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Die Bleiplatte von Magliano oder auch Diskos von Magliano stammt aus dem 5 Jahrhundert v Chr und zahlt zu den bedeutendsten etruskischen Schriftdenkmalern Das Artefakt wurde 1882 1 in der Nahe von Magliano in der Toskana gefunden und befindet sich heute im Archaologischen Nationalmuseum von Florenz Vorder und Ruckseite der Bleiplatte von Magliano Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung 2 Die Inschriften 2 1 Inschrift A 2 2 Inschrift B 3 Forschungsgeschichte 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseBeschreibung BearbeitenDie aus Blei gefertigte Platte ist 191 Gramm schwer und linsenformig gewolbt Sie besitzt an der schmalsten Stelle einen Durchmesser von 7 cm und an der breitesten einen von 8 cm Nur wenige Schriftdenkmaler des Etruskischen sind auf Metallplatten uberliefert Ebenso ungewohnlich wie die Form und die Beschaffenheit der Scheibe ist auch die Anordnung des Textes Die Platte ist auf beiden Seiten spiralformig mit etruskischen Buchstaben beschriftet Die Anfertigung des Artefakts wird auf etwa 450 v Chr datiert Die Bleiplatte wurde im Februar 1882 bei Arbeiten auf einem Feld 2 km sudostlich von Magliano in der Nahe der fruheren Klosteranlage von Santa Maria in Borraccia gefunden Die Gebaude die aus dem 13 Jahrhundert stammten wurden seit dem 19 Jahrhundert landwirtschaftlich genutzt Westlich vom Fundort lag eine etruskische Nekropole mit Grabkammern aus dem 7 und 6 Jahrhundert v Chr Die Bleiplatte muss deswegen noch keinen funeraren Zweck besessen haben da solche Artefakte auch fur Opferversprechen Orakelspruche und Fluchtafeln angefertigt wurden In der naheren Umgebung konnte sich ein Heiligtum befunden haben Nicht weit entfernt lag wahrscheinlich die etruskische Stadt Hepa lat Heba Die Inschriften BearbeitenBemerkenswert ist die Lange des Textes da er sich mit 70 Einzelwortern deutlich von den vielen kurzen etruskischen Grabinschriften unterscheidet Der Text zahlt damit zu den langsten in etruskischer Sprache Entsprechend den etruskischen Schreibgewohnheiten ist der Text von rechts nach links mit spiegelverkehrten Buchstaben verfasst Der Text ist dabei im Uhrzeigersinn von aussen nach innen zu lesen Die meisten Worter sind durch einen Punkt voneinander getrennt Inschrift A Bearbeiten nbsp Inschrift ADie Inschrift A beginnt links oben Zweimal werden zur Worttrennung auch drei senkrechte Punkte verwendet Dadurch sollte der Text offenbar in einzelne Phrasen unterteilt werden CAUTHAS TUTHIU AVILS LXXX EZ CHIMTHM CASTHIALTH LACTH HEVN AVIL NESL MAN MURINASIE FALZATHI AISERAS IN ECS MENE MLATHCE MARNI TUTHI TIU CHIMTHM CASTHIALTH LACTH MARISL MENITLA AFRS CIALATH CHIMTH AVILSCH ECA CEPEN TUTHIU THUCH ICHU TEVR HESNI MULVENI ETH ZUCI AM ARCAUTHAS ist der Genitiv von Cautha einer weiblichen Sonnengottheit die aber auch als Unterweltgottin in Erscheinung tritt Der Wortstamm TUTH von TUTHIU konnte eine offentliche oder gemeinschaftliche Gegebenheit umschreiben TUTHIU durfte das entsprechende Adjektiv sein AVILS ist der Genitiv von AVIL Jahr und die nachfolgenden Zeichen stellen etruskische Zahlensymbole fur 80 etruskisch lat LXXX dar Es scheint also etwas den Zeitraum von 80 Jahren zu umfassen Spater folgt das Wort AVIL im Nominativ Die Bedeutung der Wortfolge CHIMTHM CASTHIALTH und LACTH die im zweiten Abschnitt noch einmal auftritt ist nicht bekannt Die Endungen TH deuten auf Lokative hin wodurch bestimmte Orte fur Opferhandlungen angegeben werden konnten Vielleicht ist MAN eine Kurzform von MANIM Bauwerk Grab und MURINASIE die adjektivische Form von Murina dem Gentilnamen einer bedeutenden