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Der ultimative Boeing 747 Schachzug ist ein Gegenargument zu modernen Versionen des Gestaltungsarguments fur die Existenz Gottes Die Idee wurde von Richard Dawkins im 4 Kapitel Warum es mit ziemlicher Sicherheit keinen Gott gibt seines 2006 erschienenen Buches Der Gotteswahn vorgestellt Das Argument basiert auf der Vorstellung eines Tornados der durch einen Schrottplatz fegt und somit zufallig eine Boeing 747 zusammenbaut Dieses Beispiel wird oftmals genutzt um die Evolution durch naturliche Selektion unwahrscheinlich erscheinen zu lassen Stattdessen soll ein Schopfer die Komplexitat des Lebens auf der Erde erklaren Laut Dawkins sei dies jedoch widerspruchlich da dies die Entstehung Gottes unbeantwortet lasse Verstunde man die Existenz komplexen Lebens als equivalent zu einer zufallig entstandenen Boeing 747 so sei die Existenz eines hochkomplexen und damit unwahrscheinlichen Gottes die ultimative Boeing 747 die zu erklaren nur schwer moglich ware Inhaltsverzeichnis 1 Kontext und Geschichte 2 Dawkins Aussage 3 Beurteilung und Kritik 3 1 Einfachheit Gottes und materialistische Annahmen 3 2 Notwendigkeit externer Erklarungen 3 3 Dawkins Antwort auf die Kritik 4 EinzelnachweiseKontext und Geschichte BearbeitenRichard Dawkins beginnt Der Gotteswahn mit einer Erklarung dass der uber die abrahamitische Vorstellung eines personlichen Gottes schreibt Die Frage nach der Existenz eines solchen Gottes sieht er als wissenschaftlich an da ein Universum mit einem solchen Gott sich signifikant von einem Universum ohne ihn unterscheiden wurde Dieser Unterschied sei empirisch zu untersuchen Daher konnte man die sog Gotteshypothese wie jede andere wissenschaftliche Hypothese untersuchen Nachdem er in Kapitel 3 die gangigsten Argumente fur Gott untersucht zieht Dawkins die Schlussfolgerung dass das Gestaltungsargument das uberzeugendste sei Immerhin musse die Unwahrscheinlichkeit der Entstehung des Lebens und eines Universums das Leben beherbergen kann erklart werden Nichtsdestotrotz sieht Dawkins die Evolution durch naturliche Selektion als besseren Erklarungsansatz an als die Gotteshypothese Als Teil seines Vorhabens Intelligent Design zu widerlegen wendet er das Argument von nichtreduzierbarer Komplexitat auf Gott an Aufgrund seiner Komplexitat musse auch dieser gestaltet worden sein Danach argumentiert er fur die Unwahrscheinlichkeit der Existenz Gottes 1 Dawkins Bezeichnung fur seine statistische Demonstration dass Gott mit ziemlicher Sicherheit nicht existiere ist Der ultimative Boeing 747 Schachzug Dies ist eine Anspielung auf die Ausserung des Astrophysikers und Atheisten Fred Hoyle der gesagt haben soll dass die Wahrscheinlichkeit fur die Entstehung des Lebens auf der Erde nicht grosser sei als die dass ein Sturm der durch einen Schrottplatz fegt durch etwas Gluck eine Boeing 747 zusammenbaue 2 Argumente gegen empirisch begrundeten Theismus reichen mindestens bis ins 18 Jahrhundert zuruck als der Philosoph David Hume anmerkte dass auch ein Schopfer geschaffen werden musse Daniel Dennet der ebenso wie Dawkins zur neuatheistischen Bright Bewegung gehort merkt an dass Dawkins Argument in zweierlei Hinsicht innovativ sei Es zeige dass Evolution durch naturliche Selektion dort als einzig moglicher Erklarungsansatz funktioniere wo das Gestaltungsargument versage Weiterhin wurde es die Verwirrung uber die Anwendung des anthropischen Prinzips erklaren 3 Dawkins Aussage BearbeitenDawkins fasst seine Argumentation wie folgt zusammen 4 Die Begriffe Kran Konstruktion und Himmelshaken sind Verweise auf Dennets Buch Darwin s Dangerous Idea Eine der grossten Herausforderungen fur den menschlichen Geist war uber viele Jahrhunderte hinweg die Frage wie im Universum der komplexe unwahrscheinliche Anschein und gezielter Gestaltung entstehen konnte Es ist eine naturliche Versuchung den Anschein von Gestaltung auf tatsachliche Gestaltung zuruckzufuhren Bei Produkten der Menschen beispielsweise einer Uhr war der Gestalter tatsachlich ein intelligenter Ingenieur Man ist leicht versucht die gleiche Logik auch auf ein Auge oder einen Flugel eine Spinne oder einen Menschen anzuwenden Diese Versuchung fuhrt in die Irre denn die