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Der Doppelganger Dvojnik Peterburgskaja poema russisch Dvojnik Transliteration Dvojnik Untertitel Petersburger Poem ist eine Erzahlung von Fjodor Dostojewski die nach dessen erstem grossen Erfolg Arme Leute Anfang Februar 1846 in der Zeitschrift Vaterlandische Annalen erschien Protagonist ist der schuchterne Beamte Jakow Goljadkin in Sankt Petersburg der durch einen plotzlich auftauchenden Doppelganger aus seinen Positionen verdrangt und am Ende seiner zwischen Realitat und Einbildung oszillierenden Krankheitsgeschichte in eine Psychiatrie eingeliefert wird Seinem Ebenbild gelingt dagegen der vom Original ertraumte private und berufliche Aufstieg Russische Ausgabe von 1866Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 1 1 Vorgeschichte 1 2 Erster Tag Die Begegnung Kap 1 5 1 3 Zweiter Tag Der neue Freund Kap 6 7 1 4 Dritter Tag Der Zweikampf Kap 8 9 1 5 Vierter Tag Die Kapitulation Kap 10 13 2 Rezeption 3 Interpretation 4 Verfilmungen 5 Literatur 5 1 Ausgaben 5 2 Sekundarliteratur 6 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenVorgeschichte Bearbeiten Ein anonymer Erzahler begleitet den Beamten Jakow Petrowitsch Goljadkin den er vertraulich unseren Helden nennt vier Tage lang im November auf seinen Wegen durch St Petersburg und schildert die Krankheitsgeschichte und das Auftauchen des ihn immer mehr dominierenden und schliesslich aus seinen Positionen verdrangenden Doppelgangers Die Probleme des Protagonisten begannen bereits vor Erzahleinsatz mit einer vielleicht nur in seiner Phantasie existierenden romantischen Liebesbeziehung zu Klara Berendejev die er vor einer Zwangsheirat retten will Dabei spielt ein vermutlich nur von ihm erdachter Brief des aus einem Pensionat zuruckgekehrten Madchens eine Rolle in dem sie ihre gemeinsame Flucht vorschlagt Hinter seiner Ablehnung durch die Eltern der Geliebten und der Bevorzugung des schnell zum Assessor beforderten Wladimir Ssemjonowitsch als Brautigam vermutet er die Protegierung seines Rivalen und eine Verleumdungskampagne gegen die er sich in zunehmend wirren und labyrinthischen Aktionen und Gesprachen durch Beschuldigungen seiner potentiellen Verschworer zu verteidigen sucht Auch bestreitet er die Wahrheit des Geruchts er habe ein Verhaltnis mit seiner fruheren Vermieterin Karolina Iwanowna einer nicht standesgemassen deutschen Kochin gehabt und ihr anstatt fur seine Bekostigung zu bezahlen die Ehe versprochen 2 9 u 11 Kap Erster Tag Die Begegnung Kap 1 5 Bearbeiten Bereits der erste Tag zeigt den Protagonisten nachdem er nach langem Schlaf erwacht 1 Kap als gespaltene Personlichkeit deren aussere und innere Handlungen divergieren Anstatt in seine Dienststelle zu gehen fahrt er begleitet von seinem fur einen besonderen Anlass livrierten Diener Petruschka fein gekleidet in einer gemieteten Equipage von gelinden Zweifeln erfasst zu seinem Arzt Krestian Iwanowitsch Rutenspitz 1 Kap Im Beratungsgesprach offenbaren sich zunehmend die Anzeichen geistiger Verwirrung und des Identitatsverlusts Als ihm eine grundsatzliche Veranderung seiner zuruckgezogenen Lebensweise Zerstreuung 2 Kap und gesellschaftlicher Umgang empfohlen wird aussert Goljadkin seine paranoiden Gedanken in einem unbandigen Redefluss Er betont seine Abneigung