displaystyle B nbsp in die Gruppe Z displaystyle mathbb Z nbsp der ganzen Zahlen die nur an endlich vielen Stellen von 0 displaystyle 0 nbsp verschiedene Werte annehmen Diese Menge ist eine abelsche Gruppe mit der punktweisen Addition Wir identifizieren jedes Element b B displaystyle b in B nbsp mit seiner charakteristischen Funktion also mit jener Funktion B Z displaystyle B to mathbb Z nbsp die an der Stelle b displaystyle b nbsp den Wert 1 displaystyle 1 nbsp annimmt und sonst den Wert 0 displaystyle 0 nbsp Dann ist F B displaystyle F B nbsp frei abelsch mit Basis B displaystyle B nbsp Die freie abelsche Gruppe uber der Menge B displaystyle B nbsp ist in folgendem Sinne eindeutig Sind F 1 displaystyle F 1 nbsp und F 2 displaystyle F 2 nbsp zwei freie abelsche Gruppen mit Basis B displaystyle B nbsp dann sind sie kanonisch isomorph das heisst es gibt genau einen Isomorphismus h F 1 F 2 displaystyle h colon F 1 to F 2 nbsp mit h b b displaystyle h b b nbsp fur alle b B displaystyle b in B nbsp Diese Eindeutigkeit erlaubt es von der freien abelschen Gruppe mit Basis B displaystyle B nbsp zu sprechen Rang BearbeitenIst eine abelsche Gruppe F displaystyle F nbsp sowohl frei uber B displaystyle B nbsp als auch frei uber B displaystyle B nbsp dann haben die Mengen B displaystyle B nbsp und B displaystyle B nbsp dieselbe Machtigkeit Diese heisst Rang der freien abelschen Gruppe F displaystyle F nbsp Nach obiger Konstruktion gibt es fur jede Machtigkeit n displaystyle n nbsp bis auf Isomorphie genau eine freie abelsche Gruppe vom Rang n displaystyle n nbsp Um zu beweisen dass der Rang eindeutig bestimmt ist kann man auf verschiedene Arten vorgehen Fur eine freie abelsche Gruppe F F B displaystyle F F B nbsp uber einer Menge B displaystyle B nbsp endlicher Machtigkeit n N displaystyle n in mathbb N nbsp gelingt dies besonders einfach Aufgrund der universellen Abbildungseigenschaft von F displaystyle F nbsp besteht die Menge H o m F C 2 displaystyle mathrm Hom F C 2 nbsp aller Gruppenhomomorphismen in die zyklische Gruppe C 2 displaystyle C 2 nbsp aus genau 2 n displaystyle 2 n nbsp Elementen Damit ist n displaystyle n nbsp durch die Gruppe F displaystyle F nbsp eindeutig festgelegt Allgemein kann der Rang einer freien abelschen Gruppe F displaystyle F nbsp definiert werden als die Dimension des Vektorraums F K displaystyle F otimes K nbsp uber einem Korper K displaystyle K nbsp ublicherweise K Q displaystyle K mathbb Q nbsp Diese Dimension ist eindeutig durch die Gruppe F displaystyle F nbsp bestimmt Diese Definition kann auch benutzt werden um allen abelschen Gruppen ob frei oder nicht einen Rang zuzuweisen siehe Rang einer abelschen Gruppe Basiswechsel und Automorphismen BearbeitenEine freie abelsche Gruppe F displaystyle F nbsp vom Rang r 2 displaystyle r geq 2 nbsp hat unendlich viele Basen Jeder Automorphismus h F F displaystyle h colon F to F nbsp sendet eine Basis B b 1 b r displaystyle B b 1 dotsc b r nbsp auf eine neue Basis B h b 1 h b r displaystyle B h b 1 dotsc h b r nbsp Umgekehrt existiert zu je zwei solchen Basen B displaystyle B nbsp und B displaystyle B nbsp genau ein Automorphismus h F F displaystyle h colon F to F nbsp Da jede frei abelsche Gruppe F displaystyle F nbsp vom Rang r displaystyle r nbsp zu Z r displaystyle mathbb Z r nbsp isomorph ist ist die Automorphismengruppe A u t F displaystyle mathrm Aut F nbsp zur linearen Gruppe G L r Z displaystyle mathrm GL r mathbb Z nbsp isomorph Das deutet bereits an Selbst wenn die freien abelschen Gruppen selbst sehr leicht zu verstehen sind so sind doch ihre Automorphismengruppen hochgradig kompliziert und interessant Gruppenhomomorphismen und Matrizen BearbeitenFreie abelsche Gruppen haben viele