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Bartolomeo Gosio 17 Marz 1863 in Magliano Alfieri Konigreich Italien 13 April 1944 in Rom war ein italienischer Arzt und Mikrobiologe In einem Schimmelpilz entdeckte er ein Stoffwechselprodukt mit antibiotischen Eigenschaften und stellte es rein dar Diese Mycophenolsaure war das erste gut charakterisierte Antibiotikum der Geschichte Ausserdem zeigte er dass manche Schimmelpilze anorganische Formen des Arsens in ein giftiges organisches Gas umwandeln konnen In der Folge wurden Tapeten die mit arsenhaltigen Farben bedruckt waren als Gesundheitsgefahr erkannt Als Direktor des Wissenschaftlichen Labors des Offentlichen Gesundheitsdiensts in Rom leistete er ab 1899 wichtige Beitrage zur Malaria Kontrolle in Italien Inhaltsverzeichnis 1 Jugend und Ausbildung 2 Ein arsenhaltiges Gas aus Tapeten 3 Mycophenolsaure als Antibiotikum 4 Weitere mikrobiologische Arbeiten 5 Im offentlichen Gesundheitsdienst 6 Warum ist Gosio weitgehend unbekannt geblieben 7 Veroffentlichungen 8 Literatur 9 QuellenJugend und Ausbildung BearbeitenBartolomeo Gosio war der Sohn des Tierarztes Giacomo Gosio und von Antonietta Troya Sein Vater starb kurz nachdem er die Grundschule abgeschlossen hatte und seine Mutter musste eine Arbeit aufnehmen um die Ausbildung ihres Kindes in einem Internat in Alba zu finanzieren Danach studierte er drei Jahre lang Medizin an der Universitat Turin und wechselte spater an die Konigliche Universitat Rom wo er im Alter von 25 Jahren 1888 magna cum laude und einer zusatzlichen besonderen lobenden Erwahnung promoviert wurde laurea in medicina Seine erste Stelle trat er am Labor fur Bakteriologie und Chemie des Staatlichen Hygiene Instituts Istituto Superiore di Sanita in Rom an Es folgten Studien bei Max Rubner in Berlin wo er auch Robert Koch kennenlernte 1899 wurde er Direktor des Wissenschaftlichen Labors des Offentlichen Gesundheitsdiensts Laboratori scientifici della Direzione di Sanita in Rom Ein arsenhaltiges Gas aus Tapeten BearbeitenZu Gosios Zeit waren Tapeten mit Farben wie dem Scheeleschen Grun oder dem Schweinfurter Grun auf der Basis von Metallen und Halbmetallen beliebt obwohl auch bereits Anilinfarben von William Henry Perkin und anderen entwickelt worden waren Die britische Medizinzeitschrift The Lancet befurchtete bereits Arsenvergiftungen bei Kindern die in Raumen schliefen die so tapeziert waren Ein weiteres Anzeichen fur die giftige Wirkung war das Fehlen von Bettwanzen Schon vor Gosio hatten Wissenschaftler einen Zusammenhang von Tapeten mit arsenhaltigen Farben mit feuchtem Klima und sogar die Erzeugung eines Gases durch Schimmelpilze und Bakterien vermutet Gosio beschrieb dieses Gas als nach Knoblauch riechend Er machte sich auf die Suche nach den Mikroben und setzte dazu mit Arsenoxid versetzten Kartoffelbrei der Luft eines Kellers aus Die sich darauf entwickelnden Schimmelpilze und Bakterien untersuchte er soweit sie nach Knoblauch rochen Besonders ein Pilz Penicillium brevicaule nach heutiger Terminologie Scopulariopsis brevicaulis verstoffwechselte das Arsen stark Das entstehende Gas war so giftig dass es eine Ratte toten konnte Auf dieser Grundlage entwickelte Gosio 1892 einen Biotest Das verdachtige Material wurde mit Wasser extrahiert und eingeengt der Ruckstand auf eine Kartoffelscheibe mit einer Kultur von S brevicaulis gegeben Nach einigen Stunden Inkubation bei 25 bis 30 C zeigte der Knoblauchgeruch die Anwesenheit von Arsen an Mit diesem Test konnte er ein Mikrogramm Arsenoxid in einem Gramm Material nachweisen 1 Gosio untersuchte 1890 die Todesumstande von uber 1 000 verstorbenen Kindern Er fand einen Gehalt von 