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Das Dinglingerhaus war ein barockes Wohngebaude in Dresden Es wurde fruhestens 1711 von Matthaus Daniel Poppelmann entworfen und vor 1716 am Judenhof in unmittelbarer Nachbarschaft zum Johanneum erbaut Bauherr war wohl Abraham Thame seinen Namen erhielt es aber als Wohnhaus des Juweliers Georg Christoph Dinglinger 1668 1728 der es im Mai 1716 erwarb 1 Dinglingerhaus Anfang des 20 JahrhundertsDas Dinglingerhaus am Judenhof nach seinem WiederaufbauStich des 18 Jahrhunderts Links vom Johanneum befindet sich das Dinglingerhaus Es handelte sich um eines der wertvollsten barocken Dresdner Burgerhauser 2 und war laut Fritz Loffler das einzige Beispiel fur den Niederschlag des Zwingerstils im Dresdner Wohnhausbau 3 Walter May hingegen beschreibt Poppelmanns Bau der schon vor dem Wallpavillon im Zwinger entstanden sei als unter dem Eindruck der neuesten Prager Architekturentwicklungen entstanden die Poppelmann auf einer Reise kennengelernt habe 4 In den Jahren 2015 und 2016 wurde das Haus weitgehend originalgetreu wieder aufgebaut zum Teil unter Einbeziehung noch vorhandener Teile des Kellers Das Gebaude ist nicht zu verwechseln mit dem meist ebenfalls als Dinglingerhaus bezeichneten im Zweiten Weltkrieg zerstorten Wohnhaus des Hofgoldschmieds Johann Melchior Dinglinger 1664 1731 in der Frauengasse 9 spater Frauenstrasse 9 in dessen Hof sich der heute noch existierende Dinglingerbrunnen befand Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Architekturgeschichtliche Bedeutung 3 Geschichte 4 Wiederaufbau 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenDas funfachsige Eckhaus mit zum Judenhof streng symmetrischer Fassade verfugte uber drei Vollgeschosse ein Mezzaningeschoss und ein Mansarddach Die risalitartig nur leicht vorgezogene Mittelachse wurde von einem gestuften Zwerchhaus gekront vor dessen mittlerem Fenster durch eine Balustrade ein Austritt angedeutet wurde Zu beiden Seiten des Zwerchhauses fand sich je eine kleinere Gaube Vertikal gegliedert wurde das Gebaude durch vom Gurtgesims uber dem Erdgeschoss sich bis zum verkropften Hauptgesims erstreckende Pilaster deren konsolenartigen Kapitelle das Gesims trugen Die vierachsige Seitenfassade an der zur Schlossstrasse fuhrenden Sporergasse war erheblich schlichter ausgefuhrt 1 5 Das Erdgeschoss der Seite zum Judenhof war weitgehend ohne Schmuck gehalten Es wurde dominiert durch das in der Mittelachse befindliche Portal zu dessen beiden Seiten sich je zwei hochrechteckige gewandelose Fenster befanden deren einziger Schmuck in einem den Segmentbogen kronenden grossen Schlussstein bestand Die Erdgeschossfassade zur Sporergasse war sehr ahnlich strukturiert wenn auch ohne Portal nur mit einem Eingang zu einem der insgesamt vier im Haus untergebrachten Ladengeschafte Uber dem Erdgeschoss befand sich ein verkropftes Gurtgesims Samtliche Achsen des Hauses waren von fur Dresdner Burgerhauser ungewohnlichen 6 kolossalen Pilastern gerahmt Dabei war die Mittelachse leicht konvex nach aussen die zweite und vierte Achse leicht konkav nach innen gebogen und damit hinter die risalitartig betonte Mittelachse zuruckgesetzt So erhielten auch die beiden ausseren Achsen einen gewissen Risalitcharakter 1 Die beiden zuruckgesetzten Achsen waren weitgehend schmucklos einziges Detail sind vertikal zwischen den Fenstern angebrachte Putzspiegel Bis auf sehr zuruckhaltende Sohlbanke waren auch keine Fenstergewande zu sehen Die Achsen eins und funf verfugten uber den Fenstern des ersten und zweiten Geschosses uber gerade Verdachungen und Fullwerk Dort waren Kartuschen mit Bandel und Rankenwerk auf konkav hochgebogenen glatten Putzflachen angebracht Die Sohlbanke