angenehme Eigenschaften ahnlich wie Vektorraume und oder allgemein freie Moduln Zum Beispiel lasst sich jeder Gruppenhomomorphismus h F G displaystyle h colon F to G nbsp zwischen frei abelschen Gruppen endlichen Rangs als Matrix uber Z displaystyle mathbb Z nbsp darstellen Hierzu sei f 1 f s displaystyle f 1 dotsc f s nbsp eine Basis von F displaystyle F nbsp und g 1 g r displaystyle g 1 dotsc g r nbsp eine Basis von G displaystyle G nbsp Das Bild h f j displaystyle h f j nbsp in G displaystyle G nbsp schreibt sich eindeutig als h f j a 1 j g 1 a r j g r displaystyle h f j a 1j g 1 dotsb a rj g r nbsp mit Koeffizienten a i j Z displaystyle a ij in mathbb Z nbsp Das Zahlenschema a i j displaystyle a ij nbsp mit i 1 r displaystyle i 1 dotsc r nbsp und j 1 s displaystyle j 1 dotsc s nbsp bildet eine r s displaystyle r times s nbsp Matrix Umgekehrt entspricht jeder Matrix auf diese Weise genau ein Gruppenhomomorphismus Fur Addition und Multiplikation von Matrizen gelten die ublichen Rechenregeln und diese entsprechen der Addition und Komposition von Homomorphismen Dies fuhrt zu sehr effizienten Darstellungen und Berechnungsmethoden Untergruppen BearbeitenIn einer frei abelschen Gruppe F displaystyle F nbsp ist jede Untergruppe U F displaystyle U subset F nbsp frei abelsch Dies ist keineswegs selbstverstandlich und gilt nicht allgemein fur Moduln uber Ringen Uber dem Polynomring Z X displaystyle mathbb Z X nbsp zum Beispiel ist Z X displaystyle mathbb Z X nbsp ein freier Modul mit Basis 1 displaystyle 1 nbsp aber der Untermodul 2 X displaystyle 2 X nbsp ist nicht frei Zudem ist der Rang einer Untergruppe U F displaystyle U subset F nbsp einer frei abelschen Gruppe F displaystyle F nbsp stets kleiner oder gleich dem Rang der gesamten Gruppe F displaystyle F nbsp Dies ist nicht selbstverstandlich und gilt nicht fur freie Gruppen Zum Beispiel enthalt die freie Gruppe vom Rang 2 displaystyle 2 nbsp Untergruppen von jedem Rang r N displaystyle r in mathbb N nbsp Die Untergruppen einer frei abelschen Gruppe F displaystyle F nbsp vom Rang r displaystyle r nbsp lassen sich wie folgt klassifizieren Jede Untergruppe U F displaystyle U subset F nbsp hat Rang s displaystyle s nbsp mit 0 s r displaystyle 0 leq s leq r nbsp und es gibt eine Basis b 1 b r displaystyle b 1 dotsc b r nbsp von F displaystyle F nbsp und ganze Zahlen k 1 k s Z 0 displaystyle k 1 dotsc k s in mathbb Z setminus 0 nbsp sodass k 1 b 1 k s b s displaystyle k 1 b 1 dotsc k s b s nbsp eine Basis von U displaystyle U nbsp ist Dies lasst sich mit Hilfe des Gauss schen Algorithmus fur ganzzahlige Matrizen beweisen Anwendung auf endlich erzeugte abelsche Gruppen BearbeitenFreie abelsche Gruppen spielen eine wichtige Rolle bei der Klassifikation endlich erzeugter abelscher Gruppen Jede endlich erzeugte abelsche Gruppe A displaystyle A nbsp ist das homomorphe Bild einer freien abelschen Gruppe also eines Epimorphismus h Z r A displaystyle h colon mathbb Z r to A nbsp Der Kern ist wieder eine freie abelsche Gruppe und es gibt eine Basis b 1 b r displaystyle b 1 dotsc b r nbsp von Z r displaystyle mathbb Z r nbsp und ganze Zahlen k 1 k s Z 0 displaystyle k 1 dotsc k s in mathbb Z setminus 0 nbsp sodass k 1 b 1 k s b s displaystyle k 1 b 1 dotsc k s b s nbsp eine Basis von ker h displaystyle ker h nbsp ist Aus dieser Darstellung erhalt man unmittelbar einen Gruppenisomorphismus A Z k 1 Z k s Z r s displaystyle A cong mathbb Z k 1 oplus dotsb oplus mathbb Z k s oplus mathbb Z r s nbsp Literatur BearbeitenGisbert Wustholz Algebra Fur Studierende der Mathematik Physik Informatik Vieweg Wiesbaden 2004 ISBN 3 528 07291 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Freie abelsche Gruppe amp oldid 229377998