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Die Bremsart unterscheidet Bremsen von Eisenbahnfahrzeugen nach ihrer Bremswirkung die sie aufbringen konnen ihrer Ansprechzeit und ihrer Energiequelle Dazu wird bei der am weitesten verbreiteten Bremsbauart der automatischen Druckluftbremse je nach Bremsstellung zwischen den schnellwirkenden Personenzugbremsen und der langsamwirkenden Guterzugbremse unterschieden Darstellung der Umstellvorrichtung eines Reisezugwagens Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Grundlagen 2 Personenzugbremsen 2 1 Personzugbremse P Bremse oder UIC Bremse 2 2 Hochleistungsbremse R Bremse 3 Guterzugbremse 3 1 Zuge mit G und P Bremse 4 Erganzende Bremsen 5 Ehemalige Bremsart I und Bremsart II bei der DR 6 Literatur 7 Einzelnachweise AnmerkungenGeschichte und Grundlagen BearbeitenDie Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Bremsarten hat direkt mit der Entwicklung der Bremsen bei der Eisenbahn zu tun Die anfanglich vorhandene Handbremse als Haupt bzw einzige Bremsart wurde spater durch andere Bremsarten wie die direkt wirkende Dampfbremse oder indirekt wirkende Bremsarten die auch ein automatisches Bremsen bei Zugtrennung ermoglichten erganzt und schliesslich ganz abgelost Durchgesetzt haben sich pneumatische Systeme die entweder mit Unter Saugluftbremse oder Uberdruck Druckluftbremse arbeiten Die automatische Druckluftbremse konnte sich bei Vollbahnen durchsetzen da sie am leistungsfahigsten ist und auch das konstruktiv notwendige Steuerventil so gebaut werden kann dass es in mehr als einer Bremsart funktioniert somit unterschiedliche Brems und Losezeiten haben kann Demgegenuber ist die automatische Saugluftbremse bzw Vakuumbremse zwar konstruktiv einfacher aufgebaut benotigt fur eine verbesserte Bremswirkung aber immer ein zusatzliches Steuerventil Bei einer wirklich leistungsfahigen Saugluftbremse ist die eigentliche Quelle der Bremskraft auch nicht mehr die Umgebungsluft sondern Druckluft Deswegen wird diese Bremsart auch vakuumgesteuerte Druckluftbremse genannt da nur noch der Steuerbefehl mit der Saugluftleitung ubertragen wird Heute wird bei der automatischen Druckluftbremse je nach Bremsstellung zwischen den Personenzugbremsen fruher bei der DR und ihren Nachfolgern Teil der Bremsart I 1 und der Guterzugbremse fruher bei der DR Teil der Bremsart II 2 unterschieden weil mit Rucksicht auf die zulassige Lange und die Hochstgeschwindigkeit der Zuge entsprechende Anforderungen an die Bremsen gestellt werden Die Umstelleinrichtung fur Druckluftbremsen ermoglicht das wahlweise Anpassen der Bremse an die Bremsstellung des Zuges Triebfahrzeuge sind mit einem GP GPR oder GR Wechsel Wagen hauptsachlich mit einem GP oder P R P R Mg oder P R R Mg Wechsel ausgerustet Es gibt auch Fahrzeuge die keinen Bremsstellungswechsel aufweisen So konnen bestimmte Triebzugbaureihen nur artrein verkehren Mitunter sind auch Wagen anzutreffen etwa die EW I und EW II der SBB die nur uber die Bremsstellung R verfugen Anfanglich war es bei Guterwagen ublich diese nur mit der Guterzugbremse auszurusten dann war aber die Hochstgeschwindigkeit auf 80 bis 90 km h begrenzt Bei schnelllaufenden Guterwagen bis 100 S bzw 120 SS km h ist die Ausrustung mit zwei Bremsstellungen und damit einem GP Wechsel Pflicht Wenn Fahrzeuge in einem Zug mitlaufen sollen dessen niedrigere Bremsstellung nicht einstellbar ist dann ist die Bremse dieses Fahrzeuges zur Vermeidung von Uberbremsungen auszuschalten Die Umstellung zwischen den Bremsstellungen erfolgt von Hand wobei sie bei jedem Fahrzeug des Zuges getrennt vorgenommen werden muss Bei Wagen mit manuellem Lastwechsel ist dieser in Abhangigkeit davon ob das Gesamtgewicht des Wagens das an der Umstelleinrichtung angegebene Umstellgewicht erreicht in die Stellung leer beladen oder ggf teilbeladen