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Die Ad hoc Publizitat ist eine Publizitat bei welcher die Emittenten von Finanzinstrumenten bestimmte Publizitatspflichten zu erfullen haben Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Rechtsgrundlagen 2 1 Pflicht zur Ad hoc Publizitat Art 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 MMVO 2 2 Publizitatsverfahren 3 Befreiung von der Mitteilungspflicht 3 1 Voraussetzungen nach Art 17 Absatz 4 Unterabsatz 1 MMVO 3 2 Erfordernis eines Beschlusses 3 3 Voraussetzungen nach Art 17 Absatz 5 MMVO 4 Zivilrechtliche Folgen eines Verstosses gegen die Veroffentlichungspflicht 4 1 Haftung des Emittenten 4 1 1 97 WpHG 4 1 2 98 WpHG 4 2 Haftung des Vorstands 5 Offentlich rechtliche Folgen eines Verstosses gegen die Veroffentlichungspflicht 6 Missbrauch 7 Weblinks 8 Siehe auch 9 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDer Wortbildung liegt die Lateinische Phrase Ad hoc deutsch zu diesem Zweck aus dem Augenblick heraus zugrunde 1 Die aus diesen Pflichten resultierenden Mitteilungen werden als Ad hoc Mitteilung Borsenmitteilung oder oft auch als Pflichtmitteilung bezeichnet Bis zum 3 Juli 2016 war die Ad hoc Publizitat im deutschen Wertpapierhandelsgesetz WpHG geregelt Seitdem ist sie in allen EU Mitgliedstaaten im Wesentlichen einheitlich in der Marktmissbrauchsverordnung MMVO geregelt Hierbei handelt es sich um eine europaische Verordnung die der Bekampfung von Insidergeschaften und Marktmanipulationen auf dem Kapitalmarkt dient Die Pflicht zur Ad hoc Publizitat fordert Unternehmen dazu auf Insiderinformationen so schnell wie moglich zu veroffentlichen damit sie die Teilnehmer des Kapitalmarkts zur Kenntnis nehmen konnen Hierdurch soll dem Insiderhandel vorgebeugt werden Eng verwandt mit der Pflicht zur Veroffentlichung von Ad hoc Mitteilungen ist die Meldepflicht fur Eigengeschafte von Fuhrungskraften nach Art 19 MMVO Rechtsgrundlagen BearbeitenRechtsgrundlage ist die Verordnung EU Nr 596 2014 vom 16 April 2014 uber Marktmissbrauch und zur Aufhebung der Richtlinie 2003 6 EG des Europaischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003 124 EG 2003 125 EG und 2004 72 EG der Kommission Marktmissbrauchsverordnung Pflicht zur Ad hoc Publizitat Art 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 MMVO Bearbeiten 1 Emittenten geben der Offentlichkeit Insiderinformationen die unmittelbar den diesen Emittenten betreffen so bald wie moglich bekannt Art 17 Absatz 1 Unterabsatz 1 MMVO verpflichtet Emittenten von Wertpapieren zur unverzuglichen Veroffentlichung von Insiderinformationen die ihn unmittelbar betreffen Als Insiderinformationen gelten nach Artikel 7 Absatz 1 a MMVO Informationen uber Umstande die hinreichend konkret sowie nicht offentlich bekannt sind und sich eignen den Borsenkurs eines Wertpapiers erheblich zu beeinflussen Im Fall zugelassener Schuldverschreibungen ist demgegenuber massgeblich ob sich die Information potentiell die Fahigkeit des Emittenten seinen Verpflichtungen nachzukommen beeintrachtigt Typischerweise erstreckt sich die Publizitatspflicht somit auf bedeutende Beschlusse leitender Organe bedeutende Geschaftsabschlusse Umstrukturierungen und Unternehmensubernahmen 2 Wahrend 15 WpHG a F der Vorlaufer von Art 17 MMVO die Publizitatspflicht lediglich auf den Handel am organisierten Markt erstreckte bezieht Art 17 MMVO zusatzlich den Freiverkehr also den Geschaftsverkehr ausserhalb des regulierten Markts mit ein 3 Der Emittent muss die Information so bald wie moglich bekanntgeben Diese zeitliche Grenze wird gewahrt indem die Information ohne schuldhaftes Zogern veroffentlicht wird 4 Die Publizitatspflicht soll verhindern dass aktuelle Informationen Insidern vorbehalten bleiben Hierdurch wird vermieden dass Insider Sonderwissen zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen Auch wird auf diese Weise gewahrleistet