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Der Bundesgerichtshof BGH war im austrofaschistischen osterreichischen Standestaat von 1934 bis 1938 das Hochstgericht Er wurde 1934 als Nachfolger der aufgelosten Hochstgerichte Verfassungsgerichtshof und Verwaltungsgerichtshof eingerichtet und hatte im Gegensatz zu seinen Vorgangergerichten keine Befugnis mehr die Regierungsgesetzgebung zu kontrollieren Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung des Bundesgerichtshofs 2 Organisation und Verfahren 3 Der Bundesgerichtshof nach dem Anschluss 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseEntstehung des Bundesgerichtshofs BearbeitenNachdem die Bundesregierung Dollfuss I am 4 Marz 1933 mit der sogenannten Selbstausschaltung des Parlaments die Gesetzgebung in Osterreich faktisch dem gewahlten Legislativorgan entrissen hatte erkannte die Regierung rasch dass der noch bestehende und zum Teil mit SDAP nahen Richtern besetzte Verfassungsgerichtshof VfGH zur Bedrohung fur diesen Regierungskurs geworden war Um zu verhindern dass die von der Regierung auf Grundlage des Kriegswirtschaftlichen Ermachtigungsgesetzes erlassenen Verordnungen vom VfGH gepruft werden konnten wurde daher auf Vorschlag des VfGH Ersatzmitglieds Robert Hecht ein Vorgehen gewahlt das den Verfassungsgerichtshof ebenso handlungsunfahig machen sollte wie zuvor bereits das Parlament Hierzu sollten alle regierungsnahen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs geschlossen zurucktreten sodass die fur die Beschlussfassung im Gerichtshof erforderliche Anwesenheit nicht mehr erreicht werden konnte siehe hierzu detailliert Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofs 1933 1 2 Der Verwaltungsgerichtshof VwGH hingegen wurde nicht an seinem Tatigwerden gehindert sondern dessen Urteile schlichtweg auf Anordnung der Oberbehorden an die Unterbehorden ignoriert So wurden etwa vom Verwaltungsgerichtshof fur aufgehoben erklarte Verwaltungsakte dennoch durch die Verwaltungsbehorden vollzogen da es dem VwGH an der Durchsetzungskraft seiner Urteile mangelte 3 Da der VfGH somit durch die Rucktritte am Tatigwerden gehindert und der Verwaltungsgerichtshof durch Anordnungen an die Unterbehorden faktisch marginalisiert worden war wurden beide mit der standestaatlichen Maiverfassung von 1934 ganzlich abgeschafft Gleichzeitig wurde in der Maiverfassung vom 1 Mai 1934 der Bundesgerichtshof als Nachfolger sowohl des Verfassungs als auch des Verwaltungsgerichtshofs eingerichtet 4 Am 23 Juli 1934 erging das Bundesgerichtshofgesetz BGBl 123 1934 5 mit dem der Bundesgerichtshof auch gesetzesrangig eingerichtet wurde Seine Tatigkeit nahm der neu eingerichtete Gerichtshof aber bereits am 15 Juli 1934 auf Organisation und Verfahren BearbeitenDer Bundesgerichtshof war unter seinem Prasidenten Ernst Durig dem bisherigen VfGH Prasidenten und einem Vizeprasidenten in Senate untergliedert Diese Senate waren in der Regel als Funfersenate konzipiert wobei fur einfachere Falle Verwaltungsstrafsachen und Falle in denen die Rechtsfrage bereits hinreichend geklart ist die Zusammensetzung als Senat mit nur drei Mitgliedern vorgesehen war Fur die Klarung besonders schwieriger oder grundsatzlicher Rechtsfragen sowie beim Abgehen einer bisher gepflegten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs war die Einrichtung eines verstarkten Senats aus sieben Mitgliedern vorgesehen Der fur die Untersuchung von Verfassungswidrigkeiten zustandige Verfassungssenat bestand aus elf Mitgliedern Zur Klarung grundsatzlicher Rechtsfragen konnte zudem auch die Vollversammlung des Bundesgerichtshofs einberufen werden der alle ordentlichen und ausserordentlichen Mitglieder angehorten 6 Die Zustandigkeiten des Bundesgerichtshofs entsprachen im Wesentlichen jenen des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs vor der Maiverfassung Allerdings wurde der Bundesgerichtshof grosstenteils als Verwaltungsgericht tatig und erkannte dabei uber die Rechtmassigkeit