gegenuber jeglicher lugnerischen Komplimente Sprache die mit den damit verbundenen Ranken gegen Konkurrenten dem Aufbau von Karrieren diene und artikuliert seine Angst vor diesem puppenhaften Betriebssystem Seine Kritik zielt auf den hierarchischen in schematisierten Ablaufen um die Vorgesetzten kreisenden Beamtenapparat mit seinem Protektionswesen und den damit verzahnten gesellschaftlichen fassadenhaften Ritualen Hintergrund ist wie dem Leser allmahlich enthullt wird Goljadkins Liebe zu Klara Olssufjewna Im Kampf um die schone Tochter des Staatsrates Olssufij Iwanowitsch Berendejev hat er sich in einem von ihm selbst mitgeknupften Netz verfangen und will den Vater des verzogene n Madchen s 3 Kap 1 immer wieder vor vermeintlichen Feinden warnen findet jedoch kein Gehor nbsp Elena Samokisch Sudkowskajas Illustration 1895 zeigt aus der Perspektive Goljadkins die Festgesellschaft beim Staatsrat Berendejew Alle sahen ihn mit so sonderbarer Neugierde und mit einer gewissen unerklarlichen ratselhaften Teilnahme an 13 Kap Nach dem Arztbesuch setzt sich sein Realitatsverlust fort Er sucht offenbar um eine Wohnung fur Klara und sich auszustatten in einigen exklusiven Geschaften Damenwasche Mobel fur sechs Zimmer silbernes Rasierzeug Bestecke u a aus mit dem Versprechen am nachsten Tag die Anzahlung zu leisten und erzahlt dann in einem Restaurant zwei Kollegen von der anderen ihnen bisher unbekannten unangepassten Seite seines Lebens und von seinen Grundsatzen der Offenheit und Ehrlichkeit Anschliessend bringt ihn die Mietskutsche zum Haus Berendejevs Dort findet im edlen Ambiente Doch ware ich auch der grosste Dichter nie wurde meine Kunst ausreichen um die Weihe dieses Augenblicks wiederzugeben Klaras Geburtstagsfest statt Bereits der Versuch des Protagonisten den Saal zu betreten wird von den Dienern seines einstigen Gonners verhindert Gleichzeitig treffen geladene Gaste ein z B sein Abteilungschef der Staatsrat Andrei Filippowitsch und dessen Neffe Wladimir Ssemjonowitsch Goljadkin verlasst gedemutigt das Haus und denkt in sprunghafter Selbstbeurteilung uber seine Lage nach Er fuhlt sich einerseits als ein freier Mensch spricht mit sich andererseits als Du Narr der du bist du elender Goljadka weil er mit Selbstmordgedanken alles riskiert Nun komme was da wolle In dieser Verfassung schleicht er uber die Kuchentreppe zum Festort zuruck und gratuliert Klara wie traumwandlerisch Er hatte ubrigens die Empfindung als unterspule irgend etwas den Boden auf dem er stand als musse er sogleich fallen 4 Kap Er stellt sich ein Katastrophenszenarium vor bei dem er sich als Retter der Geliebten auszeichnen konnte glaubt sich von Feinden umringt und fordert das verwunderte Madchen zum Tanz auf Klara folgt zuerst geistesabwesend mechanisch schreit dann leise auf als ihr die Situation zu Bewusstsein kommt und Goljadkin wird vor die Tur gesetzt In seinem Verfolgungswahn lauft er um Mitternacht zum Kai des Fontankakanals und begegnet dort mehrmals einem Fussganger den er ganz genau kennt Dabei erfasst ihn ein verhangnisvolles Gefuhl am Rande eines Abgrunds zu stehen und nahezu freiwillig in die gahnende ihn anziehende Tiefe zu sturzen nur um den vermeintlichen Untergang zu beschleunigen Er folgt dem Passanten zu seiner Wohnung in der Schestilawotschnaja und erkennt