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Entglasung oder Devitrifikation bezeichnet den Vorgang bei dem sich in einem Glas partiell Kristalle bilden die weiterhin von einer amorphen Glasmatrix umgeben sind oder bei dem das Glas vollstandig auskristallisiert und damit seine Glaseigenschaften verliert Bei der Herstellung von Glas gilt eine Entglasung meist als Fehler der Schmelzmasse kann jedoch auch bewusst herbeigefuhrt werden um spezielle Eigenschaften zu erzielen Haufigstes Beispiel hierfur sind Glaskeramiken 1 Entglasung kann auch bei naturlichen Glasern auftreten etwa bei Obsidian Inhaltsverzeichnis 1 Kristallisation in Glasern 1 1 Homogene Keimbildung und kritischer Keimradius 1 2 Heterogene Keimbildung 1 3 Kristallisation in der Glasproduktion 2 Literatur 3 EinzelnachweiseKristallisation in Glasern Bearbeiten nbsp Zusammenhang zwischen Viskositat Kristallwachstum und KeimbildungUnter bestimmten Temperatur Zeit Bedingungen kommt es in Glasern zur Kristallisation Voraussetzung hierfur ist das Vorhandensein oder die Bildung von Kristallisationskeimen Das Wachstum von Keimen geschieht durch Herandiffundieren von Kristallbestandteilen und deren Aufbau zu Kristallen Bei herkommlichen Glasern liegt die maximale Keimbildungszahl KB bei tieferen Temperaturen als deren maximale Wachstumsgeschwindigkeit KG Letztere wird massgeblich durch die Diffusionsgeschwindigkeit bestimmt die bei geringeren Viskositaten stark ansteigt Je naher die Temperaturen der maximalen Keimbildungszahl und der maximalen Wachstumsgeschwindigkeit beieinander liegen bzw je grosser der Uberlappungsbereich der beiden Kurven ist umso schneller muss die Abkuhlung erfolgen um eine Kristallisation zu vermeiden Bei vielen Metallen liegen diese beiden Kurven direkt ubereinander damit gibt es einen Temperaturbereich in dem das Metall schlagartig auskristallisiert Daher mussen zur Herstellung metallischer Glaser aus einer Schmelze Abkuhlgeschwindigkeiten von bis zu 108 Kelvin pro Sekunde erreicht werden um Kristallisation zu unterbinden 2 3 Im Regelfall einer Glasproduktion geschieht die Abkuhlung des Glases schnell genug was zu einem starken Anstieg der Viskositat der Schmelze fuhrt Die zunehmende Viskositat der Schmelze verhindert die Diffusion zunehmend bis das Wachstum von Kristallen vollkommen zum Erliegen kommt Die schnelle Abkuhlung der Schmelze ist somit eine Grundvoraussetzung um einen Festkorper glasig zu erhalten Triebkraft der Kristallisation ist das Bestreben der Materie den Zustand niedrigster Energie einzunehmen Glaser befinden sich aufgrund ihrer regellosen Struktur in einem metastabilen also energiereicheren Zustand als Kristalle Homogene Keimbildung und kritischer Keimradius Bearbeiten nbsp Freie Bildungsenthalpie eine Kristallkeims als Funktion des Keimradius nbsp Entglasung in einem naturlichen Glas Obsidian Thermodynamisch betrachtet findet wahrend der Keimbildung in einem System eine Anderung der freien Enthalpie D G displaystyle Delta G nbsp statt Dieser Vorgang wird immer dann ablaufen wenn dabei die freie Enthalpie D G displaystyle Delta G nbsp verringert wird Wahrend der Keimbildung ordnen sich die Bausteine zu einem Kristall und geben dadurch Energie ab Dieser Vorgang ist mit einem Phasenubergang von der flussigen Schmelze zum festen Kristall verbunden Es entsteht also eine Grenzflache zu deren Erzeugung Energie aufgebracht werden muss Die Gesamtanderung der freien Enthalpie D G displaystyle Delta G nbsp setzt sich also aus einem Volumenanteil