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Franz Theodor von Brucke 15 Januar 1908 in Leipzig 24 Marz 1970 in Wien war ein deutsch osterreichischer Arzt und Pharmakologe 1 2 Franz Theodor von Brucke Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk 2 1 Forschung 2 1 1 Vegetatives Nervensystem 2 1 2 Zentralnervensystem 2 1 3 Motorische Endplatte 2 2 Schuler 2 3 Arztliche und akademische Organisationen 2 4 Weltanschauliche Organisationen 3 Anerkennung 4 EinzelnachweiseLeben BearbeitenFranz Theodor von Brucke war ein Sohn des Leipziger und spater Innsbrucker Professors fur Physiologie Ernst Theodor von Brucke und seiner Frau Pauline geb Roelfs 3 Unter den norddeutschen Vorfahren finden sich Maler und Kupferstecher Der erste bedeutende Naturwissenschaftler in der Familie war Ernst Wilhelm von Brucke der Urgrossvater Franz Theodors Er wurde 1849 auf den Lehrstuhl fur Physiologie in Wien berufen und seiner Verdienste wegen 1873 nobilitiert 4 Franz Theodor absolvierte das Gymnasium in Innsbruck und Salem im Bodenseekreis und studierte dann in Innsbruck Wien Berlin und Leipzig Medizin Nach der Promotion zum Dr med in Innsbruck 1931 verbrachte er ein Jahr bei den Biochemikern Peter Rona 1871 1945 und Carl Neuberg in Berlin zwei Jahre bei dem Pharmakologen Otto Loewi in Graz und ein halbes Jahr bei dem Internisten Hans Eppinger in Wien 1934 trat er als Assistent in das von Ernst Peter Pick geleitete Pharmakologische Institut der Universitat Wien ein Ein Rockefeller Stipendium ermoglichte ihm Ende der 1930er Jahre Forschungen in England am National Institute for Medical Research bei Henry Hallett Dale und am Pharmakologischen Institut der University of Cambridge bei Ernest Basil Verney Wahrend er schon als Sanitatsoffizier zur deutschen Wehrmacht eingezogen war habilitierte er sich 1941 in Wien fur Pharmakologie Der Zweite Weltkrieg endete fur ihn mit einem zweiten Englandaufenthalt diesmal als Kriegsgefangener 1948 wurde er als Nachfolger von Richard Rossler 1897 1945 der seinerseits Ernst Pick gefolgt war auf den Wiener Lehrstuhl fur Pharmakologie berufen Er leitete das Institut trotz zweier Rufe an die Universitaten von Ottawa und Munchen 22 Jahre bis zu seinem Tod Mit seiner Frau Gertraud hatte er einen Sohn und zwei Tochter Werk BearbeitenForschung Bearbeiten von Bruckes Forschung galt hauptsachlich der Neuropharmakologie und darin dem vegetativen Nervensystem dem Zentralnervensystem und der motorischen Endplatte Er hatte darin ausgezeichnete Lehrer unter ihnen Loewi in Graz und Dale in London die den 1936er Nobelpreis fur Physiologie oder Medizin teilten Vegetatives Nervensystem Bearbeiten Es war eine Untersuchung zum vegetativen Nervensystem und zwar zur Innervierung der Haarbalgmuskeln der Musculi arrectores pilorum die Dale auf ihn aufmerksam machte und ihm uber Dale das Rockefeller Stipendium verschaffte von Brucke fand namlich 1935 dass Acetylcholin bei Injektion in die Haut zweierlei bewirkte Die Haare an der Injektionsstelle richteten sich auf und die ubliche Aufrichtung der Haare bei Reizung des Sympathikus wurde gehemmt 5 Sowohl die Befunde als auch die Deutung von Bruckes haben sich bestatigt in heutiger Terminologie ausgedruckt er hat prasynaptische Rezeptoren an den Axonendigungen des Sympathikus nachgewiesen und zwar sowohl erregende Nikotinrezeptoren als auch hemmende Muskarinrezeptoren 6 23 Jahre spater konnte von Brucke in einem Ubersichtsreferat von der Bestatigung berichten 7 In Untersuchungen zwischen 1938 und 1963 klarte