700 Milligramm Arsen pro m in den Tapeten der Schlafraume 2 3 Diese Entdeckung trug zu einer entsprechenden Reaktion in der Gesetzgebung mit dem Verbot giftiger Farben bei 4 Der Chemiker Frederick Challenger identifizierte das Gas 1932 als Trimethylarsin Neuere Untersuchungen der Giftigkeit von Trimethylarsin scheinen zu zeigen dass es eine geringere Toxizitat besitzt als angenommen Andere ebenfalls gebildete Arsenverbindungen wie Arsin Arsenwasserstoff AsH3 besitzen eine deutlich hohere Toxizitat Der fuhrende Tapetenhersteller in Grossbritannien William Morris 1834 1896 bestritt die Schadlichkeit der Tapeten Insbesondere war sein Vater William Morris Sn Anteilseigner der Devonshire Great Consolidated Copper Mining Company die Kupfer forderte und fur Arsen als Nebenprodukt den grossten Marktanteil in England hielt Heute wird auch der Tod von Napoleon Bonaparte im Jahre 1821 mit Tapetenfarben in Verbindung gebracht seit bei Analysen seines Haars 1995 grosse Mengen Arsen gefunden wurden Mycophenolsaure als Antibiotikum BearbeitenAb 1893 untersuchte Gosio die Vitaminmangelkrankheit Pellagra deren Ursache er in einem Pilzbefall von Mais vermutete Hier isolierte er einen Schimmelpilz den er damals als Penicillium glaucum beschrieb vermutlich handelte es sich tatsachlich um Penicillium brevicompactum Aus Filtraten dieses Organismus isolierte und kristallisierte er einen Stoff mit phenolischen Eigenschaften dem er keinen Namen gab weil er ihn vermutlich fur die bereits bekannte p Hydroxyhydrozimtsaure hielt Heute ist akzeptiert dass es sich tatsachlich um Mycophenolsaure handelte die 1913 wiederentdeckt wurde Die korrekte Struktur wurde erst 1952 aufgeklart Gosio machte mit dem wenigen Material das er hatte die bedeutsame Beobachtung dass es das Wachstum des Milzbranderregers behinderte Erst als 1945 nach der Entdeckung des Penicillins eine Jagd auf weitere Antibiotika einsetzte wurde Mycophenolsaure noch mindestens zweimal wiederentdeckt Howard Florey erkannte die Leistung Gosios jedoch in einem Artikel von 1946 an 5 Ausser als Antibiotikum ist Mycophenolsaure auch zur Behandlung der Schuppenflechte eingesetzt worden Ein Ester das Mycophenolat Mofetil ist ein stark wirkender Immunosuppressor der bei Nieren und Herztransplantationen verwendet wird Hier wird der Ester im Korper zur freien Mycophenolsaure hydrolysiert Obwohl Gosio seine Erkenntnisse 1896 noch einmal zusammenfasste untersuchte er den Stoff nicht weiter wohl weil er eigentlich an Pellagra interessiert war 6 Weitere mikrobiologische Arbeiten BearbeitenWeitere Forschungsthemen Gosios waren der Stoffwechsel der Cholera und Pest Bakterien er untersuchte die Farbreaktionen der Schwefelbakterien und Arbutin als Diagnostikum fur Bakterienruhr Ausserdem konstruierte er ein Instrument um gegen Bakterien gerichtete Impfstoffe zu titrieren Ausgiebig untersuchte er den Abbau von Selen und Tellur Salzen durch Bakterien Aus dem Farbwechsel bei der Reduktion von Tellur entwickelte er einen Indikator fur die bakterielle Kontamination von Sera Kulturmedien etc In Gegenwart lebender Bakterien entwickelte sich eine graue bis schwarze Farbung oder ein Niederschlag Diese Reaktion war jedoch nicht vollkommen zuverlassig Im offentlichen Gesundheitsdienst BearbeitenAlle erwahnten Arbeiten stehen im Zusammenhang mit Problemstellungen aus dem offentlichen Gesundheitsdienst fur den Gosio arbeitete Als 1898 Robert Koch Italien besuchte um mehr uber Malaria zu lernen wurde er von Gosio betreut Koch hat sich lobend uber seinen Kollegen geaussert Da jedoch keine gemeinsamen Publikationen entstanden ist diese Kooperation von Historikern kaum wahrgenommen worden In der