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Die Schlacht ist eine Szenenfolge des deutschen Dramatikers Heiner Muller die im Zeitraum zwischen 1951 und 1974 entstand Die Szene DAS LAKEN ODER DIE UNBEFLECKTE EMPFANGNIS wurde erstmals am 25 September 1974 in der Regie von Manfred Karge und Matthias Langhoff an der Volksbuhne Berlin innerhalb des Spektakels 2 gezeigt Die Urauffuhrung der kompletten Szenenfolge Die Schlacht zusammen mit Traktor von Heiner Muller war am 30 Oktober 1975 an der Volksbuhne Berlin Regie fuhrten Manfred Karge und Matthias Langhoff 1 Inhaltsverzeichnis 1 Handlung und Dramaturgie 2 Bezug zu Brechts Furcht und Elend des Dritten Reiches 3 Rezeption 4 Inszenierungen Auswahl 5 Textausgaben Auswahl 6 Interviews Gesprache 7 Literatur Auswahl 8 Einzelnachweise 9 WeblinksHandlung und Dramaturgie BearbeitenDas Stuck besteht aus funf in sich abgeschlossenen Szenen die wahrend der Zeit des Faschismus spielen In DIE NACHT DER LANGEN MESSER begegnen sich in der Nacht des Reichstagsbrandes zwei Bruder die Muller A und B nennt A ist ein klassenbewusster Arbeiter und Gegner der Nazis B wurde von der Gestapo gefoltert und ist zu den Braunhemden ubergelaufen hat jedoch niemanden ans Messer geliefert Fur seine Genossen ist er dennoch ein Verrater Deshalb bittet er A ihn zu erschiessen A tut es ICH HATT EINEN KAMERADEN zeigt vier Soldaten im Schnee an der Front Der Hunger bringt sie auf den Gedanken einen von ihnen zu toten und zu essen Der Schwachste wird erschossen Er war Unser schwachstes Glied und eine Gefahr fur den Endsieg Jetzt aus Kameradschaft Verstarkt er unsre Feuerkraft 2 Der Vorgang wird durch Spruche des vierten Soldaten im Sinne der Nazi Ideologie ruckstandslos ideologisch abgedeckt 3 In KLEINBURGERHOCHZEIT ruft ein fanatischer Nazi kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee seine Frau und seine Tochter zum heldenhaften Selbstmord auf Als sie sich widersetzen erschiesst sie der Mann und setzt sich selbst den Revolver an die Schlafe Er zogert zu schiessen da droht ihm Hitler aus dem Bild an der Wand Der Mann weiss sich zu helfen er dreht das Bild um und macht sich aus dem Staub Wo ein Ende war wird ein Anfang sein Der Starke ist am machtigsten allein 4 FLEISCHER UND FRAU ist ein Minidrama ein Stuck im Stuck das aus funf Kurzszenen besteht Der Fleischer hat sich durch seinen Beitritt zur SA wirtschaftlich saniert und druckt sich vor dem Kriegseinsatz Als in der Nahe ein amerikanisches Flugzeug absturzt wird er beauftragt den Piloten zu toten Das schlagt in dein Fach du bist Fleischer 5 Kurz vor Kriegsende geht der Mann aus Angst fur den Mord zur Rechenschaft gezogen zu werden ins Wasser Die Fleischersfrau folgt ihm und ist unschlussig ob sie ihn retten oder ertrinken lassen soll Schliesslich springt sie ins Wasser ihn zu retten und bringt ihren Mann um weil der Ertrinkende sich an sie klammernd sonst sie umgebracht hatte Er oder ich Die Kinder sind auch da Tot ist tot 6 DAS LAKEN ODER DIE UNBEFLECKTE EMPFANGNIS spielt 1945 in einem Luftschutzkeller unmittelbar vor dem Einmarsch der Roten Armee in Berlin Ein Soldat der Wehrmacht entledigt sich seiner Uniform Die anderen Kellerinsassen bringen ihn dazu ein weisses Laken als Zeichen der Kapitulation zu hissen Zwei SS Manner dringen in den Keller ein der Soldat wird von den anderen verraten und