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Das auf einer Bergkuppe gelegene Heiligtum der Aphaia befindet sich auf der griechischen Insel Agina zwischen dem Hafen Athens und dem Kustenstrich von Epidauros Schon in mykenischer Zeit wurden hier der Fruchtbarkeitsgottheit Aphaia Opfergaben dargebracht Um 570 v Chr wurde an derselben Stelle ein steinerner Prostylos Tempel errichtet der ungefahr 70 Jahre spater durch einen spatarchaischen Peripteros einen allseits von Saulen umgebenen Tempel ersetzt wurde Das Heiligtum verfiel seit dem 1 Jahrhundert v Chr Einmalig sind die 1811 entdeckten Giebelskulpturen Aegineten des Tempels da die Figuren aus dem Westgiebel noch der Archaik angehoren die des Ostgiebels aber schon der Fruhklassik Sie bilden somit einen wichtigen Anhaltspunkt zur Datierung der Stile Die Figuren befinden sich heute in der Munchner Glyptothek Ruinen des Aphaia Tempels auf AginaPlan des Heiligtums Inhaltsverzeichnis 1 Heiligtum der Aphaia 2 Giebel 2 1 Westgiebel 2 2 Ostgiebel 3 Polychromie des Tempels 4 Polychromie der Giebelskulpturen 4 1 Der trojanische Bogenschutze aus dem Westgiebel Paris 4 2 Athena aus dem Westgiebel 4 3 Kriegerkopf aus dem Ostgiebel 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHeiligtum der Aphaia BearbeitenDas Heiligtum der Aphaia geht bis ca 2000 v Chr zuruck wo die Gottin im Hain mit einer Hohle verehrt wurde ohne dass ein Tempel errichtet war Dieser Bereich wurde im Laufe der Zeit durch ein Temenos abgegrenzt Im 6 vorchristlichen Jahrhundert gegen 570 v Chr wurde ein erster Kalksteintempel zu Ehren der Gottin auf einer aufgeschutteten Terrasse errichtet Dieser bestand aus einer Vorhalle dem Pronaos der Haupthalle der sogenannte Cella und einer dahinterliegenden Halle dem sogenannten Opisthodom Ein Saulenkranz um den Tempel herum bestand nicht In dieser Zeit wurde eine ca 14 m hohe Saule im Nordosten des Tempels errichtet die eine Marmorsphinx trug Gegen 520 v Chr zerstorte ein Brand im Dachstuhl den Tempel so dass dieser abgerissen wurde und in der Zeit von 510 v Chr bis 490 480 v Chr als Peripteros neu aufgebaut wurde Der Altar wurde dabei umgesetzt so dass er nun auf die Mittelachse des Tempels ausgerichtet war Die Saule mit der Marmorsphinx blieb von den Umbauarbeiten unbehelligt wurde also nicht zerstort Seit 500 v Chr erhielt die ursprungliche Gottin der Aegineten Aphaia Gesellschaft von Athena die nun als eigentliche Schutzgottin der Insel fungiert Giebel BearbeitenNach der Entdeckung 1811 wurden die Giebelskulpturen von Kronprinz Ludwig von Bayern erworben und befinden sich heute in der Glyptothek in Munchen Die Zeit des Aufbaus des zweiten Tempels ab 510 v Chr markiert einen Wendepunkt in der kulturgeschichtlichen Entwicklung namlich den Ubergang von der Archaik zur fruhen Klassik Dies wird deutlich in der Darstellung der Giebelfiguren Die Figuren im Westgiebel folgen der Darstellungsweise der Archaik die des Ostgiebels der Darstellungsweise der Klassik 1 Im alteren Westgiebel ist der zweite Kampf um Troja dargestellt im jungeren Ostgiebel der erste Kampf um Troja Westgiebel Bearbeiten nbsp vergrossern und Informationen zum Bild anzeigen nbsp Figuren des Westgiebels Entsprechend der Archaik sind die Figuren eher starr stehen fur sich alleine und bilden keine Einheit Es handelt sich vielmehr um eine Aneinanderreihung von Einzelformen Dargestellt sind unter anderem Aias Ajax der aufgrund des Adlers auf seinem Schild identifiziert werden kann In der Mitte steht Athena die Schutzgottin der Aegineten also der Bewohner der Insel Agina Athena greift hier kaum in das Geschehen ein lediglich ihr linker Fuss wendet sich nach links ansonsten bleibt sie weitgehend teilnahmslos 1 Ostgiebel Bearbeiten nbsp vergrossern und Informationen zum Bild anzeigen nbsp Rekonstruktion der ursprunglichen Farbgestaltung des Ostgiebels von Adolf Furtwangler Die Darstellung