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Das Bayerische Staatsministerium fur Sonderaufgaben bestand von 1945 bis 1950 1 und hatte die Aufgabe Richtlinien fur die Entnazifizierung in Bayern zu erarbeiten sowie die praktische Durchfuhrung des Gesetzes zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus mit Hilfe von Spruchkammern zu organisieren Vergleichbare Ministerien existierten auch in Hessen und Wurttemberg Baden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Die Anfange bis zur Unterzeichnung des Befreiungsgesetzes 1 2 Das Ministerium zwischen Marz 1946 und Juli 1949 1 3 Weiterfuhrung des Geschaftsbereichs bis 1960 2 Minister 3 Zugehorige Stellen 3 1 Spruch und Berufungskammern 3 2 Kassationshof 3 3 Generalklager 3 4 Die Verwaltung der Arbeits und Internierungslager 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Anfange bis zur Unterzeichnung des Befreiungsgesetzes Bearbeiten nbsp BefreiungsgesetzDie Durchfuhrung der Entnazifizierung in der amerikanischen Besatzungszone war ursprunglich Aufgabe der US Militarregierung Sie sollte nach den Vorstellungen von Militargouverneur Lucius D Clay jedoch bald in die Hande deutscher Behorden ubergehen Nachdem der erste bayerische Ministerprasident der Nachkriegszeit Fritz Schaffer am 28 September 1945 entlassen worden war berief sein Nachfolger Wilhelm Hoegner den Kommunisten Heinrich Schmitt zunachst als Minister ohne Portefeuille in sein neu gebildetes Kabinett Hoegner beauftragte Schmitt einheitliche Richtlinien zur Entnazifizierung zu erarbeiten die dieser bereits im November vorlegte Ein Kabinettsausschuss sah Schmitts Entwurf jedoch als zu streng und zu weitreichend an so dass die Vorlage der bayerischen Staatsregierung wesentlich entscharfter ausfiel Am 5 Marz 1946 unterzeichneten die Ministerprasidenten der drei Lander der amerikanischen Zone im Rathaussaal Munchen schliesslich das Gesetz Nr 104 zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus auch Befreiungsgesetz genannt Das Ministerium zwischen Marz 1946 und Juli 1949 Bearbeiten Da Minister Schmitt sich bei der Entnazifizierung ganz uberwiegend auf seine kommunistischen Parteigenossen stutzte kam es zu Konflikten mit Hoegner und der Militarregierung Die letzteren beiden wollten zudem erst die Hauptschuldigen aburteilen wohingegen Schmitt zuerst die zahlenmassig uberwiegenden Falle der Minderbelasteten und Mitlaufer erledigen wollte Hoegner wollte das Amt des Ministers letztendlich der CSU uberlassen Schmitt sollte sich mit einem Posten als Staatssekretar begnugen Schmitt lehnte dies jedoch ab und trat am 1 Juli 1946 zuruck Seine Nachfolge trat Anton Pfeiffer von der CSU an Eine stichprobenartige Prufung ergab dass etwa 60 der Spruchkammerbescheide die unter Minister Schmitt ergangen waren nicht haltbar waren Pfeiffer liess daraufhin vom 12 bis zum 21 August 1946 den Betrieb der Spruchkammern unterbrechen und die bisherigen Urteile uberprufen Etwa 10 000 davon wurden aufgehoben Ausserdem liess Pfeiffer etwa 900 der insgesamt 1200 KPD Mitglieder aus den Spruchkammern entfernen Ende November 1946 waren im Ministerium selbst 191 Personen beschaftigt Insgesamt unterstanden ihm aber etwa 15 000 Personen darunter alleine zwischen 3000 und 4000 Mann Wachpersonal in den Internierungs und Arbeitslagern Obwohl die Spruchkammern und das Ministerium nicht unabhangig waren sondern von den Amerikanern kontrolliert wurden waren diese mit dem Verlauf der Entnazifizierung unzufrieden Nach ihrer Ansicht