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Dieser Artikel oder Abschnitt bedarf einer grundsatzlichen Uberarbeitung Naheres sollte auf der Diskussionsseite angegeben sein Bitte hilf mit ihn zu verbessern und entferne anschliessend diese Markierung Die Erziehung des Menschengeschlechts 1780 ist das religionsphilosophische Hauptwerk Gotthold Ephraim Lessings Die besondere Bedeutung des Textes erschliesst sich nicht auf den ersten Blick besonders wenn man die Fiktion ernst nimmt die Schrift sei von einem guten Freund der sich gern allerlei Hypothesen und Systeme mache um das Vergnugen zu haben sie wieder einzureissen Brief an H S Reimarus 16 April 1778 Als tatsachlicher Verfasser hatte Korte 1841 den jungen Albrecht Daniel Thaer genannt Sie ergibt sich aber bei genauerer Untersuchung aus drei Zusammenhangen der Stellung im Gesamtwerk dem Text selbst den Argumentationszusammenhangen zu den anderen religionsphilosophischen SchriftenInhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 2 Der Text 3 Ahnliche Argumentationen in anderen Schriften Lessings 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseEntstehungsgeschichte BearbeitenDie Erziehung des Menschengeschlechts gehort zu Lessings Spatwerk Die 1 53 erschienen schon 1777 als Teil des Fragmentenstreits mit Hauptpastor Johann Melchior Goeze Anti Goeze 1778 und anderen Innerhalb dieses bedeutenden Zusammenhangs nimmt die Schrift eine Sonderstellung ein weil es der grosste von Lessing selbst verfasste zusammenhangende Teil ist und sich somit aus dem Status reiner Gegensatze hervorhebt Die komplette Schrift 1 100 erschien 1780 in dem Jahr in dem auch die so genannten Jacobi Gesprache gefuhrt wurden eine der wenigen Ausserungen Lessings in denen er ohne taktische und erzieherische Filterungen seine eigenen Ansichten uber die Religion darlegt Zur selben Zeit 1779 erschien Nathan der Weise Lessings dramatisches Hauptwerk das eine ganz ahnliche Thematik behandelt Dass Lessing dieses Werk durchaus als Fortsetzung der religionsphilosophischen Diskussion versteht zeigt folgende Ausserung Ich muss versuchen ob man mich auf meiner alten Kanzel auf dem Theater wenigstens noch ungestort will predigen lassen Brief an E Reimarus 6 September 1778 Der Text BearbeitenVordergrundig vergleicht Lessing in der Schrift die Entwicklung der menschlichen Vernunft mit der Entwicklung der Vernunft beim einzelnen Menschen wobei Gott als eine Art Erzieher der Menschheit erscheint Die gottliche Offenbarung ist dabei fur das Menschengeschlecht das was die Erziehung fur den einzelnen Menschen ist Diese Erziehung erfolgt im Wesentlichen in drei Stadien Im ersten geschieht sie durch unmittelbare sinnliche Strafen und Belohnungen AT im zweiten Stadium werden durch die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele Lohn und Bestrafung ins Jenseits verlagert NT und in einem dritten Stadium wird es keine Belohnungen und Strafen mehr geben weil die menschliche Vernunft so weit entwickelt ist dass die Menschen das Gute tun weil es das Gute ist Ewiges Evangelium Diese drei Stadien durchlaufen alle Volker so dass man an ihren positiven Religionen den jeweiligen Entwicklungsstand ihrer Vernunft erkennen kann Die zentralen Kategorien des benutzten Vergleichs sind Offenbarung und Erziehung auf der einen und Vernunft und Entwicklung auf der anderen Seite In der