jetzt Sein nachtlicher Freund aber ist niemand anders als er selbst sein eigener Doppelganger 5 Kap Zweiter Tag Der neue Freund Kap 6 7 Bearbeiten Am zweiten Tag wird Goljadkin mit seinem Ebenbild im Departement konfrontiert Zunachst erscheint dem Protagonisten nach seinem Erwachen alles wie gewohnlich In Uniform geht er in seine Buroabteilung und erhalt Ist es ein Traum oder ist es keiner 6 Kap von Andrei Filippowitsch seinen Doppelganger als Tischnachbarn zugewiesen Als ware dies trotz der Familienahnlichkeit fur alle Anwesenden ein normaler Vorgang erklart ihm der Burovorsteher Anton Antonowitsch der tuchtige Neue sei auf Empfehlung Andrei Filippowitschs hin als Ersatz fur den verstorbenen Ssemjon Iwanowitsch angestellt worden Der Protagonist ist zwischen Euphorie und Schwermut schwankend einerseits nach den Erlebnissen des Vortags uber die Ruckkehr des Alltags beruhigt deutet dies aber zugleich als neuen Beweis eines Komodienspiels Auf dem Heimweg spricht ihn der Andere an bittet um eine Unterredung und sie gehen in seine Wohnung wo der jungere Goljadkin seine von Kanzleiintrigen erschwerte Lebensgeschichte in der Provinz erzahlt wogegen der Gastgeber mit seinen Petersburger Vergnugungen renommiert Bescheiden bittet der Gast um die Unterstutzung des Alteren die ihm dieser geruhrt zusagt Beim Essen schliessen sie Freundschaft versprechen sich zusammenzuhalten und wie zwei leibliche Bruder zu leben 7 Kap und der Zwilling wird zum Ubernachten eingeladen Dritter Tag Der Zweikampf Kap 8 9 Bearbeiten Am dritten Morgen beginnt der Zweikampf D er andere 8 Kap hat bereits vor Goljadkins Erwachen die Wohnung verlassen dieser wird misstrauisch und bereut seine Vertrauensseligkeit Im Buro ist der Jungere bereits geschaftig bei der Arbeit Wahrend der Altere Anton Antonowitsch Ssetotschkin seine Theorie der Masken vor den wahren Gesichtern und die Verlogenheit der Menschen zu erklaren versucht was dieser verstimmt auf sich bezieht und beleidigt zuruckweist entreisst ihm der Freund die von ihm bearbeiteten und zur Vorlage vorbereiteten Papiere tragt sie sogleich ins Zimmer Andrei Filippowitschs und wird von diesem fur seine Arbeit gelobt Den Protest des Alteren kontert der Rivale vor den Kollegen in schauspielerisch lustiger Provokation und macht ihn somit lacherlich Bevor Goljadkin nach Dienstschluss den Jungeren zur Rede stellen kann entwischt ihm dieser Auf dem Heimweg uberlegt sich der Protagonist zuerst eine Strategie den Doppelganger zu ignorieren ich lasse alles so gehen wie es geht ich bin einfach nicht ich und das ist alles oder mit Gute zu fangen 9 Kap doch spater reflektiert er dass der andere in der Zwillingssituation seinen Ruf beschadigen und sich selbst als Ehrenmann fur eine Rangerhohung profilieren ihn also gezielt ausnutzen konnte In einem Restaurant erlebt er die Anwendung seiner Gedanken als er die vom Jungeren verzehrten Pasteten bezahlen muss Zu Hause schreibt er darauf an diesen einen Brief in dem er die Versuche mit aller Gewalt in s ein Sein und in s einen Lebenskreis einzudringen kritisiert und an dessen edles Herz appelliert alles wieder so gut zu machen wie es vordem gewesen ist 9 Kap Vierter Tag Die Kapitulation Kap 10 13 Bearbeiten Nachtliche Albtraume in denen er von immer mehr Goljadkins verfolgt wird zeigen seine