Gestalterhypothese wirft sofort die umfassendere Frage auf wer den Gestalter gestaltet hat Das Problem von dem wir ausgegangen waren betraf die Erklarung der statistischen Unwahrscheinlichkeit Zu diesem Zweck etwas noch Unwahrscheinlicheres zu postulieren ist offenkundig keine Losung Wir brauchen keinen Himmelshaken sondern eine Kran Konstruktion denn nur der Kran kann die Aufgabe erfullen von etwas Einfachem auszugehen und dann allmahlich und auf plausible Weise eine ansonsten unwahrscheinliche Komplexitat aufzubauen Der genialste und leistungsfahigste Kran den man bisher entdeckt hat ist die darwinistische Evolution durch naturliche Selektion Darwin und seine Nachfolger haben uns gezeigt wie Lebewesen mit ihrer ungeheuren statistischen Unwahrscheinlichkeit und ihrer scheinbaren Gestaltung sich langsam und allmahlich aus einfachen Anfangen heraus entwickelt haben Heute konnen wir mit Sicherheit sagen dass die Illusion der gezielten Gestaltung von Lebewesen genau das ist eine Illusion Einen entsprechenden Kran fur die Physik kennen wir nicht Im Prinzip konnte eine Art Multiversumtheorie in der Physik die gleiche Erklarungsarbeit leisten wie der Darwinismus in der Biologie Auf den ersten Blick ist eine solche Erklarung weniger befriedigend als die biologische Version des Darwinismus weil sie grossere Anforderungen an den Zufall stellt Aber wegen des anthropischen Prinzips durfen wir viel mehr Zufall postulieren als es unserer begrenzten menschlichen Intuition angenehm erscheint Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben dass auch in der Physik noch ein besserer Kran gefunden wird der ebenso leistungsfahig ist wie der Darwinismus in der Biologie Indes selbst wenn ein vollig befriedigender dem biologischen ebenburtiger Kran noch fehlt sind die relativ schwachen heutigen Krane der Physik in Verbindung mit dem anthropischen Prinzip ganz offenkundig besser als die Himmelshaken Hypothese von einem intelligenten Gestalter die ich selbst widerlegt habe Eine Grundaussage des Arguments ist dass die Erklarung des Lebens durch Evolution anstatt von intelligenter Gestaltung simpler ist da man weniger postulieren muss Nach dem Sparsamkeitsprinzip ware sie daher eine bessere Erklarung Dawkins zitiert einen Absatz von Richard Swinburne in dem dieser zustimmt dass simple Erklarungen besser seien und Gott eine besonders einfache Erklarung sei da man lediglich eine Ursache Gott postulieren musse um alles andere zu begrunden Diese Ursache sei allmachtig allwissend und komplett frei Dawkins argumentiert dass ein Subjekt mit der Fahigkeit jeden Partikel im Universum zu kontrollieren und gleichzeitig Gedanken zu lesen und Gebete zu beantworten keinesfalls simpel sein konne sondern eine besonders weitreichende Erklarung benotige Die Evolutionstheorie sei wesentlich simpler als eine Theorie die solch ein komplexes Wesen postuliere und daher zu bevorzugen 5 Beurteilung und Kritik BearbeitenTheistische Autoren haben dieser Argumentation stark widersprochen Besonders hervorzuheben sind der Theologe Alister McGrath in The Dawkins Delusion sowie die Philosophen Alvin Plantinga 6 7 und Richard Swinburne 8 Eine andere negative Rezension des Biologen H Allen Orr loste eine hitzige Debatte aus die beispielsweise den Mathematiker Norman Levitt dazu veranlasse zu fragen warum Theologen das exklusive Recht hatten sich daruber zu aussern wer oder was das Universum bestimme 9 Dies fuhrte unter anderem zu einem Austausch von offenen Briefen zwischen Daniel Dennett und Orr Der Philosoph Sir Anthony Kenny 10 und der Physiker Stephen Barr 11 gelten ebenso als Kritiker des Argumentes Einfachheit Gottes und materialistische Annahmen Bearbeiten Sowohl Alvin Plantinga als auch Richard Swinbourne argumentieren dass Gott nicht komplex sei Swinbourne nennt zwei Grunde warum ein Gott der jeden Partikel des Universums kontrolliert simpel sein kann Eine Person sei nicht dasselbe wie ihr hochkomplexes Gehirn sondern wesentlich simpler Zweitens sei Einfachheit ein intrinsisches Merkmal der Hypothese und stehe damit nicht in Zusammenhang zu den empirischen Konsequenzen 8 Plantinga argumentiert dass gemass klassischer Theologie Gott schlichtweg nicht komplex sei Nach Dawkins eigener Definition