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Der Eisenbahnunfall von Elsterwerda am 20 November 1997 war eine Explosions und Brandkatastrophe ausgelost durch einen mit Benzin und Dieselkraftstoff beladenen Zug der Deutschen Bahn der wegen uberhohter Geschwindigkeit im Bahnhof Elsterwerda entgleiste weil seine Bremsanlage nicht ordnungsgemass in Betrieb genommen worden war Zwei Menschen starben acht wurden verletzt Blick auf das Gleisfeld des Bahnhofs Elsterwerda mit der einstigen Unfallstelle Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Unfallhergang 2 1 Berlin Grunau 2 2 Elsterwerda 3 Folgen 3 1 Unfallstelle 3 2 Gerichtliche Aufarbeitung 3 3 Beseitigung der Folgen 4 Trivia 5 Veroffentlichungen 6 Weblinks 7 Anmerkungen 8 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenAm fruhen Morgen des 20 November war der Guterzug KC 71153 von Stendell dem Ubergabebahnhof der Raffinerie PCK Schwedt Oder nach Nossen zum Tanklager Rhasa unterwegs Er bestand neben der Lokomotive aus 22 Kesselwagen und hatte ein Gewicht von 1851 Tonnen Vorgesehen war dass der Zug mit einer ersten Lokomotive bis zum Bahnhof Berlin Grunau fuhr dort einen Fahrtrichtungswechsel vornahm und dazu eine neue Elektrolokomotive erhielt die ihn bis Riesa bringen sollte Anschliessend sollte er weil die Strecke bis Nossen nicht elektrifiziert war eine Diesellokomotive erhalten Bereits in Berlin Grunau traf der Zug mit Verspatung ein Unfallhergang Bearbeiten nbsp Gedenkstein fur die getoteten Feuerwehrleute am Elsterwerdaer Bahnhof nbsp Bahnhof Elsterwerda nach der SanierungBerlin Grunau Bearbeiten Als in Berlin Grunau die neue Lokomotive die E Lok 155 103 vorgespannt wurde kuppelte der Triebfahrzeugfuhrer die Lokomotive an den Zug Er verband die Schraubenkupplung vergass aber die Schlauche der Bremsleitung der Druckluftbremse zu verbinden und die entsprechenden Absperrhahne zu offnen womit die Bremsen aller Wagen nicht aktivierbar waren Das hatte vor der Abfahrt des Zuges aus zwei Grunden auffallen mussen Der Lokomotivfuhrer muss nach erfolgter Kupplung das Bremssystem mit Druckluft fullen bis dort 5 bar Druck erreicht sind Das dauert sehr viel langer wenn das Bremssystem eines ganzen Zuges als nur das der Lokomotive selbst befullt wird Dies aber fiel dem Triebfahrzeugfuhrer nicht auf Weiter war jetzt eine vereinfachte Anm 1 Bremsprobe erforderlich da durch das Ab und Ankuppeln das Bremssystem geoffnet worden und dessen erneute Geschlossenheit und Funktionsfahigkeit zu prufen war In Berlin Grunau hatte ein Zugvorbereiter Dienst der dem Triebfahrzeugfuhrer die erforderlichen Papiere zu ubergeben und mit ihm zusammen die Bremsprobe durchzufuhren hatte Durch die Verspatung des Zuges musste er nun allerdings an drei Zugen die Bremsprobe gleichzeitig durchfuhren Am KC 71153 hatte er prufen mussen ob sich die Bremsen am letzten Wagen ordnungsgemass anlegten und losten und ob die Hauptluftleitung durchgehend gekuppelt und alle entsprechenden Luftabsperrhahne geoffnet waren Anm 2 Er stellte am letzten Wagen fest dass sich die Bremsen nicht gelost hatten und fuhrte das auf eine uberladene Bremsleitung zuruck d h darauf dass der Luftdruck der Lokomotive die den Zug in den Bahnhof gezogen hatte leicht hoher als 5 bar gewesen war und der Druck den die neue Lokomotive erzeugte nun nicht