wegen Hochverrats gehangt Zwei russische Soldaten bringen die Leiche zuruck in den Keller Eine der Frauen behauptet der Tote sei ihr Sohn gewesen und bekommt von den Russen ein Brot Uber dem Toten beginnt der Kampf der Uberlebenden um das Brot 7 Ein Hauptmythos des Nationalsozialismus die Deutschen seien eine Volksgemeinschaft gewesen die fur Fuhrer Volk und Vaterland bis in den Tod geht wird mit den dramaturgischen Mitteln der Farce und des Grand Guignol ad absurdum gefuhrt Im Kampf ums Uberleben ist sich jeder selbst der Nachste Zur Dramaturgie der Szenenfolge bemerkt Muller Formal ist Schlacht Traktor eine Bearbeitung von eigenen 20 und mehr Jahre alten Texten bzw der Versuch ein Fragment synthetisch herzustellen Ich glaube nicht dass eine Geschichte die Hand und Fuss hat die Fabel im klassischen Sinn der Wirklichkeit noch beikommt Ubrigens handelt der Text von Situationen in denen Individuelles nur partikular zur Wirkung kommt zersprengt von Zwangslagen die naturlich unter bestimmten Bedingungen von Individuen herbeigefuhrt worden sind 8 Die Methode der synthetischen Fragmentarisierung bezieht sich auf die Montage der Attraktionen die der russische Filmregisseur Sergej Eisenstein in den 20er Jahren entwickelte und die durch Regisseure wie Wsewolod Meyerhold und Erwin Piscator auch auf dem Theater angewandt wurde 9 Brecht entwickelte diesen dramaturgischen Ansatz in seinem Epischen Theater weiter Heiner Muller setzte das Experimentieren mit Montage und Fragment u a in seinen Stucken Germania Tod in Berlin Leben Gundlings Friedrich von Preussen Lessings Schlaf Traum Schrei Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten und Wolokolamsker Chaussee I V fort Aus der Szene Traktor die ursprunglich fur Die Schlacht vorgesehen war entwickelte Muller ein eigenstandiges Stuck das haufig gemeinsam mit Die Schlacht aufgefuhrt wurde Bezug zu Brechts Furcht und Elend des Dritten Reiches BearbeitenMullers Szenenfolge Die Schlacht nimmt deutlich Bezug auf Bertolt Brechts Furcht und Elend des Dritten Reiches Urauffuhrung 1938 Paris Muller spitzt allerdings im Vergleich zu Brecht sowohl inhaltlich als auch formal deutlich zu Brecht interessierte die in einem Prolog sinngemass gestellte Frage Wie brauchbar wird dieses Volk fur den Krieg seiner Verderber sein Die unbeschonigte und illusionslose Antwort die der Autor mit der Szenenfolge gab schloss andererseits die Betonung des Widerstandskampfes der Arbeiterklasse ein Muller kommt es vor allem auf das subjektive Problem auf die konkrete deutsche Erscheinungsform an 10 die Brecht nach Mullers Meinung erst im Vorspiel zu seiner Adaption der Antigone des Sophokles prazise genug erfasst habe Wo wart ihr als euer Bruder getotet wurde Muller sieht dieses subjektive Problem in der sehr weit reichenden Objektwerdung und Entmenschlichung grosser Teil der Bevolkerung alle funf Szenen fuhren vor wie sogenannte einfache Menschen Arbeiter Soldaten Kleinburger wie sie auch in Brechts Szenenfolge im Zentrum stehen dazu gelangen konnten einander zu toten In aller Drastik zeigt Muller so die Bereitschaft zu Verrat Brutalitat und Entsolidarisierung bis in die Familie hinein Wenn Brecht in Szenen wie Der Spitzel oder Die judische Frau der Zerfall der burgerlich kleinburgerlichen Familie unter dem Faschismus beschaftigt hatte so zeigt Muller daruber