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Der Reibungskoeffizient auch Reibungszahl genannt Formelzeichen µ oder f ist eine Grosse der Dimension Zahl fur das Verhaltnis der Reibungskraft zur Anpresskraft zwischen zwei Korpern Der Begriff gehort zum Fachgebiet der Tribologie Inhaltsverzeichnis 1 Physikalische Bedeutung 2 Berechnung der Reibungskraft 3 Beispiele 3 1 Haftreibungszahlen 3 2 Maximaler Kraftschlussbeiwert 3 3 Gleitreibungszahlen 4 Geometrische Interpretation 5 Grenzen 6 Haufige Irrtumer 6 1 µ ist immer kleiner als Eins 6 2 Haftreibung ist Haftreibungskoeffizient mal Normalkraft 7 Literatur 8 QuellenPhysikalische Bedeutung BearbeitenBei der Angabe eines Reibungskoeffizienten wird zwischen Gleitreibung und Haftreibung unterschieden Bei der Gleitreibung bewegen sich die Reibflachen relativ zueinander wahrend sie dies bei der Haftreibung nicht tun Im Fall der Coulombschen Reibung ist der Gleitbeiwert konstant In der Praxis ist eine entsprechende Temperatur Geschwindigkeits und Druckabhangigkeit zu erkennen welche auf einen Einfluss der Oberflachenanderung und Beschaffenheit der niemals ideal ebenen Flache hindeutet aber nicht auf den Reibwert selbst und damit die Materialeigenschaft scheinbar beeinflusst Gemessen wird der Reibungskoeffizient bei Metallen an polierten Oberflachen um eine mechanische Verzahnung Formschluss weitgehend ausschliessen zu konnen Ausschlaggebend sind die Adhasions und Kohasionskrafte zwischen den Materialien Es bilden sich je nach Material Van der Waals Krafte oder in polarisierten Werkstoffen wasserstoffbruckenahnliche Krafte zwischen den Oberflachen Am hochsten ist die Werkstoffhaftung bei ionischen Werkstoffen wie z B Kochsalz Berechnung der Reibungskraft BearbeitenMit Hilfe des Reibungskoeffizienten lasst sich die maximale Haft bzw die Gleitreibungskraft zwischen zwei Korpern berechnen Haftreibung F R H m H F N displaystyle F mathrm R H leq mu mathrm H cdot F mathrm N maximale Haftreibung F R m a x m H F N displaystyle F mathrm R max mu mathrm H cdot F mathrm N Gleitreibung F R G m G F N displaystyle F mathrm R G mu mathrm G cdot F mathrm N Dabei ist F R F mathrm R die Reibungskraft m H mu mathrm H bzw m G mu mathrm G der Reibungskoeffizient und F N F mathrm N die Normalkraft Kraft senkrecht zur Flache Der Reibungskoeffizient bestimmt also wie gross die Reibungskraft im Verhaltnis zur Normalkraft ist eine hohere Reibungszahl bedeutet eine grossere Reibungskraft Um beispielsweise einen Metallklotz zu schieben muss man zunachst eine Kraft aufbringen die hoher als die Haftreibungskraft ist Wenn der Klotz dann uber den Untergrund gleitet so reicht die kleinere Gleitreibungskraft Weil die Reibkoeffizienten vom Untergrund trocken nass abhangig sind hangen im gleichen Masse auch die Reibkrafte davon ab Um die Haftung zu verandern kann man auch die Normalkraft verandern was sich wiederum aus der Formel erkennen lasst Auf der Ebene entspricht die Normalkraft der Gewichtskraft in Steilkurven die Komponente der Vektorsumme aus Gewichtskraft und Fliehkraft senkrecht zur Fahrbahn Im Motorsport wird die Normalkraft durch Flugel englisch Spoiler erhoht die den Fahrtwind zum Anpressen des Fahrzeugs an den Boden nutzen Beispiele BearbeitenDie Reibungskoeffizienten aus Tabellen sind immer nur ungefahre Angaben Die Reibung