D G V displaystyle Delta G V nbsp bei dem Energie abgegeben wird und einem Oberflachenanteil D G O displaystyle Delta G O nbsp der zur Schaffung der Grenzflache aufgebracht werden muss zusammen Es ergibt sich der folgende Zusammenhang D G D G V D G O displaystyle Delta G Delta G V Delta G O nbsp Die freiwerdende Energie ist dabei proportional dem Volumen des Keims wohingegen die aufzuwendende Energie seiner Oberflache proportional ist Geht man von einem kugelformigen Keim mit dem Radius r aus ergibt sich fur die obenstehende Beziehung D G 4 3 p r 3 D G V 4 p r 2 s displaystyle Delta G frac 4 3 pi r 3 cdot Delta G V 4 pi r 2 cdot sigma nbsp Dabei stellt D G V displaystyle Delta G V nbsp die freie Volumenenthalpie des Keims beim Phasenubergang dar und s displaystyle sigma nbsp steht fur die Oberflachenspannung der Schmelze Bei der Betrachtung dieser Beziehung fallt auf dass zunachst Energie aufgebracht werden muss um einen Keim zu erzeugen Erst wenn durch zufallige Konvergenz ein Keim entsteht dessen Radius grosser als der kritische Keimradius r K displaystyle r K nbsp ist kann dieser wachsen und seine freie Enthalpie dadurch minimieren Keime deren Radius kleiner als r K displaystyle r K nbsp ist minimieren ihre Enthalpie indem sie sich wieder auflosen 2 Heterogene Keimbildung Bearbeiten Heterogene Keimbildung ist ein Vorgang bei dem die Keimbildung durch die Anwesenheit eines Fremdkeims in der Schmelze erleichtert wird Sie ist wesentlich haufiger anzutreffen als die homogene Keimbildung da die erstere nicht in so grossem Masse von der zufalligen Anwesenheit der notwendigen Bestandteile eines Keims abhangig ist Durch die Gegenwart eines genugend grossen Keims ist bereits ein Teil der zu erbringenden Grenzflachenenergie erbracht worden Im Extremfall kann man diesen Vorgang als ein Aufwachsen eines Kristalls auf einen Fremdkristall in der Schmelze verstehen Dieser Vorgang wird Epitaxie genannt und wird beispielsweise gezielt genutzt um Glaskeramiken herzustellen Kristallisation in der Glasproduktion Bearbeiten Im Allgemeinen wird Entglasung als Glasfehler angesehen der etwa in einer Glasschmelze in Bereichen mit geringer Stromung der Schmelze oder in besonders anfalligen Glasern wie etwa solche mit hohem Erdalkalioxid Gehalt CaO oder MgO sowohl beim Abkuhlen der Glasschmelze als auch beim Erhitzen von Glasern auftreten kann Erhohte Gehalte an Erdalkalioxiden erhohen in den meisten Massenglasern die Liquidustemperatur so dass eine Kristallisation bei hoheren Temperaturen wie sie beispielsweise in Speisern vorkommen einsetzen kann Eine Entglasung wird in der Glasverarbeitung als Bottom up Kristallisation aber auch als gesteuerter Vorgang zur Herstellung eines gewunschten Farbglases einer Glaskeramik oder auch eines Trubglases eingesetzt 1 Literatur BearbeitenWerner Vogel Glaschemie 3 Auflage Springer Berlin 1992 ISBN 3 540 55171 9 Armin Petzold Anorganisch nichtmetallische Werkstoffe 2 Auflage Deutscher Verlag fur Grundstoffindustrie Leipzig 1986 DNB 870224441 Hans Jebsen Marwedel Rolf Bruckner Hrsg Glastechnische Fabrikationsfehler 4 Auflage Springer Berlin 2011 ISBN 978 3 642 16432 3 Einzelnachweise Bearbeiten a b Eintrag zu Entglasung In Rompp Online Georg Thieme Verlag abgerufen am 9 Februar 2013 a b Werner Vogel Glaschemie 3 Auflage Springer Verlag 1992 ISBN 3 540 55171 9 S 319 ff Werner Vogel Glaschemie 3 Auflage Springer Verlag 1992 ISBN 3 540 55171 9 S 226 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Entglasung amp oldid 212760047