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Klassifikation nach ICD 10R48 8 Sonstige und nicht naher bezeichnete WerkzeugstorungenF80 8 entwicklungsbedingte AmusieICD 10 online WHO Version 2019 Amusie Syn Amusia Dysmusie oder Dysmusia von altgriechisch ἄmoysos amousos deutsch unmusikalisch ist die Unfahigkeit trotz intakter Sinnesorgane Tonfolgen und oder Rhythmen zu erkennen und diese vokal oder instrumental wiederzugeben 1 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Definitionen 3 Ursachen 4 Haufigkeit 5 Diagnose 6 Kritik 7 Therapie 8 Siehe auch 9 Literatur 10 Weblinks 11 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Begriff der Amusie wurde 1888 von dem Anatomen August Knoblauch 1836 1919 gepragt 2 3 4 Fritz Giese definierte 1921 die Amusie als Notenblindheit Tontaubheit Unfahigkeit Noten oder Tone wiederzuerkennen 5 Definitionen BearbeitenGenauer wird mit rezeptiver Amusie ein Defizit in der Musikwahrnehmung und mit expressiver Amusie eine Storung der musikalischen Produktion bezeichnet Die Amusie ist damit eine Form der auditiven Agnosie Die Unmusikalitat ist die Unfahigkeit im Musikbereich zweckmassig zu handeln oder eine nennenswerte Leistung zu erbringen 6 Betroffenen fehlt das Verstandnis fur Melodik Harmonik und Intonation Analog wird in der Neurologie auch zwischen der sensorischen Amusie und der motorischen Amusie unterschieden Die sensorische Unmusikalitat heisst auch Tontaubheit die Betroffenen sind unfahig Melodien aufzufassen Melodientaubheit Bei der motorischen oder konstruktiven Unmusikalitat kann man weder Lieder singen noch Tone pfeifen weder Musik spielen noch Tanze tanzen Musikinstrumente konnen also nicht angemessen genutzt werden Drittens ist die musikalische Alexie abzugrenzen das ist die so genannte Notenblindheit 7 8 Das Lexikon der Medizin definiert die Amusie als Verlust der Musikalitat als rezeptorische Leistung mit den drei Formen Storung des Musikverstandnisses Tontaubheit und Melodientaubheit 9 Wilhelm Kuhns Neues medizinisches Fremdworterbuch definierte schon 1913 die Amusie als Fehlen oder Verlust des musikalischen Verstandnisses 10 Der Duden definiert die Amusie als das Fehlen einer Musikalitat auch durch Verlust einer ursprunglich vorhandenen als Symptom einer Erkrankung der Grosshirnrinde 11 und allgemein als die Unfahigkeit Musisches Kunstlerisches zu verstehen und im engeren Sinne als die Unfahigkeit zu musikalischem Verstandnis sowie in der Medizin als eine krankhafte Storung des Singvermogens oder der Tonwahrnehmung 12 Das Adjektiv amusisch bezieht sich im Alltagsgebrauch nicht auf die Amusie sondern bedeutet nach dem Duden ohne Kunstverstandnis 13 und ohne Kunstsinn 14 zuruckgehend auf die altgriechische Bedeutung musenlos Nur fachsprachlich wird der Begriff gelegentlich verwendet um auf die Amusie Bezug zu nehmen meint dann aber nicht ein generelles Fehlen von Kunstverstandnis oder Kunstsinn sondern das Vorliegen einer neurologischen Funktionsstorung oder Normvariante wie oben beschrieben Patienten mit expressiver Amusie sind nicht oder nur einschrankt in der Lage Musik zu reproduzieren es fehlt ihnen aber nicht notwendigerweise an Kunstverstandnis oder Kunstsinn Ursachen BearbeitenAmusie ist in den meisten Fallen durch Hirnlasionen nach Schlaganfallen verursacht kann aber auch angeboren sein In letzteren Fallen ist sie genetisch mitbedingt und ist eine Teilleistungsschwache In manchen Fallen ist insbesondere die Tonhohenwahrnehmung eingeschrankt und nicht die Rhythmuswahrnehmung 15 16 Haufigkeit BearbeitenEtwa vier Prozent der Menschen leiden an einer angeborenen Form der Amusie Nach einem Schlaganfall leiden je nach betroffener Hirnregion bis zu 70 Prozent der Betroffenen an einem Defizit im musikalischen Bereich allerdings wird diesem Umstand oft weder diagnostisch noch therapeutisch Rechnung getragen da die Problematik meist hinter anderen schwereren Leiden zurucksteht und den Betroffenen oft nicht sofort auffallt Diagnose BearbeitenDie Amusie ist oft mit einer sensorischen oder motorischen Aphasie vergesellschaftet 17 Die Diagnose kann mittels der Montreal Battery of Evaluation of Amusia stattfinden 18 Kritik BearbeitenDaniel Cerny beschreibt zwei Versuchsanordnungen zur Widerlegung einer angeblichen Unmusikalitat Heinrich Jacoby suchte mit Zeitungsinseraten gezielt nach Menschen die glaubten unmusikalisch zu sein Er spielte ihnen mit einem Musikinstrument Musikpassagen mit harmoniefremden Akkorden vor Die Probanden erkannten diese und waren damit uberfuhrt 19 Stefan Kolsch spielte angeblich Unmusikalischen an der Universitat Leipzig