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Als Erste Deutsche Arktisexpedition wird die von August Petermann inspirierte Forschungsreise von 1868 bezeichnet die unter Kapitan Carl Koldewey die Ostkuste Gronlands entlang und schliesslich nach Spitzbergen bis in die Hinlopenstrasse fuhrte Ihr Ziel war die Vorbereitung einer grosseren Expedition durch die Erkundung eines moglichen Seeweges ins Nordpolarmeer Das Expeditionsschiff Gronland Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Expeditionsziel 3 Vorbereitungen 4 Expeditionsteilnehmer 5 Verlauf 6 Ergebnisse 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Die Expeditionsleitung Von links nach rechts Carl Koldewey August Petermann und Richard Hildebrandt 1868 Der Geograf August Petermann hatte sich seit Beginn der 1850er Jahre angeregt durch die Suche nach der verschollenen Franklin Expedition mit der Polarforschung befasst 1 Als 1865 eine britische Expedition zum Nordpol als kombinierte Schiffs und Schlittenreise durch den Smithsund diskutiert wurde mischte Petermann sich vehement in die Diskussion ein Er war ein Anhanger der Theorie vom eisfreien Nordpolarmeer das schiffbar aber von einem Packeisgurtel versperrt sei den man mit einem geeigneten Schiff energisch durchbrechen konne Er schlug eine reine Schiffsexpedition vor die entlang der Ostkuste Gronlands nach Norden fuhren sollte Petermanns Vorschlage wurden in der Royal Geographic Society ausfuhrlich diskutiert fanden aber keine Mehrheit 2 Auch die Expedition selbst fand zunachst nicht statt Zur Bestatigung seiner Theorien suchte Petermann nun Hilfe in Deutschland das sich an der internationalen Polarforschung bis dahin noch nicht beteiligt hatte Es gelang ihm die Unterstutzung von Otto Volger und Bernhard von Wullerstorf Urbair der 1857 die Novara Expedition geleitet hatte zu gewinnen Volger berief unter dem Dach des Freien Deutschen Hochstifts eine geografische Versammlung ein die am 23 Juli 1865 in Frankfurt am Main zusammenkam Die Versammlung an der 71 Geografen aus den deutschsprachigen Landern Mitteleuropas und interessierte Laien aus der Umgebung Frankfurts teilnahmen 3 stimmte einer Fahrt im Folgejahr grundsatzlich zu Petermann war das zu wenig er setzte einen Preis fur denjenigen Kapitan aus der noch 1865 eine Pionierfahrt in die Region zwischen Spitzbergen und Nowaja Semlja zur Untersuchung der Stromungsverhaltnisse unternahme Eine Fahrt mit der in England gecharterten Queen of the Isles scheiterte schon neun Stunden nach Verlassen des Hamburger Hafens an einem Maschinenschaden 4 1866 favorisierte Petermann eine staatlich finanzierte gemeinsame Fahrt eines preussischen und eines osterreichischen Schiffs Durch den Ausbruch des Deutschen Kriegs scheiterte dieser Plan Die Initiative fur eine deutsche Nordfahrt ging jetzt auf Bremer Personlichkeiten uber Arthur Breusing der Direktor der dortigen Steuermannsschule schlug seinen Schuler Carl Koldewey als Steuermann unter dem osterreichischen Schiffsleutnant Carl Weyprecht vor Nachdem vor allem Petermann und Koldewey die Mittel fur die Expedition eingeworben hatten und Weyprecht krankheitsbedingt nicht zur Verfugung stand wurde Koldewey die Leitung der Forschungsfahrt fur 1868 ubertragen Expeditionsziel BearbeitenPetermann ubergab Koldewey am 19 Mai 1868 eine aus 38 Paragraphen bestehende Instruktion fur den Oberbefehlshaber der Expedition 5 Dieser sollte mit dem Schiff entlang der Ostkuste Gronlands nach Norden vordringen Dabei sollte eine moglichst hohe Breite erreicht und festgestellt werden wie weit nach Norden sich Gronland erstreckt Mit einer genauen Untersuchung und Kartierung der Kuste sollte die Expedition sich nicht aufhalten Diese Aufgabe sollte einer zweiten Expedition uberlassen werden die fur das kommende Jahr geplant war Sollte die Kuste Gronlands nicht erreicht werden konnen sollte Koldewey versuchen die Insel Gillis Land Kvitoya zu erreichen die sich nordostlich von Spitzbergen befinden sollte ohne dass ihre genaue Position bekannt war 6 Vorbereitungen BearbeitenKoldewey traf am 9 April 1868 