hangt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab Materialpaarung Oberflache Schmierung Temperatur Feuchte Verschleiss Normalkraft etc so dass in einer Tabelle nicht die richtigen Werte gefunden werden konnen Die genauesten Ergebnisse erhalt man aus einem Versuch unter realen Bedingungen Auch hier ist jedoch zu beachten dass sich die Verhaltnisse zwischen Versuch und realem Einsatz andern konnen Es gilt immer m m H displaystyle mu leq mu mathrm H Haftreibung und Gleitreibung Richtwerte trocken 1 Materialpaarung Haftreibung GleitreibungStahl auf Stahl 0 2 0 1Stahl auf Holz 0 5 0 4Stahl auf Stein 0 8 0 7Stein auf Holz 0 9 0 7Leder auf Metall 0 6 0 4Holz auf Holz 0 5 0 4Stein auf Stein 1 0 0 9Stahl auf Eis 0 03 0 01Stahl auf Beton 0 35 0 20Haftreibungszahlen Bearbeiten Haftreibungszahlen µH Richtwerte 2 Materialpaarung trocken wenig fettig geschmiert mit WasserBronze auf Bronze 0 18 0 11Grauguss 0 56 0 73Stahl 0 19 0 18Grauguss auf Eiche 0 98Grauguss 0 2 0 21Eiche auf Eiche 0 58 0 71Lederriemen auf Eiche 0 49Grauguss 0 48 0 28 0 12 0 38Messing auf Eiche 0 62 0 15Stahl auf Bronze 0 19Eiche 0 11 0 65Eis 0 027Grauguss 0 19Stahl 0 15 0 13Aluminium 0 19Hanfseil auf Holz 0 5Gummireifen auf 3 Asphalt lt 0 9 lt 0 5Beton lt 1 lt 0 6Maximaler Kraftschlussbeiwert Bearbeiten Ein angetriebener oder gebremster Reifen hat gegenuber der Oberflache auf der er rollt immer einen Schlupf Dieser Schlupf ist bei kleinen ubertragenen tangentialen Kraften so gering dass er fur viele Anwendungen vernachlassigt werden kann Bei hoherer Tangentialkraft nimmt der Schlupf zunachst schwach dann immer starker zu Dies bedeutet dass bei gegebenem Andruck eine maximale Tangentialkraft ubertragen werden kann Dies ahnelt dem Ubergang von der Haftreibung zur Gleitreibung Der Quotient zwischen der Tangentialkraft und der Normalkraft wird Kraftschlussbeiwert genannt Sein Maximum gibt an welche Kraft ein Reifen bei gegebener Normalkraft maximal als Antrieb oder Bremskraft ubertragen kann max Kraftschlussbeiwerte µH Richtwerte 2 Paarung trocken nass sauber nass geschmiert vereistLuftreifen auf Ackerboden 0 45 0 2 lt 0 2Luftreifen auf Erdweg 0 45 0 2 lt 0 2Luftreifen auf Holzpflaster 0 55 0 3 0 2 lt 0 2Luftreifen auf Kleinpflaster 0 55 0 3 0 2 lt 0 2Luftreifen auf Kopfsteinpflaster 0 6 0 4 0 3 lt 0 2Luftreifen auf Schotter gewalzt 0 7 0 5 0 4 lt 0 2Luftreifen auf Schotter gewalzt asphaltiert 0 6 0 4 0 3 lt 0 2Greiferrader auf Ackerboden 0 5Kettenfahrzeuge auf Ackerboden 0 8Gleitreibungszahlen Bearbeiten Gleitreibungszahlen µG Richtwerte 2 Materialpaarung trocken wenig fettig geschmiert mit WasserBronze auf Bronze 0 20 0 06Bronze auf Grauguss 0 21 0 08Bronze auf Stahl 0 18 0 16 0 07Grauguss auf Bronze 0 20 0 15 0 08Grauguss auf Eiche 0 49 0 19 0 22Grauguss auf Grauguss 0 28 0 15 0 08 0 31Eiche auf Eiche 0 34 0 1 0 25Lederriemen auf Eiche 0 27 0 29Lederriemen auf Grauguss 0 56 0 27 0 12 0 36Messing auf Eiche 0 60 0 44 0 24Stahl auf Bronze 0 18 0 16 0 07Stahl auf Eiche 0 5 0 08 0 26Stahl auf Eis 0 014Stahl auf Grauguss 0 18 0 01Stahl auf Stahl 0 12 0 01Stahl auf Messing 0 2Stahl auf Weissmetall 0 2 0 1 0 04blockiertes Autorad auf Pflaster 0 5 0 2Gummireifen auf Asphalt 3 lt 0 3 lt 0 15Gummireifen auf Beton 3 lt 0 5 lt 0 3Geometrische Interpretation Bearbeiten Abbildung 1 Resultierende Kraft innerhalb des ReibkegelsMan