gesamten Schrift gibt es sowohl Belege fur eine angenommene Dominanz der Offenbarung 7 77 als auch fur ein Primat der Vernunft 4 65 84 91 1 Dieser oberflachliche Widerspruch lost sich auf wenn man die fremdgesteuerte Offenbarung durch einen ausserweltlichen Gott und die selbstgesteuerte Vernunft durch einen innerweltlichen Gott nur als zwei Seiten einer dialektischen Einheit betrachtet nahegelegt auch durch die 36 37 und die autonome menschliche Vernunft als deren tiefere Struktur begreift Dann erscheint die gottliche Offenbarung nur als ein Bild fur den jeweiligen Entwicklungsstand der menschlichen Vernunft und Gott als Bild fur den innermenschlichen Imperativ zu ebendieser Weiterentwicklung die in einer zunehmenden Konkretisierung des Bildes von der Offenbarung besteht Die Offenbarung wird damit zum Noch Nicht der Vernunft Die Erziehung eines ausgewahlten Volkes durch gottliche Offenbarung steht also dafur dass die gesamte Menschheit sich durch mythologische Erklarungen der Natur und durch die schrittweise Entmythologisierung dieser Erklarungen d h rein immanent entwickelt Offenbarung erscheint Lessing hierbei lediglich als historisches Faktum wahrend die Vernunft ewig ist Der Entwicklungsgedanke belegt nicht nur den Glauben Lessings an einen innerweltlichen Gott Deus sive Natura sondern auch seine Uberzeugung von einer positiven Entwicklung der Menschheit Es ist fur ihn ein Naturgesetz allen Lebens dass eine standige Spannung zwischen gegenwartiger Unvollkommenheit und zukunftiger Vollkommenheit besteht und dass die Entwicklung der Vernunft und Moral von einem zum anderen Pol verlauft Gleichwohl erwahnt Lessing auch den Lasterungsgedanken dass der Glaube an den Fortschritt ein Irrglaube sei Parallele zu der Annahme des Richters in der Ringparabel in Nathan der Weise wonach der echte Ring verloren gegangen sei Nur instandiges Beten konne diesen Lasterungsgedanken vertreiben verdrangen Ein wichtiges Moment bei der Schrift Die Erziehung des Menschengeschlechts kommt ganz am Ende wo zum ersten Mal im christlichen Europa der Reinkarnationsgedanke als wunschenswerte Denkmoglichkeit auftaucht Die Reinkarnation die in der spaten indischen Zeit ganz in eine pessimistische Stimmung getaucht ist Leben ist Leiden Buddha kommt hier als grossartige Chance zum Vorschein Zitat 94 Warum konnte jeder einzelne Mensch auch nicht mehr als einmal auf dieser Welt vorhanden gewesen sein 95 Ist diese Hypothese darum so lacherlich weil sie die alteste ist weil der menschliche Verstand ehe ihn die Sophisterey der Schule zerstraut und geschwacht hatte sogleich darauf verfiel 98 Warum sollte ich nicht so oft wiederkommen als ich neue Kenntnisse neue Fertigkeiten zu erlangen geschickt bin Bringe ich auf einmal so viel weg dass es der Muhe wiederzukommen etwa nicht lohne 99 Darum nicht Oder weil ich es vergesse dass ich schon dagewesen Wohl mir dass ich das vergesse Die Erinnerung meiner vorigen Zustande wurde mir nur einen schlechten Gebrauch des gegenwartigen zu machen erlauben Und was ich auf itzt vergessen muss habe ich denn das auf ewig vergessen 100 Oder weil zu viel Zeit fur mich verloren gehen wurde Verloren Und was habe ich denn zu versaumen Ist nicht die ganze Ewigkeit mein Ahnliche Argumentationen in anderen Schriften Lessings BearbeitenBei allen religionsphilosophischen Schriften des Aufklarers ist stets ein