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Ein Dunnschliff ist ein Festkorperpraparat zur mikroskopischen Untersuchung Bei den untersuchten Materialien handelt es sich uberwiegend um Gesteine Keramiken und alle Materialien welche in dunner Schicht transparent sind jedoch nicht oder nur schlecht entsprechend dunn geschnitten werden konnen zum Beispiel Holz Knochen und Zahne Gesteinsdunnschliffe auf dem Objekttisch eines PolarisationsmikroskopsGesteine Boden und Keramik sind fast ausnahmslos undurchsichtig und konnen daher nicht ohne Weiteres unter einem Durchlichtmikroskop untersucht werden Erst unterhalb einer Dicke von 0 03 bis 0 02 mm 30 bis 20 µm lasst eine Probe dieser Materialien ausreichend Licht passieren sodass sie fur die Durchlichtmikroskopie geeignet sind Untersucht wird im normalen und polarisierten Licht sowie mit speziellen Wellenlangen z B UV Licht Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Herstellung 2 1 Geologische und technische Praparate 2 2 Bodenpraparate 3 Medizinische Praparate 4 Gesteinsuntersuchungen mittels Dunnschliffen 4 1 Allgemeine Ziele 4 2 Qualitative Ziele 4 3 Quantitative Ziele 5 Ergebnisse und Interpretation in der Bodenkunde 6 Verwandte Methoden 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Historische Zeichnungen von Melaphyr Dunnschliffen unter dem Mikroskop von 1876 nbsp Mikroskopische Aufnahme des Dunnschliffes eines karbonischen Kalksteins mit Gehausequerschnitt einer Muschel Die Methode wurde in der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts von mehreren Wissenschaftlern unabhangig voneinander entwickelt wobei die fruhesten Versuche auf den englischen Physiker William Nicol zuruckgehen durften der bereits im Jahre 1831 derartige Praparate anfertigte und auch eine Beschreibung des Verfahrens veroffentlichte 1 Aber erst der englische Naturforscher Henry Clifton Sorby wandte die Methode systematisch auf Gesteine an und publizierte dazu 1858 einen Aufsatz im Journal der Geological Society in London 2 Auf dem Feld palaontologischer Forschungen haben sich mit der Dunnschliffmikroskopie die Geowissenschaftler Franz Unger und Carl Ferdinand Peters fruhe Verdienste erworben Unger beschrieb 1842 seine Methode zur Anwendung von Dunnschliffen bei der Untersuchung fossiler Holzer Um 1840 hatte er im Auftrag von Stephan Ladislaus Endlicher Dunnschliffe von solchen Objekten angefertigt Peters fuhrte um 1855 publiziert Dunnschliffarbeiten aus um weitere Aufschlusse fur taxonomische Bewertungen zu erhalten Zur Verbreitung dieser Untersuchungsmethode in den Geowissenschaften trug Ferdinand Zirkel entscheidend bei der sie am 3 Februar 1863 in einer Sitzung der k k geologischen Reichsanstalt vorstellte und zuvor bei Sorby erlernt hatte 3 Danach zog die Methode schnell in die Praxis der Petrographie ein Die ersten Lehrbucher zum Thema wurden bereits im Jahre 1873 von Ferdinand Zirkel bzw Karl Heinrich Rosenbusch veroffentlicht 1 Die Darstellung von Dunnschliffabbildungen war im 19 Jahrhundert fur die Fachliteratur ein nur unbefriedigend losbares Problem weil die damaligen Drucktechniken eine authentische Wiedergabe der oft anspruchsvollen Strukturbilder nicht ermoglichten Deshalb war es zeitweilig ublich entsprechende Dunnschliffbilder auf dem zeichnerischen Wege mit nachtraglicher Handkolorierung zu erstellen und sie mit den Mitteln der Lithographie drucktechnisch umzusetzen Herstellung BearbeitenGeologische und technische Praparate Bearbeiten nbsp Dunnschliffpraparat eines PhyllitsZur Herstellung eines Gesteins oder Keramik Dunnschliffs wird von der Probe mittels eines diamantbesetzten Sageblattes eine etwa 0 5 1 0 cm dicke Scheibe abgesagt Die Scheibe wird auf einer der Schnittflachen von Hand angeschliffen und mit dieser Flache mittels eines relativ leicht loslichen Klebstoffs auf einer dunnen Glasplatte fixiert Die Glasplatte mit der Probe wird dann in eine Prazisionsschleifmaschine eingespannt und die Probe wird solange von der anderen Seite geschliffen bis sie komplett plan ist Nachdem die Glasplatte mit der Probe vom Schleiftisch entfernt wurde wird die plane Flache mittels eines speziellen Kunstharzes in den fruhen Jahren mit Kanadabalsam 4 auf einen glasernen Objekttrager aufgeklebt Das nunmehr fast fertige Praparat wird nach Ausharten des Harzes