er die Regelung des Eingangsmuskels des Magens der Cardia Nerven mit Noradrenalin als Neurotransmitter brachten die Cardia uber Beta Adrenozeptoren zur Erschlaffung 8 Auswirkungen verschiedener Formen einer Sympathikusaktivierung auf das Nebennierenmark und Folgen einer Zerstorung des Sympathikus waren weitere Themen aus dem vegetativen Nervensystem Zentralnervensystem Bearbeiten Ebenfalls schon 1935 veroffentlichte von Brucke wegweisende Untersuchungen zur Pharmakologie des Lerchensporn Alkaloids Bulbocapnin Einen deutlich beruhigenden Einfluss hat Bulbocapnin auf die Zwangshandlungen die bei Kaninchen und Tauben nach Injektion von Apomorphin eintreten Sowohl das Zwangsnagen als auch der Picktrieb konnen durch das Alkaloid am Auftreten verhindert oder wenn sie bereits entwickelt sind abgebrochen werden Diese Tatsachen geben einen Hinweis auf den Angriffspunkt der Bulbocapninwirkung insofern als das Zwangsnagen beim Kaninchen durch Vorgange im corpus striatum dieser Tiere bedingt zu sein scheint und daher vorzuglich dieser Hirnteil durch Bulbocapnin beeinflusst werden durfte 9 10 Lange vor der Identifizierung von Neurotransmittern in Gehirn ist hier die Anatomie und die Physiologie der Dopamin Nervenzellen zusammengebracht das Corpus striatum enthalt Axone von Dopamin Nervenzellen sowie Dopamin Rezeptoren die durch Apomorphin aktiviert und durch Bulbocapnin blockiert werden Spater hat von Brucke auch die Elektroenzephalografie in seine neuropharmakologischen Methoden einbezogen Motorische Endplatte Bearbeiten Erhebliche praktisch therapeutische Bedeutung gewannen Forschungen 1950 beginnend zu Ganglienblockern und jenen den Ganglienblockern pharmakologisch verwandten Muskelrelaxantien die an der motorischen Endplatte angreifen Beteiligt waren vor allem von Bruckes Mitarbeiter Gerhard Werner Hans Klupp und Karlheinz Ginzel s u Zu den Stoffen gehorte das Suxamethonium damals M 115 kodiert Es war schon 1906 synthetisiert worden und auch der italienische Pharmakologe Daniel Bovet hatte sich mit ihm beschaftigt Aber erst die eingehenden Wiener Tierversuche erlaubten 1951 die Einfuhrung in die Klinik Die Substanz wurde von den Osterreichischen Stickstoffwerken in Linz bereitgestellt die selbst keine pharmakologische Forschung betrieben Gleichzeitig gelang die Einfuhrung dem schwedischen Pharmakologen Stephen Thesleff 1924 von der Abteilung fur Pharmakologie des Karolinska Instituts 11 In ihrer Publikation begrunden die osterreichischen Autoren die Benutzung von Muskelrelaxantien ahnlich wie es etwa 40 Jahre zuvor Arthur Lawen getan hatte dessen Werk inzwischen in Vergessenheit geraten war Sie schreiben Zur Vermeidung von Narkoseschaden ist die moderne Narkosetechnik bestrebt die Dosis bzw Konzentration der Allgemeinnarkotika auf jenes Mindestmass einzuschranken das zur Ausschaltung von Bewusstsein und Schmerzempfindung erforderlich ist Zur motorischen Ruhigstellung des Patienten wahrend der Operation finden dabei muskellahmende Stoffe Anwendung Sie nennen dann die Nachteile des bis dahin meist gebrauchten Tubocurarins erwahnen den Unterschied im Wirkmechanismus zwischen Tubocurarin und M 115 berichten uber einen Selbstversuch und den Einsatz bei 17 Patienten und folgern M 115 zeichne sich durch weniger unerwunschte Wirkungen aus Dazu kommt noch dass dieses Praparat infolge seines prompten Wirkungseintrittes und seiner raschen Inaktivierung in seiner Wirkung steuerbar ist 12 Schnelligkeit und Kurze der Wirkung sind der Grund fur den Einsatz des Suxamethoniums