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Der Neuner in der Wetterfahne ist eine bekannte Sage aus dem Frankfurt am Main des 16 Jahrhunderts Die Sage handelt von einem Wilddieb namens Hans Winkelsee der fur neun Tage im Eschenheimer Turm eingekerkert war Er soll der Todesstrafe entgangen sein indem er die Ziffer 9 in die Wetterfahne des 47 Meter hohen Turmes schoss Der Wahrheitsgehalt der Sage kann nicht festgestellt werden Gemalde von Carl Theodor Reiffenstein Eschenheimer Turm mit Wetterfahne und ehemaliger Stadtmauer Inhaltsverzeichnis 1 Historischer Hintergrund 2 Inhalt der Sage 3 Uberlieferung 4 Der Neuner in der Wetterfahne 5 Literatur 6 WeblinksHistorischer Hintergrund BearbeitenIm fruhen Mittelalter war der die Stadt Frankfurt umgebende kaiserliche Wildbann Dreieich sehr wildreich gewesen Das Jagdrecht war dem Kaiser und dem von ihm ernannten Vogt der Burg Hayn vorbehalten Mit dem Bevolkerungswachstum im Mittelalter wurde der Wald nach und nach gerodet oder fur den Vieheintrieb insbesondere zur Eichelmast sowie zur Holzgewinnung genutzt Der Wildbestand ging allmahlich zuruck 1372 erwarb die Reichsstadt Frankfurt den verbliebenen Rest des Wildbanns Uber die Jagdrechte in diesem nun als Frankfurter Stadtwald bezeichneten Gebiet kam es zu Rechtsstreitigkeiten mit den Nachbarn der Reichsstadt insbesondere den Herren von Ysenburg Der Rat der Stadt setzte daher Wildhuter zum Schutz der nun stadtischen Jagd ein Nur unbescholtene Frankfurter Burger die den Burgereid geleistet und ihre Steuerpflichten erfullt hatten durften gegen Zahlung von zwei Reichstalern unter Beachtung der Schonzeiten und sonstigen gesetzlichen Bestimmungen die Jagd frei ausuben Wer sonst im Stadtwald jagte galt als Wilddieb Inhalt der Sage BearbeitenDer Wilddieb Hans Winkelsee soll um das Jahr 1550 als Wilderer gefasst zum Tode verurteilt und fur neun Tage im Eschenheimer Turm dem Eschenheimer Tor der Frankfurter Stadtbefestigung erbaut von 1400 bis 1428 festgesetzt worden sein Danach soll er dem Rat der Stadt einen Handel angeboten haben Er wolle im Tausch fur seine Freiheit mit neun Schussen aus seiner bewahrten Buchse eine 9 durch die eiserne Wetterfahne auf der hochsten Spitze des Turms schiessen je ein Schuss fur jeden Tag und jede Nacht seiner Einkerkerung Der Rat liess sich darauf ein und versprach ihm die Begnadigung falls das Meisterstuck gelinge Zur Vorfuhrung des Wilddiebs erschien eine Vielzahl von Ratsherren und anderes Volk Hans Winkelsee bewahrte sich durch das erfolgreich absolvierte Kunststuck vor dem sicheren Ende am Galgen und erwirkte seine Begnadigung und sofortige Freilassung Uberlieferung BearbeitenNoch 1859 hatte der Landschaftsmaler Carl Theodor Reiffenstein in der Wetterfahne neun Locher gezahlt die nach seiner Meinung eindeutig hineingeschossen worden waren Nach einem Blitzeinschlag am 9 Juni 1874 war die Fahne vom Turm gefallen und wurde 1885 im Rahmen einer Turmrenovierung durch eine neue ersetzt in die man lediglich sechs Locher einstanzte Dies wurde auch anlasslich der Turmrestaurierungen in den Jahren 1911 1932 1959 und 1963 nicht korrigiert Seit 1976 verfugt die neu vergoldete Fahne jedoch wieder uber neun Locher Im Zweiten Weltkrieg wurde das nach dem Wilddieb benannte Haus Hans Winkelsee an der Ecke Schiller Taubenstrasse bei den Luftangriffen auf Frankfurt am Main zerstort Im Kaminzimmer des Eschenheimer Turmes soll jedoch eine erhalten gebliebene restaurierte Figur von der Fassade des Hauses Hans Winkelsee aufgestellt werden In Buchern wurde Hans Winkelsee nach heutigem Wissensstand erstmals im Jahr 1853 erwahnt Ludwig Bechstein Deutsches Sagenbuch dann 1856 Karl Enslin Frankfurter Sagen und Marchenbuch 1868 71 Johann Georg Theodor Grasse Sagenbuch des Preussischen Staates und 1911 Friedrich Bothe Aus Frankfurts Sage und Geschichte Von Helmut Bode wird die Sage im Buch Frankfurter Sagenschatz 1986 neu erzahlt und ausgeschmuckt Professor Karl Simrock hat