etruskischen Familie Die Bedeutung von AISERAS zu Beginn des zweiten Abschnitts war lange unklar Heute geht man davon aus dass AISERAS der Genitiv des Plurals AISER Gotter mit dem Singular AIS Gott ist ECS ist der Genitiv von ECA dieser diese dieses MENE durfte mit MENECE hat gegeben in Verbindung stehen und konnte einen Imperativ mit der Bedeutung Gib darstellen TUTHI ist das etruskische Wort fur Burgerschaft oder Staat TIU bedeutet Mond oder Monat Es konnte also der Zeitpunkt fur ein offentliches oder gemeinschaftliches Opfer angegeben sein MARISL ist der Genitiv von Maris einer nicht naher bekannten Gottheit oder eines Genius Vermutlich sind CIALATH und CHIMTH wieder Lokative und geben Orte fur Opferhandlungen an AVILSCH ist eine unbekannte Form von AVIL Jahr Vielleicht folgt dem Genitiv AVILS ein Suffix CH fur und Jedenfalls steht ECA fur dieser und CEPEN bezeichnet einen Priester Es konnte sich also zusammen mit dem nachfolgenden TUTHIU um einen amtlich bestellten Priester der Gemeinde handeln MULVENI durfte denselben Wortstamm aufweisen wie MULUVENICE hat gespendet und konnte ein Imperativ mit der Bedeutung Spende sein Wenn die Endung NI auf einen Imperativ hindeutet dann konnte auch HESNI eine Aufforderung beinhalten AM und AR lassen sich auf die bekannten Worter AMCE ist gewesen und ARCE hat gemacht zuruckfuhren und konnten Imperative mit der Bedeutung Sei und Mach darstellen Inschrift B Bearbeiten nbsp Inschrift BDie Inschrift B beginnt rechts in der Mitte Die einzelnen Zeilen sind hier nicht wie in Inschrift A durch ein Spiralband voneinander getrennt Im Zentrum der Scheibe wurde von der spiralformigen Schreibung abgewichen Die letzten Worter stehen in drei Zeilen untereinander Zahlreiche Worter sind nicht voneinander getrennt MLACH THANRA CALUSC ECNIA IV AVIL MI MENICAC MARCA LURCAC ETH TUTHIU NESL MAN RIVACH LESCEM TNUCASI SURIS EISTEIS EVITIURAS MULSLE MLACH ILACHE TINS LURSTH TEV HUVI THUN LURSTH SAL AFRS NACESMLACH steht fur eine Votivgabe und kommt an spaterer Stelle erneut vor THANRA ist das Adjektiv oder der Genitiv von Thanr einer Gottin die mit der Geburt aber auch mit dem Tod in Verbindung steht CALUSC setzt sich zusammen aus dem Genitiv CALUS von Calu einem Unterweltgott und dem Suffix C fur und vergleichbar mit dem Lateinischen Suffix QUE Nach anderer Auffassung bedeutet MLACH schon oder gut so dass sich zusammen THANRA CALUSC die Lesung der schonen Thanr und des Calu ergibt Danach folgt mit IV AVIL vier Jahre wieder eine Zeitangabe Das entsprechende etruskische Zahlzeichen ist MI bedeutet Ich Es spricht aber nicht der Verfasser der Inschrift sondern nach etruskischer Tradition die Bleiplatte von sich selbst Wenn die nachfolgenden Worter MENICAC MARCA und LURCAC adjektivisch fur Gottheiten stehen verbunden durch das Suffix C fur und dann wurde die Lesung Ich von Meni Mar und Lur ausdrucken dass die Bleiplatte Eigentum dieser Gottheiten war TUTHIU umschreibt wieder eine offentliche oder staatliche Gegebenheit SURIS ist der Genitiv von SURI einer Unterweltgottheit die vielleicht auch als Orakel befragt wurde Wegen TIU fur Monat mit TIURAS als Genitiv Plural konnte EVITIURAS ein wiederkehrender Zeitpunkt in jedem Monat sein TINS ist ebenfalls ein Genitiv TIN hat die Bedeutung Tag konnte aber auch fur Tinia der hochsten etruskischen Gottheit stehen LURSTH gibt als Lokativ wieder einen Ort an der zur Gottheit Lur gehort Der Wortstamm TEV bezeichnet vielleicht eine prasentierende Handlung oder Gegebenheit und konnte hier als Imperativ mit der Bedeutung Zeige auftreten Trotz der zahlreichen bekannten Worter ist die Bedeutung des Textes insgesamt unklar Es