dass die Teilnehmer des Kapitalmarkts uber die Informationen verfugen die sie benotigen um die Preise von Finanzinstrumenten zutreffend zu bewerten 5 Damit erganzt die Ad hoc Publizitat das Verbot des Insiderhandels Wahrend das Verbot den Handel mit Insiderwissen mit Strafe bedroht soll der Zwang zur Ad hoc Publizitat verhindern dass Insiderwissen entsteht 6 Publizitatsverfahren Bearbeiten Eine zu veroffentlichende Ad hoc Meldung ist vor ihrer Veroffentlichung der Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin und den Borsengeschaftsfuhrungen bekannt zu geben 15 WpHG Insbesondere die Borsen entscheiden dann ob der Aktienkurs ausgesetzt werden sollte wenn zu extreme Marktreaktionen zu erwarten sind Auf diese Vorabmitteilungen folgt die Veroffentlichung in uberregionalen Borsenpflichtblattern und elektronisch betriebenen weit verbreiteten Informationsverbreitungssystemen die gemass 3b Abs 3 Wertpapierhandelsanzeige und Insiderverzeichnisverordnung WpAIV im Regelfall zumindest in deutscher Sprache vorzunehmen ist Fast ausschliesslich erfolgt die Veroffentlichung von Meldungen uber von den Emittenten beauftragte Ad hoc Dienstleister Dieses sind im deutschsprachigen Raum insbesondere die EQS Group vormals DGAP Deutsche Gesellschaft fur Ad hoc Publizitat mbH 7 und die Nachrichtenagentur Pressetext 8 Diese Gesellschaften erhalten dabei meist direkt per Eingabe im Onlineformular die zu veroffentlichende Mitteilung Anschliessend wird die Mitteilung an die BaFin und die Deutsche Borse weitergeleitet Spater erfolgt die Weitergabe an uberregionale Nachrichtenagenturen wie Bloomberg Dow Jones und Thomson Reuters die die Meldung veroffentlichen Hierdurch wird die von Art 17 Absatz 1 MMVO geforderte Bereichsoffentlichkeit hergestellt 9 Nach wie vor ist dieser Vorabversand an BaFin und Borsenaufsicht auch per Fax verpflichtend Die anschliessende Weiterleitung und Veroffentlichung erfolgt 30 Minuten nach dem Vorabversand an BaFin und Borse In dieser Zeit trifft insbesondere die Borsenfuhrung die Entscheidung ob bei einer Nachricht auf die extreme Kursreaktionen erwartet werden fur eine gewisse Weile die offizielle Preisermittlung und somit der Borsenhandel ausgesetzt wird Weiterhin ist eine Ubermittlung der Meldungen an das Unternehmensregister verpflichtend das als einzige quasi offizielle Zentralstelle alle Ad hoc Mitteilungen auch veroffentlicht 10 Entgegen der weit verbreiteten Annahme dass Veroffentlichungen von Ad hoc Mitteilungen moglichst ausserhalb der Handelszeiten erfolgen sollten ist entgegengesetztes der Fall So hat die BaFin in einem Schreiben an die Emittenten explizit darauf hingewiesen Ad hoc Mitteilungen moglichst wahrend der Handelszeiten zu veroffentlichen um so moglichst gleichzeitig alle Marktteilnehmer die zu Handelszeiten aktiv sind zu erreichen 11 Obwohl viele Bekanntgaben schon vor Handelszeiten erfolgen um so den Marktteilnehmern die Zeit zu geben uber die Nachrichten erst in Ruhe nachzudenken und dann zu handeln erfolgen insbesondere Bekanntgabe und Durchfuhrung von Accelerated Bookbuildings zur aktiven Marktzeit oft sogar in der Nachmittagszeit wenn deutsche und amerikanische Borsen geoffnet haben Je nach Art der ad hoc pflichtigen Mitteilung hat der Gesetzgeber verschiedene Meldefristen bestimmt Fur das Uber oder Unterschreiten von Meldeschwellen liegt die Frist bei vier Handelstagen Befreiung von der Mitteilungspflicht BearbeitenVoraussetzungen nach Art 17 Absatz 4 Unterabsatz 1 MMVO Bearbeiten 4 Ein Emittent oder ein Teilnehmer am Markt fur Emissionszertifikate kann auf eigene Verantwortung die Offenlegung von Insiderinformationen fur die Offentlichkeit aufschieben sofern samtliche nachfolgenden Bedingungen erfullt sind a die unverzugliche Offenlegung ware geeignet die berechtigten Interessen des Emittenten oder Teilnehmers am Markt fur Emissionszertifikate zu beeintrachtigen b die