Verunsicherung wer das Original und wer die Nachahmung ist sowie seine Angste vor einer Entmachtung Am nachsten dem vierten Tag will der Protagonist die Entscheidung erzwingen wir beide zugleich das ist unmoglich 10 Kap Vor dem Departementgebaude befragt er in zunehmendem Realitatsverlust und Argwohn die Schreiber Ostaffjeff und Pissarenko nach neuen Burogeschichten aus erfahrt dass jetzt auf seinem Platz Iwan Ssemjonowitsch sitzt und folgt dem Jungeren der mit einer grunen Aktenmappe in einem besonderen Auftrag unterwegs ist ins Buro Wahrend der andere im Kreis der Kollegen vollkommen integriert wirkt und damit dem Wunschbild des Alteren von sich selbst entspricht wird dieser nicht beachtet und fuhlt sich vom Ebenbild durch Ausspucken und Scherze gedemutigt Seine Beschwerde bei Andrei Filippowitsch stosst auf Unverstandnis und Anton Antonowitsch reagiert auf seine Klage von allen verlassen zu sein mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren gegen ihn u a wegen seiner treulosen Verfehlungen und boshaften Angriffe auf den Ruf eines wohlgesitteten Madchens Er ist jetzt bereit vom Kampfe zuruck zu treten nicht mehr zu widersprechen und alles in Geduld und Ergebung zu tragen sturzt aber als er die Bemuhungen seines Doppelgangers um die Gunst seiner Exzellenz sieht dann doch seinem Feind nach Du entgehst mir nicht denkt unser Held 10 Kap Sie treffen sich in einem Cafe wo ihn der pseudo edle Freund mit den Vorwurfen uber seine Vergehen konfrontiert die er als Sprache s einer Feinde 11 Kap erkennt Sie fuhren ein an den inneren Dialog einer moralisch gespaltenen Personlichkeit erinnerndes Gesprach das mit dem Bekenntnis des Alteren endet A lles ist moglich das Urteil der Welt und die Meinung der blinden Masse es ist mir sogar angenehm zu bekennen dass ich auf Irrwege geraten war Lassen Sie uns alles dem Schicksal zuschreiben Seinem Versuch sich auf ihn zu sturzen um ihn zu zerreissen und um ein Ende mit ihm mit allem zu machen entzieht sich der unbekummerte lebenslustige Jungere durch seine Flucht zum Haus Olssufij Iwanowitschs Der Protagonist setzt ihm zuerst nach fuhlt dann dass es in diesem Fall eine ganz verlorene Sache ware dagegen anzukampfen 11 Kap und gibt die Verfolgung auf Da entdeckt er in seiner Tasche den ihm zuvor im Departement von Pissarenko ubergeben Brief Vielleicht ist der Inhalt des Schreibens das er spater nicht mehr findet nur seine Phantasie Klara beklagt sich darin uber Verleumdungen des ihm ahnlich sehenden Intriganten der sie mit seinen Netzen umstrickt und sie zugrunde gerichtet habe Ich bin gefallen Man hat uns voneinander gerissen 11 Kap Sie will mit ihm fliehen um nicht von ihrem Vater verheiratet zu werden Er eilt in seine Wohnung lost seinen Haushalt auf um diese Reise vorzubereiten mietet eine Kutsche fur den Abend und formuliert zugleich in einem Selbstgesprach die Gegenposition man musse eigentlich die Entfuhrung eines durch romantische Vorstellungen uberspannten Madchens durch Information der Eltern verhindern Was ware das fur eine Reise Das ware ja einfach Selbstmord 12 Kap Anschliessend begibt er sich ins Kabinett Seiner Exzellenz bittet ihn als s einen Vater 12 Kap um Schutz vor seinen Feinden und trifft auf den Jungeren der ihn verspottet und von den Dienern hinauswerfen lasst Der Protagonist wartet