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Als Archaophyten griechisch ἀrxaῖos archaios deutsch alt und fyton phyton deutsch Pflanze bezeichnet man Pflanzenarten die in einem bestimmten Gebiet nicht alteinheimisch oder mit dem Fachbegriff indigen sind sondern die dorthin vor langer Zeit vom Menschen eingeschleppt wurden Als Schlusseldatum zur Definition der Archaophyten wird die Zeit um 1500 oft spezifisch das Jahr 1492 als Christoph Kolumbus Amerika erreichte verwendet das heisst nur Pflanzen die schon vor 1492 eingewandert sind sind Archaophyten 1 Grund dafur ist dass mit der danach angestiegenen Fernreisetatigkeit im Zeitalter des Kolonialismus die weltweiten Warentransporte stark zugenommen haben so dass die Zahl der eingeschleppten Pflanzenarten danach in kurzer Zeit steil anstieg Die Kornblume zahlt in Mitteleuropa zu den bekanntesten Archaophyten Das Mauer Glaskraut Parietaria judaica ist in Mitteleuropa ein Archaophyt der vor allem in Spalten von Mauerwerk wachstIm Gegensatz dazu bezeichnet man nicht indigene Pflanzenarten die nach 1492 eingefuhrt wurden als Neophyten Der Status einer Art als Indigen Archaophyt oder Neophyt hangt also vom Bezugsraum ab Jede archaophytische Pflanzenart ist irgendwo auch indigen In Europa als Archaophyten eingestufte Pflanzen sind von Europa nach Nordamerika verschleppt dort dann Neophyten 2 In Europa vorkommende Pflanzenarten die Archaophyten sind stammen in der Regel aus dem Mittelmeerraum dem Nahen Osten oder Westasien und wurden mit der Einfuhrung des Ackerbaus nach hierher eingeschleppt Inhaltsverzeichnis 1 Begriffe 2 Zuordnung 3 Biologie und Okologie 4 Einzelnachweise 5 LiteraturBegriffe BearbeitenDer Begriff Archaophyt wurde als neuer Fachbegriff im Jahr 1903 durch den Schweizer Botaniker Martin Rikli eingefuhrt 3 Schon zu seiner Zeit wurden alle Pflanzen die absichtlich oder unabsichtlich vom Menschen in ein Gebiet eingefuhrt wurden in dem sie ursprunglich nicht beheimatet waren als Adventivpflanzen zusammengefasst 4 Alternativ werden alle Pflanzen die in einem Florengebiet nur infolge direkter oder indirekter Mithilfe des Menschen vorhanden sind auch als Anthropochore zusammengefasst nach griechisch ἄn8rwpos anthropos deutsch Mensch und griechisch xwreῖn chōrein deutsch sich verbreiten 5 Fur die Verbreitung von Pflanzenarten in neue Regionen nur mit menschlicher Mithilfe wird neben Anthropochorie auch der Begriff Hemerochorie verwendet Schliesslich gibt es noch den ahnlich klingenden Begriff Hemerophyt darunter werden Pflanzenarten verstanden die vom Menschen gezielt und absichtlich in die neue Region transportiert wurden etwa als Kulturpflanze Die Archaophyten sind also eine Untergruppe der Adventivpflanzen oder Anthropochoren Hemerochoren bezogen auf den Zeitpunkt der Einwanderung Pflanzenarten die schon vor der Einfuhrung des Ackerbaus in der Jungsteinzeit neu etwa in Mitteleuropa auftraten werden nicht zu den Archaophyten gerechnet sondern zu den Indigenen Dies gilt auch dann wenn sie moglicherweise vom Menschen eingeschleppt wurden Grund dafur ist dass die als Jager und Sammler lebenden Menschen vorher noch eher als Teil der Natur betrachtet werden konnen 6 Archaophyten sind nicht nur Pflanzenarten die vom Menschen direkt durch Transporte mittransportiert wurden Auch Pflanzenarten die ein Gebiet aus eigener Kraft etwa durch den Wind verbreitet erreicht haben gehoren dazu wenn sie fur eine Etablierung auf vom Menschen stark veranderte Standorte wie Acker oder Ruderalvegetation angewiesen waren Es ist zwar denkbar dass es Pflanzenarten gibt die ein Gebiet im fraglichen Zeitraum aus eigener Kraft erreicht haben und dabei uberhaupt nicht auf menschliche Mithilfe angewiesen waren Das ware aber ggf nicht nachweisbar es wird in der Praxis als