ein Gedicht uber den Wilddieb verfasst Auf ihn bezieht sich selbst Karl May im Fortsetzungsroman Waldroschen oder Die Racherjagd rund um die Erde von 1882 bis 1884 So schiessen Sie nach der Wetterfahne wie Hans Winkelsee im Eschenheimer Thurm wie uns Simrock erzahlt Simrock soll den Namen Winkelsee erfunden haben In der uberlieferten Sage habe der Mann nur Hans geheissen Wann sie entstanden ist und uber wie viele Jahrhunderte hinweg sie von Generation zu Generation weitererzahlt wurde ist unbekannt Im Kern wird die Sage jedoch auf immer gleiche Weise erzahlt Der Neuner in der Wetterfahne BearbeitenVariante 1 Bechstein 1853 Zu Frankfurt steht noch gar ein alter Turm von der ehemaligen Stadtmauer Einst hatten die Frankfurter einen Wilddieb gefangen des Name war Hansel Winkelsee und der sass schon neun Tage im finstern Loch ehe Spruch und Urteil uber ihn erging und horte allnachtlich die Wetterfahne kreischen und rasaunen uber seinem luftigen Losament hoch oben im Eschenheimer Turnre und sprach War ich frei und durft ich schiessen nach meinem Wohlgefallen so schoss ich dir du lausige Fahn so viel Locher durchs Blech als Nacht ich hier gesessen hab Diese Rede horte der Kerkermeister und trug sie vor den Stadtschultheissen der freien Stadt und dieser sagte Dem Kerl gehort keine Gnad als der lichte Galgen wenn er aber so ein gar guter Schutze sein will so wollen wir ihm sein Gluck probieren lassen Und da ward dem Winkelsee seine Buchse gegeben und gesagt nun solle er tun wes er sich vermessen wenn er das konne solle er frei von dannen gehen wenn aber auch nur eine Kugel fehl gehe so musse er baumeln und da krahe kein Hahn nach ihm Da hat der Wildschutz seine Buchse genommen und hat sie besprochen mit guten Waidmannsspruchlein und hat Kugeln genommen die auch nicht ohne waren und hat angelegt und nach der Fahne gezielt und hat losgedruckt Da sass ein Lochlein im Blech und alles hat gelacht und bravo gerufen Und nun noch achtmal so und jede Kugel an die richtige Stelle und mit dem neunten Schuss war der Neuner fertig der heute noch in der Fahne auf dem Eschenheimer Turm zu sehen ist und war ein grosses Hallo um den Schutzen her Der Stadtrat aber dachte bei sich O weh unsere armen Hirsche und sonstiges Wild wenn dieser Scharfschutze und Gaudieb wieder hinaus in die Walder kommt und beriet sich und der Stadtschultheiss sagte Hore Hansel dass du gut schiessen kannst haben wir schon lange an gemeiner Stadt Wildstand verspurt und jetzt auch deine Kunst mit Augen gesehen Bleibe bei uns du sollst Schutzenhauptmann bei unserer Burgerwehr werden Aber der Hansel sprach Mit Gunst werte Herren ins Blech hab ich geschossen und schiess euch auch auf euern Schutzenhauptmann Eure Dachfahnen trillen mir zu sehr und euer Hahn kraht mir zu wenig Mich seht ihr nimmer und mich fangt ihr nimmer Dank fur die Herberge Und nahm seine Buchse und ging trutziglich von dannen Mit dem Hahn hatte der Hansel aber nur einen Spott ausgeredet er meinte das Frankfurter Wahrzeichen den uberguldeten Hahn mitten auf der Sachsenhauser Brucke die der Teufel hatte fertig bauen helfen Denn als sie der Baumeister nicht fertig brachte rief er den Teufel zu Hilfe und versprach ihm die erste Seele die daruberlaufen werde und jagte dann in der Fruhe zuallererst einen Hahn uber die Brucke Da ergrimmte der Teufel zerriss den Hahn und warf ihn durch die Brucke mitten hindurch davon wurden zwei Locher die konnen bis heute nicht zugebaut und zugemauert werden und fallt bei Nacht alles am Tage Gemauerte wieder ein Auf der Brucke aber wurde der Hahn zum ewigen Wahrzeichen aufgestellt Den meinte der Hansel Winkelsee dass er zu wenig krahe namlich gar nicht Variante 2 Grasse 1868 71 Am Ende der durch den dort stehenden ehemaligen Bundespalast beruhmten Eschenheimer Gasse an dem nach ihr so genannten Eschenheimer Thor steht ein hoher runder Thurm der unter der Regierung Kaisers Ludwig des Baiern im Jahre 1346 gebaut ward und den man seiner