anschliessend in einem Versteck vor Olssufij Iwanowitschs Haus auf ein Zeichen Klaras Seine angstlichen Gedanken uber eine Flucht mit der Geliebten in eine Hutte am Meer den Verfolgungen durch die Eltern ausgesetzt und uber ein abenteuerliches Leben dem er sich nicht gewachsen fuhlt und dem er ausweichen mochte werden immer konfuser Da holt ihn sein Doppelganger in den Saal zu der Gesellschaft Olssufij Iwanowitschs wo ihn nachdem er sein Gedachtnis vollstandig verloren hat sein Arzt erwartet Rutenspitz fuhrt ihn von den g ellende n ganz unbandige n Schreie n seiner Feinde Kap 13 begleitet zum Wagen der ihn in die Psychiatrie transportiert Rezeption BearbeitenIm Gegensatz zu seinem Erstling war das im selben Jahr 1846 erschienene und wegen der Phantastik und der labyrinthischen Wiederholungszyklen als schwer lesbar eingestufte zweite Werk ein Misserfolg Dostojewskis bisherige Forderer v a Belinski ausserten sich nun zuruckhaltend 2 Der Autor reagierte darauf mit Selbstkritik In einem Brief an seinen Bruder vom 1 April 1846 3 erklarte er entschuldigend vieles habe er in Eile und Mudigkeit geschrieben und viele Jahre spater bekannte er im Tagebuch eines Schriftstellers 1877 Diese Novelle ist mir entschieden missgluckt Aber die Grundidee war recht gut Sie ist das Gewichtigste und Beste was ich je in der Literatur durchgefuhrt habe 4 Fur die negative Rezeption machte er die von ihm damals gewahlte Form der Erzahlung verantwortlich Interpretation BearbeitenDie zeitgenossischen Bewertungen lassen sich teilweise durch die Einordnung der Erzahlung in die russische Literaturgeschichte erklaren Dostojewskis Petersburger Dichtung steht inhaltlich in zwei Traditionen Einmal in der bis ins 17 Jh zuruckverfolgbaren Thematik des armen Beamten die v a aus Gogols Der Mantel bekannt ist und zweitens in der des sentimentalen Liebhabers Dazu kommt als dritter Aspekt die Erzahltechnik der psychologischen Novelle 5 die Dostojewski von Puschkin lernte Im Gesamtwerk des Schriftstellers wird diese Erzahlung als Entwicklungsstufe angesehen Er orientiert sich an Gogols naturaler Schule mit ihrer sozialen Perspektive bzw der Synthese der realen und der imaginaren Ebene und weist durch diesen letztgenannten Punkt die Verbindung des Alltaglichen mit dem Phantastischen bereits auf die spateren moralisch psychologischen Romane hin 6 Im Vergleich zu seinen Vorbildern erhalten die Charaktere eine grossere emotionale Tiefe und innere Motivation 7 Auf dieser Grundlage deuten einzelne Interpreten Goljadkins Halluzinationen als Erscheinungen einer krankhaften Schizophrenie 8 Andere Literaturwissenschaftler betonen die Identitatskrise des Protagonisten Die Suche nach totaler Freiheit fuhre zur Selbstzerstorung 9 Als Ursachen sehen sie v a die hierarchischen Strukturen einer die personliche Entwicklung der Hauptfigur einschrankenden Burokratie und Gesellschaft an 10 Diese Personlichkeitsspaltung wird als Grundidee der Erzahlung betont Der Doppelganger ist eine Verkorperung aller heimlichen Wunschtraume des Helden Zugleich ist er eine Personifikation aller verdrangen Schuld und Angstgefuhle Lange vor Sigmund Freud hatte Dostojewski die Psychologie des Unbewussten und der Verdrangung kunstlerisch gestaltet 11 Einige Deutungen verbinden die beiden genannten Ansatze Sie fokussieren