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Der Krieg ist ein Gedicht von Stefan George 1917 verfasst und erstmals veroffentlicht prasentiert es die kritische Sicht seines Autors auf den Ersten Weltkrieg 1928 fand Der Krieg Aufnahme in Georges letzten Gedichtband Das neue Reich Stefan George 1910 Fotografie von Jakob Hilsdorf Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Inhalt 3 Form 4 Rezeption 5 Ausgaben 6 Literatur 7 Weblinks 8 AnmerkungenHintergrund BearbeitenDer Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 wurde von einem grossen Teil der deutschen Publizistik begeistert begrusst Dass diese Kriegsbegeisterung spater oft als Augusterlebnis bezeichnet sich vor allem auf die bildungsburgerlichen Schichten beschrankte und etwa in der bauerlichen Bevolkerung und den Arbeiterschichten ein distanzierter Blick auf den Krieg vorherrschte haben erst historische Forschungen seit den 1970er Jahren ergeben 1 Wahrend des Ersten Weltkriegs und weit daruber hinaus war aber der Topos von einer allgemeinen Kriegsbegeisterung verbreitet und in der Tat hatten bei Kriegsausbruch die meisten deutschen Intellektuellen begeisterte Aufrufe fur den Krieg ge und unterschrieben Fur Max Weber war der Krieg gross und wunderbar Georg Simmel sah nun endlich die Vollendung von 1870 kommen der durch die Reichsgrundung entstandenen ausseren folge nun endlich auch die innere Einheit der Deutschen Thomas Mann schrieb noch im Ruckblick Krieg Es war eine Reinigung Befreiung was wir empfanden eine ungeheure Hoffnung 2 nbsp eine solche Einheit so zu erleben das ist schon einen Weltkrieg wert 3 Friedrich Gundolf um 1916 Fotografie von Jakob Hilsdorf Auch vor den Mitgliedern des George Kreises die sich noch kurz zuvor im Jahrbuch fur die geistige Bewegung 1910 1912 entschieden von ihrer Zeit abgegrenzt hatten machte die nationale Hochstimmung nicht Halt Besonders begeistert zeigten sich etwa Friedrich Gundolf Karl Wolfskehl Friedrich Wolters Berthold Vallentin Ludwig Thormaehlen Kurt Hildebrandt und Edgar Salin 4 Dabei orientierten sie sich auch an Versen Georges aus dem Gedichtband Der Stern des Bundes von 1913 wo es etwa heisst Ihr sollt das morsche aus dem munde spein Ihr sollt den dolch im lorbeerstrausse tragen Gemass in schritt und klang der nahen Wal 5 George der sich im August 1914 in der Schweiz aufhielt reagierte jedoch uberaus nuchtern auf den Kriegsbeginn Seinen engsten Freund Gundolf der ihm einen kriegsbegeisterten Brief geschickt hatte beschied er nichts wird so heiss gegessen als es gekocht wird 6 kurz darauf hiess es und ich rufe euch allen zu ob es gut oder schlecht ausgeht das schwierigste kommt ERST HINTENNACH 7 Trotzdem ergriffen einige Mitglieder auch offentlich etwa in der Debatte um die Zerstorung Lowens durch deutsche Truppen die die Georgeaner entschieden guthiessen 8 fur den Krieg und fur Deutschland Partei Der Krieg der die Nation ihren Gesamtwillen als einzigen Impuls verspuren lasse 9 konne so die Erwartung endlich die lang ersehnte innere und aussere Einheit der Deutschen schaffen Als sich die Hoffnung auf einen schnellen Sieg der Deutschen nicht erfullte und der Krieg nach Jahren noch immer in vollem Gang war legte sich auch die Begeisterung der meisten Kreismitglieder Bei George wuchs die Sorge um die Jugend vor allem um die eigenen Junger mit denen er seinen Staat aufbauen wollte Er furchte dass man von keiner Seite sehen wird wann aufgehort werden muss schrieb er an Hans Brasch 10 1917 schrieb er schliesslich das Gedicht Der Krieg in dem er die fur ihn und die Seinen gultige Deutung des Krieges lieferte Inhalt BearbeitenSiehe Volltext bei WikisourceDas Gedicht wird eingeleitet durch ein Zitat aus dem 17 Gesang von Dantes Paradiso aus der Gottlichen Komodie in einer Ubertragung Georges das als Motto fungiert 11 Die erste Strophe beschreibt das Gefuhl breiter Bevolkerungsschichten bei Ausbruch