reales oder fiktives Gegenuber mitzudenken Lessing setzt sich mit den herrschenden Stromungen religionsphilosophischen Denkens seiner Zeit auseinander Dabei ist ihm die Meinung des jeweiligen Dialogpartners zu wichtig um einfach beiseite gesetzt zu werden Leibniz von den ewigen Strafen 1773 Vielmehr bemuht er sich in exoterischer Redeweise seine Gegner auf ihrem jeweiligen Wege zur Wahrheit zu fuhren ebd Insofern sind samtliche Schriften nicht esoterisch sondern immer als Gegen Schriften zu verstehen bei denen man wissen muss an wen er sich wendet um dann indirekt daraus seine eigene Meinung zu erschliessen Diese Taktik hat nichts mit Opportunismus zu tun sondern entspringt der Hochachtung vor der Meinung des anderen Toleranz und der Uberzeugung dass niemand jemals vorsatzlich sich selbst verblendet habe Eine Duplik 1778 Die herrschenden geistigen Stromungen mit denen Lessing sich auseinandersetzt sind im Wesentlichen der Deismus die Neologie die Orthodoxie Gegen die Deisten verteidigt Lessing das Recht des Gefuhlschristen auf seine Religion und sein tatiges Christentum Gegensatze zum 1 5 Fragment 1777 Das Testament Johannis 1777 Er wendet sich gegen deren Vernunfteln das spitzfindig uberheblich und widerlegbar ist und pladiert dafur alte Gesetze fur die noch kein vernunftiger Ersatz da ist beizubehalten Der Freigeist 1749 Brief an Karl 2 Februar 1774 An den Neologen kritisiert er vor allem die Vermengung von Glaubenssatzen und Vernunftuberlegungen Er sieht in den Halbheiten und Falschheiten dieser Rechtfertigungsideologie die Vernunft zur blossen Stutze der Offenbarung degradiert Fragment eines Gesprachs 1774 Die Orthodoxen fordert er auf ihre Religion kritisch zu uberprufen und diese Diskussion nicht auf die eigene Religion zu beschranken sondern den gemeinsamen Kern aller positiven Religionen herauszufinden Rettung des Hier Cardanus 1754 Uber die Elpistiker 1763 Die Argumentation sollte dabei nicht mit zufalligen Geschichtswahrheiten sondern mit notwendigen Vernunftwahrheiten geschehen Neue Hypothese uber die Evangelisten 1778 Die Religion Christi 1780 und uber die Unzulanglichkeiten des blossen Buchstaben der Bibel hinausgehen Eine Parabel 1778 So konnte es gelingen zu einer naturlichen Religion vorzudringen die dann wiederum die Offenbarung als Beleg fur ihre vernunftige Notwendigkeit nicht mehr benotigt weil sie auf einem Christentum der Vernunft 1753 basiert Viele dieser Argumentationszusammenhange ziehen sich durch die Diskussionen innerhalb des Fragmentenstreits als dessen Teil ja auch die Erziehung des Menschengeschlechts zuerst erschienen ist Und alle Gedanken treten auch innerhalb der Erziehung auf in der ja gerade die relative Wahrheit der christlichen Religion einerseits und ihre geschichtliche Notwendigkeit andererseits erlautert werden So ist fur den glaubigen Gefuhlschristen eines der beiden Elementarbucher AT NT durchaus noch angemessen solange kein vernunftiger Ersatz da ist oder von ihm nicht angenommen werden kann Es ist deshalb nicht notig daran herumzuvernunfteln wie das die Deisten tun Den Rechtfertigungsuberlegungen der Neologen setzt Lessing in der Erziehung eine zumindest gleichgewichtige Vernunft entgegen die bei genauem Hinsehen sogar der dominante Teil der dialektischen Verbindung ist Das ganze Konzept der Schrift schliesslich setzt die Kritik an der Orthodoxie