ausreichte die Bremsen zu losen An dieser Stelle hatte die vereinfachte Bremsprobe abgebrochen und eine sogenannte Volle Bremsprobe durchgefuhrt werden mussen Eine derartige Abweichung ist dem Triebfahrzeugfuhrer in jedem Fall mitzuteilen Der Zugvorbereiter wollte sich den Weg sparen Den Vorschriften entsprechend ware bei der durch den Zugvorbereiter angenommenen Uberladung der Bremsanlage das manuelle Losen der Bremsen aller Wagen erforderlich gewesen Dies geschieht an jedem Wagen einzeln durch Ziehen des sogenannten Losezuges Der Triebfahrzeugfuhrer hat von der Lokomotive aus darauf keinerlei Einfluss Zeitgleich hatten alle Bremseinrichtungen an den Wagen also auch die Schlauchverbindungen und die Luftabsperrhahne an den Kuppelstellen auf ordnungsgemassen Zustand vom Zugvorbereiter kontrolliert werden mussen Anschliessend hatte dieser an allen Wagen das Anlegen und Losen der Bremse feststellen mussen Das geschah aber nicht Vielmehr kontrollierte der Zugvorbereiter alle drei Zuge parallel und liess uber die Losevorrichtungen an den Wagen des KC 71153 die Druckluft so lange entweichen bis die Bremsen sich losten und setzte die erforderliche Volle Bremsprobe nicht fort Begrundet in der Tatsache dass der Zugvorbereiter alle Bremsen am Wagenzug per Hand gelost hatte und die Hauptluftleitung durch die nicht gekuppelten Schlauche zwischen dem Triebfahrzeug und dem ersten Wagen nicht durchgehend verbunden war bestand von diesem Zeitpunkt ab keine Moglichkeit mehr die Bremsen der Wagen anlegen zu lassen Strittig blieb ob der Zugvorbereiter dem Triebfahrzeugfuhrer das Signal Bremsen in Ordnung erteilt hatte Der Triebfahrzeugfuhrer behauptete es der Zugvorbereiter bestritt dies Denkbar ist auch dass der Triebfahrzeugfuhrer ein Signal Bremse in Ordnung das einem der anderen Zuge galt auf sich bezogen hatte KC 71153 erhielt darauf mit Fahrtstellung des Ausfahrsignales die Zustimmung des zustandigen Fahrdienstleiters zur Ausfahrt aus dem Bahnhof und begab sich auf die freie Strecke Wer dem Fahrdienstleiter gemeldet hatte dass der Zug abfahrbereit war also auch die Bremsprobe ohne Beanstandung abgeschlossen wurde und warum der Zugvorbereiter nicht veranlasste dass der Zug angehalten wurde wenn die Bremsprobe noch nicht abgeschlossen war wurde nie geklart Elsterwerda Bearbeiten Der Zug begab sich auf die Strecke Da wenig Verkehr herrschte fuhr er ohne bremsen zu mussen bis kurz vor Elsterwerda Im Streckenabschnitt Hohenleipisch Elsterwerda hatte der Zug zudem beschleunigt da dieser ein starkes Gefalle aufweist Wegen der Verspatung des Zuges hatte die Betriebsleitung mittlerweile entschieden den fur Riesa vorgesehenen Lokwechsel bereits in Elsterwerda vorzunehmen Der dortige Fahrdienstleiter richtete die Fahrstrasse so ein dass der Zug aus dem durchgehenden Hauptgleis auf Gleis 5 des Bahnhofs abbiegen wurde Entsprechend signalisierte das Einfahrsignal des Bahnhofs Geschwindigkeit 40 km h ermassigen Halt erwarten Anm 3 Dies bedeutet eine Geschwindigkeitsobergrenze von 40 km h ab dem Standort des Einfahrsignales mit die anschliessenden Weichen befahren werden durfen Als der Triebfahrzeugfuhrer die erforderliche Bremsung einleiten wollte bemerkte er dass der Zug nur eine sehr geringe Bremswirkung entfaltete Die Bremse wirkte nur bei der Lokomotive nicht auf die