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Die Finanzmathematik ist eine Disziplin der angewandten Mathematik die sich mit Themen aus dem Bereich von Finanzdienstleistern wie etwa Banken oder Versicherungen beschaftigt Im engeren Sinne wird mit Finanzmathematik meist die bekannteste Unterdisziplin die Bewertungstheorie bezeichnet d h die Ermittlung theoretischer Barwerte von Finanzprodukten Sowohl von der Art der betrachteten Geschafte als auch der methodischen Grundlagen ist die Finanzmathematik von der Versicherungsmathematik zu unterscheiden Letztere befasst sich mit der Bewertung von Versicherungsdienstleistungen Inhaltsverzeichnis 1 Mathematische Grundlagen 2 Geschichte 3 Bewertung von Finanzderivaten 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseMathematische Grundlagen BearbeitenDie Finanzmathematik fusst auf der Stochastik und alle theoretischen Erkenntnisse der Stochastik finden auch Anwendung in der Finanzmathematik Insbesondere modelliert man Finanzinstrumente durch stochastische Prozesse und besonders relevant ist fur die Bewertung unter einem Martingalmass solcher die Theorie der Semi Martingale und der Arbitrage Man unterscheidet zwischen der Theorie in diskreter und in stetiger oder unendlicher Zeit Fur die fortgeschrittene Finanzmathematik ist des Weiteren die Theorie der stochastischen partiellen Differentialgleichungen und das Malliavin Kalkul 1 relevant Geschichte BearbeitenAls Geburtsstunde der modernen Finanzmathematik gilt das Jahr 1900 in dem der Franzose Louis Bachelier seine Dissertation Theorie de la speculation veroffentlichte Allerdings fand sie erst uber 50 Jahre spater Verbreitung nachdem sie ins Englische ubersetzt worden war Viele der heute ublichen Techniken wurden hier zum ersten Mal beschrieben und zu Ehren Bacheliers tragt die internationale finanzmathematische Gesellschaft heute den Namen Bachelier Society Das bekannteste Ergebnis der Finanzmathematik ist das Anfang der 1970er Jahre aufgestellte Black Scholes Modell Es entwickelte sich sehr schnell zum Standardmodell fur die Bewertung von Optionen auf Aktien und wurde spater unter dem Namen Black 76 auf weitere Klassen von Grundgeschaften erweitert Das Modell geht davon aus dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Aktien fur einen Zeitpunkt in der Zukunft einer logarithmischen Normalverteilung entspricht und legt den Schwankungen des Aktienkurses einen Wiener Prozess zugrunde Bis heute hat sich das Gebiet der Finanzmathematik stark ausgeweitet Dies betrifft sowohl die Zahl der Assetklassen also der Art der Grundgeschafte als auch die Zahl der Modelle Zu den behandelten Assetklassen gehoren Aktien Wechselkurse Zinsen Kreditausfallrisiken die je nach Modell anders modelliert werden aber auch Preise von Rohwaren z B Erdol Getreide Kaffee Zucker Strom oder wetterabhangige Kenngrossen z B Anzahl der Sonnenstunden uber einen gewissen Zeitraum an einer bestimmten Wetterstation Auch Kombinationen verschiedener Assetklassen hybride Produkte und Portfolios von Assets werden behandelt Zu den wichtigsten Modellen gehoren Sprungprozesse Jump Diffusion stochastische und lokale Volatilitatsmodelle sowie die Gruppe der Zinsstrukturmodelle Siehe auch Geschichte der WahrscheinlichkeitsrechnungBewertung von Finanzderivaten BearbeitenZiel der Bewertungstheorie ist es den Barwert eines Finanzprodukts zu ermitteln Derivative Finanzprodukte sind solche deren Zahlungen von anderen Finanzprodukten den Basiswerten Underlyings abhangen Beispiele fur nicht derivative Finanzprodukte sind gehandelte Aktien und Anleihen Beispiele fur derivative Finanzprodukte sind Terminkontrakte und Optionen Der Preis eines Finanzproduktes welches in ausreichender Stuckzahl d h mit hinreichender Liquiditat gehandelt wird bestimmt sich gewohnlich uber Angebot und Nachfrage Wird ein Finanzprodukt nicht oder mit unzureichender Liquiditat gehandelt und ist dieses Finanzprodukt ein derivatives Finanzprodukt dessen Grundprodukte gehandelt werden so ist die Bestimmung eines fairen Wertes und damit eine Preisfindung mit finanzmathematischen Methoden moglich Dabei kommt das Grundprinzip der Replikation zum Einsatz welches ein mathematisches Modell der gehandelten Basiswerte benotigt Die derivativen Finanzprodukte werden nach Art der Optionalitat und Basiswert unterschieden Letztere werden historisch in die Assetklassen Aktie Equity Zins Interest Rate Wechselkurs Foreign Exchange kurz FX und Bonitat Credit unterteilt Entsprechend existiert fur die jeweilige Assetklasse eine umfangreiche Modellierungstheorie z B Aktienmodelle und Zinsstrukturmodelle Siehe auch BearbeitenZinsrechnung KostenrechnungLiteratur BearbeitenJutta Arrenberg Finanzmathematik 3 Auflage De Gruyter Oldenbourg 2015 Martin W Baxter Andrew J O Rennie Financial Calculus An introduction to derivative pricing Cambridge University Press Cambridge 2001 ISBN 0 521 55289 3 Jurgen Kremer Einfuhrung in die diskrete Finanzmathematik Springer Berlin 2005 ISBN 3 540 25394 7 Volker Oppitz Volker Nollau Taschenbuch Wirtschaftlichkeitsrechnung Carl Hanser Verlag Munchen 2003 ISBN 3 446 22463 7 Stefan Reitz Mathematik der modernen Finanzwelt Derivate Portfoliomodelle und Ratingverfahren Vieweg Teubner Verlag Wiesbaden 2011 ISBN 978 3 8348 0943 8 Paul Wilmott Paul Wilmott on Quantitative Finance John Wiley Chichester 2000 ISBN 0 471 87438 8 Einzelnachweise Bearbeiten Eric Fournie Jean Michel Lasry Jerome Lebuchoux und Pierre Louis Lions Applications of Malliavin calculus to Monte Carlo methods in finance In Finance and Stochastics Band 3 1999 S 391 412 doi 10 1007 s007800050068 Normdaten Sachbegriff GND 4017195 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Finanzmathematik amp oldid 230755514