Folgezeit widmete sich Gosio verstarkt der Malaria Kontrolle wozu er als Direktor einer Kampagne umfangreiche Versuche in der Umgebung von Grosseto unternahm Diese Arbeit wurde spater auf die Regionen Kalabrien und Basilicata ausgedehnt Gosio gehorte auch zu den Grundern des Malaria Studienzentrums in Nettuno und etablierte Sommerlager fur malaria kranke Kinder In die Jahre 1903 bis 1914 fallen auch umfangreiche Arbeiten zur Frage der Beziehung zwischen der Tuberkulose der Menschen und der Rinder Warum ist Gosio weitgehend unbekannt geblieben BearbeitenGosio wurde zu seiner Zeit zwar mit Preisen wie dem Riberi Preis der Koniglichen Akademie fur Medizin in Turin ausgezeichnet und 1922 sogar fur den Nobelpreis vorgeschlagen doch ist seine Leistung heute kaum mehr bekannt Er publizierte mehr als 70 Zeitschriftenartikel und sieben Bucher in den drei Sprachen Italienisch Franzosisch und Deutsch nicht jedoch im heute dominierenden Englisch Sein Biograf Ronald Bentley vermutet dass vor allem dieses Sprachproblem seinen Ruhm behindert hat Die wichtigsten Arbeiten erschienen auf Italienisch in der Zeitschrift Rivista d Igiene e Sanita Pubblica die im Ausland kaum gelesen wurde In den folgenden Ubersichtswerken zur Mikrobiologie wurde Gosio nicht erwahnt Auch kann eine Rolle spielen dass er weder das arsenhaltige Gas noch die Mycophenolsaure korrekt chemisch analysiert hat Sein Tod fiel in die unruhige Zeit des Endes des Zweiten Weltkriegs und in englischsprachigen Fachzeitschriften erhielt er keinen Nachruf Andererseits wird von italienischen Autoren neuerdings behauptet Gosio habe das erste Penicillin entdeckt was eindeutig falsch ist Veroffentlichungen Bearbeiten Auswahl Azione di alcune muffe sui composti fissi d arsenico In Rivista d Igiene e Sanita Pubblica Bd 3 1892 S 201 230 und 261 273 Contributo all etiologia della pellagra ricerche chimiche e batteriologiche sulle alterazioni del mais In Giornale della Reale Accademia di Medicina di Torino Bd 61 1893 S 484 487 Action de quelques moisissures sure les composes fixes d arsenic In Archives italiennes de biologie Bd 18 1893 S 253 265 Ricerche batteriologiche e chimiche sulle alterazioni del mais Contributo all etiologia della pellagra In Rivista d Igiene e Sanita Pubblica Bd 7 Nr 21 1896 S 484 487 und Nr 22 S 869 888 Recherches ulterieures sur la biologie et sur le chimisme des arsenio moisissures In Archives italiennes de biologie Bd 35 Nr 2 1901 S 201 211 Literatur BearbeitenRonald Bentley Bartolomeo Gosio 1863 1944 An appreciation In Advances in Applied Microbiology Band 48 Academic Press Amsterdam Boston 1 Januar 2001 S 229 250 doi 10 1016 S0065 2164 01 48005 1 Quellen Bearbeiten Bentley Bartolomeo Gosio S 234f Stanley M Aronson Wallpaper poisoned early Victorian children 19 Dezember 2005 Ronald Bentley Thomas G Chasteen Arsenic Curiosa and Humanity In The Chemical Educator Band 7 Nr 2 April 2002 ISSN 1430 4171 S 51 60 doi 10 1007 s00897020539a Sylvia Fontana Die Leimfarbe des 19 Jahrhunderts als Gestaltungsmittel in Innenraumen der Schweiz Bern 2004 OCLC 604582456 Diplomarbeit H W Florey M A Jennings K Gilliver A G Sanders Mycophenolic Acid An Antibiotic from Penicillium brevicompactum Dierckx In The Lancet Bd 247 Nr 6385 1946 S 46 49 Bentley Bartolomeo Gosio S 236 238 fur den gesamten Abschnitt Normdaten Person GND 117550124 lobid OGND AKS VIAF 42618198 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Gosio BartolomeoKURZBESCHREIBUNG italienischer Arzt und MikrobiologeGEBURTSDATUM 17 Marz 1863GEBURTSORT Magliano AlfieriSTERBEDATUM 13 April 1944STERBEORT Rom Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bartolomeo Gosio amp oldid 232670411