ebenfalls das Krankheitsbild Der Protagonist sei ein Getriebener und Gehetzter aber nicht so sehr von Armut und ausseren Umstanden wie bei den armen Beamten der naturalen Schule als vielmehr von einer irrationalen Kraft in seinem eigenen Inneren seiner eigenen Einbildungskraft Dieser Zustand wird jedoch um die existentielle Dimension im Wesen des Menschen erweitert als Verflechtung des Irrational Geheimnisvollen und des Prosaisch Alltaglichen interpretiert und mit Kafkas Romanwelt in Beziehung gesetzt In der Mythologisierung der modernen Burokratie in der Aufdeckung und Blosslegung der phantastischen Welt der Kanzleien und Amtsstuben sind Gogol und Dostojewski unmittelbare Vorlaufer von Kafka 12 Der Autor prasentiert die Handlungen vorwiegend aus der Perspektive des Protagonisten wobei er die Geschehnisse und die verschiedenen Positionen einmal in Gesprachen mit anderen Personen beispielsweise dem Burovorsteher dem Diener oder dem Doppelganger und zweitens in seinen Gedanken diskutiert und reflektiert Dadurch entsteht eine polyperspektivische Darstellung mit unklaren Grenzen sodass fur den Leser wie fur den Protagonisten selbst das reale Geschehen nur schwer fassbar ist Michail Bachtin hat den Text deshalb als polyphonen Roman beschrieben Hier wird fur Dostojewski typisch nicht eine Vielzahl von Charakteren und Schicksalen in einer einheitlichen objektiven Welt im Lichte eines einheitlichen Autorenbewusstseins entfaltet sondern eine Vielfalt gleichberechtigter Bewusstseine mit ihren Welten wird in der Einheit eines Ereignisses miteinander verbunden ohne dass sie ineinander aufgehen 13 Verfilmungen Bearbeiten1965 Der Feind Neprijatelj Regie Zivojin Pavlovic Adaption 14 1968 Partner Regie Bernardo Bertolucci 2010 Der Doppelganger Regie Lenke Nauck 15 2014 The Double Regie Richard AyoadeLiteratur BearbeitenAusgaben Bearbeiten Fjodor Dostojewski Der Doppelganger Die Urfassung In deutscher Erstubersetzung Deutsch von Alexander Nitzberg Galiani Berlin 2021 ISBN 978 3 86971 238 3 Fjodor Dostojewski Der Doppelganger Fruhe Romane und Erzahlungen Piper Munchen 2000 ISBN 3 492 20406 6 Fjodor Dostojewski Der Doppelganger Fruhe Prosa I Deutsch von Georg Schwarz Aufbau Verlag Berlin 1980 Sekundarliteratur Bearbeiten Otto Rank Der Doppelganger Eine psychoanalytische Studie Internationaler Psychoanalytischer Verlag Leipzig Wien Zurich 1925 Neuausgabe Turia amp Kant Wien 1993 ISBN 3 85132 466 8 Sylvia Plath The Magic Mirror A Study of the Double in Two of Dostoevsky s Novels Embers Handpress Rhiwargor LLanwddyn Powys 1989 16 Natalie Reber Studien zum Motiv des Doppelgangers bei Dostojevskij und E T A Hoffmann Wilh Schmitz Giessen 1964 Rudolf Neuhauser Das Fruhwerk Dostojewskijs Carl Winter Heidelberg 1979 ISBN 3 533 02711 2 John Jones The Double in ders Dostoevsky Oxford University Press New York 1983 ISBN 0 19 812645 X Einzelnachweise Bearbeiten nach der Ubertragung von E K Rahsin Joseph Frank F M Dostoevsky The Seeds of Revolt 1821 1849 Princeton University Press Princeton New Jersey 1976 ISBN 0 691 06260 9 Brief 58 vom 1 April 1846 an Bruder Michail Dostojewski abgedruckt in Friedr Hitzler Hrsg Dostojewski Gesammelte Briefe 1833 1881 Piper Munchen 1966 S 54 ff Unangenehm und qualvoll ist es aber fur mich dass meine eigenen Freunde Belinskij und die anderen