fielen viele Einstufungen zu milde aus Pfeiffer bot daraufhin seinen Rucktritt an der von Hoegner aber nicht angenommen wurde Allerdings stand aufgrund der bevorstehenden Landtagswahl sowieso eine Neubildung der Regierung an Bei der Bildung des neuen Kabinetts unter Ministerprasident Hans Ehard wurde der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Aufbau Vereinigung WAV Alfred Loritz am 12 Dezember 1946 zum Minister fur Sonderaufgaben ernannt Schon bald kam es zu Konflikten Loritz entliess mehrere Mitarbeiter wegen angeblicher Korruption und beschnitt die Befugnisse einiger weiterer die daraufhin ihren Rucktritt erklarten darunter Generalklager Thomas Dehler Die Funktionsfahigkeit des Ministeriums litt zunehmend Angehorige der WAV nahmen vermehrt Einfluss in die Dienstgeschafte Da Loritz keine zusatzlichen Polizeikrafte fur die Bewachung der Internierungslager zugeteilt bekam liess er einen privaten Wachdienst aufstellen der ihm personlich unterstand und uberwiegend aus Mitgliedern der WAV bestand Dies rief nach Bekanntwerden das Missfallen der Militarregierung hervor die eine sofortige Auflosung dieses Kontrolldienstes verlangte und die in ihm viele Merkmale einer geheimen politischen Polizei sah 2 Schliesslich stimmte der Landtag am 24 Juni 1947 der Entlassung von Loritz mit grosser Mehrheit zu Ehard ernannte seinen Stellvertreter den vorherigen Ministerprasidenten und jetzigen Justizminister Wilhelm Hoegner zu Loritz Nachfolger Hoegner wiederum ubertrug die Geschaftsfuhrung seinem Staatssekretar Ludwig Hagenauer CSU der am 15 Juli 1947 zum Minister ernannt wurde Er hatte das Amt bis zu seinem Tod am 20 Juli 1949 inne also auch noch im Kabinett Ehard II Weiterfuhrung des Geschaftsbereichs bis 1960 Bearbeiten Nach dem Tod Hagenauers im Juli 1949 wurde kein neuer Minister fur Sonderaufgaben mehr bestellt Die Aufgaben wurden zunachst von Hans Ehard in seiner Eigenschaft als Finanzminister ubernommen In der Praxis leitete jedoch der vorherige Staatssekretar Camille Sachs das Ressort Am 8 Marz 1950 beschloss der Landtag einstimmig das Ministerium fur Sonderaufgaben nun auch formell aufzulosen und die weitere Entnazifizierung unter der Amtsbezeichnung Minister fur politische Befreiung dem Finanzministerium zu ubertragen Da Sachs zum Jahresende 1951 in Ruhestand ging wurden die Aufgaben ab November 1951 an das Justizministerium unter Josef Muller ubertragen Formell aufgelost wurde das Amt des Befreiungsministers erst durch das dritte Gesetz zum Abschluss der politischen Befreiung vom 17 Dezember 1959 Zum 1 Januar 1960 stellte danach die letzte noch verbliebene Berufungskammer in Munchen ihre Tatigkeit ein 1 Die Akten des Ministeriums befinden sich heute im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in Munchen 3 Minister BearbeitenHeinrich Schmitt Oktober 1945 Juli 1946 Anton Pfeiffer Juli 1946 Dezember 1946 Alfred Loritz Dezember 1946 Juni 1947 Wilhelm Hoegner Juni 1947 Juli 1947 Ludwig Hagenauer Juli 1947 Juli 1949 Camille Sachs geschaftsfuhrend Juli 1949 November 1949 Zugehorige Stellen BearbeitenDem Staatsministerium fur Sonderaufgaben waren mehrere Behorden zugeordnet die das Ministerium bei der Durchfuhrung seiner Aufgaben unterstutzten Spruch und Berufungskammern Bearbeiten Ende Juni 1946 bestanden nach Angaben von Minister Heinrich Schmitt in Bayern 136 Spruchkammern die jedoch uberwiegend noch nicht arbeitsfahig waren Im November 1946 waren 201 Spruchkammern mit 357 Vorsitzenden 358 Klagern und 3 307 