kann m mu auch als Tangens des Reibungswinkels f varphi betrachten Dies ist der kleinste Winkel bei dem ein Korper auf einer geneigten Ebene nach unten rutschen wurde Es gilt m tan f mu tan varphi Beispiel Auto Der Tangens ist aus dem Alltag als Steigung von ansteigenden Strassen und Gefallen bekannt die auf Verkehrsschildern angegeben wird zum Beispiel 12 Steigung bedeuten auf einer Lange von 100 m steigt die Strecke um 12 m Bei einem Haftreibungskoeffizienten von Eins kann man also Steigungen von maximal 100 45 uberwinden Real ist die Steigfahigkeit von Fahrzeugen meist durch die installierte Motorleistung und das Gesamtubersetzungsverhaltnis der Getriebe begrenzt Ausnahmen sind schlechte Strassenverhaltnisse Bei Glatteis oder schneebedeckter Strasse wird die Haftreibungszahl sehr klein so dass schon leichte Steigungen nicht uberwunden werden konnen oder das Bremsen bergab nicht mehr moglich ist Reibkegel Innerhalb des Reibkegels Abbildung 1 sind Systeme auch bei Belastung stabil z B Leiter auf Untergrund und werden als selbsthemmend bezeichnet ausserhalb des Reibkegels reicht die Reibkraft nicht mehr aus um das System in Ruhe zu halten es tritt eine Bewegung auf Relevante technische Systeme sind z B Schneckengetriebe die in Abhangigkeit von Schraubensteigung Materialpaarung und Schmierverhaltnissen selbsthemmend sind oder nicht Grenzen BearbeitenErreichen die durch die auftretenden Krafte verursachten Spannungen die Fliessspannung endet der Gultigkeitsbereich des coulombschen Modelles An seine Stelle tritt das Reibfaktormodell Haufige Irrtumer Bearbeiten µ ist immer kleiner als Eins Bearbeiten Gelegentlich wird behauptet dass m 1 mu leq 1 gelten musse m 1 mu 1 bedeutet lediglich dass Normal und Reibungskraft gleich sind Bei etlichen Materialpaarungen beispielsweise mit Silikonkautschuk oder Acrylkautschuk beschichteten Oberflachen ist der Reibkoeffizient wesentlich grosser als Eins Haftreibung ist Haftreibungskoeffizient mal Normalkraft Bearbeiten Haufig wird fur die Haftreibung die Formel F R H m H F N displaystyle F mathrm R H mu mathrm H cdot F mathrm N angegeben Der so errechnete Wert bezeichnet jedoch nur den Grenzfall der maximal moglichen Schub oder Zugkraft die der Reibungskraft F R F mathrm R entgegenwirkt und bei der noch der Stillstand des Objekts moglich ist Wird diese uberschritten wirkt sofort die zumeist kleinere Gleitreibungskraft F R G m G F N displaystyle F mathrm R G mu mathrm G cdot F mathrm N Augenscheinlich wird dies z B bei Lawinen oder Erdrutschen Hier befinden sich die Massen nahe der Haftkraft Kleine Erschutterungen lassen die Haftreibung ortlich uberschreiten Literatur BearbeitenValentin L Popov Kontaktmechanik und Reibung Ein Lehr und Anwendungsbuch von der Nanotribologie bis zur numerischen Simulation Springer Verlag Berlin u a 2009 ISBN 978 3 540 88836 9 Quellen Bearbeiten Rainer Muller Klassische Mechanik vom Weitsprung zum Marsflug Walter de Gruyter 2009 S 115 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b c Horst Kuchling Taschenbuch der Physik VEB Fachbuchverlag Leipzig 1986 ISBN 3 87144 097 3 a b c Das grosse Tafelwerk interaktiv 2 0 1 Auflage Cornelsen Berlin 2016 ISBN 978 3 06 001611 2 S 105 Normdaten Sachbegriff GND 4214429 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reibungskoeffizient amp oldid 233617509