waren geschmuckt mit gleich oberhalb der Verdachungsgiebel angesetzten kleinen Konsolen und bugelformigen Putzspiegeln Die Mittelachse wies noch reichere Details auf So befand sich das Fenster des ersten Stocks uber einer kleinen Scheinbalustrade Uber dem Fenster befand sich eine Segmentbogenverdachung mit geraden Seitenteilen Unter dieser befanden sich direkt uber dem Fenstersturz floral geschmuckte Rechteckfelder Die Verdachung hatte zudem einen Schlussstein in Form einer Fratzenmaske Allen Fenstern der Mittelachse waren kleine Konsolen unterlegt 1 Die Kapitelle der Pilaster waren aufstuckiert und in Phantasieformen ausgefuhrt Sie setzten sich zusammen aus perlenbesetzten Voluten mit Tuchgehangen uber Bluten Der Mittelrisalit wurde uber dem Giebel durch ein dreiteiliges Zwerchhaus verlangert Zwei kleinere im Segmentbogen geschlossene Fenster rahmten das grosse hinter einer leicht nach aussen gebogenen Balustrade befindliche Mittelfenster das von einer auf zwei das Fenster rahmenden Lisenen lagernden Segmentbogenverdachung gekront wurde Der grosse Segmentbogen war gefullt mit einer Muschel und feinem Rankenwerk Uber den beiden ausseren Achsen befand sich je eine kleinere Gaube 1 Das Erdgeschoss wurde durch die Toreinfahrt betreten Die Treppe zu den Stockwerken befand sich in der Verlangerung des Eingangs Seitenturen in der Einfahrt fuhrten zu den Verkaufsraumen Direkt neben der Treppe befand sich ein kleiner Lichthof Die vier Hauptwohnraume in den Obergeschossen waren als Enfilade angeordnet der grosste Raum jeder Etage befand sich in der Mittelachse zum Judenhof ein Zimmer war als Eckraum zur Sporergasse gestaltet ein weiteres hatte zwei Fenster nur zur Sporergasse Um den fast quadratischen kleinen Innenhof und die Treppe waren kleinere Wirtschaftsraume untergebracht 1 Architekturgeschichtliche Bedeutung BearbeitenDas Dinglingerhaus am Judenhof stellt nach Meinung Stefan Hertzigs fur das Burgerhausœvre Poppelmanns als auch fur das gesamte burgerliche Bauschaffen Dresdens jener Zeit den unangefochtene n kunstlerische n Hohepunkt dar 7 Nicht durch ein Stakkato von Putzflachen sondern durch ein tatsachlich vorhandenes aber ganz sanftes und kaum merkliches Hervorschwingen der mittleren Achsen sowie durch ihre Fortsetzung in den drei Zwerchhausern des Daches wurde eine starke Einheitlichkeit sowie eine kunstlerische Wirkung von grosser Schonheit und Anmut erreicht 7 Die Fassade des Hauses wurde in ihrer Mitte tatsachlich als Ganzes in Schwingung versetzt Trotzdem ordnete sich aber auch an diesem Gebaude die wellenformige Bewegung durch ihre sanfte flache Ausbildung wiederum fast unmerklich dem flachig kubischen Gesamtcharakter des Baukorpers unter 8 Der sehr positiven Einschatzung schliesst sich Paul Schumann an Man wird nicht leicht ein kunstlerisch vornehmeres Privathaus finden In der ruhigen Gliederung in der feinen Verteilung der Massen in der sicheren Verwendung weniger Schmuckteile ist es vollendet schon ein sprechender Beweis wie ein Kunstler ersten Ranges auch mit geringen Mitteln das Hochste zu erreichen vermag 9 Geschichte Bearbeiten nbsp Eintrag im Adressbuch von 1797 nbsp Hofbrunnen im Dinglingerhaus 1913 heute am GewandhausGeorg Christoph Dinglinger starb 1746 im Alter von 77 Jahren Uber die Besitzer und Bewohner nach dieser Zeit geben die Dresdner Adressbucher von 1797 an Auskunft Die Adresse des Hauses lautete seit Einfuhrung der strassenweisen Nummerierung der Dresdner Hauser zur Mitte des 19 Jahrhunderts Judenhof 5 Zuvor war es als Haus 387 verzeichnet In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Name Judenhof getilgt das Haus hatte in der Folge die Adresse Neumarkt 18 10 Schon im 18 Jahrhundert war das Haus nicht nur von der