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Equus conversidens ist eine dubiose zweifelhafte Art aus der Gattung der Pferde Equus Sie basiert auf einem Oberkieferfund aus dem Tal von Mexiko und wurde im Jahr 1869 wissenschaftlich benannt Der Holotyp gilt allerdings als diagnostisch wenig aussagekraftig Vor allem in der Mitte des 20 Jahrhunderts wurden der Art zahlreiche Funde zugeschrieben wodurch das angenommene Verbreitungsgebiet weite Teile des nordlichen Mexikos und der sudlichen USA umfasste Weitere Studien seit den 1970er Jahren stellten aber die Heterogenitat des Fundmaterials heraus Eine Revision der nordamerikanischen Pferde des Pleistozans Mitte der 1980er Jahre verwies auf die Unzulanglichkeit des Typusfundes von Equus conversidens Einige Autoren unterstutzten in der Folgezeit diese Ansicht andere argumentierten hingegen fur die Beibehaltung des Artstatus Equus conversidensHolotyp Exemplar von Equus conversidensZeitliches AuftretenPleistozanFundorteMexikoSystematikHohere Saugetiere Eutheria LaurasiatheriaUnpaarhufer Perissodactyla Pferde Equidae Pferde Equus Equus conversidensWissenschaftlicher NameEquus conversidensOwen 1869 Inhaltsverzeichnis 1 Merkmale 2 Fundort und Namensgebung 3 Taxonomiegeschichte 4 EinzelnachweiseMerkmale BearbeitenDer Holotyp und das einzige sicher zu Equus conversidens zu stellende Fundobjekt Exemplarnummer IGM 4008 alte Inventarnummer 403 des Instituto de Geologia Universidad Nacional Autonoma de Mexico ist ein Fragment des rechten und linken Oberkiefers dem noch beide Zahnreihen vom vordersten Pramolaren bis zum letzten Molaren sowie ein Teil des Gaumens anhaften Das Objekt lasst sich einem kleinen jedoch weitgehend ausgewachsenen Tier zuweisen was am durchgebrochenen letzten Mahlzahn erkennbar ist Am Oberkiefer zeichnet sich das Foramen infraorbitale ab das rund 7 cm oberhalb der Alveolenebene sass und in einem Winkel von 45 zur Zahnreihe stand Es lag oberhalb der Vorderkante des letzten Pramolaren Die Pramolaren selbst zeigen ein ausgebildetes pli caballin eine enge Schlaufe des Zahnschmelzes zwischen den beiden zungenseitigen Haupthockern dem Hypoconus und dem Protoconus Auf den Molaren fehlt diese allerdings Eine weitere Schlaufe das pli protoloph zeigte sich auf den Pramolaren stark auf den Molaren hingegen schwach gefaltet Die linke Zahnreihe war insgesamt 14 8 cm lang verteilt auf 8 2 cm der Pramolaren und 6 6 cm der Molaren Vor allem der letzte Mahlzahn erwies sich als relativ klein Die Kronenhohe der Zahne variierte von 5 2 bis 7 0 cm 1 2 Fundort und Namensgebung Bearbeiten nbsp Richard OwenDas Typusexemplar stammt von den Berghangen bei Tepeyac nordlich von Mexiko Stadt im Tal von Mexiko und wurde zusammen mit Resten von Russeltieren und Huftieren in pleistozanen Ablagerungen gefunden Im Jahr 1866 gelangten Fotografien und Abgusse von Funden aus dem Gebiet in die Hande von Richard Owen einem der bedeutendsten Naturforscher des viktorianischen Zeitalters Drei Jahre darauf erstellte Owen die wissenschaftliche Erstbeschreibung von Equus conversidens anhand der Fotografien Der Oberkiefer erinnerte ihn an Equus curvidens eine Form der Pferde die er selbst mehr als zwei Dekaden zuvor anhand von Funden aus Sudamerika gesammelt von Charles Darwin wahrend seiner Reise auf der HMS Beagle eingefuhrt hatte Allerdings standen die Zahnreihen bei dem neuen Fund in einem gebogenen Verlauf konvergierend zueinander weswegen er sich fur eine neue Art entschied Das Artepitheton verweist auf diesen besonderen Umstand der Zahnreihen von lateinisch converto fur umwenden oder umkehren und dens fur Zahn Seiner Beschreibung fugte Owen eine Tafel mit einer zeichnerischen Reproduktion der Fotografien bei 1 Taxonomiegeschichte BearbeitenDie Merkmale die Owen den Fotografien entnehmen konnte gelten als wenig charakteristisch weswegen das Stuck als diagnostisch ohne Wert eingestuft wird In der gleichen Schrift wie der Erstbeschreibung zu Equus conversidens fuhrte Owen zusatzlich noch Equus tau ebenfalls aus dem Tal