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Der Centralverein fur das Wohl der arbeitenden Klassen wurde 1844 als Organisation der burgerlichen Sozialreform zur Bekampfung des Pauperismus gegrundet Die Organisation existierte bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Vereinsgrundung 3 Organisation und Zielsetzung 4 Bedeutung 5 Schriften Auswahl 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Die schlesischen Weber Gemalde Carl Wilhelm Hubner 1846 Die Vereinsgrundung war eine direkte Reaktion auf den schlesischen Weberaufstand von 1844 Vor allem Lehrer aus Berlin darunter der Armenschullehrer Ferdinand Schmidt und der Seminardirektor Adolph Diesterweg grundeten vor dem Hintergrund der Zustande in den schlesischen Heimgewerbegebieten einen Verein fur die Hebung der unteren Klassen Die Ereignisse in Schlesien hatten nach Ansicht der Grunder gezeigt dass die zunehmende Unruhe im Proletariat eine Gefahr fur die burgerliche Gesellschaft darstelle Pflicht des Burgertums musse es daher sein die niedergedruckten Volksmassen aus ihrer Rohheit und ihrem Elende der Schuld unserer bestehenden Verhaltnisse freiwillig zum Lebensrechte zu Arbeit und Genuss und Bildung und freien Gebrauch ihrer Krafte heraufzurufen und zu holen 1 Anders als bisherige mildtatige Organisationen wollte der Verein nicht einfach Beihilfen auszahlen oder Aktionen gegen einzelne Missstande ausfuhren Zunachst sollten die Probleme in ihrer ganzen Vielfalt untersucht werden und dann die zu ihrer Behebung moglichen Mittel gepruft werden Der Verein selbst war offen fur Mitglieder aus allen gesellschaftlichen Schichten unabhangig vom Herkommen und Geschlecht Damit nicht nur die Vermogenden daran teilnehmen konnten zahlten die Mitglieder einen beliebigen Beitrag Dies berechtigte sie an den monatlichen Versammlungen teilzunehmen und mitzudiskutieren Es sollten besondere Kommissionen fur die unterschiedlichen Problemfelder geschaffen werden Bei der konkreten Umsetzung wollte man mit bestehenden oder mit neu zu grundenden Hilfsvereinen vor Ort zusammenarbeiten Von Anfang an stiessen die Bestrebungen des Vereins auf das Misstrauen der Obrigkeit Aus der Perspektive der Polizeibehorden war die Beteiligung bekannter linker Junghegelianer wie Eduard Meyen und Adolf Friedrich Rutenberg verdachtig Da die Behorden eine Einwirkung im kommunistischen Geist befurchteten wurde dem Verein keine offizielle Zulassung erteilt Vereinsgrundung BearbeitenAn Stelle der Berliner Grundung erfolgte nunmehr die Grundung des Centralvereins fur das Wohl der arbeitenden Klassen Die Trager waren zum einen Mitglieder der hohen bildungsburgerlichen Burokratie wie Georg Wilhelm von Viebahn nicht zuletzt aus dem preussischen Finanzministerium wie Robert von Patow und Wirtschaftsburger und Unternehmer aus den preussischen Westprovinzen Rheinland und Westfalen Fur die Initiatoren war insbesondere der Widerspruch zwischen dem wirtschaftlichen Aufschwung wie er sich gerade in der ersten Gewerbeausstellung des Zollvereins manifestiert hatte und der Not und dem Elend in weiten Teilen der unteren Bevolkerungsschichten eine Motivation sich zu beteiligen Der Centralverein war in Berlin angesiedelt Daruber hinaus entstanden rasch in einigen Stadten die ersten Lokalvereine Zu diesen gehorten Elberfeld Koln und Berlin Spater kamen weitere lokale Organisationen hinzu Organisation und Zielsetzung BearbeitenDie Lokalvereine sollten im Wesentlichen fur die praktische Arbeit zustandig sein So sollten sie die Grundung von Spar Pensions Kranken und Unterstutzungskassen vorantreiben Daneben sollten Fortbildungsschulen fur die Kinderarbeiter und Lehrlinge eingerichtet werden Hinzukommen sollten allgemeine Vortrage zur Verbreitung gemeinnutziger Kenntnisse Bei diesen Aktivitaten sollten die lokalen Organisationen mit Vertretern der unteren Klassen zusammenarbeiten Uber den Lokalvereinen sollten Provinzialvereine vor allem als Koordinierungsstelle fur die eingerichteten Hilfskassen dienen nbsp Friedrich Harkort Die Vereine zur Hebung der unteren Volksclassen Elberfeld 1845Der eigentliche Kern des Vereins war der Centralverein Die Mitgliedschaft in diesem kostete mindestens 4 Taler Jahresbeitrag und schloss allein damit einen Grossteil der unteren Schichten aus Das Lenkungsgremium blieb so fest in der Hand des Burgertums Der Centralverein wollte sozialreformerische Ansatze aus dem In und Ausland prufen und daraus praktikable Losungsansatze entwickeln Durch Stiftungen Schenkungen und Vermachtnisse hoffte der Verein auf genugend finanzielle Mittel um etwa Arbeiterwohnungen bauen Gartenland fur Bedurftige ankaufen oder Gewerbeschulen einrichten zu konnen Die Tatigkeiten des Vereins stiessen in der Offentlichkeit auf eine breite Resonanz Selbst Konig Friedrich Wilhelm IV sprach der Organisation seine Anerkennung aus und stellte