Familie der Eigentumer bewohnt Der erste Eintrag in einem Dresdner Adressbuch findet sich 1797 Er lautet Nr 387 Fr Christiane Sophie Ganzelmann Wittwe des verstorb Amtmanns zu Frauenstein Hr Anton Sawicki Jacob Seydelmann Professor bey der kurfurstl Kunstakademie allhier Cstian Benj Wilisch Generalkriegsgerichtskassier Dieses Haus besitzt Hr Ernst August Steinbach 11 nbsp Blick von der Sporergasse uber den Judenhof zur Frauenkirche rechts das Ladengeschaft von Huning amp KleinfeldNeben den im Haus wohnenden Parteien finden sich fur das Jahr 1797 auch mehrere Ladengeschafte im Erdgeschoss Verzeichnet sind der Beutler Kepler 12 der Klempner Kohler 13 die Steinguthandlerin Witwe Weisse 14 sowie an der Seite zur Sporergasse der Langmesserschmied Frohlich 15 Spatestens 1831 war das Haus dann Eigentum der Witwe des 1797 erwahnten Dresdner Malers Jakob Crescenz Seydelmann der Miniaturenmalerin Apollonia Seydelmann 16 Mitglied der Dresdner Kunstakademie Nach dem Tod Apollonia Seydelmanns im Jahr 1840 ging das Haus in den Besitz ihrer Tochter Luise 1799 1874 uber die seit 1817 mit einem Oberst von Zedlitz verheiratet war Luise starb 1874 im Dresdner Adressbuch von 1904 ist als Eigentumerin des Hauses eine Louise von Zedlitz Oberhofmeisterin a D vermerkt in den 1930er und 40er Jahren werden als Eigentumer Kleinfeld Erben verzeichnet Da die Dresdner Adressbucher seit 1848 auch die Wohnungsmieter aller verzeichneten Hauser nennen lasst sich ab dieser Zeit recht genau Auskunft uber Geschafte und Bewohner im Haus erteilen Zumindest die Familienvorstande sind bekannt da Ehefrauen Kinder und Personal ausser im Falle eigener Berufstatigkeit oder sonstiger Bedeutung nicht erwahnt werden 17 So verzeichnet das Adressbuch von 1851 im Parterre des Dinglingerhauses die Geschaftsraume und Wohnung des Hofuhrmachers Weisse 18 der bereits seit 1836 als Klein Uhrmacher unter dieser Adresse als Mieter im Dachgeschoss noch nicht mit Geschaftsraumen verzeichnet war 19 und einen Schuhmacher namens Venus Im ersten Obergeschoss lebte das Ehepaar von Zedlitz im zweiten der Baron Gustav Bodo von Bodenhausen im dritten der Schneider Ludwig Moritz Drevermann und im vierten Stock dem ausgebauten Dachgeschoss wird ein Herr Bergner Klempner und Lampenfabrikant genannt 20 In den folgenden Jahrzehnten gab es weiterhin Ladengeschafte im Erdgeschoss So finden sich in den Adressbuchern von 1861 und 1866 weiterhin der Hofuhrmacher Weisse sowie die Schuhmacher Venus und Suwer 21 22 Im Adressbuch von 1904 sind ein Sporermeister und der Schuhmacher Otto Magister eingetragen im ersten Stock zudem ein Gemeinnutziger Verein samt seinem Sekretar Ernst Seidler 23 In den Adressbuchern von 1932 und 1943 44 findet sich fur das Erdgeschoss und den ersten Stock des Hauses die Eintragung der Firma Huning amp Kleinfeld Dabei handelte es sich um eine Glaserei Glasschleiferei und Glasmalerei 24 25 Das Dinglingerhaus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstort die Ruine spater abgebrochen 26 Nach der Errichtung des Kulturpalastes wurde auf dem einstigen Standort des Gebaudes ein Parkplatz angelegt Wiederaufbau BearbeitenAuch nach der Zerstorung blieb das Dinglingerhaus als eine der Inkunabeln der Dresdner Barockbaukunst stets im offentlichen Bewusstsein Seine originalgetreue Rekonstruktion war darum auch fester Bestandteil bereits der ersten noch in den 1980er Jahren angestellten Uberlegungen zum Wiederaufbau des Neumarktgebiets Selbst wahrend der erbittert gefuhrten Diskussionen um die kunftige Gestalt des Neumarkts die um die Jahrtausendwende von den Verfechtern eines historischen Wiederaufbaus und den Vertretern einer modernen Gestaltung gefuhrt wurden wurde die Rekonstruktion des Dinglingerhauses