in diesem Giebel folgt bereits dem Stil der Fruhklassik In der Mitte steht ebenfalls Athena die aber nach links im Ausfallschritt bereits deutlicher in das Geschehen eingreift Zudem sind die Einzelpersonen echter dargestellt Die Figuren in den ausseren Zwickeln des Giebels haben kein sogenanntes archaisches Lacheln mehr auf dem Gesicht sondern es ist ihnen ernst mit dem Sterben Auch ist die gesamte dargestellte Handlung uber die Mitte hinweg miteinander verzahnt Die Bogenschutzen zielen uber die Mittelachse hinweg und treffen die im Giebelzwickel liegenden Personen Identifiziert werden kann Herakles aufgrund seiner Tracht er tragt als Helm den oberen Teil des Kopfes eines Lowen des sogenannten kithaironischen Lowen den er im Kampf besiegte Das Lowenfell fehlt in der Darstellung was darauf zuruckgefuhrt werden kann dass Herakles hier im Kampfesgeschehen dargestellt wird Herakles als Krieger 1 Die weiteren Figuren konnen durch die Uberlieferung erschlossen werden im linken Giebeleck als Sterbender dargestellt kann Laomedon identifiziert werden da Herakles ihn im ersten Kampf um Troja mit einem Pfeil todlich verletzte und somit massgeblich dazu beitrug dass dieser Kampf zugunsten der Griechen beendet werden konnte Athena halt drohend die Aigis nach links Daraus kann geschlossen werden dass es sich bei der bedrohten Person um einen Feind der Aegineten also der Griechen handelt Da es sich offensichtlich in der gesamten Giebeldarstellung um geschichtlich oder mythisch wesentliche Personen handelt ist hier wahrscheinlich Priamos der Konig Trojas dargestellt Polychromie des Tempels BearbeitenArchitektur und Figurenschmuck des Tempels waren in der Antike farbig gefasst Polychromie davon ist jedoch heute kaum noch etwas sichtbar Bereits im Jahre 1811 zeichneten der Entdecker der aginetischen Giebelskulpturen Carl Haller von Hallerstein und sein Begleiter Charles Robert Cockerell die ersten Skizzen mit Farbangaben auf Der Bericht den Haller an den bayerischen Kronprinzen Ludwig verfasste und einzelne Architekturteile die mit den Agineten nach Munchen gekommen waren sind eindeutige Beweise fur die Farbigkeit des Tempels Johann Martin von Wagner Kunstagent von Ludwig schlug dem Kronprinzen 1816 vor Farbmodelle des Tempels auszustellen Leo von Klenze und sein Mitarbeiter Joseph Daniel Ohlmuller waren fur die Umsetzung zustandig Jedoch war die Begeisterung nicht so gross wie erwartet Das kolorierte Gipsrelief erschien etwas bunt und schwerfallig Die Bedeutung dieses Farbreliefs sprach sich herum und daher schickte der franzosische Architekt Guillaume Abel Blouet 1795 1853 seinen Mitarbeiter Pierre Felix Trezel 1829 nach Munchen um die Aufzeichnungen uber den Tempel zu vervollstandigen Im Jahre 1846 kam es zu einer weiteren Farbrekonstruktion von Jakob Ignaz Hittorff Er selbst hatte den Tempel nie gesehen und seine Rekonstruktion basierte hauptsachlich auf den Arbeiten von Klenze und Blouet Erst 1860 publizierte Cockerell seine Farbrekonstruktionen des Tempels in handkolorierten Blattern Diese sind nach Befund ausgefuhrt Der franzosische Architekt Charles Garnier der im Jahre 1848 den Grand Prix de Rome gewann musste als Preistrager ein bedeutendes antikes Bauwerk vermessen und eine vollstandige Rekonstruktion ausarbeiten Er wahlte fur diese Aufgabe den Aphaia Tempel von Aigina Garnier bekam grosses Lob jedoch nicht von Hittorff der auch ein Jury Mitglied der Pariser Kunstakademie war Dieser beschuldigte ihn bizarrer Erfindungen komplizierter Formen und einer gewissen Etruskomanie Zunachst publizierte Garnier 1854 drei seiner gezeichneten Bestandsaufnahmen in der Revue archeologique seine vollstandigen Zeichnungen und Rekonstruktionen erschienen erst 1884 2 Die Beschreibungen sind sehr detailliert und es geht genau hervor was tatsachlich so gesehen worden ist und was aus Ruckgriff auf Analogien entstanden ist nbsp