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Unter einer Akklimatisation oder auch Akklimatisierung versteht man die individuelle physiologische Anpassung eines Organismus innerhalb seiner genetischen Vorgaben an sich verandernde Umweltfaktoren wobei diese Anpassung selbst reversibel umkehrbar ist Erster Bericht mit Mitgliederliste der Acclimatisation Society von Grossbritannien 1861 eine private Gesellschaft die zur Einburgerung nicht ansassiger Arten zur Bereicherung der Artenvielfalt aufrief Inhaltsverzeichnis 1 Klimaumstellung 1 1 Mensch und Tiere 1 2 Pflanzen 2 Hohenakklimatisation bei Lungenatmern 2 1 Akklimatisation im Leistungssport 3 Anpassung an wechselnden Salzgehalt bei Knochenfischen 4 Anpassung an die Schwerelosigkeit 5 Siehe auch 6 EinzelnachweiseKlimaumstellung BearbeitenMensch und Tiere Bearbeiten Die Anpassung an eine andere Klimazone insbesondere an ungewohnte Temperatur Luftfeuchte oder UV Index bedeutet eine Akklimatisation an das Klima woher der Begriff Akklimatisation stammt Zur Vorbereitung kann regelmassiges korperliches Training helfen 1 Die wichtigste Massnahme vor Ort ist eine zweckmassige Kleidung und reduzierte korperliche Belastung Vor Ort unterstutzen verlangerte Aufenthalte in temperierten Raumen die Umstellungsphase der ersten ein bis zwei Wochen Besondere Klimazonen erfordern sehr unterschiedliche Vorkehrungen Regelmassiges Trinken ist in ariden Klimaten wichtig und gebietet uber das Trinkbedurfnis hinausgehende Aufmerksamkeit auf die Flussigkeitsaufnahme 2 wahrend in polarem Klima auf gut isolierende Kleidung geachtet werden muss Besonders schwierig fallt die Umstellung von gemassigter Zone auf eine feuchttropische Klimazone Die Akklimatisation an hohere Temperaturen erfolgt physiologisch durch abgesenkten Puls verminderte Rektaltemperatur dem Empfinden von Uberanstrengung erhohtem Plasmavolumen und gesteigerter Schweissbildung 2 sowie vermehrtem Einbau von Proteinen in Zellmembranen darunter auch Hitzeschockproteine 3 Eine verstarkte Pigmentbildung ist eine Akklimationsleistung an einen hoheren UV Index Trotzdem empfehlen Dermatologen und Krebsmediziner einen standigen Schutz durch Sonnencremen 4 5 Das Problem der Klimaumstellung betrifft nicht allein den mobilen Menschen Gerade sessile Lebensformen stehen vor der Herausforderung Klimaanderungen durch Akklimatisationen und evtl auch durch evolutionare Anpassungen zu kompensieren etwa Korallen wenn sie hoheren Wassertemperaturen ausgesetzt sind 6 Ebenso sind Fische Temperaturwechseln ausgesetzt und haben entsprechende Anpassungsmechanismen entwickelt 7 Aber auch Haustiere die lebend in entfernte Gebiete exportiert werden mussen sich akklimatisieren Nach Uberfuhren vom gemassigten Klima Mitteleuropas in das semiaride Tropenklima Nordost Brasiliens wurden Kuhe bei Temperaturen uber 30 C stundlich fur 10 Minuten mit Wasser bespritzt und zwei Mal taglich gefuttert Unter diesen Bedingungen dauerte ihre Klimaumstellung etwa eineinhalb Jahre 8 Pflanzen Bearbeiten Ebenso besitzen Pflanzen Mechanismen der Klimaanpassung insbesondere der saisonalen Anpassung schliesslich mussen sie mit den Bedingungen an ihrem Standort bedingungslos zurechtkommen 9 10 Hohenakklimatisation bei Lungenatmern BearbeitenDer Luftdruck sinkt mit zunehmender Hohe ab und damit auch der Sauerstoff Partialdruck 11 Ein geringerer Sauerstoffpartialdruck hat eine geringere Sauerstoffsattigung des Blutes zur Folge Die fruhen Veranderungen in ungewohnter Hohenlage aussern sich in veranderter Atmung wie Hyperventilation Kurzatmigkeit oder Cheyne Stokes Atmung vermindertem Harnlassen Schlafstorungen und sonderbaren Traumen oft qualendem Kopfschmerz Hirnodem genauer Hohenhirnodem mit Verwirrtheit und Sinnestauschungen Ohne Akklimatisation kann sich der Zustand zu einer Hohenkrankheit entwickeln Als Gegenmassnahme bei leichten Beschwerden kann pausiert werden oder ein vorubergehender Abstieg erforderlich sein Bei ernsthaften Beschwerden ist ein rascher dauerhafter Abstieg notig Zur Vorbereitung auf grossere Hohen kann ein Hohentraining in moderater Hohenlage sinnvoll sein 12 Fur die Steigerung der Leistungsfahigkeit in grosseren Hohen kann auch ein spezielles