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Bleikeller ist der umgangssprachliche Name der Ostkrypta des St Petri Doms in Bremen Bekannt ist er vor allem dadurch dass hier einige Mumien gefunden wurden Mumie im Bremer Bleikeller Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Mumifizierung 3 Der Dachdecker 4 Herr von Engelbrechten 5 Weitere Mumien 6 Geschenk fur Goethe 7 Sigmund Freud 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Mumien des Bleikellers wurden um 1698 zufallig von den Gesellen des Orgelbauers Arp Schnitger entdeckt denen man die Ostkrypta als Arbeitsraum zugewiesen hatte Die Entdeckung der Mumien war in der damaligen Zeit eine Sensation interessierte man sich doch zunehmend fur die Naturwissenschaften Anfang 1709 musste der Domzimmermann seinen Schlussel abgeben da er wegen der zahlreichen Besucher kaum noch zum Arbeiten kam Den Schlussel erhielten von da ab die Domkuster welche sich bis ins 20 Jahrhundert hinein durch die Besucher des Bleikellers eine Zulage verdienen konnten Als man die Ostkrypta 1822 als Lagerraum vermietete um den vierten Domprediger mit der Einnahme zu bezahlen zogen die Mumien in eine gotische Kapelle um die zur damaligen Zeit als Kohlenkeller genutzt wurde Nach der Domrestaurierung in den 1970er Jahren benotigte man diese Raume fur das Dom Museum Seit 1984 konnen die Mumien in einem Nebengebaude des Doms besichtigt werden Der Bremer Bleikeller ist gegenwartig von April bis Oktober fur Besucher geoffnet 1 Mumifizierung BearbeitenDas Phanomen der Mumifikation ist inzwischen geklart Die Korper sind auf naturliche Weise ausgetrocknet wobei der Austrocknungsvorgang den ansatzweise vorhandenen Verwesungsvorgang uberholt Dieser Vorgang ist von meist alteren und einsamen Verstorbenen bekannt die man drei bis vier Monate nach ihrem unbeachteten Tod unverwest in ihrer Wohnung auffindet Bei einigen Mumien des Bleikellers trug auch der Winter mit der Abwesenheit von Aasfliegen zur Mumifikation bei In Bremen ging man zunachst lange davon aus dass das Blei das fur die Reparatur des Domdaches nach Sturmen in dem Kellerraum lagerte mit der Mumifikation der dort aufbewahrten Leichen zu tun habe Auch von Radioaktivitat des Bleis oder einer radioaktiven Quelle unter dem Dom war zeitweilig die Rede Durch Messungen im Bleikeller ist aber inzwischen bewiesen dass der Name ihres Fundortes keine Ruckschlusse auf die Grunde der Mumifizierung zulasst Der Dachdecker BearbeitenEine der Mumien wurde lange Zeit als Dachdecker angesehen der vom Domdach gesturzt in der Ostkrypta zwischengelagert und dort vergessen worden war bis man ihn schliesslich mumifiziert wiederentdeckte Wilhelm Tacke dem Autor des Buches Bleikeller am Dom zu Bremen erschien im Verlauf seiner Recherchen die Geschichte nicht stimmig da der vermeintliche Dachdecker keine sichtbaren Verletzungen am Knochengewebe aufwies Daraufhin wurden diese und andere Mumien im St Joseph Stift gerontgt mit dem Ergebnis dass der Dachdecker eine Kugel im Rucken hatte Mithin handelt es sich vermutlich um einen Offizier der im Dreissigjahrigen Krieg oder in einem der in Bremen folgenden Schwedenkriege angeschossen wurde Herr von Engelbrechten BearbeitenUnter den Mumien befindet sich auch der letzte schwedische Verwalter des Doms Georg Bernhard von Engelbrechten Er wurde auf eigenen Wunsch in einem steinernen Prunksarkophag im Erskinschen Gewolbe im Dom beigesetzt Um die Beerdigung seiner Frau im Dom kummerten sich die Tochter Als das Erskinsche Gewolbe Anfang des 19 Jahrhunderts zugeschuttet wurde verlegte der Bauherr Gerhard Meyer beide Sarge in Bleikeller Nr 2 