des Krieges als einen hauch des unbekannten eingefuhls V 6f 12 Damit qualifiziert George schon hier den Krieg als das was er seiner Meinung nach ist als einen hauch ein verworrenes ahnen V 8 d h eine Vorausdeutung auf das zu erreichende Ziel keineswegs aber dessen Erfullung Dies sind die flammenzeichen nicht die kunde V 23 Die zweite Strophe fuhrt die Hauptperson des Gedichts ein den Siedler auf dem berg V 13 Indem er diese Figur auf einen Berg versetzt spielt er nicht nur auf biblische Motive wie den Propheten Elija 2 Kon 1 9 EU an 13 sondern betont zugleich die fur den Seher V 25 kennzeichnende Entruckung von der ubrigen Welt Nicht zuletzt spielt George damit auch auf seine eigene Biographie an denn tatsachlich hielt er sich zu Anfang des Krieges in den Bergen auf namlich in Saanenmoser in der Schweiz In der Tat ist der Siedler unschwer als George selbst zu identifizieren 14 Der Siedler Georges Selbstkonzeption als poeta vates Dichter Seher entsprechend hat den Krieg schon lange vorausgesehen seine tranen Vorweg geweint heut find ich keine mehr V 18f Deshalb distanziert er sich von Krieg und Begeisterung gleichermassen Am streit wie ihr ihn fuhlt nehm ich nicht teil V 24 Doch und hier beginnt die dritte Strophe die Schar die ihn um Rat gefragt hatte reagiert mit hohn Und steine n Nie wird dem Seher dank V 25f Von seiner hohen Warte durchschaut der Seher die in der deutschen Kriegspropaganda benutzten Nationalstereotypen die er ablehnt Er kann nicht schwarmen Von heimischer tugend und von welscher tucke V 31f Nicht die ausseren Feinde tragen die Schuld an unsrer sohn und enkel Verglasten augen und zerfeztem leib V 35f sondern vielmehr die inneren Dekadenzerscheinungen der Moderne wie der Feminismus das Burgertum und die Vergreisung der Gesellschaft das weib das klagt der satte burger Der graue bart V 33f Georges Kritik am Krieg entspringt keineswegs einem Pazifismus oder einem Humanismus der den Tod so vieler Menschen an sich beklagen wurde Was ist IHM d h dem Seher mord von hunderttausenden Vorm mord am leben selbst V 30f Ein mord so Georges Klage den die Moderne am Menschen verubt habe den aber auch der Krieg nicht heilen konne nbsp der in der schandbar Zerwuhlten erde hauste wie geziefer Deutsche Soldaten im SchutzengrabenZu jubeln ziemt nicht kein triumf wird sein Nur viele untergange ohne wurde Des schopfers hand entwischt rast eigenmachtig Unform von blei und blech gestang und rohr Der selbst lacht grimm wenn falsche heldenreden Von vormals klingen der als brei und klumpen Den bruder sinken sah der in der schandbar Zerwuhlten erde hauste wie geziefer Der alte Gott der schlachten ist nicht mehr Erkrankte welten fiebern sich zu ende In dem getob Heilig sind nur die safte Noch makelfrei versprizt ein ganzer strom Form BearbeitenDas Gedicht hat zwolf Strophen zu je zwolf Versen insgesamt also 144 Verse Rezeption BearbeitenWalter Benjamin kommentierte das Gedicht in einem Brief der jedoch verloren ist 15 Gershom Scholem bemerkte Der Krieg sei wohl eine versifizierte Flugschrift mit dem ungeschriebenen aber deutlichen Titel was geht mich das an eine Uberschrift die ich nur zu billigen vermag wenn sie aus letzter legitimierter Ablehnung kommt was hier offensichtlich nicht der Fall ist 16 Ausgaben BearbeitenStefan George Der Krieg Georg Bondi Verlag Berlin 1917 Digitalisat Stefan George Der Krieg In Stefan George Das neue Reich Georg Bondi Berlin 1928 S 27 34 Gesamt Ausgabe der Werke Endgultige Fassung Band IX Ausgabe letzter Hand Stefan George Der Krieg In Stefan George Das neue Reich Herausgegeben von Ute Oelmann Klett Cotta Stuttgart 2001 S 21 26 Samtliche Werke in 18 Banden Band IX derzeit massgebliche kritische Ausgabe mit nutzlichem Stellenkommentar S 139 142 Literatur BearbeitenJurgen Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg In Wolfgang Braungart Ute Oelmann Bernhard Boschenstein Hrsg Stefan