Trainingsprogramm in grosseren Hohen absolviert werden 13 Allerdings ruhrt die Effektivitat eines Trainings in grosserer Hohenlage primar aus der Akklimatisation wahrend der Trainingszeit her 14 Aufgrund der unterschiedlichen Fahigkeit zum hypoxischen Atemantrieb verlauft eine Anpassung individuell Der Anpassungsprozess der in verschiedenen Stufen ablauft ist noch nicht vollstandig verstanden Zunachst erhohen sich Atem und Herzminutenvolumen um dem gesunkenen O2 Partialdruck entgegenzuwirken Dadurch bedingt entsteht eine respiratorische Alkalose die der trainierte Korper in der Regel kompensieren kann Mit dem alveolo vaskularen Reflex wird der Sauerstoffaustausch von Alveolen und Lungenkapillaren verbessert Im Blut kommt es zu einer Linksverschiebung der Hamoglobin Bindungskurve induziert durch die respiratorische Alkalose Bei anhaltendem Sauerstoffmangel wird nach einigen Tagen Aufenthalt in ungewohnter Hohe vermehrt Erythropoietin an das Plasma abgegeben 15 Die so intensivierte Erythropoese Blutbildung fuhrt zur Produktion von mehr Erythrozyten 16 Durch die hohere Anzahl roter Blutkorperchen wird die Sauerstoffaufnahme und transportkapazitat des Blutes effektiv verbessert 16 So steigt der Hamatokrit stark an was die Fliesseigenschaften des Blutes verschlechtert und eine hohere Thromboseneigung mit sich bringt Gleichzeitig erfolgen andere Anpassungen wie eine Erhohung des Testosteronwerts 17 Der Organismus der meisten Saugetiere kann sich aufgrund der Senkung des kritischen Sauerstoffpartialdrucks durch chemosensorisch aktivierte Atemzeitvolumen Erhohung trotz vermehrt produzierter Erythrozyten dauerhaft meist nur unterhalb 5000 m anpassen in grosseren Hohen setzt langfristig der Abbau mehrerer Korperfunktionen ein 18 soweit nicht auch hereditare Hohenanpassungen vorliegen 19 Merkmale fur eine erfolgreich verlaufene Akklimatisation sind ein auf Normalwert zuruckgekehrter Ruhepuls trainingsgemasse Ausdauerleistung vertiefte Atmung in Ruhe und unter Belastung vermehrtes Urinieren ausreichende Sauerstoffsattigung des Blutes Akklimatisation im Leistungssport Bearbeiten Spatestens seit der Vorbereitung auf die Olympischen Sommerspiele 1968 in Mexiko Stadt 2200 m weiss man dass sich Hohentraining bei Sportarten mit Ausdauerelementen positiv auf die Leistungen gerade auch im Spitzenbereich auswirkt Seit dieser Zeit wird systematisch an der Hohenakklimatisierung vor allem unter dem Gesichtspunkt des Trainings unter Hohenbedingungen und Leistung im Flachland geforscht 20 Da der Verlust der Hohenanpassung gerade bei Wettkampfen im Turnier schneller verlauft als es fur den Wettkampf wunschenswert ist wird inzwischen auch die kunstliche Akklimatisierung durch Raume und oder Zelte verwendet um die Anpassung trotz Wettkampfe im Flachland moglichst lang zu konservieren Die ersten solcher Raume wurden in der ehemaligen DDR in der Sportschule Kienbaum verwendet Anpassung an wechselnden Salzgehalt bei Knochenfischen BearbeitenSessile wie mobile wasserlebende Organismen sind manchmal insbesondere im Bereich abflussloser Binnenseen oder Astuaren besonders in gezeitengepragten Deltas dazu gezwungen sich an wechselnde Temperaturbedingungen und Salzkonzentrationen anzupassen oft sehr rasch Dazu sind insbesondere Brackwasserbewohner befahigt Die Osmoregulation stellt hohe Anforderungen an die Anpassungsfahigkeit 21 nbsp Angehende Astronauten der NASA akklimatisieren sich unter der Anleitung des kanadischen Weltraummediziner Douglas Watt oben links an die Schwerelosigkeit in einem KC 135 Flugzeug wahrend kurzer Parabolflugen Anpassung an die Schwerelosigkeit BearbeitenEine Anpassung an den Zustand der Schwerelosigkeit ist vielen nicht im Wasser lebenden Organismen moglich obgleich eine evolutionar herausgebildete Bereitschaft dazu wohl kaum entwickelt wurde Eine mangelnde Akklimatisation an die Bedingungen der Schwerelosigkeit mit Unwohlsein verbunden ist die Raumkrankheit die ahnlich der Seekrankheit durch eine Storung des Gleichgewichtsorgans verursacht ist Siehe auch BearbeitenAdaptation Auge chromatische Adaptation Hell und Dunkeladaptation transiente Adaptation Adaption Akustik beschreibt das Absinken der Horempfindlichkeit um