Aufschiebung der Offenlegung ware nicht geeignet die Offentlichkeit irrezufuhren c der Emittent oder Teilnehmer am Markt fur Emissionszertifikate kann die Geheimhaltung dieser Informationen sicherstellen Nach Art 17 Absatz 4 MMVO kann sich ein Emittent von der Pflicht zur Mitteilung einer Insiderinformation befreien 12 Das setzt zum einen voraus dass die unverzugliche Offenlegung geeignet ware berechtigte Interessen des Publizitatspflichtigen zu beeintrachtigen Ein Interesse ist gemass 6 Abs 1 Satz 1 WpAIV berechtigt wenn es im Einzelfall ein grosseres Gewicht als das allgemeine Interesse an der rechtzeitigen Information des Kapitalmarkts besitzt Nach 6 Abs 1 Satz 2 WpAIV liegt im Regelfall ein berechtigtes Interesses vor wenn sich die Information auf laufende Geschafte oder Verhandlungen bezieht deren Bekanntwerden den Borsen oder Marktpreis erheblich beeinflussen und Interessen der Anleger gefahrden kann Haufig trifft dies beispielsweise auf Unternehmenskaufe zu da eine verfruhte Veroffentlichung entsprechender Informationen die Durchfuhrung des Kaufs gefahrden kann 13 Ein Geheimhaltungsinteresse kann ebenfalls hinsichtlich der Vorbereitung einer Sanierung bestehen 14 Zum anderen darf sich die Aufschiebung der Veroffentlichung nicht dazu eignen die Offentlichkeit irrezufuhren Dem Emittenten ist es somit verboten am Markt ein Verhalten zu zeigen das im Widerspruch zur geheim gehaltenen Insiderinformation steht 15 16 Schliesslich muss der Pflichtige gewahrleisten konnen dass die Informationen bis zu ihrer Veroffentlichung geheim gehalten werden Hierzu muss er gemass 7 WpAIV sicherstellen konnen dass die Information nur an solche Personen gelangt die auf diese zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben beim Emittenten angewiesen sind 17 Dass die Vertraulichkeit der Information nicht mehr gewahrleistet ist kann nach Art 17 Absatz 7 Unterabsatz 2 MMVO vermutet werden wenn ein hinreichend prazises Gerucht uber die Information bekannt wird Liegen diese drei Voraussetzungen vor ist der Emittent berechtigt die Information zuruckzuhalten Dieses Recht zur Selbstbefreiung besteht solange samtliche Voraussetzungen gegeben sind Fallt eine Voraussetzung nachtraglich weg muss der Emittent die Veroffentlichung daher nachholen Erfordernis eines Beschlusses Bearbeiten Der Regelung des Art 17 Abs 4 MMVO entsprach der fruhere 15 Abs 3 WpHG a F Hinsichtlich dieser Norm war in der Rechtswissenschaft umstritten ob es sich um eine Ausnahme von der Publizitatspflicht handelte die bereits kraft Gesetzes wirkte oder ob ein Beschluss des grundsatzlich Publizitatspflichtigen erforderlich war 18 Der Bundesgerichtshof bezog zu diesem Streit im fur die rechtliche Behandlung der Ad hoc Publizitatspflicht grundlegenden Geltl Fall in dem ein Beschluss uber die Selbstbefreiung unterblieben war keine Stellung Vielmehr verwies er auf die Figur des rechtmassigen Alternativverhaltens die einer Haftung entgegenstehen kann selbst wenn die Selbstbefreiung beschlossen werden muss Nach dieser Figur kann die Haftung entfallen wenn der Emittent der eine Insiderinformation ohne Beschluss der Selbstbefreiung nicht veroffentlicht eine solche Selbstbefreiung hatte beschliessen konnen 19 Voraussetzungen nach Art 17 Absatz 5 MMVO Bearbeiten Eine zusatzliche Moglichkeit der Selbstbefreiung raumt Art 17 Abs 5 MMVO Kredit und Finanzinstituten ein Diese konnen sich befreien wenn die Offenlegung der Insiderinformationen die finanzielle Stabilitat des Emittenten und des Finanzsystems beeintrachtigen kann der Aufschub der Veroffentlichung im offentlichen Interesse liegt die Geheimhaltung der Information gewahrleistet werden kann und die zustandige Behorde dem Aufschub vor dem Beschluss der Selbstbefreiung zustimmt Zivilrechtliche Folgen eines Verstosses gegen die Veroffentlichungspflicht BearbeitenHaftung des Emittenten Bearbeiten Die Verletzung der Publizitatspflicht