George Werk und Wirkung seit dem Siebenten Ring Niemeyer Tubingen 2001 ISBN 3 484 10834 7 S 197 212 Momme Mommsen Ihr kennt eure Bibel nicht Bibel und Horazanklange in Stefan Georges Gedicht Der Krieg In Momme Mommsen Lebendige Uberlieferung George Holderlin Goethe Lang Bern u a 1999 ISBN 3 906760 67 7 S 1 26 Germanic Studies in America 69 Klaus Siblewski Diesmal winkt sicher das Friedensreich Uber Stefan Georges Gedicht Der Krieg In text kritik Band 168 Stefan George Oktober 2005 S 19 34 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Der Krieg George Quellen und VolltexteAnmerkungen Bearbeiten Dazu zusammenfassend etwa Hans Ulrich Wehler Deutsche Gesellschaftsgeschichte Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Grundung der beiden deutschen Staaten 1914 1949 Sonderausgabe fur die Bundeszentrale fur politische Bildung Bonn 2010 S 14 21 Alle Stimmen zitiert nach Wehler Deutsche Gesellschaftsgeschichte Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Grundung der beiden deutschen Staaten 1914 1949 Bonn 2010 S 14 Friedrich Gundolf in einem Brief an Karl und Hanna Wolfskehl in Wolfskehl und Verwey Die Dokumente ihrer Freundschaft 1897 1946 herausgegeben von Mea Nijland Verwey Heidelberg 1968 S 124 hier zit nach Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg S 201 Vgl Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg S 198 Stefan George Der Stern des Bundes 1913 Klett Cotta Stuttgart 1993 S 92 Samtliche Werke in 18 Banden Band VIII Zum George Bezug der Kriegsbegeisterung v a Gundolfs und Wolfkehls vgl Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg S 197 202 vgl auch Edgar Salin Um Stefan George Erinnerung und Zeugnis 2 Auflage Munchen Dusseldorf 1954 S 28 Stefan George an Friedrich Gundolf 13 August 1914 in Stefan George Friedrich Gundolf Briefwechsel herausgegeben von Robert Boehringer und Georg Peter Landmann Helmut Kupper vormals Georg Bondi Munchen Dusseldorf 1962 S 256 Stefan George an Friedrich Gundolf 26 August 1914 in George Gundolf Briefwechsel S 258 Vgl Karl Wolfskehl Offener Brief an Romain Rolland in Frankfurter Zeitung 12 November 1914 Friedrich Gundolf Tat und Wort im Krieg in Frankfurter Zeitung 11 Oktober 1914 Auch George war der Meinung w er baue durfe auch zerstoren Dazu Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg S 203 So Karl Wolfskehl in einem offenen Brief an Albert Verwey der ihn in seiner Zeitschrift De Beweging veroffentlichte zitiert nach Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg S 203 Hans Brasch Erinnerungen an Stefan George in Hans Brasch Bewahrte Heimat herausgegeben von Georg Peter Landmann Helmut Kupper vormals Georg Bondi Dusseldorf Munchen 1970 S 23 40 hier S 38 Zit nach Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg S 204 Hervorhebung im Original Die Ubertragung findet sich unter dem Titel Voraussage der Verbannung in Samtliche Werke X XI T 7 9 Verszahlung nach der derzeit massgeblichen Ausgabe in den Samtlichen Werken Zu den Bibelanspielungen detailliert Momme Mommsen Ihr kennt eure Bibel nicht Bibel und Horazanklange in Stefan Georges Gedicht Der Krieg in Momme Mommsen Lebendige Uberlieferung George Holderlin Goethe Lang Bern 1999 S 1 26 Die Identifikation wird in der Forschung nicht bezweifelt vgl etwa Thomas Karlauf Stefan George Die Entdeckung des Charisma Pantheon Munchen 2008 S 497 Egyptien Die Haltung Georges und des George Kreises zum 1 Weltkrieg S 207 Dazu Gershom Scholem Briefe an Werner Kraft herausgegeben von Werner Kraft Frankfurt am Main 1986 S 60 Vgl Marion Picker Wie George in mein Leben hineinwirkte Walter Benjamin in text kritik 168 2005 S 60 75 hier S 60 Gerhard Scholem an Werner Kraft 21 September 1917 in Gershom Scholem Briefe an Werner Kraft herausgegeben von Werner Kraft Frankfurt am Main 1986 S 29 32 hier S 30 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Der Krieg George amp oldid 230847615