von der Glasscheibe abgelost Der Objekttrager wird in die Prazisionschleifmaschine eingespannt und die Probe wird nunmehr von der anderen vormals an der Glasscheibe befestigten Seite auf die gewunschte Dicke Standarddicke bei mineralogischen Dunnschliffen ist 25 µm heruntergeschliffen Technische Kornerpraparate oder instabile Sedimentgesteine z B viele Quarzsandsteinarten werden zunachst in Kunstharz eingegossen bzw mit Kunstharz impragniert und nach Ausharten des Harzes wie die oben genannten Festkorper weiter bearbeitet Bodenpraparate Bearbeiten nbsp Gipslinge zur Entnahme von Sedimentproben fur Dunnschliffe bei einer archaologischen AusgrabungZur Herstellung eines Boden Dunnschliffs wird im Gelande eine ungestorte Bodenprobe mittels Kubiena Kasten benannt nach W L Kubiena der mit seinen seit den 1930er Jahren durchgefuhrten mikromorphologischen Studien an Boden zweifelsohne Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet hat und Abwandlungen dieser Kasten verwendet Ist eine Entnahme mit Kubiena Kasten aufgrund hoher Steingehalte oder grosserer Artefakte nicht moglich konnen unter anderem grossere Rahmen eingesetzt oder die Probe mit Gips ummantelt werden Im Labor werden die Bodenproben schliesslich getrocknet Lufttrocknung Gefriertrocknung oder Trocknung uber Aceton Anschliessend werden sie im Vakuumschrank damit keine Luftblasen in den Proben verbleiben ahnlich wie kornige technische Proben oder Sedimentproben in Kunstharz eingegossen Nach Ausharten des Harzes wird wie oben beschrieben verfahren Fur einige speziellere Untersuchungen Microprobe etc sind unabgedeckte Proben notwendig Die Probe kann aber auch mit einem Deckglas abgedeckt werden Fur Untersuchungen z B an der Mikrosonde sind polierte unabgedeckte Schliffe notwendig dazu sind spezielle Methoden notig die kein Relief erzeugen Polarisationsmikroskopie parallele vs gekreuzte Polarisatoren nbsp Dunnschliff eines Granat Glimmerschiefers unter dem Mikroskop bei linear polarisiertem Licht nbsp Gleicher Bildausschnitt wie im nebenstehenden Bild bei gekreuzten PolarisatorenMedizinische Praparate BearbeitenIn der Knochenpathologie werden Dunnschliffe fur die mikroskopische Untersuchung von biologischem Hartgewebe Knochen und Zahn und insbesondere fur die Beurteilung der Einheilung von metallenen Endoprothesen beispielsweise Huftgelenksprothesen oder Zahnimplantate eingesetzt Durch experimentelle Studien mit systematischen mikroskopischen Untersuchungen von Sektionsreihen der Grenzflachen von Knochengewebe und Implantat konnen die Oberflachen von Endoprothesen entscheidend verbessert werden sodass das Implantat optimal vom Korper angenommen wird 5 Fur die Herstellung von Knochengewebs dunnschliffen wird das Knochengewebe fixiert und sodann ohne Entkalkung in PMMA Harz Plexiglas eingebettet Nach Aushartung kann der gesamte Kunststoff und Gewebeblock dunn gesagt und dann bis zur Transparenz auf µm Dicke heruntergeschliffen und ggf angefarbt werden 5 6 Bei der Polarisationsmikroskopie dieser Gewebsdunnschliffe konnen vor allem die entlang der Kraftvektoren orientierten Kollagenfaserbundel ohne histologische Farbung gut sichtbar gemacht werden 7 Gesteinsuntersuchungen mittels Dunnschliffen BearbeitenBei der Untersuchung von Gesteinsproben wird nach qualitativen und quantitativen Zielen unterschieden Ferner sind allgemeine Merkmale der Zweck der Betrachtung Allgemeine Ziele Bearbeiten raumliche Orientierung von Kristallen und Kornaggregaten Verteilungscharakter von Mineralen im Gestein Korn bzw Kristallformen KornbindungenQualitative Ziele Bearbeiten Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale Zusammensetzung von Mischkristallen mittels optischer Daten Degradationsprozesse und ihr erreichter Status in kristallinen Gefugen Verwitterung Quantitative Ziele Bearbeiten Mengenverhaltnisse verschiedener Mineralien im Gestein KorngrossenverteilungErgebnisse und Interpretation in der Bodenkunde BearbeitenBevor man einen Dunnschliff interpretieren kann ist es zunachst notwendig diesen Dunnschliff und weitere Dunnschliffe anderer Proben die direkt oder indirekt damit im Kontext stehen sofern vorhanden detailliert zu beschreiben In der Bodenkunde und Archaologie werden dazu unter anderem erfasst die Mikrostruktur Aggregate Hohlraume Gange die sogenannte