von Bescheiden Zudem war er auch fur Saumnisbeschwerden zustandig die wahrend der Dauer seines Bestehens allerdings kaum vorkamen Uber die Verfassungsmassigkeit eines Gesetzes oder die Gesetzmassigkeit einer Verordnung entschied allein der speziell aufgrund von Art 179 Abs 2 der Verfassung 1934 gebildete Verfassungssenat Grundrechtsbeschwerden gingen allerdings nicht an diesen sondern an den dafur zustandigen Senat 10 6 Die Prufung der auf Grundlage des Kriegswirtschaftlichen Ermachtigungsgesetzes erlassenen Verordnungen vor dem 1 Juli 1934 wurde dem Bundesgerichtshof durch das Verfassungsuberleitungsgesetz entzogen womit er gerade die von der Regierung gefurchtete gerichtliche Prufung der Verfassungsmassigkeit dieser Massnahmen nicht vornehmen konnte Der Bundesgerichtshof nach dem Anschluss BearbeitenAls Verwaltungsgerichtshof einen Verfassungsgerichtshof gab es in der Zeit des Nationalsozialismus nicht bestand das Gericht auch noch nach dem Anschluss an das Deutsche Reich bis 1941 Mit 6 der Siebenten VO uber die Ubertragung von Aufgaben und Befugnissen des Reichsstatthalters in Osterreich Osterreichische Landesregierung vom 11 Janner 1940 7 erfolgte seine Umbenennung in Verwaltungsgerichtshof in Wien Als Aussenstelle des Reichsverwaltungsgerichtes in Berlin 8 gab es den Gerichtshof unter dem Namen Aussenamt Wien bis 1945 9 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden samtliche diktatorischen Verfassungsgesetze die in Osterreich in der Zeit des Nationalsozialismus und davor seit 1933 erlassen worden waren aufgehoben Darunter fiel insbesondere die autoritare Maiverfassung Damit wurde der allfalligen Wiedererrichtung des Bundesgerichtshofes die Rechtsgrundlage entzogen Verwaltungs und Verfassungsgerichtsbarkeit sind seit 1945 wieder geteilt Literatur BearbeitenIlse Reiter Zatloukal Der Bundesgerichtshof 1934 1938 In Clemens Jabloner Dieter Kolonovits Gabriele Kucsko Stadlmayer Hans Rene Laurer Heinz Mayer Rudolf Thienel Hrsg Gedenkschrift Robert Walter Manz sche Verlags und Universitatsbuchhandlung 2013 ISBN 978 3 214 00453 8 S 657 678 Sammlung der Erkenntnisse Beschlusse und Rechtssatze des Bundesgerichtshofes 1934 1939 Weblinks BearbeitenEintrag zu Bundesgerichtshof Osterreich im Austria Forum im AEIOU Osterreich Lexikon Einzelnachweise Bearbeiten Thomas Zavadil Die Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofs 1933 Wien 1997 Geisteswissenschaftliche Diplomarbeit an der Universitat Wien Peter Huemer Sektionschef Robert Hecht und die Zerstorung der Demokratie in Osterreich Verlag fur Geschichte und Politik Wien 1975 ISBN 3 7028 0084 0 Kapitel Die Ausschaltung des Verfassungsgerichtshofes S 178 192 Ilse Reiter Zatloukal Der Bundesgerichtshof 1934 1938 In Clemens Jabloner Dieter Kolonovits Gabriele Kucsko Stadlmayer Hans Rene Laurer Heinz Mayer Rudolf Thienel Hrsg Gedenkschrift Robert Walter Manz sche Verlags und Universitatsbuchhandlung 2013 ISBN 978 3 214 00453 8 S 661 Adolf Julius Merkl Die standisch autoritare Verfassung Osterreichs Ein kritisch systematischer Grundriss Springer Verlag Wien 1935 BGBl 123 1934 In Bundesgesetzblatt fur den Bundesstaat Osterreich Jahrgang 1934 S 301 online bei ANNO Vorlage ANNO Wartung bgl a b Ilse Reiter Zatloukal Der Bundesgerichtshof 1934 1938 In Clemens Jabloner Dieter Kolonovits Gabriele Kucsko Stadlmayer Hans Rene Laurer Heinz Mayer Rudolf Thienel Hrsg Gedenkschrift Robert Walter Manz sche Verlags und Universitatsbuchhandlung 2013 ISBN 978 3 214 00453 8 S 662 ff RGBl I S 55 dieses war mit Fuhrererlass vom 3 April 1941 RGBl I S 201 gebildet worden Thomas Olechowski Die Einfuhrung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Osterreich Osterreichische Rechtswissenschaftliche Studien Band 52 Manz sche Verlags und Universitatsbuchhandlung Wien 1999 ISBN 3 214 07952 2 Kapitel Vom Bundesgerichtshof zum Reichsverwaltungsgericht S 247 249 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bundesgerichtshof Osterreich amp oldid 230255772