werden mehrere Unterweltgottheiten und wahrscheinlich Opferhandlungen genannt Daher bezieht sich der Inhalt vermutlich auf rituelle Anweisungen oder Verpflichtungen wie zu welchen Zeiten alle vier Jahre jahrlich oder monatlich und an welchen sakralen Orten bestimmte Opfer darzubringen sind vielleicht im Andenken an einen oder mehrere Ahnen der Familie Murina Ob sich die Inschrift an andere Personen als Leser richtete oder nur fur den Besitzer der Scheibe gedacht war ist ungeklart Denkbar ist die Verwendung als Amulett Forschungsgeschichte BearbeitenErstmals veroffentlicht wurde die Inschrift 1882 von Emilio Teza einem italienischen Sprachwissenschaftler 2 Namhafte Linguisten und Etruskologen haben sich seitdem mit der Lesung der Inschrift befasst Der deutsche Sprachforscher Wilhelm Deecke versuchte sich 1884 an einer wortlichen Ubersetzung des Textes und deutete ihn als Opfervorschrift 3 Der norwegische Philologe Alf Torp beschaftigte sich zu Beginn des 20 Jahrhunderts seinen Etruskischen Beitragen auch mit der Bleiplatte von Magliano und lieferte wesentliche Erkenntnisse 4 Auch Emil Goldmann ein osterreichischer Rechtshistoriker und Sprachforscher setzte sich 1936 mit der Inschrift auseinander 5 Goldmann und Torp haben in Inschrift B die Zeitangabe II AVIL statt IV AVIL gelesen Weitere Versuche den ganzen Text Wort fur Wort zu ubersetzen unternahmen 1939 Soren Peter Cortsen 6 und in neuerer Zeit Massimo Pittau 7 Alle bisherigen Ubersetzungen der Inschrift stellten sich als teilweise falsch heraus oder fanden keine Anerkennung in der Fachwelt Der niederlandische Etruskologe Bouke van der Meer befasste sich 2013 eingehend mit der Inschrift von Magliano und gab einen Uberblick uber die bisherigen Forschungsergebnisse 8 nbsp Emilio Teza 1831 1912 nbsp Wilhelm Deecke 1831 1897 nbsp Alf Torp 1853 1916 Literatur BearbeitenGiuliano Bonfante Larissa Bonfante The Etruscan Language An Introduction 2 Auflage Manchester University Press Manchester New York 2002 ISBN 0719055407 S 214 220 Nancy de Grummond Erika Simon The Religion of the Etruscans University of Texas Press Austin 2006 ISBN 9780292721463 S 57 61 James Thomas Hooker Hrsg Reading the Past Ancient Writing from Cuneiform to the Alphabet University of California Press Berkeley 1990 ISBN 0520074319 S 346 376 377 Massimo Pallottino Etruskologie Geschichte und Kultur der Etrusker 7 Auflage Springer Basel 1988 ISBN 303486048X S 421 480 482 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bleiplatte von Magliano Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Mauro Cristofani Dizionario della civilta etrusca Giunti Gruppo Editoriale Florenz 1999 ISBN 88 09 21728 4 S 154 italienisch Emilio Teza Di una iscrizione etrusca trovata in Magliano In Rivista di filologia e di istruzione classica Band X 1882 S 530 534 italienisch archive org Wilhelm Deecke Die Bleitafel von Magliano In Rheinisches Museum fur Philologie Neue Folge Band 39 1884 S 141 150 uni koeln de PDF Alf Torp Etruskische Beitrage 3 Bande 1902 1906 Emil Goldmann Beitrage zur Lehre vom indogermanischen Charakter der etruskischen Sprache Gerold amp Co Wien 1936 S 219 252 Soren Peter Cortsen Der Inhalt der Bleiplatte von Magliano In Glotta Nr 27 1939 S 271 276 Massimo Pittau Studi sulla lingua etrusca Ipazia Books Sassari 2016 ISBN 978 1 980914 70 9 S 155 163 italienisch Bouke van der Meer The Lead Plaque of Magliano In C Chiaramonte G Bagnasco F Chiesa Hrsg Interpretando l antico Scritti di archeologia offerti a Maria Bonghi Jovino Monduzzi Editoriale Mailand 2013 S 257 275 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bleiplatte von Magliano amp oldid 225355454