hinaus das Perverse ihres Funktionierens 11 Rezeption BearbeitenMuller schildert die Umstande zur Urauffuhrung an der Volksbuhne folgendermassen Mein erstes Stuck an der Volksbuhne war Die Schlacht 1975 inszeniert von Karge und Langhoff Es gab im Vorfeld Diskussionen im Patenbetrieb des Theaters dem Gluhlampenwerk NARVA Die Schauspieler haben dort den Text vorgelesen und mit den Arbeitern daruber geredet wie die das Kriegsende erlebt hatten und die Nazi Zeit So entstand ein ziemlich umfangreiches Material und das hat einiges an Skepsis abgefedert Es gab wie ublich die Empfehlung das Stuck nicht zu machen aber kein Verbot In den ersten Auffuhrungen war Schlacht mit Traktor kombiniert Die Strategie von Matthias Langhoff war Einschuchterung durch Kunst eine aufwendige Inszenierung mit vielleicht sogar zuviel Prunk und Asthetik Traktor fiel spater weg Schlacht lief sehr lange bis 1985 12 Die Schlacht rief nach der Urauffuhrung in der DDR zunachst eher Ablehnung Unverstandnis und Verstorung hervor 13 Muller reagierte mit einem Brief an Martin Linzer der in der August Ausgabe 1975 der ostdeutschen Fachzeitschrift Theater der Zeit erschien 14 Aber auch westliche Rezensenten kritisierten eine Einseitigkeit der Darstellung die beispielsweise den antifaschistischen Widerstand vollkommen unerwahnt lasst und eine quasi anthropisch bedingte Grausamkeit des Menschen an die Stelle konkreter historischer Kausalitaten setzt Davon unberuhrt erlebte das Stuck sowohl im deutschen Sprachraum als auch im Ausland u a in Frankreich Osterreich Japan und Sudafrika zahlreiche Inszenierungen Das Heiner Muller Handbuch verzeichnet bis 2002 55 Inszenierungen im In und Ausland 15 Seit den 80er Jahren wurde es haufig mit der Szenenfolge Wolokolamsker Chaussee I V von Muller kombiniert Eine ungewohnliche Kombination und eine sehr erfolgreiche Inszenierung schuf Frank Castorf 1994 an der Berliner Volksbuhne er montierte die Schlacht Szenen in den burgerlichen Schwank Pension Scholler ein 16 Inszenierungen Auswahl Bearbeiten1974 Volksbuhne Berlin Regie Manfred Karge Matthias Langhoff Urauffuhrung 17 1975 Deutsches Schauspielhaus Hamburg Regie Ernst Wendt eingeladen zu den Mulheimer Theatertagen 1976 1976 Schauspielhaus Basel Regie Harun Farocki Hanns Zischler 1979 Stadtische Buhnen Erfurt Regie Klaus Erforth Alexander Stillmark 1981 Staatsschauspiel Dresden Regie Wolfgang Engel 18 1982 Theater Anklam Regie Frank Castorf 1982 Schauspielhaus Dusseldorf Regie B K Tragelehn 1985 Schauspielhaus Bochum Regie Barbara und Jurgen Esser zusammen mit Wolokolamsker Chaussee I 1994 Volksbuhne Berlin Regie Frank Castorf zusammen mit Pension Scholler von Carl Laufs und Wilhelm Jacoby 19 Textausgaben Auswahl BearbeitenHeiner Muller Die Schlacht In Heiner Muller Werke 4 Die Stucke 2 Hrsg von Frank Hornigk Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001 Heiner Muller Die Schlacht Traktor Leben Gundlings Friedrich von Preussen Lessings Schlaf Traum Schrei Henschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1977Interviews Gesprache BearbeitenDas Wiederfinden der Biografien nach dem Faschismus Auszuge aus einem in Genf gefuhrten Interview uber die Inszenierung Die Schlacht an der Volksbuhne Berlin mit Matthias Langhoff und anderen In Heiner Muller Gesammelte Irrtumer 2 Hrsg von Gregor Edelmann und Renate Ziemler Verlag