Rader der Wagen Er benachrichtigte per Zugfunk noch den Fahrdienstleiter in Elsterwerda uber das Bremsversagen ohne dass dieser noch eingreifen konnte Der Zug fuhr um kurz vor 7 Uhr mit einer Geschwindigkeit von knapp 90 km h im Bahnhof Elsterwerda uber die ablenkende Weiche die nur fur 40 km h zugelassen war Die Lokomotive blieb im Gleis die Kupplung zwischen Wagenzug und Lokomotive riss und die Lokomotive kam 177 Meter weiter zum Stehen Allerdings entgleisten 15 Kesselwagen 13 brannten aus Folgen BearbeitenUnfallstelle Bearbeiten nbsp Das in der Sanierung befindliche Gelande des einstigen Bahnbetriebswerkes ElsterwerdaFur die um 06 39 Uhr sofort alarmierte Feuerwehr von Elsterwerda war dies der dritte Grossbrand innerhalb von zwei Jahren Anm 4 Nachdem sie an der Unfallstelle eingetroffen war explodierte der erste Kesselwagen Die Druckwelle war so stark dass sie weitere Wagen auf und das Dach des Empfangsgebaudes wegriss Noch in einigen hundert Metern Entfernung ging ein leichter Benzinregen nieder Kraftfahrzeuge die den Bahnhof auf einer nahe gelegenen Strasse passierten wurden auf die andere Strassenseite gedruckt Der Lokomotivschuppen des Bahnbetriebswerks und die dort stehende Lokomotive 155 069 fingen Feuer Infolge der Explosion wurde der Stadtbrandmeister von Elsterwerda von einem einsturzenden Wirtschaftsgebaude erschlagen ein weiterer verletzter Feuerwehrmann verstarb funf Tage spater im Krankenhaus Acht Feuerwehrleute und Polizisten wurden daruber hinaus verletzt Das aus den Wagen auslaufende Benzin entzundete sich sofort Die Loscharbeiten verzogerten sich da die Feuerwehr zunachst nicht wusste welche Stoffe brannten und ob mit Wasser geloscht werden durfte Zudem fehlte es an ausreichend Loschwasser und es bestand weiter Explosionsgefahr Auch in der Kanalisation entstand Explosionsgefahr durch ausgelaufenes Benzin Sieben intakte nicht entgleiste Kesselwagen konnten gegen Mittag abgekuppelt und aus dem Gefahrenbereich gezogen werden Aus vier weiteren nicht ausgebrannten Wagen wurde am Abend des ersten Tages nach dem Abloschen aller Brande das Benzin abgepumpt Der Einsatz der Feuerwehren dauerte uber 34 Stunden Insgesamt waren daran 30 Feuerwehren mit 310 Feuerwehrleuten und 62 Einsatzfahrzeugen beteiligt der Rettungsdienst setzte 14 Fahrzeuge und zwei Hubschrauber ein 1 Gerichtliche Aufarbeitung Bearbeiten Im Fruhjahr 2000 waren die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abgeschlossen 2 Allerdings stritten sich jetzt zunachst das Landgericht Cottbus und die dortige Staatsanwaltschaft darum ob ein Strafverfahren uberhaupt zu eroffnen sei Das erfolgte schliesslich gegen zwei DB Mitarbeiter am 8 November 2002 Als Grund fur die Katastrophe wurde menschliches Versagen festgestellt Triebfahrzeugfuhrer und der Zugvorbereiter wurden wegen ihres fahrlassigen Verhaltens zu Bewahrungsstrafen verurteilt 3 Beseitigung der Folgen Bearbeiten Der schwer beschadigte Lokschuppen und die Reste des Wirtschaftsgebaudes wurden abgerissen und nicht wieder aufgebaut Am Empfangsgebaude wurden die Schaden beseitigt Bei der Katastrophe versickerte eine grosse Menge Benzin das auch zehn Jahre nach dem Unfall noch aus dem Erdreich des Gelandes gefiltert wurde Die Deutsche Bahn zahlte an 122 Geschadigte 1 2 Millionen Euro 4 Trivia BearbeitenBeinahe zu