mit meinem Goljadkin unzufrieden sind Was mich betrifft so war ich fur einige Zeit vollig entmutigt Mich ekelte vor dem Goljadkin Vieles darin habe ich zu fluchtig und in Augenblicken der Ermudung geschrieben In Brief 57 vom 1 Februar 1846 schrieb Dostojewskij an seinen Bruder Goljadkin ist 10 mal besser als die Armen Leute Die Unsrigen sagen dass es in Russland nach den Toten Seelen nichts ahnliches gegeben habe und dass es wirklich ein geniales Werk sei Goljadkin ist mir wirklich glanzend geraten zitiert nach Natalie Reber Nachwort In F M Dostojewski Der Doppelganger Fruhe Romane und Erzahlungen Piper Munchen Zurich 1980 ISBN 3 492 02604 4 S 893 s a F M Dostojewskij Tagebuch eines Schriftstellers Vierter Band Juli 1877 bis Januar 1881 Hrsg Alexander Eliasberg Musarion Munchen 1923 S 214 Nov 1877 Erstes Kapitel II Natalie Reber Nachwort In F M Dostojewski Der Doppelganger Fruhe Romane und Erzahlungen Piper Munchen Zurich 1980 ISBN 3 492 02604 4 S 891 Dmitri Chizhevsky The Theme of the Double in Dostoevsky In Rene Wellek Hrsg Dostoevsky A Collection of Critical Essays Prentice Hall Englewood Cliffs NJ 1965 S 124 Valerian Maykov in Victor Terras The Young Dostoevsky An Assessment in the Light of Recent Scholarship In Malcolm V Jones Garth M Terry Hrsg New Essays on Dostoevsky Cambridge University Press Bristol Great Britain 1983 S 36 Rosenthal Richard J Dostojevsky s Experiment with Projective Mechanisms and the Theft of Identity in The Double In Russian Literature and Psychoanalysis Linguistic amp Literary Studies in Eastern Europe 31 John Benjamins Publishing Company Amsterdam Philadelphia 1989 S 87 Victor Terras The Young Dostoevsky An Assessment in the Light of Recent Scholarship In Malcolm V Jones Garth M Terry Hrsg New Essays on Dostoevsky Cambridge University Press Bristol Great Britain 1983 S 35 Joseph Frank The Double In The Seeds of Revolt 1821 1849 Princeton University Press Princeton 1979 S 300 Natalie Reber Nachwort In F M Dostojewski Der Doppelganger Fruhe Romane und Erzahlungen Piper Munchen Zurich 1980 ISBN 3 492 02604 4 S 893 Natalie Reber Nachwort In F M Dostojewski Der Doppelganger Fruhe Romane und Erzahlungen Piper Munchen Zurich 1980 ISBN 3 492 02604 4 S 892 Michail Bachtin Probleme der Poetik Dostoevskijs Dostojewskis Ullstein 1988 ISBN 3 548 35228 6 S 10 Neprijatelj in der Internet Movie Database englisch Der Doppelganger in der Internet Movie Database englisch dazu ablehnende Besprechung in Horst Jurgen Gerigk Der magische Spiegel Sylvia Plath deutet Goljadkin und Iwan Karamasow In Ein Meister aus Russland Vierzehn Essays Universitatsverlag Winter Heidelberg 2010 ISBN 978 3 8253 5782 5 S 101 117 Werke von Fjodor Michailowitsch Dostojewski Romane Arme Leute Njetotschka Neswanowa Erniedrigte und Beleidigte Schuld und Suhne Der Spieler Der Idiot Die Damonen Der Jungling Die Bruder KaramasowNovellen Der Doppelganger Onkelchens Traum Das Gut Stepantschikowo und seine Bewohner Eine Novelle in neun Briefen Die Wirtin Weisse Nachte Das schwache Herz Weihnachtsbaum und Hochzeit Aufzeichnungen aus dem Kellerloch Der ewige Gatte Die SanfteErzahlungen und andere Prosaarbeiten Herr Prochartschin Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett Polsunkow Der ehrliche 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