kann zu Schadensersatzanspruchen der Anleger gegen den Emittenten fuhren Die Schadensersatzanspruche werden durch die 97 98 WpHG geregelt 97 WpHG Bearbeiten 1 Unterlasst es der Emittent von Finanzinstrumenten die zum Handel an einer inlandischen Borse zugelassen sind unverzuglich eine Insiderinformation zu veroffentlichen die ihn unmittelbar betrifft ist er einem Dritten zum Ersatz des durch die Unterlassung entstandenen Schadens verpflichtet wenn der Dritte 1 die Finanzinstrumente nach der Unterlassung erwirbt und er bei Bekanntwerden der Insiderinformation noch Inhaber der Finanzinstrumente ist oder 2 die Finanzinstrumente vor dem Entstehen der Insiderinformation erwirbt und nach der Unterlassung veraussert 2 Nach Absatz 1 kann nicht in Anspruch genommen werden wer nachweist dass die Unterlassung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlassigkeit beruht 3 Der Anspruch nach Absatz 1 besteht nicht wenn der Dritte die Insiderinformation im Falle des Absatzes 1 Nr 1 bei dem Erwerb oder im Falle des Absatzes 1 Nr 2 bei der Verausserung kannte 4 Weitergehende Anspruche die nach Vorschriften des burgerlichen Rechts auf Grund von Vertragen oder vorsatzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden konnen bleiben unberuhrt 5 Eine Vereinbarung durch die Anspruche des Emittenten gegen Vorstandsmitglieder wegen der Inanspruchnahme des Emittenten nach Absatz 1 im Voraus ermassigt oder erlassen werden ist unwirksam 97 WpHG ist einschlagige Regelung wenn es der Emittent pflichtwidrig versaumt eine Insiderinformation zu veroffentlichen Eine Haftung setzt voraus dass der Anleger ein Wertpapier erwirbt auf das sich die zu veroffentlichende Information bezieht 97 Absatz 1 WpHG benennt zwei Situationen in denen ein solcher Erwerb zu einem Schadensersatzanspruch fuhren kann Zum einen ist dies der Fall wenn der Erwerber ein Papier nach der unterlassenen oder unrichtigen Veroffentlichung erwirbt und bis zum offentlichen Bekanntwerden der Information halt Zum anderen kommt ein Anspruch in Betracht wenn der Erwerber das Papier vor der unterlassenen Veroffentlichung erwirbt und nach dieser veraussert 20 Die Kausalitat zwischen der Pflichtverletzung des Emittenten und des Schadens ist vom Anspruchssteller dem Anleger zu beweisen Hierbei ist in der Rechtswissenschaft umstritten welche Anforderungen an den Kausalitatsnachweis zu stellen sind Teilweise wird der Nachweis der fehlerhaften Preisbildung fur ausreichend gehalten da die Publizitatspflicht dazu diene eine korrekten Preisbildung am Kapitalmarkt zu gewahrleisten Zudem sei es dem Anleger im Regelfall nicht moglich den Kausalitatsnachweis zu fuhren 21 Andere fordern den Nachweis eines konkreten unmittelbar durch das pflichtwidrige Handeln des Emittenten verursachten Schadens Ein solcher kann beispielsweise darin liegen dass der Anleger das Wertpapier nicht erworben hatte ware die Ad hoc Mitteilung ordnungsgemass veroffentlicht worden Diese Auffassung stutzt sich auf den Wortlaut des 97 WpHG der sich auf den durch die Unterlassung entstandenen Schaden bezieht 22 Mit den Voraussetzungen des Kausalitatsnachweis eng verbunden ist die Frage nach dem Umfang der Schadensersatzpflicht Die Rechtsprechung geht hierbei seit der IKB Entscheidung von einem Wahlrecht des Geschadigten aus Zum einen kann der Anspruchssteller den Ersatz des Kursdifferenzschadens verlangen Hierbei handelt es sich um die Differenz zwischen dem tatsachlichen Kurs und dem Kurs der bei pflichtgemasser Veroffentlichung der Ad hoc Mitteilung bestanden hatte Sofern der Anleger also ein Wertpapier zu gunstig verkauft oder zu teuer gekauft hat kann er Schadensersatz in Hohe der Differenz zum Preis verlangen der bei pflichtgemasser Veroffentlichung bestanden hatte Gelingt dem Erwerber daruber hinaus der Beweis dass er bei Veroffentlichung der Ad hoc Mitteilung das Wertpapier nicht erworben hatte