unwichtig vernachlassigt 6 Zuordnung BearbeitenDa Archaophyten zu einem Zeitpunkt eingewandert sind oder eingeschleppt wurden als es noch keine Botanik als Wissenschaft gab oft schon in prahistorischer Zeit gibt es fur die Einwanderung keine direkten Nachweise Der Status muss also indirekt erschlossen werden Dem gemass gibt es Arten bei denen es umstritten ist ob sie Archaophyten oder doch Indigene sind In der mitteleuropaischen Flora sind das etwa 40 Arten 1 Wissenschaftler die sich mit der geografischen Verbreitung von Pflanzen beschaftigen Arealkundler oder Chorologen haben fur die Zuordnung Kriterien aufgestellt 7 Hinweise dass eine Art indigen ist konnen demnach etwa sein Es liegen fossile oder subfossile Pflanzenreste vor die Pflanzenart wird in zeitgenossischen historischen Texten erwahnt sie wachst nicht ausschliesslich oder uberwiegend auf menschengemachten Standorten ihr Vorkommen liegt zumindest nahe zum naturlichen Areal der Art es existieren nicht neben den angeblich indigenen weitere Vorkommen deren Etablierung durch den Menschen sicher nachgewiesen ist sie ist genetisch als eigenstandig erkennbar sie kann sich spontan durch Samen verbreiten es ist ein plausibler Mechanismus fur die Einschleppung denkbar Probleme in der Zuordnung machen vor allem Pflanzenarten die es neben uberwiegendem Vorkommen in vom Menschen veranderter Vegetation geschafft haben zumindest gelegentlich auf unveranderte Standorte vorzudringen 8 diese werden nach einem Beitrag des sowjetischen Botanikers N S Kamyschew Agriophyten genannt wahrend einem Vorschlag von F G Schroeder folgend 5 Apophyten indigene Pflanzen waren die auf menschengemachte Standorte ubergegangen sind In der Praxis werden meist diejenigen Pflanzen als Archaophyten eingestuft die uberwiegend in menschengemacher oder vom Menschen veranderter Vegetation wachsen von denen aber weder Standorte in der naturlichen Vegetation nachweisbar sind die also keine Apophyten sind noch eine Einwanderung spater als 1492 oder aus vorher nicht erreichbaren Weltregionen nachweisbar ist die also auch keine Neophyten sind 9 nbsp Die Deutsche Schwertlilie Iris germanica ist eine alte Zierpflanze die erst in Kultur entstanden ist Sie wird oft an mittelalterlichen Burgen gefundenVon manchen Arten nimmt man an dass sie sich erst mit Entstehung des Ackerbaus aus Vorlauferarten evolutiv neu entwickelt haben Diese Pflanzen wachsen also nur in Ackern echte Wildvorkommen sind nicht bekannt Dazu zahlen etwa in Mitteleuropa Roggen Trespe Kornrade und Lein Lolch Diese Arten werden gewohnlich mit zu den Archaophyten gerechnet 10 Biologie und Okologie Bearbeiten nbsp Bunt bluhende Ackerunkrauter wie der Feldrittersporn sind in Mitteleuropa Archaophyten Heute stehen sie auf der Roten ListeArchaophyten sind ihrer Okologie auf menschengemachten oft gestorten Standorten entsprechend uberwiegend einjahrige oder zweijahrige Pflanzen einige gehoren zu den krautigen Hemikryptophyten Europaische Archaophyten stammen fast alle aus dem mediterranen Raum und den angrenzenden Gebieten Westasiens da sie mit dem Beginn des Ackerbaus und verstarkt seit der Romerzeit in Mitteleuropa eingefuhrt wurden Pflanzenarten aus anderen Regionen machen weniger als 5 Prozent aus Neben den Vorkommen in Getreideackern kommen sie auch in ruderaler Unkraut vegetation vor sie sind hier anteilsmassig weder haufiger noch seltener als die Neophyten 9 In Mitteleuropa werden knapp 220 Pflanzenarten sicher oder wahrscheinlich als Archaophyten eingestuft 1 in Grossbritannien sind es gut 150 8 in Tschechien 350 11 Viele von ihnen sind den Regionen gemeinsam dieselben Arten treten aber etwa in Skandinavien oft erst spater als Neophyten auf Viele Archaophyten insbesondere Arten der Ackerbegleitflora oder Segetalflora sind