bis heute 13 von Brucke selbst hat sich an den Originalpublikationen nicht beteiligt sie vielmehr den Jungeren uberlassen hat das Thema aber in einer Ubersicht in der Zeitschrift Pharmacological Reviews zusammengefasst 14 Hans von Brucke der Erstautor der Einfuhrungspublikation 12 Chirurg in Murzzuschlag war ein Bruder Franz Theodors Schuler Bearbeiten Zu von Bruckes Werk gehort ebenso wichtig wie seine eigene Forschung der Wiederaufbau des durch den Krieg personell und materiell verarmten Wiener Pharmakologischen Instituts Es gelang ihm junge Mitarbeiter so zu fordern dass sie Wichtiges erreichten Dazu zahlen 2 Gerhard Werner spater Lehrstuhlinhaber fur Pharmakologie an der University of Pittsburgh Hans Klupp 1919 spater Pharmakologe bei der Dr Karl Thomae GmbH in Biberach an der Riss und dann Leiter der biologischen Forschung der Firma Boehringer Ingelheim Karlheinz Ginzel spater Professor am Pharmakologischen Institut der University of Arkansas in Little Rock Otto Kraupp 1920 1998 dessen Hauptarbeitsgebiet die Herz Kreislauf Pharmakologie war ab 1967 Lehrstuhlinhaber an der Ruhr Universitat Bochum und ab 1972 von Bruckes Nachfolger in Wien Christoph Stumpf 1924 ab 1978 Leiter eines eigenen Instituts fur Neuropharmakologie in Wien Walter Kobinger 1927 spater Leiter des Ernst Boehringer Instituts fur Arzneimittelforschung in Wien wo unter anderem die Wirkungsweise des Clonidins und der sogenannten spezifisch bradykarden Substanzen wie des Ivabradins erforscht wurde Oleh Hornykiewicz 1926 2020 der Entdecker des Dopaminmangels bei der Parkinson Krankheit mit dem von Bruckes Arbeiten zum Bulbocapnin ihre Fortsetzung fanden Georg Hertting 1925 2014 ab 1973 Lehrstuhlinhaber an der Albert Ludwigs Universitat Freiburg mit dem von Bruckes Arbeiten zum vegetativen Nervensystem ihre Fortsetzung fanden Peter Heistracher 1931 mit dem Forschungsschwerpunkt Antiarrhythmika ab 1974 Leiter eines neu gegrundeten Instituts fur Pharmakologie und Toxikologie an der Wiener Fakultat fur Naturwissenschaften und Mathematik und Josef Suko 1936 Forschungsschwerpunkt der Membrantransport fur Calcium Ionen nach Kraupps Emeritierung von 1992 bis 1995 Leiter des Instituts Arztliche und akademische Organisationen Bearbeiten von Brucke war 1954 1955 Dekan der Wiener Medizinischen Fakultat und lange Mitglied des akademischen Senats Er war Vorstandsmitglied der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Arzte Prasident der Osterreichischen Biochemischen Gesellschaft und Vizeprasident der Gesellschaft der Arzte in Wien Von 1955 bis 1970 gab er die Wiener klinische Wochenschrift heraus Lange Jahre leitete er die Anstalt fur pharmakologische und balneologische Untersuchungen Vorlauferin des Bundesinstituts fur Arzneimittel in Wien und war Mitglied des Obersten Sanitatsrates Weltanschauliche Organisationen Bearbeiten Von 4 Janner 1954 Grundungsdatum bis mindestens Ende Dezember 1956 war von Brucke Vorsitzendes des Vereins Rettet das Leben Vorlauferorganisation der Aktion Leben Osterreich 15 Anerkennung BearbeitenDie Osterreichische Akademie der Wissenschaften ernannte von Brucke zum wirklichen Mitglied Er war Ehrensenator der Universitat Innsbruck Die Osterreichische Pharmakologische Gesellschaft und die Deutsche Pharmakologische Gesellschaft verliehen ihm die Ehrenmitgliedschaft Er war Inhaber der Billroth Medaille und des Osterreichischen Ehrenzeichens fur Wissenschaft und Kunst 1 Sein Schuler Otto Kraupp urteilte Der Toleranz und der liberalen Natur wie sie im Verhaltnis und