Beisitzern tatig Bei den Internierungs und Arbeitslagern gab es spezielle Lagerspruchkammern Unter Minister Pfeiffer wurden in den jeweiligen Regierungsbezirken zusatzlich Berufungskammern eingerichtet die gleichzeitig Dienstaufsichtsbehorden der Spruchkammern waren Ende Oktober 1948 waren 164 der Spruchkammern schon wieder aufgelost Die restlichen waren in Hauptkammern zusammengefasst worden von denen es Anfang 1949 noch elf gab Ab dem 1 September 1949 existierten nur noch in Munchen und in Nurnberg je eine Haupt und eine Berufungskammer ab August 1954 nur noch in Munchen Beide stellten ihre Arbeit zu Jahresbeginn 1960 ein Die Berufungskammer war zu diesem Zeitpunkt aber schon nicht mehr durchgehend besetzt Kassationshof Bearbeiten Im September 1946 wurde ein Kassationshof eingerichtet der rechtskraftige Entscheidungen der Spruchkammern aufheben und ggf neue Verfahren anordnen konnte Kassatorische Entscheidung Prasident des Kassationshofes wurde Reichsgerichtsrat Gottlieb Full Der Kassationshof bestand bis 1951 letzter Leiter war Johann Knor Generalklager Bearbeiten Bei jeder Spruchkammer gab es offentliche Klager die im Gegensatz zu den Vorsitzenden und Beisitzern nicht unabhangig waren sondern vorgesetzten Stellen unterstanden Beim Kassationshof war ein Generalklager bestellt der nicht nur Antrage an den Kassationshof stellen konnte sondern der auch die Aufsicht uber die Klager bei den Spruchkammern fuhrte Zu seinen Aufgaben zahlte ausserdem die Kontrolle der Internierungslager Den Posten des Generalklagers hatte vom 1 September 1946 bis zu seinem Rucktritt am 5 Januar 1947 Thomas Dehler inne der Landesvorsitzende der FDP Die Stelle wurde erst am 1 Januar 1948 wieder besetzt und zwar mit dem fruheren Oberstaatsanwalt am Landgericht Munchen I Wilhelm Braun der das Amt bis zum 1 Januar 1951 bekleidete Die Verwaltung der Arbeits und Internierungslager Bearbeiten Die US amerikanische Militarregierung hatte bereits 1945 Internierungslager eingerichtet um dort die im Rahmen des Automatischen Arrests festgenommenen Personen unterzubringen Es handelte sich dabei um ehemalige Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitslager aus der NS Zeit Im Herbst 1946 ging die Verantwortung fur diese Lager in die Hande des Ministeriums fur Sonderaufgaben uber Von November 1946 bis April 1947 lag die Anzahl der Haftlinge annahernd konstant bei etwa 24 000 Zunehmend dienten die Lager neben der automatischen Internierung auch zum Vollzug der verhangten Suhnemassnahmen Die meisten Lager wurden bis zum Herbst 1948 aufgelost Literatur BearbeitenWilhelm Volkert Hrsg Handbuch der bayerischen Amter Gemeinden und Gerichte 1799 1980 C H Beck Munchen 1983 ISBN 3 406 09669 7 S 315 ff Weblinks BearbeitenPaul Hoser Entnazifizierung In Historisches Lexikon Bayerns Veroffentlichungen des Bayerischen Staatsministeriums fur Sonderaufgaben im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b Paul Hoser Staatsministerium fur Sonderaufgaben In Historisches Lexikon Bayerns 11 Februar 2013 abgerufen am 26 Februar 2021 Schweine Saukerls Banditen Lasset die Kindlein zu mir kommen In Der Spiegel Nr 23 1947 S 4 5 online Bayerisches Hauptstaatsarchiv Oberste Staatsorgane und unabhangige Behorden Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns abgerufen am 26 Februar 2021 Normdaten Korperschaft GND 66288 4 lobid OGND AKS VIAF 131948891 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bayerisches Staatsministerium fur Sonderaufgaben amp oldid 209215468