durch die Intensivierung der Landbewirtschaftung heute seltener geworden oft in ihrem Bestand bedroht 12 Sie stehen dann auf den Roten Listen gefahrdeter Arten in der Archaophyten anders als die Neophyten generell berucksichtigt werden Wahrend die traditionellen oft durch bunte Bluten bekannten Ackerunkrauter wie Klatschmohn und Kornblume Archaophyten sind gehoren die meisten aber nicht alle der Problemunkrauter die in der heutigen Landwirtschaft grossere okonomische Schaden verursachen zu den Neophyten 13 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Ingolf Kuhn amp Stefan Klotz 2002 Floristischer Status und gebietsfremde Arten Schriftenreihe fur Vegetationskunde 38 47 56 Frank A La Sorte amp Petr Pysek 2009 Extra regional residence time as a correlate of plant invasiveness European archaeophytes in North America Ecology 90 9 2589 2597 doi 10 1890 08 1528 1 Martin Rikli 1903 Die Anthropochoren und der Formenkreis des Nasturtium palustre DC Berichte der Schweizerischen Botanischen Gesellschaft Bulletin de la Societe Botanique Suisse 13 71 82 Herbert Sukopp und Christian Schneider 2014 Notizen zur Gliederung und Unterscheidung von Adventivpflanzen Verhandlungen des Botanischen Vereins von Berlin und Brandenburg 147 5 12 a b Fred Gerd Schroeder 1969 Zur Klassifizierung der Anthropochoren Vegetatio 16 5 6 225 238 a b Petr Pysek On the terminology used in plant invasion studies In Petr Pysek Karel Prach Marcel Rejmanek Max Wade editors Plant Invasions General Aspects and Special Problems SPB Academic Publishing Amsterdam 1995 ISBN 90 5103 097 5 S 71 81 David Allardice Webb 1985 What are the criteria for presuming native status Watsonia 15 231 236 PDF bei der Botanical Society of the British Isles a b Christopher D Preston David A Pearman Allan R Hall 2004 Archaeophytes in Britain Botanical Journal of the Linnean Society 145 3 257 294 doi 10 1111 j 1095 8339 2004 00284 x open access a b Sonia Comin amp Livio Poldini 2010 Archaeophytes Decline and dispersal A behavioural analysis of a fascinating group of species Plant Biosystems 143 Supplement S46 S55 doi 10 1080 11263500903192159 Arndt Kastner Eckehardt J Jager Rudolf Schubert Handbuch der Segetalpflanzen Mitteleuropas Springer Verlag Wien 2001 ISBN 978 3 211 83562 3 S 18 Petr Pysek Jiri Danihelka Jiri Sadlo Jindrich Chrtek Milan Chytry Vojtech Jarosik Zdenek Kaplan Frantisek Krahulec Lenka Moracova Jan Pergl Katerina Stajerova Lubomir Tichy 2012 Catalogue of alien plants of the Czech Republic 2nd edition checklist update taxonomic diversity and invasion patterns Preslia 84 155 255 Stefan Meyer Karsten Wesche Benjamin Krause Christoph Leuschner 2013 Dramatic losses of specialist arable plants in Central Germany since the 1950s 60s a cross regional analysis Diversity and Distributions 19 1175 1187 doi 10 1111 ddi 12102 J Soukup J Holec P Hamouz L Tyser 2004 Aliens on arable land Scientific Colloquium Weed Vielfalt Ideen Fortschritt Weed Science on the Go University Hohenheim 11 22 Literatur BearbeitenUrsula Hoffmann Michael Schwerdtfeger und grun des Lebens goldner Baum Lustfahrten und Bildungsreisen im Reich der Pflanzen Burgdorf Gottingen 1998 ISBN 3 89762 000 6 Bernhard Kegel Die Ameise als Tramp Von biologischen Invasoren Heyne Munchen 2002 ISBN 3 453 18439 4 Tim Low Feral Future The untold story of Australia s exotic invaders Penguin Books Australia Ringwood 2001 ISBN 0 14 029825 8 Heinz Dieter Krausch Kaiserkron und Paonien rot Entdeckung und Einfuhrung unserer Gartenblumen Dolling und Galitz Hamburg 2003 ISBN 3 935549 23 7 Angelika Luttig Juliane Kasten Hagebutte amp Co Bluten Fruchte und Ausbreitung europaischer Pflanzen Fauna Nottuln 2003 ISBN 3 935980 90 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Archaophyt amp oldid 236553035