Grundmasse d h das organische und mineralische Fein und Feinstmaterial das nicht in die Grundmasse eingebundene organische Material sowie die einzelnen Bodenmerkmale und besonderheiten Zur Charakterisierung dieser Bestandteile werden jeweils unter anderem Grosse Form Beschaffenheit Variabilitat Haufigkeit Farbe Lichtdurchlassigkeit Verhaltnis und Lage der Bestandteile zueinander sowie daraus eventuell resultierende Muster beschrieben Die im Boden Dunnschliff sichtbaren mehr oder weniger stark ausgepragten Merkmale und Merkmalskombinationen sind eine Momentaufnahme Sie spiegeln die Entwicklung eines Bodens und die Prozesse in ihm bis zur Probennahme wider Aus archaologischer Sicht sind Holzkohlereste Knochenfragmente Partikel gebrannten Lehms Schlacke und Erzreste Exkremente Eierschalen Fischgraten etc von besonderem Interesse denn je nach Lage im Profil kann man im Idealfall anhand der mikroskopischen Fundstucke im Dunnschliff in Verbindung mit anderen Dunnschliffen des gleichen Befundes sowie eventuell vorhandenen makroskopischen Fundstucken die Geschichte eines Befundes rekonstruieren Von der einstigen Nutzung oder Funktion eines Objektes selbst beispielsweise von Grubenhausern uber die Umgebungsbedingungen z B die Tierhaltung bis hin zur Verfullung eines Objektes sowie der Herkunft und Zusammensetzung dieses Verfullmaterials das die menschlichen Aktivitaten im Umfeld des Befundes dokumentieren kann Verwandte Methoden BearbeitenSollen undurchsichtige Materialien nur im Auflicht untersucht werden genugen einseitig geschliffene und polierte Flachen am Objekt so genannte Anschliffe Auch innerhalb der Metallographie arbeitet man gelegentlich mit Gefugeschliffbildern Die in der medizinischen Forschung verwendeten Methoden zur Herstellung von Weichgewebsschnitten kalziumkarbonathaltige Hartgewebe mussen dafur zuvor entkalkt werden fur die Durchlichtmikroskopie werden unter Histologie und Mikrotom beschrieben Literatur BearbeitenArnd Peschel Natursteine Deutscher Verlag fur die Grundstoffindustrie Leipzig 1977 Hans Pichler Cornelia Schmitt Riegraf Gesteinsbildende Minerale im Dunnschliff Ferdinand Enke Verlag Stuttgart 1993 ISBN 3 432 95522 7 David L Rowell Bodenkunde Untersuchungsmethoden und ihre Anwendungen Springer Berlin New York 1997 ISBN 978 3 540 61825 6 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Gestein im Dunnschliff Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Die Herstellung eines Dunnschliffs auf www geo tu freiberg de Herstellung von Gesteinsdunnschliffen auf www titan minpet unibas chEinzelnachweise Bearbeiten a b H v Philipsborn Die historische Entwicklung der mikroskopischen Methoden in der Mineralogie und deren Bedeutung fur die allgemeine Mikroskopie und fur die Technik In H Freund Hrsg Handbuch der Mikroskopie in der Technik Band IV 1 Umschau Frankfurt 1955 S 12 17 Emanuel Boricky Die Arbeiten der geologischen Abtheilung der Landesdurchforschung von Bohmen II Theil Petrographische Studien an den Basaltgesteinen Bohmens Prag Rivnac 1873 S 3 4 Bernhard Hubmann Palaontologische Dunnschliff Untersuchungen in Osterreich Ungarn vor 1860 durch C F Peters und F Unger In Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt Bd 56 1 1999 S 171 176 ISSN 0378 0864 D W Humphries Methoden der Dunnschliffherstellung Enke Stuttgart 1994 ISBN 3 432 26091 1 S 20 a b R K Schenk W Herrmann Histologische Untersuchungen uber die Einheilung zementfrei eingebrachter Implantate S 51 57 in E Morscher Die zementlose Fixation von Huftendoprothesen Springer 1983 ISBN 978 3 662 00968 0 K Donath The Diagnostic Value of the New Method for the Study of Undecalcified Bones and Teeth with Attached Soft Tissue Sage Schliff Sawing and Grinding Technique Pathology Research and Practice Bd 179 1985 S 631 633 doi 10 1016 S0344 0338 85 80209 0 N M Meenen W Flosdorff M Dallek K Donath K H Jungbluth Hydroxylapatitkeramik zum subchondralen Knochenersatz grosser Gelenke Eine tierexperimentelle polarisationsoptische Studie S 271 275 in Hans Jurgen Pesch Hartmut Stoss Benno Kummer Hrsg Osteologie aktuell VII 7 Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft fur Osteologie e V 26 28 Marz 1992 in Erlangen Springer Verlag ISBN 978 3 540 56630 4 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Dunnschliff amp oldid 238966267