in Bergen ein und fand noch am selben Tag ein geeignetes Schiff das er kaufte Es handelte sich um die ein Jahr zuvor in Norwegen gebaute Gronland einen einmastigen Frachtsegler mit Gaffelgrosssegel und zwei zusatzlichen Rahsegeln Koldewey liess das Vorschiff gegen Eis verstarken und den Mast sowie die Takelage ersetzen Wahrend das knapp 30 Meter lange und sechs Meter breite Schiff umgebaut wurde kummerte sich Koldewey um die Proviantbestellung wahrend seine Steuerleute in Deutschland die Mannschaft zusammenstellten Anfang Mai als das Schiff die Werft verlassen konnte trafen die restlichen Besatzungsmitglieder ein und brachten die nautischen und wissenschaftlichen Instrumente mit Expeditionsteilnehmer Bearbeiten nbsp Die Matrosen der Arktisexpedition in Winterkleidung 1868 Expeditionsleiter und Kapitan der Gronland war Carl Koldewey Als Erster Steuermann wurde Richard Hildebrandt verpflichtet als Zweiter Steuermann Heinrich Sengstacke 1824 1917 beide ebenfalls Schuler Breusings Die Besatzung bestand aus den Matrosen Johann Werdelmann Camp Wagener Paul Tilly Daniel Heinrich Buttner Hans Peter Iversen Albert Konrad Olsen Nils Peter Erikson Lian und Gerhard J de Wall sowie dem Koch Friedrich Rossing 7 Wissenschaftler waren nicht an Bord 5 Verlauf Bearbeiten nbsp Route der Ersten Deutschen Nordpolar Expedition nbsp Letzter Teil der Route in der sudlichen HinlopenstrasseAm 24 Mai 1868 stach die Expedition von Bergen aus in See Am 4 Juni erreichte das Schiff die ersten Eisfelder bei 74 52 nordlicher Breite und 6 7 westlicher Lange und nahm weiter Kurs auf Gronlands Ostkuste steckte jedoch bereits am 9 Juni im Packeis fest Die Gronland trieb nun zwei Wochen lang mit der Stromung nach Suden ohne sich der gronlandischen Kuste nahern zu konnen Nach dem Freikommen segelte Koldewey an der Eiskante entlang wieder nach Nordosten Da er kein Durchkommen sah nahm er entsprechend den Weisungen Petermanns Kurs auf Spitzbergen um dort nach Gillis Land zu suchen Bei dem Versuch Spitzbergen sudlich zu umfahren und damit in unbekanntes Gebiet vorzudringen stiess Koldewey erneut auf festes Packeis und musste auch diesen Versuch aufgeben Er steuerte die Gronland in den Bellsund im Sudwesten Spitzbergens und ging hier am 13 Juli vor Anker Nachdem frisches Trinkwasser an Bord geholt worden war wurde der Versuch unternommen Spitzbergen im Norden zu passieren was ebenfalls misslang da das Schiff bei 80 30 vom Eis eingekesselt wurde und nur mit Muhe nach Suden entkommen konnte Daher wagte Koldewey einen zweiten Vorstoss Richtung Gronlands Ostkuste kam aufgrund des Eises der Kuste jedoch nur auf 50 Seemeilen nahe Abermals wandte er sich nun nach Spitzbergen wo es gelang von Norden in die eisfreie Hinlopenstrasse einzufahren Vom 21 August bis zum 10 September hielt sich die Expedition vor dem sudlichen Ausgang der Meerenge auf die allerdings von festem Eis verschlossen blieb Koldewey nutzte die Zeit um die sudliche Hinlopenstrasse um Wilhelmoya zu kartieren und eine Reihe von geographischen Namen zu vergeben Beim Verlassen der Strasse nach Norden erreichte die Gronland am 13 September ihre hochste nordliche Breite mit 81 4 30 8 Am 30 September kehrte die Expedition nach Bergen zuruck am 10 Oktober trafen ihre Teilnehmer wohlbehalten in Bremerhaven ein Ergebnisse BearbeitenKoldewey selbst bezeichnete die Fahrt bezuglich des Erreichens ihrer Hauptziele als eine ungluckliche ganzlich misslungene weist aber darauf hin dass sie keineswegs ohne Resultate geblieben ist 9 Er konnte nicht wissen dass die Vorstellung an der Ostkuste Gronlands weit in den Norden vordringen zu konnen auf unrealistischen Annahmen Petermanns beruhte Dass Gillis Land nicht erreicht werden konnte war den ungunstigen Eisverhaltnissen des Sommers 1868 geschuldet Die Expedition kehrte mit umfangreichen meteorologischen ozeanografischen und erdmagnetischen Daten zuruck Im Einzelnen wurden 54 Tagesmittelwerte der Stromungsgeschwindigkeit besonders der Oberflachenstromung vor der gronlandischen Kuste 39 Ergebnisse von Tiefenlotungen inklusive Bodenproben 