im Umgang mit seinen Mitarbeitern zutage trat stand eine klare und kompromisslose geistige Haltung und Fundierung in allen Fragen der Ethik und des religiosen Bekenntnisses gegenuber In einer Zeit in der die schrankenlose Relativierung langst die Bereiche der Naturwissenschaft verlassen hatte und in alle Gebiete der offentlichen Moral eingebrochen war war Bruckes geistiges Hauptanliegen die Suche nach einem festen ethischen wie weltanschaulichen Bezugspunkt an dem der Wert alles menschlichen Tuns gemessen werden konnte Brucke fand diese absolute Basis in seinem christlich katholischen Glauben der ihn auch die langen Wochen der Todeserwartung mit Festigkeit und Ruhe ertragen liess 1 In einem Nachruf in der Zeitschrift Nature heisst es aus dem Englischen Es ist nicht ubertrieben wenn man sagt dass sein Scharfsinn und seine Voraussicht Osterreich die Thalidomid Katastrophe erspart haben 16 Einzelnachweise Bearbeiten a b c O Kraupp In memoriam Professor Dr Franz Theodor von Brucke In Arzneimittel Forschung 1970 20 728 730 a b Josef Suko Pharmakologisches Institut Medizinische Fakultat der Universitat Wien In Athineos Philippu Hrsg Geschichte und Wirken der pharmakologischen klinisch pharmakologischen und toxikologischen Institute im deutschsprachigen Raum Innsbruck Berenkamp Verlag 2004 S 624 633 ISBN 3 85093 180 3 Theodor von d Wense Brucke Ernst Theodor von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 654 f Digitalisat Hermann Ziegenspeck Brucke Ernst Wilhelm von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 2 Duncker amp Humblot Berlin 1955 ISBN 3 428 00183 4 S 655 Digitalisat F Th Brucke Uber die Wirkung von Acetylcholin auf die Pilomotoren In Klinische Wochenschrift 1935 14 7 9 Klaus Starke Regulation of noradrenaline release by presynaptic receptor systems In Reviews of Physiology Biochemistry and Pharmacology 1977 77 1 124 F Brucke Zur Physiologie der vegetativen Innervation der Haut In Journal of Neural Transmission 1958 18 203 214 F Brucke The function of a and b receptors in the cardiac sphincter mechanism in rabbits In International Journal of Neuropharmacology 1964 3 157 161 Franz Th Brucke Beitrage zur Pharmakologie des Bulbocapnins In Naunyn Schmiedebergs Archiv fur experimentelle Pathologie und Pharmakologie 1935 179 504 523 Klaus Starke A history of Naunyn Schmiedeberg s Archives of Pharmacology 1998 358 1 109 hier S 52 Stephen Thesleff Farmakologiska och kliniska forsok med LT 1 O O succinyl cholin jodid In Nordisk medicin 1951 46 1045 a b H Brucke K H Ginzel H Klupp F Pfaffenschlager und G Werner Bis Cholinester von Dicarbonsauren als Muskelrelaxantien in der Narkose In Wiener klinische Wochenchrift 1951 63 464 466 K Starke Pharmakologie cholinerger Systeme In K Aktories U Forstermann F Hofmann und K Starke Hrsg Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie 10 Auflage Munchen Elsevier GmbH 2009 Seite 137 160 ISBN 978 3 437 42522 6 F Brucke Dicholinesters of a w dicarboxylic acids and related substances In Pharmacological Reviews 1956 8 265 335 http othes univie ac at 5149 1 2009 02 01 7904536 pdf S 114ff Obituary Professor F T von Brucke In Nature 1970 227 758 Normdaten Person GND 123021294 lobid OGND LCCN no2015084834 VIAF 32893348 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Brucke Franz Theodor vonALTERNATIVNAMEN Brucke FranzKURZBESCHREIBUNG osterreichischer PharmakologeGEBURTSDATUM 15 Januar 1908GEBURTSORT LeipzigSTERBEDATUM 24 Marz 1970STERBEORT Wien 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