Schonheit wegen stehen liess als die Festungswerke der alten Reichsstadt abgetragen wurden Ganz oben auf der mittelsten und hochsten der funf Thurmspitzen ist eine Wetterfahne wenn man diese recht genau ansieht so erblickt man in derselben neun Locher die einen Neuner vorstellen und ihren Ursprung folgender Begebenheit verdanken Es hat einst in den Frankfurter Waldern ein Wilddieb Namens Hans Winkelsee sein Wesen getrieben liess sich aber nicht fangen so oft man auch auf ihn Jagd gemacht hat Endlich hat man ihn aber doch gehascht und in sichern Gewahrsam in das Gefangniss gebracht welches oben im Eschenheimer Thurme fur Leute seines Gelichters bestimmt war Hier sass er denn auch neun Tage und neun Nachte und wartete auf den Richterspruch von dem er sich aber nicht viel Erfreuliches versprach Er horchte also den Kerkermeister aus und als er horte dass ihm der Galgen so gut als gewiss sei so meinte er wenn man ihn laufen lasse wolle er einen Meisterschuss thun und zum Andenken an die neun Nachte die er in dem Thurme verlebt habe mit neun Kugeln einen Neuner in das Wetterblech schiessen Der Kerkermeister ging hinaus und schnurstracks zum Rath und erzahlte was Hans Winkelsee gesagt hatte Die Rathsherrn trauten dem schlimmen Gesellen aber nicht und dachten ihn nun auf eine gute Art loszuwerden Sie liessen s also gelten und dem Wilddieb sagen Es sei geht aber auch nur eine einzige Kugel fehl so musst Du sogleich an den Galgen Um den Thurm hatte sich nun am folgenden Tage eine grosse Menge Menschen versammelt um das Schutzenschauspiel zu sehen Schoffen Rathe und Burger drangten sich herzu als Hans Winkelsee mit seiner Buchse erschien gefuhrt von dem Kerkermeister Siegesbewusst schaute aber der verwegene Schutze zum Thurme hinauf nach der Wetterfahne nahm seine Buchse legte an und schoss und traf ein rundes Lochlein war in der Wetterfahne Er schoss wieder ein zweites Lochlein dicht neben dem ersten Er schoss abermals und nochmals und als er neunmal geschossen da stand richtig der schonste Neuner aus lauter runden Lochern gebildet Allen sichtbar in der Fahne Da jubelte die Menschenmenge die Rathe aber befiel ein Grausen denn sie glaubten dass hier der Bose mit im Spiele sei und waren fast froh dass sie ihr Wort halten und den Wildschutz freilassen durften Einer der Schoffen aber trat zu ihm und sprach Hans Winkelsee Du hast durch Deine Schusse Deine Unschuld klarlich bewiesen Wir schenken Dir also die Freiheit hin zu gehen wohin Du nur willst geben Dir aber den Rath lass ab von Deinem gefahrlichen Handwerk und werde ein ehrlicher Mann Jener aber lachte spottisch warf seine Buchse uber die Schulter und ging auf und davon Der alte Thurm ist unten mit Epheu bekleidet der sich immer hoher hinaufrankt und es geht die Sage dass von dem Thurme der schon gar oft abgerissen werden sollte nicht eher ein Stein weggenommen werden konne bis die Epheuranken an der geheimnissvollen Wetterfahne angelangt seien Am Schlusssteine des spitzen Thorbogens nach der Stadtseite hin befindet sich ein steinernes Menschenkopfchen das plotzlich einmal da gewesen sein soll ohne dass man wusste woher es gekommen Das soll Hans Winkelsee sein der gefeite Schutze Literatur BearbeitenHelmut Bode Frankfurter Sagenschatz Kramer Frankfurt am Main 1986 ISBN 3 7829 0209 2 Friedrich Bothe Aus Frankfurts Sage und Geschichte 1911 Karl Enslin Frankfurter Sagen und Marchenbuch 1861 Kristina Hammann Katharina Hammann Frankfurter Sagen und Legenden Horbuch John Media 2008 ISBN 3 9811250 6 1 Vinz de Rouet Frankfurter Sagen und Geschichten nach Karl Enslin Berlin 2010 ISBN 3 8693 1733 7 Ludwig Bechstein Deutsches Sagenbuch Leipzig 1853 Johann Georg Theodor Grasse Sagenbuch des Preussischen Staates Band 2 Glogau 1868 1871 S 685 686 Weblinks BearbeitenDie Sage im Wortlaut Frankfurt Nordend de Karl May Bezug auf Hans Winkelsee nach Simrock Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Neuner in der Wetterfahne amp oldid 233163400