am Klavier teilweise sinnlose Akkordfolgen vor Mit der Elektroenzephalographie konnte er wahrend des absichtlichen Falschspiels Veranderungen der Gehirnaktivitat als Beweis fur ihre Musikalitat feststellen 20 Man konne diese so genannte Unmusikalitat in Musikalitat verwandeln 21 Diese Ansatze ubersehen aber den Unterschied zwischen sensorischer und expressiver d h produktiver oder reproduktiver Amusie Therapie BearbeitenErfolgreiche Behandlungsverfahren sind nicht verfugbar Weitere Forschungsergebnisse bleiben abzuwarten Siehe auch BearbeitenAuditive Verarbeitungs und Wahrnehmungsstorungen VirtuositatLiteratur BearbeitenIsabelle Peretz Annie Sophie Champod Krista Hyde Varieties of Musical Disorders The Montreal Battery of Evaluation of Amusia In Annals of the New York Academy of Sciences Vol 999 2003 S 58 75 PDF 10 6 MB T F Munte Brain out of tune In Nature Band 415 2002 S 589 590 L Stewart Congenital amusia In Current Biology Band 16 Nr 21 2006 S R904 R906 Isabelle Peretz E Brattico M Tervaniemi Abnormal Electrical Brain Responses to Pitch in Congenital Amusia In Annals of Neurology Band 58 Nr 3 2005 S 478 482 Hans Otto Karnath Peter Thier Kognitive Neurowissenschaften 3 Auflage Springer Verlag Berlin 2012 ISBN 978 3 642 25526 7 S 536 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Amusie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Friedrich Dorsch Hartmut Hacker Kurt Hermann Stapf Hrsg Psychologisches Worterbuch 11 Auflage Verlag Hans Huber Bern Stuttgart Toronto 1992 ISBN 3 456 81614 6 S 29 Walter Guttmann Medizinische Terminologie 3 Auflage Verlag Urban amp Schwarzenberg Berlin Wien 1909 Spalte 47 August Knoblauch Ueber Storungen der musikalischen Leistungsfahigkeit infolge von Gehirnlasionen Mit graphischen Darstellungen Inaugural Dissertation C L Hirschfeld Verlag Leipzig Heidelberg 1888 Julene K Johnson Amy B Graziano August Knoblauch and amusia A nineteenth century cognitive model of music In Brain and Cognition Volume 51 Issue 1 Februar 2003 S 102 114 1 Fritz Giese Psychologisches Worterbuch 1 Auflage B G Teubner Verlag Leipzig Berlin 1921 S 6 Daniel Cerny Niemand ist unmusikalisch Aura Brugg 2005 ISBN 3 9523103 0 1 S 2 und 57 Gunter Thiele Hrsg Handlexikon der Medizin Band I A E Urban amp Schwarzenberg Munchen Wien Baltimore 1980 S 79 f Frieder Lahoda Hrsg Worterbuch der klinischen Neurologie 3 Auflage Einhorn Presse Verlag Reinbek 1990 ISBN 3 88756 209 7 S 21 f Maxim Zetkin Herbert Schaldach Worterbuch der Medizin Abkurzung WdM 16 Auflage Lexikon der Medizin Ullstein Medical Wiesbaden 1999 ISBN 3 86126 126 X 16 Auflage Lexikon der Medizin Sonderausgabe Elsevier Munchen Fackeltrager Verlag ISBN 3 7716 4326 0 Koln ohne Jahr 2005 S 76 Wilhelm Kuhn Neues medizinisches Fremdworterbuch 3 Auflage Verlag von Kruger amp Co Leipzig 1913 S 10 Duden Das Worterbuch medizinischer Fachausdrucke 4 Auflage Bibliographisches Institut Mannheim Wien Zurich 1985 ISBN 3 13 437804 3 S 94 Duden Der grosse Duden Fremdworterbuch Band 5 2 Auflage Bibliographisches Institut Mannheim Wien Zurich 1971 ISBN 3 411 00905 5 S 46 Duden Hrsg Die deutsche Rechtschreibung 25 Auflage Band 1 Dudenverlag Mannheim Leipzig Wien Zurich 2009 ISBN 978 3 411 04015 5 S 197 Duden Der kleine Duden Fremdworterbuch 3 Auflage Dudenverlag Mannheim Leipzig Wien Zurich 1991 ISBN 978 3 411 04673 7 30 Isabelle Peretz Stephanie Cummings Marie Pierre Dube The Genetics of Congenital Amusia Tone Deafness A Family Aggregation Study In The American Journal of Human Genetics Band 81 2007 doi 10 1086 521337 Julie Ayotte Isabelle Peretz Krista Hyde Congenital amusia A group study of adults afflicted with a music specific disorder In Brain Band 125 Nr 2 1 Februar 2002 ISSN 0006 8950 S 238 251 doi 10 1093 brain awf028 englisch oup com abgerufen am 12 April 2017 Gunter Thiele Heinz Walter Hrsg Reallexikon der Medizin und ihrer Grenzgebiete Urban amp Schwarzenberg Loseblattsammlung 1966 1977 1 Ordner A Carfimatum ISBN 3 541 84000 5 S A 171 Isabelle Peretz Annie Sophie Champod Krista Hyde Varieties of musical disorders The Montreal Battery of Evaluation of Amusia In Annals of the New York Academy of Sciences Band 999 1 November 2003 ISSN 0077 8923 S 58 75 PMID 14681118 englisch Heinrich Jacoby Jenseits von Musikalisch und Unmusikalisch Vortrage 1921 1929 2 Auflage Christians Verlag Hamburg 1995 ISBN 978 3 7672 0871 1 Daniel Cerny Niemand ist unmusikalisch Aura Brugg 2005 ISBN 3 9523103 0 1 S 207 f Daniel Cerny Niemand ist unmusikalisch Aura Brugg 2005 ISBN 3 9523103 0 1 S 202 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Amusie amp oldid 235271099