vom Komplexitat etwas dessen Teile so kombiniert sind dass sie unwahrscheinlich durch den Zufall entstanden sind sei Gott nicht komplex da der nicht materiell sei und somit keine Teile habe Weiterhin setze Dawkins Argument die Pramisse voraus dass der Materialismus wahr sei womit die Pramisse bereits die Nichtexistenz Gottes voraussetze Zirkelbeweis 7 Andere Philosophen beispielsweise Stephen Law und Richard Carrier stimmen Dawkins Annahme Gott musse kompliziert sein zu Ebenso wurden Konzepte wie die Kolmogorow Komplexitat genutzt um zu argumentieren dass Gott komplex ist bzw komplex sein musse Notwendigkeit externer Erklarungen Bearbeiten Dieses Ansatz wurde auf vielerlei Weise formuliert So behauptet William F Vallicella beispielsweise dass organisierte Komplexitat an sich keiner Erklarung bedarf da eine ultimative Erklarung auf ein Objekt hinauslaufe fur dessen Komplexitat es keine externe Erklarung gibt 12 Dawkins selbst argumentiert dass wir wie in der Biologie auf der Suche nach einem Anfang nach simplen Erklarungen Ausschau halten sollten Um eine solche Erklarung akzeptieren zu konnen musse sie in der Lage sein Komplexitat aus Einfachheit zu schaffen 13 Plantinga vertritt die Position dass wenn man nicht nach einer ultimativen Erklarung sucht eine Art von Komplexitat die des Lebens mit einer anderen Art von Komplexitat Gott erklart werden konnte 7 In einer Debatte mit John Lennox entgegnete Dawkins dass Evolution eine solche Erklarung biete wahrend es die Existenz Gottes nicht tue 13 Dawkins Antwort auf die Kritik Bearbeiten Dawkins schreibt uber seine Teilnahme an einer Konferenz der Templeton Foundation 14 im Rahmen derer er die anwesenden Theologen aufforderte auf seine Behauptung der Schopfer eines Universums musse selbst komplex und unwahrscheinlich sein zu reagieren 15 Laut ihm sei die schlagkraftigste Antwort die Entgegnung gewesen dass er die wissenschaftliche Erkenntnisstheorie auf eine Frage anwende die ausserhalb des Bereiches der Wissenschaft lage Wenn Theologen behaupten Gott sei simpel wer ware Richard Dawkins zu behaupten dass dem nicht so sei 16 Dawkins argumentiert dass diese argumentative Taktik nicht auf bewusster Unehrlichkeit basiere sondern vielmehr darauf dass Theologen sich bewusst in eine erkenntnistheoretische safe zone begaben in der sie von einer rationalen Argumentationsweise nicht mehr erreicht werden konnten 16 Nach Dawkins verlangen Theologen eine erste Ursache und dass Gott diese sei Dawkins argumentiert weiterhin dass diese simpel sein musste und dass Gott so wie er derzeigt definiert ware keine angemessene Erklarung sei Die Postulation eines Gottes verschiebe lediglich das Problem Stattdessen benotige man eine Kran Konstruktion 17 Einzelnachweise Bearbeiten M Shermer SCIENCE AND RELIGION Arguing for Atheism In Science Band 315 Nr 5811 26 Januar 2007 ISSN 0036 8075 S 463 463 doi 10 1126 science 1138989 sciencemag org abgerufen am 10 Januar 2021 Der Gotteswahn S 113 Daniel Dennet 16 Oktober 2006 Review of Richard Dawkins The God Delusion Free Inquiry 27 1 Der Gotteswahn S 157 8 Der Gotteswahn S 147 149 Craig William Lane Meister Chad God is Great Good is Good ISBN 978 0 8308 6811 7 a b c Alvin Plantinga The Dawkins Confusion Naturalism ad absurdum In Books amp Culture a Christian Review 2007 abgerufen am 2 Marz 2007 englisch a b Swinburne Richard Response to Richard Dawkins s comments on my writings in his book The God Delusion Abgerufen am 1 Oktober 2021 englisch Levitt Norman What a Friend We Have in Dawkins eSkeptic 31 Januar 2007 abgerufen am 10 Januar 2021 englisch Anthony Kenny 2007 Presidential Royal Institute of Philosophy Annual Lecture veroffentlicht in Philosophy 82 321 Juli 2007 S 381 397 Barr Stephen M Modern Physics and Ancient Faith 2003 ISBN 0 268 03471 0 Vallicella s Diskussion mit Memento des Originals vom 27 Januar 2007 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot maverickphilosopher powerblogs com Erik Wielenberg a b Debatte zwischen Dawkins und John Lennox Archiviert am 25 Juni 2011 Der Gotteswahn S 151 Der Gotteswahn S 153 a b Der Gotteswahn S 154 Der Gotteswahn S 155 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der ultimative Boeing 747 Schachzug amp oldid 236082869