der Autoren Frankfurt am Main 1990 ISBN 3 88661 103 5 Heiner Muller Krieg ohne Schlacht Leben in zwei Diktaturen Kiepenheuer amp Witsch Koln 1992 S 252ff ISBN 3 462 02172 9Literatur Auswahl BearbeitenGottfried Fischborn Intention und Material Einige Aspekte zu Heiner Mullers Schlacht und Traktor In Weimarer Beitrage 24 1978 3 58 92 Jost Hermand Deutsche fressen Deutsche In John Fuegi Reinhold Grimm Jost Hermand Hrsg Brecht Jahrbuch 1978 Frankfurt am Main 1978 Frank Michael Raddatz Damonen unterm Roten Stern Zu Geschichtsphilosophie und Asthetik Heiner Mullers Stuttgart 1991Einzelnachweise Bearbeiten Heiner Muller Handbuch Hrsg von Hans Thies Lehmann und Patrick Primavesi Verlag J B Metzler Stuttgart Weimar 2003 ISBN 3 476 01807 5 Heiner Muller Die Schlacht In Heiner Muller Werke 4 Die Stucke 2 Hrsg von Frank Hornigk Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001 Gottfried Fischborn Stuckeschreiben Akademie Verlag Berlin 1981 S 100 Heiner Muller Die Schlacht In Heiner Muller Werke 4 Die Stucke 2 Hrsg von Frank Hornigk Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001 Heiner Muller Die Schlacht In Heiner Muller Werke 4 Die Stucke 2 Hrsg von Frank Hornigk Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001 Heiner Muller Die Schlacht In Heiner Muller Werke 4 Die Stucke 2 Hrsg von Frank Hornigk Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001 Heiner Muller Die Schlacht In Heiner Muller Werke 4 Die Stucke 2 Hrsg von Frank Hornigk Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2001 Heiner Muller Theaterarbeit In Texte 11 Bande Rotbuch Verlag Berlin Verlag der Autoren 1974 S 124 f Joachim Fiebach Nachwort zu Heiner Muller Die Schlacht Traktor Leben Gundlings Friedrich von Preussen Lessings Schlaf Traum Schrei Henschelverlag Kunst und Gesellschaft Berlin 1977 Gottfried Fischborn Stuckeschreiben Akademie Verlag Berlin 1981 S 104 Gottfried Fischborn Stuckeschreiben Akademie Verlag Berlin 1981 S 100 Heiner Muller Krieg ohne Schlacht Leben in zwei Diktaturen Kiepenheuer amp Witsch Koln 1992 S 252ff ISBN 3 462 02172 9 Heiner Muller Handbuch Hrsg von Hans Thies Lehmann und Patrick Primavesi S 274 Verlag J B Metzler Stuttgart Weimar 2003 ISBN 3 476 01807 5 Heiner Muller Theaterarbeit In Texte 11 Bande Rotbuch Verlag Berlin Verlag der Autoren 1974 S 124 f Heiner Muller Handbuch Hrsg von Hans Thies Lehmann und Patrick Primavesi S 274 Verlag J B Metzler Stuttgart Weimar 2003 ISBN 3 476 01807 5 Heiner Muller Handbuch Hrsg von Hans Thies Lehmann und Patrick Primavesi S 274 Verlag J B Metzler Stuttgart Weimar 2003 ISBN 3 476 01807 5 Rolf Michaelis Lehrstuck ohne Lehre In Die Zeit Nr 46 1975 online Jens Mittelstenscheid Rezeption Heiner Mullers an Dresdner Theatern in den 70er und 80er Jahren des 20 Jahrhunderts Grin Verlag fur akademische Texte 2010 Komodie Krieg Kartoffelsalat Frank Castorf inszeniert an der Berliner Volksbuhne das deutsche Bastarddrama Pension Scholler die Schlacht Pension Hitler oder Das fidele Grauen In Die Zeit Nr 18 1994 online Weblinks BearbeitenBibliografie Heiner Muller 1948 1992 Internationale Heiner Muller Gesellschaft Gesprache zwischen Heiner Muller und Alexander Kluge http muller kluge library cornell edu de videos phpNormdaten Werk GND 4483940 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Schlacht Theaterstuck amp oldid 224471340