von Mexiko und basierend auf einer oberen Zahnreihe ein Auch diese Form gilt als Nomen dubium Beiden gemein ist dass sie relativ kleine Individuen reprasentieren Im Jahr 1884 erwahnte Edward Drinker Cope das Holotyp Exemplar von Equus conversidens das er der eigenen Auskunft zufolge im Original einsah Er konnte aber keine bestimmenden Unterschiede zwischen Equus conversidens und Equus tau feststellen und setzte beide daher gleich Die deutliche Krummung der Zahnreihe sah er jedoch als Resultat einer spateren Deformierung an Des Weiteren etablierte er mit Equus barcenaei eine neue kleinwuchsige Pferdeform aus dem Tal von Mexiko der er zwei obere Zahne zugrunde legte 3 In der Zeit nach Cope wurde das Holotyp Exemplar von Equus conversidens offensichtlich restauriert und die Krummungen der Zahnreihe ausgeglichen James W Gidley war von einer spateren Deformierung des Oberkiefers nicht uberzeugt als er den Fund im Jahr 1901 in seiner Revision der nordamerikanischen Pferde berucksichtigte Vielmehr nahm er an dass die beiden Zahnreihen von zwei unterschiedlichen Individuen stammten die irrtumlicherweise zusammengefugt worden waren 4 Gut neun Jahre spater bildete Wilhelm Freudenberg das restaurierte Stuck ab bezeichnete es aber mit Equus cf tau 5 2 Erst im Jahr 1949 konnte Claude W Hibbard den Fund von Equus conversidens wieder genauer einsehen und das restaurierte Stuck eindeutig als Owens Typusexemplar identifizieren Er gab rund sechs Jahre spater eine erneute Beschreibung des Objekts wieder und versuchte weitere Funde aus dem Tal von Mexiko der Art zuzuschreiben die er jedoch zumeist als fraglich ansah Ausserdem bot er einzelne Synonyme an Dadurch setzte er Owens Equus tau mit Equus conversidens gleich ebenso wie Copes Equus barcenaei zuzuglich fugte er neben diesen mexikanischen Formen noch Equus littoralis hinzu Diese geht auf Oliver Perry Hay aus dem Jahr 1913 zuruck und grundet auf einzelnen Zahnen aus Florida 6 Hibbards Gleichsetzungen erfolgten zumeist nur aufgrund der jeweils geringen Grosse der Funde beziehungsweise der Tiere 2 Im gleichen Zeitraum wie Hibbards Untersuchung benannte Chester Stock mit Equus conversidens leoni eine neue Unterart aus dem Oberpleistozan Deren Typusmaterial bestand aus einem reichhaltigen Fundensemble aus der Hohle San Josecito im nordmexikanischen Bundesstaat Nuevo Leon 7 nbsp Vermeintliche Skelettrekonstruktion von Equus conversidensHibbard ausserte sich 1960 gemeinsam mit Dwight W Taylor in einer monographischen Abhandlung uber zwei oberpleistozane Faunengemeinschaften aus Kansas erneut zu Equus conversidens Hierbei verwiesen sie die Reste eines kleinwuchsigen Pferdes aus einem Steinbruch im Meade County des US Bundesstaates zu der Art Neben einem Unterkiefer befanden sich mit einzelnen Phalangen auch erstmals Teile des Korperskeletts darunter Gleichzeitig setzten sie mit Equus francisci eine weitere fossile kleine Pferdeart auf die Synonymliste 8 Diese Form war wiederum von Hay im Jahr 1915 bezugnehmend auf einen Schadel und ein Teilskelett aus dem Wharton County in Texas benannt worden Fur die Funde wurde ein mittelpleistozanes Alter angenommen 9 Ein halbes Jahrzehnt spater widmeten sich Walter W Dalquest und Jack T Hughes Equus conversidens Hierbei bezogen sie sich auf ein Skelett eines kleinen bis mittelgrossen Pferdes das zwei Jahre zuvor bei der Anlage eines Kellers in der Stadt Canyon im Randall County von Texas zu Tage getreten war Bei ihren Analysen berucksichtigten sie auch weitere Funde aus der Umgebung Die Erhaltung der Gliedmassenknochen ermoglichte es zudem umfassendere Messungen an diesen vorzunehmen 10 In diesem Rahmen verwiesen beide Autoren auch auf ein Skelett aus der Nahe von Sonoita in Arizona welches bereits 1942 Morris F Skinner kurz erwahnt und mit Equus conversidens in Verbindung gebracht hatte ohne dies jedoch genauer zu beschreiben 11 Dalquest und Hughes legten ausserdem eine weitere Synonymliste vor die weitgehend der von Hibbard entsprach Die zahlreichen Funde die vor allem im 20 