ihm fur seine Projekte 15 000 Taler zur Verfugung Das preussische Innenministerium unter Adolf Heinrich Graf von Arnim Boitzenburg sah aber auch in dieser grossburgerlichen Grundung eine Gefahr fur die staatliche Ordnung Tatsachlich gab es in manchen Lokalvereinen radikaldemokratische Stromungen In Koln etwa war Friedrich Engels begeistert dass die Halfte des lokalen Komitees aus den Unsrigen bestehe Dennoch dominierte bei der Mehrzahl der etwa 30 Lokalvereine und dem Centralverein das gemassigt liberale Besitz und Bildungsburgertum das keineswegs die gesellschaftliche oder politische Ordnung als Ganzes in Frage stellte Die Folge der Polizeiberichte war dass der Konig seine Haltung anderte Ausserdem haben die Behorden die Genehmigung der Statuten immer wieder verschleppt so dass eine offizielle Anerkennung auch 1848 noch nicht erfolgt war Dies anderte sich im Verlauf des Revolutionsjahres Der Verein nahm unmittelbar nach dem Beginn der Marzrevolution seine Tatigkeit wieder auf So beteiligte er sich etwa an der Grundung einer Baugesellschaft in Berlin und der Verein gab ein periodisch erscheinendes Mitteilungsblatt heraus Zu dieser Zeit beteiligten sich etwa Hermann Schulze Delitzsch Victor Aime Huber Friedrich Harkort Franz Haniel Mathias Stinnes jr Karl Rodbertus und Adolph Diesterweg aktiv an der Vereinsarbeit Eng verbunden war er in Rheinland und Westfalen mit dem Rheinisch Westfalischen Handels und Gewerbeverein der als Ganzes ein korporatives Mitglied des Centralverein war Allerdings gelang es nicht mit den Arbeitervereinen in Kontakt zu kommen Der Verein blieb auch nach der Revolution bestehen Der Centralverein regte verschiedene Studien mit sozialreformerischer Zielsetzung an so etwa eine vergleichende Untersuchung uber das Sparkassenwesen Dabei verbanden sich insbesondere seit den 1870er Jahren Sozialreform und antisozialdemokratische Haltung Bedeutung BearbeitenDer Centralverein ist Ausdruck dafur dass es fur die liberalen Burgerlichen immer deutlicher wurde wie wichtig es sei effektiv die Armut und die sozialen Probleme zu bekampfen Zahlreiche Mitglieder des Vereins gehorten daher 1848 der preussischen oder deutschen Nationalversammlung an Daruber hinaus hat der Verein zum ersten Mal ein burgerliches Sozialreformprogramm formuliert Dieses blieb fur etwa funfzig Jahre im Kern massgebend Dabei war von Bedeutung dass neben die ublichen armenpflegerischen Hilfen vorbeugende Massnahmen treten sollten Ausserdem haben die Diskussionen im Verein eine Reihe von Losungsvorschlagen erarbeitet die im 19 Jahrhundert zum Kernbestandteil der burgerlichen Sozialreform gehoren sollten Teilweise wurden diese im 20 Jahrhundert zeitgemass abgewandelt zu Teilen des Sozialstaates Die Kritik am Centralverein fuhrte bei einigen Vertretern der unteren Klassen wie Stephan Born zu der Forderung vom Burgertum unabhangige Organisationen zu grunden wie dies 1848 in der Allgemeinen Deutschen Arbeiterverbruderung dann auch der Fall war Schriften Auswahl BearbeitenDas Sparkassenwesen in Deutschland und den ausserdeutschen Landestheilen Oestreichs und Preussens Herausgegeben vom Centralverein in Preussen fur das Wohl der arbeitenden Klassen Janke Berlin 1863 Der Arbeiterfreund Zeitschrift fur die Arbeiterfrage Organ des Centralvereins fur das Wohl der Arbeitenden Klassen Halle 1863 1914 Mittheilungen des Centralvereins fur das Wohl der Arbeitenden Klassen Hagen 1848ff Reprint Hagen 1980 ff Sozial Korrespondenz Zeitungs Ausgabe Organ d Zentralvereins fur das Wohl der Arbeitenden Klassen Dresden 1877 1914 Literatur BearbeitenHeinz Richard Schneider Burgerliche Vereinsbestrebungen fur das Wohl der arbeitenden Klassen Inaugural Dissertation Druck von F Schmitt in Siegburg Bonn 1967 Jurgen Reulecke Die Anfange der organisierten Sozialreform in Deutschland In Rudiger vom Bruch Hrsg Weder Kommunismus noch Kapitalismus Burgerliche Sozialreform in Deutschland vom Vormarz bis in die Ara Adenauer Munchen 1985 S 21 59 hier speziell S 27 32 Jurgen Reulecke Die Vereinsbewegung fur das Wohl der arbeitenden Klassen In Ottfried Dascher Everhard Kleinertz Hrsg Petitionen und Barrikaden Rheinische Revolutionen 1848 49 Aschendorff Munster 1998 ISBN 3 402 05378 0 S 54 47 Weblinks BearbeitenChronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung Bericht uber das 50jahrige Jubilaum des Centralvereins In Neueste Mittheilungen vom 26 Oktober 1894 Hye Sim Na Staatsvorstellung Mentalitat und okonomisches Denken des deutschen Wirtschaftsburgertums im 19 Jahrhundert am Beispiel des Rheinisch Westfalischen Handels und Gewerbevereins Siegen 2002Einzelnachweise Bearbeiten zitiert nach Reulecke S 27 Normdaten Korperschaft GND 42375 0 lobid OGND AKS LCCN n84067945 VIAF 123203541 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Centralverein fur das Wohl der arbeitenden Klassen amp oldid 206226928