einer weiteren Katastrophe kam es am spaten Nachmittag des 11 Oktober 2018 nur wenige Kilometer sudlich der Unfallstelle nahe der Ortslage Kotschka Ein mit Super Benzin gefullter Kesselwagen eines aus Richtung Dresden kommenden Guterzuges war auf Grund einer defekten Bremse in Brand geraten Der das Problem bemerkende Lokfuhrer konnte den Zug gerade noch rechtzeitig zum Stehen bringen und den Brand selbst loschen Sicherheitshalber waren allerdings die Ortswehren von Elsterwerda und Prosen dennoch zu Absicherungsarbeiten zum Unglucksort beordert worden 5 Veroffentlichungen BearbeitenDeutscher Bundestag Hrsg Drucksache 13 9849 Antrag der Abgeordneten Gila Altmann Aurich Albert Schmidt Hitzhofen Helmut Wilhelm Amberg Michaele Hustedt Dr Jurgen Rochlitz Elisabeth Altmann Pommelsbrunn Halo Saibold Egbert Nitsch Rendsburg und der Fraktion BUNDNIS 90 DIE GRUNEN Gefahrdung durch Gefahrguttransporte minimieren Vom 11 Februar 1998 Sandra Dassler Als der Himmel brannte Tagesspiegel 18 November 2007 Erich Preuss Eisenbahnunfalle bei der Deutschen Bahn Ursachen Hintergrunde Konsequenzen Stuttgart 2004 ISBN 3 613 71229 6 S 66 75 Frank Berno Timm Elsterwerda Inferno auf dem Bahnhof In Eisenbahn Kurier Nr 304 Jahrgang 32 1998 EK Verlag GmbH ISSN 0170 5288 S 6 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bahnhof Elsterwerda Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Bericht uber das Ungluck auf www bestpractice feuerwehr de Memento vom 10 Oktober 2008 im Internet Archive Anmerkungen Bearbeiten Da der Zug nicht in Berlin Grunau gebildet wurde sondern hier schon als geschlossene Einheit angekommen war reichte es den Vorschriften entsprechend aus dass nicht alle Wagen darauf uberpruft wurden ob sich die Bremsen gelost hatten Letzteres entspricht der sogenannten Durchgangsprufung der Hauptluftleitung Dabei hatte der Triebfahrzeugfuhrer das Fuhrerbremsventil in die sogenannte Abschluss bzw Mittelstellung bringen mussen Damit werden eventuelle Undichtigkeiten von der Bremsanlage nicht mehr ausgeglichen Nun hatte der Zugvorbereiter den Luftabsperrhahn der Hauptluftleitung am letzten Fahrzeug fur ca 15 Sekunden offnen mussen Gleichzeitig hatte der Triebfahrzeugfuhrer das Manometer fur die Anzeige des Hauptluftleitungsdrucks beobachten und einen Druckabfall in dieser feststellen mussen Signalbegriff Hl 12a 1995 hatte das Rathaus 1997 die Lagerhalle eines Recyclingbetriebes gebrannt Einzelnachweise Bearbeiten Elsterwerda Kesselzugexplosion im Bahnhof Hans Dieter Unkenstein Lothar Zinke 112 Magazin der Feuerwehr 23 1998 via www bestpractice feuerwehr de und archive org archiviert vom Original am 10 Oktober 2008 abgerufen am 17 Juni 2023 Es werden hier 10 ausgebrannte Wagen und zwei Explosionen angegeben die zweite beim Eintreffen der Feuerwehr Anklageerhebung im Fall Elsterwerda In Eisenbahn Revue International Heft 5 2000 ISSN 1421 2811 S 194 Bewahrungsstrafen im Prozess um das Zugungluck von Elsterwerda In Die Welt 17 Dezember 2002 Elsterwerda Prozess In Eisenbahn Revue International Heft 1 2003 ISSN 1421 2811 S 7 Lokfuhrer loscht Brand am Benzin Kesselwagen in Lausitzer Rundschau vom 11 Oktober 201851 460222222222 13 516388888889 Koordinaten 51 28 N 13 31 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisenbahnunfall von Elsterwerda amp oldid 238858365