konstruktiv um in dem Lessing hier ja ausfuhrlich die eigene Religion hinterfragt sie auf eine Stufe mit anderen Religionen stellt und versucht zu einem gemeinsamen Kern dem Ewigen Evangelium oder dem Christentum der Vernunft zu gelangen Literatur BearbeitenGotthold Ephraim Lessing Die Erziehung des Menschengeschlechts Berlin 1780 Digitalisat und Volltext im Deutschen Textarchiv H E Allison Lessing and the Enlightenment New York 1964 M Bollacher Lessing Vernunft und Geschichte Untersuchungen zum Problem religioser Aufklarung in den Spatschriften Tubingen 1978 Reprint Berlin 2016 K Bohnen Geist und Buchstabe Koln 1974 D Cyranka Naturlich positiv vernunftig Der Religionsbegriff in Lessings Erziehungsschrift In U Kronauer W Kuhlmann Hrsg Aufklarung Stationen Konflikte Prozesse Eutin 2007 S 39 61 Monika Fick Lessing Handbuch Leben Werk Wirkung 3 Auflage Stuttgart 2010 Karl S Guthke Der Stand der Lessing Forschung Stuttgart 1963 M Haug Entwicklung und Offenbarung bei Lessing Gutersloh 1928 P Rilla Lessing und sein Zeitalter Munster 1973 H Thielicke Offenbarung Vernunft und Existenz Gutersloh 1957 Weblinks BearbeitenText im Deutschen Textarchiv Text auf Projekt Gutenberg DE Albert Meier Gotthold Ephraim Lessing XIII Ernst und Falk Die Erziehung des Menschengeschlechts PDF 35 kB Vorlesung Universitat Kiel Literaturwissenschaft 15 Juli 2008 abgerufen am 14 Marz 2013 auch Video MP4 161 MB Rudolf Laufen Gotthold Ephraim Lessings Religionstheologie eine bleibende Herausforderung Memento vom 21 Februar 2014 im Internet Archive PDF 154 kB Einzelnachweise Bearbeiten Volker C Dorr Offenbarung Vernunft und fahigere Individuen Die positiven Religionen in Lessings Erziehung des Menschengeschlechts In Lessing Yearbook XXVI 1994 hg v Richard E Schade und Susanne Kord Wayne State University Press Detroit S 29 54 Werke von Gotthold Ephraim Lessing DramenDamon oder die wahre Freundschaft Der junge Gelehrte Die alte Jungfer Der Misogyn Der Freigeist Die Juden Der Schatz Emilia Galotti Miss Sara Sampson Philotas Minna von Barnhelm Nathan der WeiseDramenfragmenteSamuel Henzi D FaustGedichte Lieder Oden SinngedichteFabeln Fabeln und ErzahlungenAsthetische Schriften Rezensionen Briefe Vorreden Abhandlungen von dem weinerlichen oder ruhrenden Lustspiele Uber das Lustspiel Die Juden Ein Vade mecum fur den Hrn Sam Gotthl Lange Pastor in Laublingen Rettungen Briefwechsel uber das Trauerspiel Abhandlungen uber die Fabel Briefe die neueste Literatur betreffend Laokoon oder uber die Grenzen der Mahlerey und Poesie Hamburgische Dramaturgie Der Rezensent braucht nicht besser machen zu konnen Wie die Alten den Tod gebildet Leben und leben lassen Selbstbetrachtungen und EinfalleTheologiekritische und philosophische Schriften Gedanken uber die Herrnhuter Das Christentum der Vernunft Pope ein Metaphysiker Uber die Entstehung der geoffenbarten Religion Uber die Wirklichkeit der Dinge ausser Gott Durch Spinoza ist Leibniz nur Eine Parabel Anti Goeze Ernst und Falk Dass mehr als funf Sinne fur den Menschen sein konnen Gesprache uber die Soldaten und Monche Die Religion Christi Die Erziehung des Menschengeschlechts F H Jacobi uber seine Gesprache mit Lessing Normdaten Werk GND 4281373 6 lobid OGND AKS LCCN no2021140132 VIAF 195912638 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Die Erziehung des Menschengeschlechts amp oldid 237602907