zu bringen Personenzugbremsen Bearbeiten nbsp Umstellvorrichtung zur Wahl der Bremsstellung an einem Doppelstockwagen der DB AG nbsp Die Bremszylinderfullzeiten hangen von der Bremsstellung ab In P werden die Luftdurchgange im Steuerventil weniger gedrosselt als in der langsamer wirkenden Bremsstellung G Weil schnell fahrende Zuge einen langeren Bremsweg benotigen brauchen sie eine entsprechend schnell wirkende Bremse Personzugbremse P Bremse oder UIC Bremse Bearbeiten Die P Bremse Bremsstellung P oder RIC Bremse ist eine schnell wirkende Bremsart die fur leichte bis mittelschwere Zuge verwendet wird Die Bremszylinder fullzeit betragt etwa drei bis funf Sekunden und die Losezeit etwa 10 bis 20 Sekunden Diese kurzen Druckentwicklungszeiten setzen voraus dass alle Bremsen des Wagenmaterials gleichmassig wirken und die Fahrzeuge straff gekuppelt sind Mit der P Bremse ist ein Bremsverhaltnis von zirka 110 erreichbar Diese Bremsart ist so ausgelegt dass sie ihre Bremsleistung ohne Uberwachung aufbringen kann Sie funktioniert im Gegensatz zur Hochleistungsbremse auch ohne zusatzliche Bauteile Gleitschutz auf rein pneumatischer Basis Hochleistungsbremse R Bremse Bearbeiten Die Hochleistungsbremse oder Rapid Bremse fruher S schnell oder SS sehr schnell Bremsstellung R ist eine Weiterentwicklung der P Bremse Bei hoheren Geschwindigkeiten bis zu 160 km h konnen die notigen Bremswege nur eingehalten werden wenn die Bremsen der Fahrzeuge welche mit Bremsklotzen aus Grauguss ausgerustet sind im oberen Geschwindigkeitsbereich verstarkt wirken Damit die Bremskrafte trotz des sich andernden Reibungswertes moglichst gleich bleiben wird der Bremsklotzdruck bei Geschwindigkeiten uber einem bestimmten Wert z B 80 km h erhoht Bei Abnahme der Geschwindigkeit unter einen bestimmten Wert z B 50 km h wird der Bremsklotzdruck wieder auf den normalen Wert reduziert womit ein Blockieren der Rader vermieden wird Bei Fahrzeugen mit Scheibenbremsen oder Kunststoff Bremssohlen kann auf die geschwindigkeitsabhangige R Bremse verzichtet werden weil der Reibungswert uber den ganzen Geschwindigkeitsbereich unverandert bleibt Hier wird bei der Hochleistungsbremse nur der Bremsdruck gegenuber dem der P Bremse erhoht Die R Bremse kann erheblich mehr als 100 Bremsverhaltnis aufbringen Um ein Blockieren der Rader zu vermeiden benotigt die R Bremse einen Gleitschutz der in alteren Fahrzeugen mechanisch in modernen Fahrzeugen elektronisch gesteuert wird Wenn die Bremskraft noch weiter gesteigert werden soll als mit der Hochleistungsbremse ublicherweise aufgebracht wird sind neue Bremsangriffspunkte notig Dies schlicht aus dem Grund dass bei etwa 170 Bremshundertstel mit der Hochleistungsbremse die physikalischen Grenzen ausgenutzt sind und die Haftung zwischen Schiene und Rad nicht mehr zulasst Diese Zusatzbremsen sind als Schienenbremse ausgefuhrt die wie die Magnetschienenbremse in der Wirkstellung die Schiene beruhren oder wie die Wirbelstrombremse beruhrungsfrei arbeiten Guterzugbremse Bearbeiten nbsp Umstellvorrichtung fur die Druckluftbremse gelb eines Guterwagens Oben in weisser Schrift die Bremsbauart Hier handelt es sich um eine Oerlikon Bremse mit den Brems stellungen G und P Der manuelle Lastwechsel wird rechts mit dem roten Kurbelgriff eingestellt Die Guterzugbremse oder G Bremse Bremsstellung G international gelegentlich M fur marchandises franzosisch Guter ist eine langsam wirkende Bremsart die langere Bremswege zur Folge hat Sie wird fur schwere aus nicht einheitlichem Wagenmaterial bestehenden oder fur extrem lange Zuge verwendet Das unterschiedliche Wagenmaterial und die verschiedenen Beladungszustande bewirken eine unterschiedliche Abbremsung der einzelnen Wagen und dadurch starke Stauchungen und Zerrungen im Zugverband die zu Puffer ubergreifungen und beim Reissen der