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Mit dem Begriff Dresdner Holbeinstreit bezeichnet man eine kunsthistorische Debatte die im 19 Jahrhundert uber ein Bildthema von Hans Holbein dem Jungeren gefuhrt wurde Die Form der wissenschaftlichen Auseinandersetzung die Argumente und das Ergebnis dieses Diskurses gelten insgesamt als Wendepunkt in der Entwicklung der noch jungen Disziplin Kunstgeschichte die spatestens ab Mitte des 19 Jahrhunderts begann sich von einer literarisch sentimentalen aus fremden Quellen gespeisten also kunstfremden Betrachtungsweise Udo Kultermann zu einer eigenstandigen Wissenschaft mit spezifischer Methodik und objektivierbaren Ergebnissen zu emanzipieren Hans Holbein d J Madonna des Burgermeisters Meyer 1526 Sammlung Wurth Johanniterkirche Schwabisch Hall Dresdner Kopie der Holbeinschen Madonna von Bartholomaus SarburghKupferstich nach der Dresdner Kopie von Christian Friedrich Boetius um 1757 Inhaltsverzeichnis 1 Der Streit 2 Teilnehmende Kunsthistoriker beim Kongress von 1871 3 Literatur 4 EinzelnachweiseDer Streit BearbeitenDie sogenannte Madonna des Burgermeisters Meyer zeigt die Madonna mit dem Kind sowie die Familie des Basler Stifters Jakob Meyer zum Hasen und existiert in zwei Versionen Ein Gemalde das Original von Hans Holbein d J aus dem Jahr 1526 ist Teil der Sammlung Wurth und wird in der Johanniterkirche Schwabisch Hall ausgestellt Eine Kopie des Malers Bartholomaus Sarburgh aus dem 17 Jahrhundert befindet sich in der Dresdner Gemaldegalerie Alte Meister Beide Bilder haben eine bewegte Geschichte und gingen im Laufe der Jahrhunderte durch die Hande vieler Besitzer Als der hugenottische Kunsthandler Christoph Le Blon 1 1633 in den Besitz des originalen Holbein Bildes gelangte liess er es vor dem Weiterverkauf von Sarburgh kopieren und verausserte auch die Kopie unter dem Namen Holbein an Maria von Medici Von nun an kursierten zwei Bilder gleichen Namens in den europaischen Kunstsammlungen Im 18 Jahrhundert wurde die Kopie in Venedig fur die Sammlung des Kurfursten Friedrich August II von Sachsen erworben und hing seither als gefeiertes Original des deutschen Malers Holbein gleichrangig neben dem Prunkstuck der italienischen Schule der Sixtinischen Madonna von Raffael in Dresden 1822 kam auch der echte Holbein nach Deutschland in die Berliner Sammlung Prinz Wilhelms von Preussen Von nun an stritten die Kunstwissenschaftler daruber wie sich diese beiden Bilder zueinander verhalten Nachdem immer wieder Kunsthistoriker nach Darmstadt wo sich das Original seit 1851 befand und Dresden gereist waren um die Bilder zu begutachten und in der Erinnerung zu vergleichen wurde 1871 eine Ausstellung in Dresden organisiert bei der die beiden Bilder direkt nebeneinander gehangt wurden Gleichzeitig fand ein Kongress mit den fuhrenden Kunsthistorikern der Zeit statt Am 5 September 1871 wurde das Ergebnis des Kongresses verkundet Die Darmstadter Madonna ist das Original von Holbein das Dresdner Bild eindeutig eine Kopie Das Ergebnis kam mit Hilfe der neuentwickelten Stilkritik zustande die fur die Bildbetrachtung nicht mehr intuitive Anmutungen und subjektive bzw zeitgebundene Schonheitsbegriffe zugrunde legte sondern exakte Vergleiche formaler Bildwerte Spater bestatigten Untersuchungen mittels Rontgen und Infrarot den Befund dass das Darmstadter Gemalde mehrfach verandert wurde und dabei mit den erhaltenen Kreidestudien korrespondierte wahrend das Dresdner Bild nur die letzte Fassung des Darmstadter Bildes wiedergibt In der Folge schrieb Emil Major 1910 das Dresdner Gemalde dem Maler Bartholomaus Sarburgh zu und datierte die Entstehung auf zwischen 1635 und 1637 Das Original befand sich bis 2004 in Darmstadt dann als Leihgabe in Frankfurt am Main Seit 2011 gehort es zur Sammlung Wurth und wird seit Anfang 2012 in Schwabisch Hall ausgestellt Teilnehmende Kunsthistoriker beim Kongress von 1871 BearbeitenAdolf Bayersdorfer Wilhelm von Bode Friedrich Lippmann Wilhelm Lubke Carl von Lutzow Gerhard Malss Bruno Meyer Moritz Thausing Alfred Woltmann Karl Woermann Albert von ZahnLiteratur BearbeitenLena Bader Bild Prozesse im 19 Jahrhundert Der Holbein Streit und die Ursprunge der Kunstgeschichte Wilhelm Fink Verlag Munchen 2013 ISBN 978 3 7705 5357 0 Gustav Theodor Fechner Uber die Echtheitsfrage der Holbein schen Madonna 1871 Hans Holbeins Madonna im Stadel Der Burgermeister sein Maler und seine Familie Katalog zur Ausstellung im Frankfurter Stadel 2004 Petersberg 2004 ISBN 3 937251 24 3 Udo Kultermann Der Dresdner Holbeinstreit In Udo Kultermann Geschichte der Kunstgeschichte Der Weg einer Wissenschaft Prestel Verlag Munchen 1996 ISBN 3 7913 1056 9 S 136 141 Bernhard Maaz Hans Holbein d J Die Madonnen des Burgermeisters Jacob Meyer zum Hasen in Dresden und Darmstadt Wahrnehmung Wahrheitsfindung und verunklarung Swiridoff Verlag Kunzelsau 2014 ISBN 978 3 89929 289 3 Andreas Beyer Am Anfang war der Streit Hans Holbein d J und die kunsthistorische Tradition in Christian Scholl Sandra Richter Oliver Huck Hg Konzert und Konkurrenz Die Kunste und ihre Wissenschaften im 19 Jahrhundert Gottingen 2010 S 201 221 weblink Vortrag von Andreas Beyer Der Zank als methodische Praxis Der Holbein Streit 1871 und seine Folgen Dresden Staatliche Kunstsammlungen Dresden 22 Oktober 2021 https www youtube com watch v hCE gbcm0uAEinzelnachweise Bearbeiten der Kunstler und Kunsthandler Christoph le Blon in der Datenbank des RKD Nederlands Instituut voor Kunstgeschiedenis Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dresdner Holbeinstreit amp oldid 233963010