Jahrhundert mit Equus conversidens assoziiert wurden sowie die mit der Art gleichgesetzten anderen kleinwuchsigen Formen erweiterten das angenommene Verbreitungsgebiet von Equus conversidens vom ursprunglich zentralmexikanischen Raum bis weit in den Suden der heutigen USA 10 In der Folgezeit sollte sich aber die Taxonomie der nordamerikanischen pleistozanen Pferde als weitaus komplexer erweisen Ernest L Lundelius und Margaret S Stevens fuhrten Im Jahr 1970 aus dass die kleinwuchsigen Pferde des Kontinents anhand der Beinknochen zwei Formengruppen bilden Eine Gruppe umfasste hierbei breitfussige Pferde wie jene die durch das erweiterte Fundmaterial seit den 1950er Jahren mit Equus conversidens in Verbindung gebracht wurden Die andere bestand aus schmalfussigen Tieren als deren Typusform Lundelius und Stevens Equus francisci bestimmten Als weiteren Unterschied hoben beide Autoren den abweichenden Schmelzfaltenverlauf an den unteren Zahnen zwischen dem Metaconid und Metastylid hervor der bei Equus conversidens in seiner erweiterten Fassung weit und offen bei Equus francisci hingegen eng V formig ist ein weiter Verlauf wird uberwiegend mit der caballinen Gruppe der Pferde in Verbindung gebracht also Formen die dem heutigen Hauspferd nahestehen ein enger Verlauf hingegen mit den Zebras und Wildeseln Lundelius und Stevens sonderten daher Equus francisci aus der Gruppe um Equus conversidens aus 12 Die schmalfussigen Pferde wurden spater als stilt legged horses bekannt und riefen eine umfassende Diskussion uber deren genaue systematische Stellung hervor Genetische Analysen aus dem Jahr 2017 fuhrten dann zur Aufstellung einer eigenen Gattung die die Bezeichnung Haringtonhippus erhielt 13 Bis in das 20 Jahrhundert hinein war die Anzahl an Taxa fossiler pleistozaner Pferde Nordamerikas auf knapp 60 angewachsen von denen aber ein nicht unerheblicher Teil auf einzelnen Fragmenten oder wenig aussagekraftigen Stucken beruhte Dies veranlasste Melissa C Winans Mitte der 1980er Jahre zu einer umfassenden Revision Hierbei wies sie insgesamt funf Formenkreise aus die sie als Equus simplicidens Equus scotti Equus laurentius Equus francisci und Equus alaskae Gruppe bezeichnete Die ersten drei Gruppen reprasentieren grosse Pferdeformen in unterschiedlicher zeitlicher Abfolge vom Pliozan bis zum Oberpleistozan die erstgenannte davon gehort als stenonine Gruppe vermutlich in die nahere Verwandtschaft der Zebras und Wildesel die beiden letztgenannten reprasentieren caballine Pferde Die Equus francisci und Equus alaskae Gruppe setzen sich aus kleinen Pferden zusammen wobei hier wiederum letztere die breitfussigen erstere die stilt legged horses das spatere Haringtonhippus umfassen Das Typusexemplar von Equus conversidens wurde von Winans keiner der Gruppen zugerechnet da sie es als zu unspezifisch einstufte Stocks Unterart Equus conversidens leoni verwies sie jedoch zur Equus alaskae Gruppe 14 Das Originalfundstuck von Equus conversidens konnte Winans bei ihren Analysen nicht einsehen da es zwischenzeitig verloren gegangen war und erst 1987 wiederentdeckt wurde 15 Winans Ansicht schlossen sich zahlreiche Autoren an so unter anderem Bruce J MacFadden 16 Andere Autoren wie Eric Scott argumentierten fur die Validitat der Art die sie aber jeweils in der erweiterten Fassung sahen wie sie in den 1950er und 1960er Jahren bestand Scott schlug daruber hinaus im Jahr 2004 vor die Bezeichnung Equus conversidens aufgrund des langen Gebrauchs nach den Regularien der ICZN zu konservieren 17 18 Ahnliches befurwortete eine Arbeitsgruppe um Maria Teresa Alberdi im Jahr 2014 jedoch wieder mit einem Verweis auf weit umfangreicheres Fundmaterial etwa aus der Hohle San Josecito der Typusfundstelle von Equus conversidens leoni Dies sollte nach Meinung der Forschergruppe auch eine Neustudie des wieder aufgefundenen Holotyps von Equus conversidens beinhalten 7 Die Komplikationen um die Art wurden durch genetische Analysen von Christina I Barron Ortiz und Kollegen aus dem Jahr 2017 erschwert bei