von letzteren zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt Nach dem Verkauf des nunmehrigen Quartiers VII 2 an die Kimmerle GbR Judenhof Hochstadt a d Donau v d d Michael Kimmerle Anfang 2013 begannen im April desselben Jahres archaologische Ausgrabungen die u a den noch relativ gut erhaltenen Keller des Dinglingerhauses mit teilweise erhaltenen Gewolbetonnen und einem gotischen Portal ans Tageslicht brachten 27 Aufgrund ihres Wertes wurden diese Relikte in den Wiederaufbau des Gebaudes integriert Den historischen Dinglingerkeller kann man heute bei einem Besuch im Restaurant des s g Judenhof Dresden bewundern 28 Die Grundsteinlegung fand am 26 Februar 2015 statt die Fertigstellung erfolgte 2017 Literatur BearbeitenStefan Hertzig Das Dresdner Burgerhaus in der Zeit Augusts des Starken Zu Entstehung und Wesen des Dresdner Barock Dresden 2001 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Dinglingerhaus Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Webseite der Familie Dinglinger mit Bildern des Gebaudes Projekthomepage zum WiederaufbauEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Stefan Hertzig Das Dresdner Burgerhaus in der Zeit Augusts des Starken Zu Entstehung und Wesen des Dresdner Barock Dresden 2001 S 112 ff Walter May Stadtisches und landesherrliches Bauen In Reiner Gross Uwe John Hrsg Geschichte der Stadt Dresden Theiss Verlag Stuttgart 2006 S 164 f Fritz Loffler Das alte Dresden Geschichte seiner Bauten Dresden 1955 19 Auflage Leipzig 1999 S 136 Walter May S 165 nach Loffler S 292 f Stefan Hertzig Das Dresdner Burgerhaus in der Zeit Augusts des Starken Zu Entstehung und Wesen des Dresdner Barock Dresden 2001 S 238 a b Stefan Hertzig Das Dresdner Burgerhaus in der Zeit Augusts des Starken Zu Entstehung und Wesen des Dresdner Barock Dresden 2001 S 213 Stefan Hertzig Das Dresdner Burgerhaus in der Zeit Augusts des Starken Zu Entstehung und Wesen des Dresdner Barock Dresden 2001 S 262 Paul Schumann Dresden 1 Auflage E A Seemann Leipzig 1909 OCLC 1043264301 S 159 160 Digitalisat abgerufen am 29 Januar 2021 siehe etwa das Adressbuch der Gau und Landeshauptstadt Dresden 1943 44 S 578 des Hauserbuches online Dresden zur zweckmassigen Kenntniss seiner Hauser und deren Bewohner Dresden 1797 S 79 Dresden zur zweckmassigen Kenntniss seiner Hauser und deren Bewohner Dresden 1797 S 523 Dresden zur zweckmassigen Kenntniss seiner Hauser und deren Bewohner Dresden 1797 S 533 Dresden zur zweckmassigen Kenntniss seiner Hauser und deren Bewohner Dresden 1797 S 545 Dresden zur zweckmassigen Kenntniss seiner Hauser und deren Bewohner Dresden 1797 S 535 Dresdner Adress Kalender von 1831 S 240 Gisela Hoppe Die Dresdner Adressbucher In Dresdner Geschichtsbuch 5 Altenburg 1999 S 258 Adressbuch fur die Stadt Dresden auf das Jahr 1851 S 213 Konigl sachs privilegirter Dresdner Adress Kalender von 1836 S 264 Adressbuch fur die Stadt Dresden auf das Jahr 1851 S 213 Adress und Geschaftshandbuch der koniglichen Haupt und Residenzstadt Dresden 1861 S 316 Adress und Geschaftshandbuch der koniglichen Haupt und Residenzstadt Dresden 1866 S 98 des zweiten Teils Adressbuch fur Dresden und seine Vororte 1904 Band 2 S 312 Adressbuch fur Dresden und Vororte 1932 S 338 des Hauserbuches siehe etwa das Adressbuch der Gau und Landeshauptstadt Dresden 1943 44 S 578 des Hauserbuches Loffler S 292 Projekthomepage abgerufen am 3 August 2015 Projekthomepage abgerufen am 3 August 2015 Memento des Originals vom 21 Juli 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www kimmmerle juedenhof dresden de51 051611111111 13 739055555556 Koordinaten 51 3 5 8 N 13 44 20 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dinglingerhaus amp oldid 235814943