Rekonstruktionszeichnung des Ostgiebels 1907Von Ernst Fiechter der 1901 bei der Grabung von Adolf Furtwangler dabei war stammt die bis heute gultige Farbrekonstruktion des Aphaia Tempels Untersuchungen wahrend der Grabungen von Dieter Ohly haben die Farbrekonstruktionen von Fiechter bestatigt Polychromie der Giebelskulpturen BearbeitenBereits zu dieser Zeit stand eine Farbigkeit der Figuren ausser Frage Cockerell und Haller von Hallerstein dokumentierten die Farbreste auf den Skulpturen Vor allem das Rot an den Helmbuschen fur Verwundungen auf dem Giebelboden und den Plinthen auf welchen die Figuren verankert waren fiel auf Aber auch blaue Farbreste an Helmen und an der Giebelruckwand waren feststellbar Im Bericht 1817 von Johann Martin von Wagner wird die farbige Gestaltung der Skulpturen bereits erwahnt Die von Blouet 1838 veroffentlichte Farbrekonstruktion des Giebels war bis auf das Gewand des Bogenschutzen aus dem Westgiebel eher zuruckhaltend wohingegen die von Hittorff 1846 schon um einiges farbenfroher war Die Haare der Krieger wurden rot die Helme und Schilde blau ockergelb und rot und der Reliefgrund wurde als blaue Flache wiedergegeben Cockerell veroffentlichte seine kolorierten Drucke mit in zartem Ockergelb und Rot getonten Helmen und Schilden Bei der von Garnier publizierten Rekonstruktion sind die nackten Korper der Krieger braunlich getont und das Gewand des Bogenschutzen mit einem Schuppenmuster uberzogen Die erste umfassende wissenschaftliche Publikation des Aphaia Tempels stammt von Adolf Furtwangler und ist 1906 erschienen Die antike Polychromie war ein wichtiger Punkt seiner Arbeit Seine Giebelfiguren wurden nur mit roter und blauer Farbe versehen da er diese Farbspuren selbst noch an den Figuren beobachten konnte Neuere Untersuchungen zur Polychromie der Giebelfiguren erfolgten durch Vinzenz Brinkmann 3 nbsp Modell des Tempels in der Glyptothek MunchenDer trojanische Bogenschutze aus dem Westgiebel Paris Bearbeiten nbsp Experimentelle Farbrekonstruktion des Bogenschutzen aus dem Westgiebel Variante C Liebieghaus Frankfurt 2021Bis auf kleinere Beschadigungen an den Fussen und im Gesicht ist die Figur nahezu vollstandig erhalten Er tragt eng anliegende Hosen aus einem festen Material das mit einem deutlichen Wulst um die Knochel abschliesst Trotz dieser Hose ist Muskulatur an den Beinen zu erkennen Ausserdem tragt er eine Jacke und auf dem Kopf eine skythische Mutze 4 Die Oberflache wurde bei naheren Untersuchungen mit Streiflicht beleuchtet und so kam die Struktur der Kleidung deutlich hervor Der Oberkorper ist mit einer armellosen Weste bedeckt unter der sich eine Art Pullover befindet dessen Armel in ihrer ganzen Flache von einem Rautenmuster uberzogen ist Auf der Mutze sind rote Farbreste gefunden worden und eine siebenblattrige Palmette uber einer Doppelvolute ist zu erkennen Auf der Weste befinden sich kleine Tiere Greif Lowe die sehr detailliert gearbeitet sind Fur das aufwendig verzierte Hosenornament war eine weitere Untersuchung notwendig die UV Reflektographie Die Grundform ist ein Zickzackband das nach oben und unten in rautenformig ausgezogenen Enden auslauft Bei der Rekonstruktion dieses Musters kamen einige Probleme auf Die Abstande der Spitzen mussten genau berechnet und vermessen werden um das Zickzackband gleichmassig und ohne Naht um das Bein zu fuhren Auf Grund von einigen Versuchen ist deutlich geworden dass bereits der antike Kunstler ein ganz spezielles Raster als Hilfslinien verwendet hat bevor die Farbe an der Figur angebracht wurde Ausserst erstaunlich ist dass die Rautenmusterung der Bewegung und dem Volumen der Beine angepasst wurde und nicht ein statisches Muster ist Athena aus dem Westgiebel Bearbeiten Auch die stehende Athena ebenfalls im Westgiebel wurde mit dem Streiflicht untersucht Sie tragt ein ebenso reiches Farbenkleid wie der Bogenschutze Uber ihrem langen