Er entnahm dem steinernen Sarkophag jedoch die Mumie des Herrn von Engelbrechten legte sie in einen offenen Holzsarg und tarnte sie als englischen Offizier Seine Frau tarnte er als schwedische Grafin da an den Sarggriffen Kronen zu sehen waren schopfte niemand Verdacht Diese Umbettung wurde erst in den 1960er Jahren publik als der steinerne Sarkophag an der Vorderfront zerbrach und im leeren Sarkophag eine Nachricht gefunden wurde in welcher Meyer seinen Diebstahl beichtete Die Tarnung der Mumien war notwendig geworden da von der napoleonischen Regierung in Bremen um 1811 das Bestatten in Innenstadtkirchen verboten wurde Weitere Mumien BearbeitenUnter den Mumien befinden sich zwei weitere Soldaten der Oberst Gregor von Winsen sowie ein namentlich unbekannter Kornett Auch bei dem angeblichen Studenten konnte es sich um einen Soldner handeln dessen Heimatort man entweder nicht kannte oder den man wegen des Krieges nicht problemlos dorthin transportieren konnte Bei der englischen Lady konnte der in Reisebeschreibungen erwahnte Name Lady Stanhope nicht verifiziert werden Dem hochadeligen Geschlecht der Stanhopes kam um jene Zeit kein Mitglied abhanden Zuletzt wurde der ca 80 jahrige Tagelohner Konrad Ehlers im Bleikeller beigesetzt Man liess ihn in den letzten Jahren bei freier Kost und Logis im Domkloster wohnen unter der Bedingung er solle nach seinem Tode in dem Bleikeller beigesetzt werden Als sein Tod eintrat wurde er in den Bleikeller gebracht wo er mumifiziert wurde Da wegen der napoleonischen Bestattungsregeln weitere Mumifikationsexperimente mit Menschen nicht mehr in Frage kamen unternahm man stattdessen solche mit Tieren Ein Affchen und eine Katze im Bleikeller Nr 3 erinnern heutzutage noch daran Geschenk fur Goethe BearbeitenDa die Mumien erst seit 1968 unter Glas liegen fehlen ihnen Haare und ein paar Finger welche als Souvenirs mitgenommen wurden Ein Finger einer Bleikellermumie sowie eine Kinderhand befinden sich heute noch im Goethehaus in Weimar Der Bremer Arzt Dr Nicolaus Meyer ein Freund von Goethe ubersandte sie dem Dichterfursten um ihn so nach Bremen zu locken Goethe nahm das Angebot jedoch nicht an und schenkte die Reliquien seinem Sohn August Die Kinderhand stammt vermutlich von adeligen Kindern die man nachdem sie den Pocken erlegen waren zunachst im Bleikeller beisetzte nach 1823 jedoch in heimischen Kirchhofen begrub Sigmund Freud BearbeitenDer Begrunder der Psychoanalyse bekannte leicht befremdet nach einem Besuch im Bleikeller im Jahr 1909 Das ganze bleibt aber doch ein Plaidoyer fur die grundliche Vernichtung des uberflussig gewordenen Menschen durch das Feuer 2 Literatur BearbeitenWilhelm Tacke Bleikeller im Dom zu Bremen oder der Dachdecker der kein Dachdecker war Johann Heinrich Doll Verlag Bremen 1985 ISBN 3 88808 029 0 Wilhelm Tacke Lothar Klimek Aufnahmen Der Bleikeller am Dom zu Bremen Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 1985 Der Bleikeller am Dom zu Bremen Grosse Baudenkmaler Heft 360 Deutscher Kunstverlag Munchen Berlin 1987 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Bleikeller Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Der Bleikeller im St Petri DomEinzelnachweise Bearbeiten http www stpetridom de index php id 51 Sigmund Freud Reisejournal In Gesammelte Werke Bd 8 Frankfurt 1973 Hier zitiert nach Johann Gunther Konig Bremen Literarische Spaziergange Frankfurt am Main u a Insel Verl 2000 S 81 53 075277777778 8 8086111111111 Koordinaten 53 4 31 N 8 48 31 O Normdaten Geografikum GND 4075210 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bleikeller amp oldid 238622929