Kupplungen zur Zugtrennung fuhren konnten Die G Bremse ist so ausgelegt dass bei einer Bremsung die einzelnen Bremsen moglichst rasch ansprechen und die Bremskraft anschliessend verhaltnismassig langsam aufgebaut wird Die in den Kupplungen und Puffern auftretenden Zug und Stosskrafte konnen sich somit allmahlich ausgleichen Aus den gleichen Grunden muss beim Losen der Bremse die Bremskraft langsam abnehmen Die Bremszylinderfullzeit betragt zur Reduktion von auftretenden Langskraftdifferenzen in Abhangigkeit von der Zuglange etwa 18 bis 30 Sekunden 3 Die Losezeit liegt bei etwa 45 bis 60 Sekunden Zur Bremszylinderfullzeit muss die Durchschlagszeit addiert werden weil es eine gewisse Zeit dauert bis die Luftdruckabsenkung durch die Luftleitung beim Zugschluss angekommen ist Die Durchschlagsgeschwindigkeit liegt bei modernen Zugen bei 250 bis 280 m s mit alten Steuerventilen ohne Schnellbremsbeschleuniger bei 90 bis 180 m s Zuge mit G und P Bremse Bearbeiten Bei schweren Guterzugen in Bremsstellung P muss eine Mischung aus G und P gebremsten Fahrzeugen erfolgen um ein Stauchen des Zuges zu verhindern Bei der Fahrt durch enge Bogen und vor allem bei engen Gegenbogen besteht dabei die Gefahr dass die Spurkranze an der Schienenkopfflanke aufsteigen und eine Entgleisung auslosen 4 Bei Guterzugen mit mehr als 600 Schweiz 5 bzw uber 800 Deutschland Tonnen Wagenzuggewicht sind alle arbeitenden Triebfahrzeuge an der Spitze des Zuges in die Bremsstellung G zu stellen 6 uber 1200 Tonnen zusatzlich die ersten 5 Fahrzeuge in die langsamwirkende Bremsstellung G gestellt werden 7 Die Bremsen der weiter hinten angeordneten Wagen verbleiben hingegen in Bremsstellung P und sprechen somit schneller an als die der vorderen Fahrzeuge Wegen des bei einer Bremsung mit einer Geschwindigkeit bis etwa 280 m s nach hinten durch den Zugverband wandernden Luftdruckunterschiedes setzt jedoch die Bremsung bei den hinteren Fahrzeugen erst mit einer gewissen zeitlichen Verzogerung ein Das Zusammenspiel aus zeitlich verzogertem Einsetzen der Bremse mit jedoch schnellerer Ansprechzeit verteilt die Bremskraft gleichmassig im Zugverband 8 9 Durch die Umsetzung der TSI Betrieb ist dieses Vorgehen nicht mehr in netzzugangsrelevanten Regelwerken enthalten und fallt in die Verantwortung der Verkehrsunternehmen 10 Erganzende Bremsen BearbeitenMit weiteren Bremseinrichtungen kann das Bremsvermogen der Druckluftbremse erhoht oder erganzt werden In den Bremsstellungen R Mg und P Mg kommt zusatzlich zur R bzw P Bremse bei einer Schnellbremsung eine Magnetschienenbremse zum Einsatz Deren Bremsschuhe unter dem Fahrgestell werden abgesenkt und durch Magnetkraft auf den Schienen kopf gepresst Dadurch wird die Reibungskraft unabhangig von der Rad Schiene Reibung unmittelbar auf die Schiene ausgeubt womit Bremsverhaltnisse bis 200 problemlos moglich sind In der Bremsstellung R WB wird die pneumatische Bremse bei Schnellbremsungen und auf geeigneten Strecken bei Betriebsbremsungen durch eine Wirbelstrombremse unterstutzt die ein Magnetfeld langs zur Schiene erzeugt das in der Schiene Wirbelstrome induzieren Diese Wirbelstrome erzeugen entgegengesetzte Magnetfelder die den Zug abbremsen Bei Triebfahrzeugen und Triebzugen unterstutzt die elektrodynamische Bremse Rekuperationsbremsen und Widerstandsbremsen Bremsstellung P E R E oder R E160 11 die Druckluftbremse des Zuges Dieselhydraulisch angetriebene Fahrzeuge sind oft mit einer hydrodynamischen Bremse Bremsstellung R H ausgerustet Triebfahrzeuge und Steuerwagen sind meist mit einer Zusatzbremse ausgestattet die nichtselbsttatig und nur an diesem Fahrzeug wirkt Die elektropneumatische Bremse ist eine zusatzliche Einrichtung zur Ansteuerung der Druckluftbremse die das gleichzeitige Bremsen oder Losen aller Fahrzeuge unabhangig von der Lange des Zuges ermoglicht