einen bestimmten Betrag wenn das Gehor uber einen langeren Zeitraum mit einem frequenz und pegelkonstanten Dauersignal erregt wird Einzelnachweise Bearbeiten K B Pandolf R L Burse R F Goldman Role of physical fitness in heat acclimatisation decay and reinduction In Ergonomics Bd 20 Nr 4 April 1977 S 399 408 doi 10 1080 00140137708931642 a b Lawrence E Armstrong Carl M Maresh The induction and decay of heat acclimatisation in trained athletes In Sports Medicine Bd 12 Nr 5 November 1991 S 302 312 DocCheck Flexikon Akklimatisation abgerufen am 23 November 2019 Thomas Schwarz Neueste Erkenntnisse zu Photoprotektoren In Hautnah Dermatologie Bd 34 Supplement 1 Februar 2018 S 6 11 Anna Wilm Mark Berneburg Sonnenschutz In asthetische dermatologie amp kosmetologie Bd 8 Nr 4 August 2016 S 34 40 Barbara E Brown Andrew R Cossins The potential for temperature acclimatisation of reef corals in the face of climate change In Z Dubinsky N Stambler Hrsg Coral Reefs An Ecosystem in Transition Springer Dordrecht 2010 S 421 433 doi 10 1007 978 94 007 0114 4 24 ISBN 978 94 007 0114 4 Ian A Johnston Jeff Dunn Temperature acclimatisation and metabolism in ectoderms with particular reference to Teleost fish In Symposia of the Society for Experimental Biology Bd 41 Februar 1987 S 67 93 B Benyei A Gaspardy W C Barros Changes in embryo production results and ovarian recrudescence during the acclimatisation to the semiarid tropics of embryo donor Holstein Friesian cows raised in a temperate climate In Animal Reproduction Science Bd 68 Nr 1 Oktober 2001 S 57 68 doi 10 1016 S0378 4320 01 00144 0 Owen K Atkin Mark G Tjoelker Thermal acclimation and the dynamic response of plant respiration to temperature In Trends in Plant Science Bd 8 Nr 7 Juli 2003 S 343 351 doi 10 1016 S1360 1385 03 00136 5 D Graham B D Patterson Responses of plants to low nonfreezing temperatures Proteins metabolism and acclimation In Annual Review of Plant Physiology Bd 33 Juni 1982 S 347 372 doi 10 1146 annurev pp 33 060182 002023 J S Haldane A M Kellas E L Kennaway Experiments on acclimatisation to reduced atmospheric pressure In The Journal of Physiology Bd 53 Nr 3 4 3 Dezember 1919 S 181 206 doi 10 1113 jphysiol 1919 sp001870 Benjamin D Levine James Stray Gundersen Living high training low effect of moderate altitude acclimatization with low altitude training on performance In J Appl Physiol Bd 83 Nr 1 Juli 1997 S 102 122 doi 10 1152 jappl 1997 83 1 102 Bo Berglund High altitude training In Sports Medicine Bd 14 Nr 5 November 1992 S 289 303 Benjamin D Levine James Stray Gundersen The effects of altitude training are mediated primarily by acclimatization rather than by hypoxic exercise In Robert C Roach Peter D Wagner Peter H Hackett Hypoxia From Genes to the Bedside Kluwer Academic Plenum Publishers New York 2001 Kapitel 7 S 75 88 PDF Peter H Albrecht Judith K Littell Plasma erythropoietin in men and mice during acclimatization to different altitudes In J Appl Physiol Bd 72 Nr 1 Januar 1972 doi 10 1152 jappl 1972 32 1 54 a b Ferran Rodriguez Hector Casas Mireia Casas Teresa Pages Ramon Rama Antoni Ricart Josep Ventura Jordi Ibanez Gines Viscor Intermittent hypobaric hypoxia stimulates erythropoiesis and improves aerobic capacity In Med Sci Sports Exerc Bd 31 Nr 2 1999 S 264 268 doi 10 1097 00005768 199902000 00010 G F Gonzales Hemoglobin and testosterone importance on high altitude acclimatization and adaptation In Revista Peruana de Medicina Experimental y Salud Publica Bd 28 Nr 1 Marz 2011 S 92 100 doi 10 1590 s1726 46342011000100015 in Spanisch J P Richalet J C Souberbielle A M Antezana M Dechaux J L Le Trong A Bienvenu F Daniel C Blanchot J Zittoun Control of erythropoiesis in humans during prolonged exposure to the altitude of 6 542 m In American Journal of Physiology Bd 266 Nr 3 Marz 1994 doi 10 1152 ajpregu 1994 266 3 R756 J L Rupert P W Hochachka Genetic approaches to understanding human adaptation to altitude in the Andes In Journal of Experimental Biology Bd 204 2001 S 3151 3160 PDF Arnd Kruger 2020 Hohentraining Leistungssport 50 1 25 27 Das Lexikon der Erde Brackwasser Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Akklimatisation amp oldid 236729980