Chiton liegt die Agis und auf ihrem Kopf tragt Athena einen Helm Die schlangenumsaumte Agis ist mit uber zahlreichen Schuppen mit einer spitz zulaufenden Mittelrippe gepanzert Die Mittelborte des Rockes in bunter Ausgestaltung ist ebenfalls noch zu erkennen Kriegerkopf aus dem Ostgiebel Bearbeiten nbsp Experimentelle Farbrekonstruktion eines Kriegerkopfes aus dem Ostgiebel Liebieghaus Frankfurt 2021Der Ostgiebel ist nicht so gut erhalten und so beschranken sich die Beobachtungen die sich auf die Polychromie beziehen auf nur einige Details Der Krieger um dessen Kopf es sich hier handelt senkt sein Haupt leicht nach vorne Weiters sind nur einige Fragmente und die Fusse dieser Figur erhalten Auf dem Helm sind mit blossem Auge helle Flecken zu erkennen Sie bilden ein Rautennetz das sich beidseitig des breiten Mittelstegs uber das Schadeldach zieht Bereits in den Publikationen von Furtwangler und Ohly wurden in den Abbildungen die Spuren der Bemalung hervorgehoben Durch Streif und UV Lichtuntersuchungen kam ein flachendeckendes Schuppenmuster zum Vorschein Auch hier musste das Konstruktionsprinzip wiedergefunden werden damit eine gleichmassige Anordnung der Schuppen ermoglicht werden konnte Die Schuppen der beiden Helmseiten sind spiegelsymmetrisch zueinander angelegt und zum Stirn und Nackenbereich hin werden sie etwas gedrungener Literatur BearbeitenAdolf Furtwangler Aegina das Heiligtum der Aphaia Munchen 1906 Digitalisat Textband Tafelband Adolf Furtwangler Die Aegineten der Glyptothek Konig Ludwigs I Munchen 1906 Digitalisat Catherina Philippa Bracken Antikenjagd in Griechenland 1800 1830 Prestel Munchen 1975 ISBN 3 7913 0418 6 S 204 234 Dieter Ohly Die Aegineten Die Marmorskulpturen des Tempels der Aphaia auf Aegina Band 1 3 C H Beck Munchen 1976 2001 ISBN 3 406 06271 7 ISBN 3 406 06272 5 Dieter Ohly Tempel und Heiligtum der Aphaia auf Agina Erlautert an den Holzmodellen in der Glyptothek in Munchen Munchen 1977 ISBN 3 406 04115 9 Ernst Ludwig Schwandner Der altere Porostempel der Aphaia auf Aegina Denkmaler antiker Architektur Band 16 de Gruyter Berlin 1985 ISBN 3 11 010279 X Hansgeorg Bankel Der spatarchaische Tempel der Aphaia auf Aegina Architektur und Entwurf Denkmaler Antiker Architektur Band 19 de Gruyter Berlin 1993 Heiner Knell Mythos und Polis WBG Darmstadt 1990 S 68 78 Gottfried Gruben Griechische Tempel und Heiligtumer 5 Auflage Hirmer Munchen 2001 S 121 127 Tonio Holscher Klassische Archaologie Grundwissen 2002 S 119 127 Vinzenz Brinkmann Ulrike Koch Brinkmann Herausgeber Bunte Gotter Golden Edition Die Farben der Antike Ausstellungskatalog Prestel Munchen 2019 ISBN 978 3 7913 5936 6 S 176 183 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Aphaiatempel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Aphaiatempel in der archaologischen Datenbank Arachne Giebelfiguren und Tempel Giebelfiguren Kriegerkopf aus dem Ostgiebel des Aphaiatempels von Agina 3D Modell bavarikon deEinzelnachweise Bearbeiten a b c J Buhlmann Agina das Heiligtum der Aphaia In Zentralblatt der Bauverwaltung Nr 30 1907 S 205 206 zlb de Charles Garnier Le Temple de Temple de Jupiter Panhellenien a Egine Restaurations des monuments antiques par les architectes pensionnaires de l Academie de France a Rome depuis 1788 jusqu a nos jours Band 6 Paris 1884 Digitalisat Vinzenz Brinkmann Bunte Gotter Die Farbigkeit antiker Skulptur eine Ausstellung der Staatlichen Antikensammlung und Glyptothek Munchen in Zusammenarbeit mit der Ny Carlsberg Glyptotek Kopenhagen und den Vatikanischen Museen Rom Glyptothek Munchen 16 Dezember 2003 bis 29 Februar 2004 Katalog Munchen 2003 Vinzenz Brinkmann Ulrike Koch Brinkmann Der prachtige Prinz Biering und Brinkmann Munchen 2003 ISBN 3 930609 20 7 37 754486111111 23 533083333333 Koordinaten 37 45 16 N 23 31 59 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Aphaiatempel amp oldid 235951609