Das Triebfahrzeug ist mit einem Steuergerat ausgerustet das uber eine elektrische Steuerleitung die elektropneumatischen Ventile der einzelnen Wagen ansteuert Damit wird eine gleichmassige Bremsung mit geringsten Langsdruckkraften im Zug erreicht Die Handbremse wird heute im Regelfall nicht mehr fur die Bremsung fahrender Zuge benutzt und dient nur noch zum Sichern stehender Fahrzeuge gegen Wegrollen oder zum Abbremsen ablaufender oder abgestossender Wagen im Rangierdienst Ausschliesslich zum Sichern stillstehender Fahrzeuge geeignet ist eine seitlich am Fahrzeugrahmen angebrachte Handbremse die daher als bodenbedienbare Feststellbremse bezeichnet wird Ehemalige Bremsart I und Bremsart II bei der DR BearbeitenDie Deutsche Reichsbahn unterschied seit der generellen Einfuhrung der Druckluftbremse fur Guterzuge schnell und langsamwirkende Bremsen in zwei Bremsarten Die schnellwirkenden Bremsen galten als Bremsart I die langsamwirkenden Bremsen als Bremsart II Beide Nachfolgeunternehmen behielten diese Unterteilung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges noch mehrere Jahrzehnte bei Zur Bremsart I gehorten Alle Bremsen Knorr Westinghouse Kunze Knorr Hildebrand Knorr und Knorr Bremse mit Einheitswirkung in den Stellungen P B S oder SS wobei S und SS spater zur Bremsstellung R zusammengefasst wurden Zur Bremsart II gehorten die Kkg Hikg und KEg Bremsen spater Kk G Hik G und KE G in den Stellungen Leer und Beladen Alle Bremsen mit G P Wechseln oder Zugartenwechsel Umstellvorrichtungen in der Stellung G Handbremsen bedient 12 Literatur BearbeitenSchweizerische Fahrdienstvorschriften FDV A2020 Bundesamt fur Verkehr BAV 1 Juli 2020 PDF 9 MB R 300 14 Beilage 1 Abschnitt 6 8 Umstellvorrichtungen fur BremswirkungEinzelnachweise Anmerkungen Bearbeiten Die Dampflokomotive im Betrieb Eisenbahnbucherei der Deutschen Bundesbahn Band 144 1 Auflage S 153 Die Dampflokomotive im Betrieb Eisenbahnbucherei der Deutschen Bundesbahn Band 144 1 Auflage S 154 Daniel Jobstfinke Matthias Gulker Markus Hecht Guterzuge mit ep Bremse Hohere Geschwindigkeiten weniger Verschleiss In ZEVrail Glasers Annalen Band 143 Nr 4 April 2019 ISSN 1618 8330 ZDB ID 2072587 5 S 124 129 Helmit Griesser Bremsprobleme bei langen Zugen In Schweizer Eisenbahn Revue Nr 7 Minirex 2020 ISSN 1022 7113 S 350 352 FDV R 300 5 Anlage 1 Kapitel 2 1 1 Ril 915 Modulgruppe 0101 Zusatz 01 Abschnitt 2 Absatz 5 Punkt e Aktualisierung 11 gultig ab 11 Dezember 2022 Ril 915 Modulgruppe 0101 Zusatz 01 Abschnitt 2 Absatz 5 Punkt f Bundesamt fur Verkehr Fahrdienstvorschriften Bern 2012 R 300 5 Abschnitt 2 1 1 Frank Minde Grundlagen der Eisenbahnbremstechnik Memento vom 1 Februar 2014 im Internet Archive PDF 144 kB Minden Westf 2007 Matthias Kolling DB Systemtechnik GmbH Fachautor der Richtlinie 915 01 Transfer der bremsbetrieblichen Regeln PDF 2 0 MB In BahnPraxis B Eisenbahn Unfallkasse Dezember 2011 S 4 abgerufen am 9 Februar 2015 Im Rahmen der Umsetzung der Technischen Spezifikation fur Interoperabilitat TSI des Teilsystems Verkehrsbetrieb und Verkehrssteuerung wird die Verantwortung an der Schnittstelle Eisenbahninfrastrukturunternehmen EIU Eisenbahnverkehrsunternehmen EVU klar zugeschieden Demnach sollen Regeln die EVU interneProzesse beschreiben vom EVU selber verantwortet werden Die bremsbetrieblichen Regeln sind ein Prozess des EVU Die DB Netz AG wird diese daher weitgehend aus der Ril 408 ausgliedern Die Fahrdienstvorschrift fur Nichtbundeseigene Eisenbahnen FV NE wird ebenfalls entsprechend angepasst werden in Deutschland fur die Anrechnung eines zusatzlichen Verzogerungsvermogens bei Bremsungen aus 140 bis 160 km h Die Dampflokomotive im Betrieb Eisenbahnbucherei der Deutschen Bundesbahn Band 144 1 Auflage S 153 154 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bremsart amp oldid 237563145