24 Tiefseetemperaturwerte und mehr als 50 Resultate magnetischer Messungen insbesondere der Deklination veroffentlicht Im vierstundigen Abstand waren nicht nur Wassertemperaturen gemessen sondern auch meteorologische Daten erfasst worden Auf Spitzbergen hatte die Expedition Gesteinsproben genommen und Treibholz zur naheren Untersuchung gesammelt 10 Die geografischen Ergebnisse betreffen vor allem den Bereich der sudlichen Hinlopenstrasse Koldewey wies nach dass es sich bei Wilhelmoya um eine Insel und nicht wie bis dahin angenommen um ein Kap Westspitzbergens handelt 10 Sie wurde von Koldewey ebenso vermessen wie die Bastianoyane Die Daten wurden von Petermann kartografisch verarbeitet und 1871 veroffentlicht 10 Die seemannische Leistung Koldeweys ist hoch einzuschatzen Dass die Expedition unter den herrschenden Witterungsbedingungen ohne ernsthafte Zwischenfalle durchgefuhrt wurde weist ihn als einen umsichtigen Kapitan aus Mit einer nordlichen Breite von 81 4 30 erreichte er die bis heute nordlichste nachgewiesene Position eines Segelschiffs ohne Hilfsantrieb 11 Die Erfahrungen die er auf der Reise sammelte waren von unschatzbarem Wert fur die Folgeexpedition von 1869 70 die Zweite Deutsche Nordpolar Expedition Literatur BearbeitenOtto Ule Die Arbeiter der ersten deutschen Nordpolexpedition In Die Gartenlaube Heft 34 1868 S 539 542 Volltext Wikisource mit Illustration Otto Ule Erlebnisse und Ergebnisse der ersten deutschen Nordpolexpedition In Die Gartenlaube Heft 50 1868 S 788 791 Volltext Wikisource mit Illustration Wilhelm von Freeden Ueber die wissenschaftlichen Ergebnisse der ersten deutschen Nordfahrt von 1868 Offentlicher Vortrag gehalten im Verein fur Kunst und Wissenschaft zu Hamburg nebst besonderen Ausfuhrungen des Wetterbuches und einer Karte den gesegelten Weg der Gronland und die Stromungen Isothermen Isametralen und Isogonen des Nordmeeres enthaltend Mittheilungen aus der Norddeutschen Seewarte Band 1 1869 ZDB ID 1001305 2 Mauke Hamburg 1869 Karl Koldewey Die erste deutsche Nordpolar Expedition im Jahre 1868 Justus Perthes Gotha 1871 archive org Reprint Stalling 1979 ISBN 3 7979 1902 6 Jorg Friedhelm Venzke Vor 120 Jahren Die erste deutsche Nordpolar Expedition PDF 379 kB In Polarforschung Band 58 Nr 1 1988 S 47 51 Weblinks BearbeitenCarl Koldewey National Geographic abgerufen am 11 Februar 2012 Einzelnachweise Bearbeiten Reinhard A Krause Zweihundert Tage im Packeis Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums Band 46 Kabel Hamburg 1997 ISBN 3 8225 0412 2 S 239 Reinhard A Krause Zweihundert Tage im Packeis Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums Band 46 Kabel Hamburg 1997 ISBN 3 8225 0412 2 S 248 Frank Berger Frankfurt und der Nordpol Forscher und Entdecker im ewigen Eis Schriften des Historischen Museums Frankfurt am Main Band 26 Historisches Museum Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 86568 285 7 S 61 Reinhard A Krause Zweihundert Tage im Packeis Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums Band 46 Kabel Hamburg 1997 ISBN 3 8225 0412 2 S 250 a b Reinhard A Krause Zweihundert Tage im Packeis Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums Band 46 Kabel Hamburg 1997 ISBN 3 8225 0412 2 S 276 Karl Koldewey Die erste deutsche Nordpolar Expedition im Jahre 1868 Justus Perthes Gotha 1871 S 4 Karl Koldewey Die erste deutsche Nordpolar Expedition im Jahre 1868 Justus Perthes Gotha 1871 S 7 Karl Koldewey Die erste deutsche Nordpolar Expedition im Jahre 1868 Justus Perthes Gotha 1871 S 53 Karl Koldewey Die erste deutsche Nordpolar Expedition im Jahre 1868 Justus Perthes Gotha 1871 S 54 a b c Reinhard A Krause Zweihundert Tage im Packeis Schriften des Deutschen Schiffahrtsmuseums Band 46 Kabel Hamburg 1997 ISBN 3 8225 0412 2 S 281 Die Geschichte der Gronland Die erste deutsche Polarexpedition im Jahre 1868 Memento vom 27 Dezember 2015 im Internet Archive Website des Deutschen Schifffahrtsmuseums Bremerhaven Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erste Deutsche Nordpolar Expedition amp oldid 233110434