denen sich einige Zahne aus der Hohle San Josecito als den stilt legged horses naher stehend erwiesen 19 Peter D Heintzman und seine Arbeitsgruppe unterstrichen daher im gleichen Jahr im Rahmen ihrer Publikation von Haringtonhippus noch einmal die Unzulanglichkeiten des Holotyps von Equus conversidens 13 Einzelnachweise Bearbeiten a b Richard Owen On Fossil Remains of Equines from Central and South America Referable to Equus Conversidens Ow Equus tau Ow and Equus arcidens Ow Philosophical Transactions of the Royal Society of London 159 1869 S 559 573 1 a b c Claude W Hibbard Pleistocene vertebrates from the Upper Becerra Becerra Superior Formation Valley of Tequixquiac Mexico with notes on the Pleistocene forms Contributions from the Paleontology University of Michigan 12 1955 S 47 96 2 Edward Drinker Cope The Extinct Mammalia of the Valley of Mexico Proceedings of the American Philosophical Society of Philadelphia 22 1884 S 1 21 3 James W Gidley Tooth Characters and Revision of the North American Species of the Genus Equus Bulletin of the American Museum of Natural History 14 9 1901 S 91 141 Wilhelm Freudenberg Saugetierfauna des Pliocans und Postpliocans von Mexiko Geologische und Palaontologische Abhandlungen N F 9 3 1910 S 195 231 4 Oliver Perry Hay Notes on Some Fossil Horses with Descriptions of Four New Species Proceedings of the United States National Museum 44 1913 S 569 594 5 a b Maria Teresa Alberdi Joaquin Arroyo Cabrales Alejandro H Marin Leyva und Oscar J Polaco Study of Cedral Horses and their place in the Mexican Quaternary Revista Mexicana de C iencias Geologicas 31 2 2014 S 221 237 Claude W Hibbard und Dwight W Taylor Two Late Pleistocene Faunas from Southwestern Kansas Contributions from the Paleontology University of Michigan 16 1 1960 S 1 223 S 189 193 6 Oliver P Hay Contributions to the knowledge of the mammals of the Pleistocene of North America Proceedings of the United States National Museum 48 1915 S 515 575 7 a b Walter W Dalquest und Jack T Hughes The Pleistocene Horse Equus conversidens The American Midland Naturalist 74 2 1965 S 408 417 Morris F Skinner The fauna of Papago Spring Cave Arizona and a study of Stockoceros with three new antilocaprines from Nebraska and Arizona Bulletin of the American Museum of Natural History 80 1942 S 143 220 Ernest L Lundelius und Margaret S Stevens Equus francisci Hay a small stilt legged horse middle Pleistocene of Texas Journal of Palaeontology 44 1970 S 148 153 a b Peter D Heintzman Grant D Zazula Ross D E MacPhee Eric Scott James A Cahill Brianna K McHorse Joshua D Kapp Mathias Stiller Matthew J Wooller Ludovic Orlando John Southon Duane G Froese und Beth Shapiro A new genus of horse from Pleistocene North America eLife 6 2017 S e29944 doi 10 7554 eLife 29944 Melissa C Winans A quantitative study of North American fossil species of the genus Equus In Donald R Prothero und R Schoch Hrsg The evolution of Perissodactyls New York Oxford University Press 1989 S 262 297 Oscar Carranza Castaneda und Wade E Miller Rediscovered Type Specimens and Other Important Published Pleistocene Mammalian Fossils from Central Mexico Journal of Vertebrate Paleontology 7 3 1987 S 335 341 Bruce M MacFadden Fossil horses Systematics paleobiology and evolution of the family Equidae Cambridge University Press 1992 S 75 Eric Scott The small horse from Valley Wells San Bernardino County California In R J Reynolds Hrsg Punctuated Chaos in the Northeastern Mojave Desert San Bernardino County Museum Association Quarterly 43 1 2 1996 S 85 89 Eric Scott Pliocene and Pleistocene horses from Porcupine Cave In A D Barnosky Hrsg Biodiversity Response to Environmental Change in the Middle Pleistocene The Porcupine Cave Fauna from Colorado Berkeley University of California Press 2004 S 264 279 Christina I Barron Ortiz Antonia T Rodrigues Jessica M Theodor Brian P Kooyman Dongya Y Yang und Camilla F Speller Cheek tooth morphology and ancient mitochondrial DNA of 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