kann er zusatzlich sein Papier gegen Wertersatz in Hohe des Kaufpreises zuruckgeben 23 Dies steht im Einklang mit dem Verbot der Anlagenruckgewahr aus 57 des Aktiengesetzes AktG und dem Verbot des Erwerbs eigener Aktien aus 71 AktG 24 Nach 97 Absatz 2 WpHG ist der Schadensersatzanspruch ausgeschlossen wenn der Emittent nachweist dass das Unterlassen der Veroffentlichung der Ad hoc Meldung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlassigkeit beruht Ebenfalls ist die Haftung nach 97 Absatz 3 WpHG ausgeschlossen wenn der Anspruchssteller die verschwiegene Tatsache oder die Unrichtigkeit der veroffentlichten Information bei Erwerb oder Verausserung des Wertpapiers kennt da er in diesem Fall nicht schutzwurdig ist 98 WpHG Bearbeiten 1 Veroffentlicht der Emittent von Finanzinstrumenten die zum Handel an einer inlandischen Borse zugelassen sind in einer Mitteilung nach Artikel 17 der Verordnung EU Nr 596 2014 eine unwahre Insiderinformation die ihn unmittelbar betrifft ist er einem Dritten zum Ersatz des Schadens verpflichtet der dadurch entsteht dass der Dritte auf die Richtigkeit der Insiderinformation vertraut wenn der Dritte 1 die Finanzinstrumente nach der Veroffentlichung erwirbt und er bei dem Bekanntwerden der Unrichtigkeit der Insiderinformation noch Inhaber der Finanzinstrumente ist oder 2 die Finanzinstrumente vor der Veroffentlichung erwirbt und vor dem Bekanntwerden der Unrichtigkeit der Insiderinformation veraussert 2 Nach Absatz 1 kann nicht in Anspruch genommen werden wer nachweist dass er die Unrichtigkeit der Insiderinformation nicht gekannt hat und die Unkenntnis nicht auf grober Fahrlassigkeit beruht 3 Der Anspruch nach Absatz 1 besteht nicht wenn der Dritte die Unrichtigkeit der Insiderinformation im Falle des Absatzes 1 Nr 1 bei dem Erwerb oder im Falle des Absatzes 1 Nr 2 bei der Verausserung kannte 4 Weitergehende Anspruche die nach Vorschriften des burgerlichen Rechts auf Grund von Vertragen oder vorsatzlichen unerlaubten Handlungen erhoben werden konnen bleiben unberuhrt 5 Eine Vereinbarung durch die Anspruche des Emittenten gegen Vorstandsmitglieder wegen der Inanspruchnahme des Emittenten nach Absatz 1 im Voraus ermassigt oder erlassen werden ist unwirksam 98 Absatz 1 WpHG bezieht sich auf die Veroffentlichung einer inhaltlich falschen Ad hoc Meldung 25 Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm entsprechen im Ubrigen denen des 97 WpHG Daher besteht auch bei 97 WpHG das Wahlrecht des Anspruchsstellers sofern ihm ein umfassender Kausalitatsbeweis gelingt Teilweise wird eine Beweiserleichterung dahingehend vorgeschlagen dass die Anforderungen an den Kausalitatsnachweis absinken wenn der Anspruchssteller nachweist dass die falsche Information zu einer positiven Anlegerstimmung am Kapitalmarkt gefuhrt hat 26 27 Haftung des Vorstands Bearbeiten Neben der Haftung des Emittenten kann eine personliche Haftung seines Vorstands in Betracht kommen Eine solche Haftung kann nach bisheriger Rechtsprechung nur auf das allgemeine Deliktsrecht des Burgerlichen Gesetzbuchs BGB gestutzt werden In Betracht kommt insbesondere eine Haftung wegen vorsatzlicher sittenwidriger Schadigung nach 826 BGB 28 Das setzt voraus dass der Vorstand einen anderen in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise einem anderen vorsatzlich Schaden zufugt Ein solches Verhalten liegt beispielsweise wenn der Vorstand bewusst eine falsche Meldung veroffentlicht 29 30 Besondere Schwierigkeiten bereitet allerdings auch hier der Nachweis der Kausalitat also der Nachweis des Anlegers dass seine Kaufentscheidung durch die Informationspflichtverletzung beeinflusst wurde Gelingt dieser Kausalitatsbeweis kann der Anleger verlangen so gestellt zu werden als hatte er die Wertpapiere nicht erworben Er erhalt dann den Erwerbspreis vom Beklagten erstattet muss diesem freilich die Ubertragung der Aktien anbieten Hat der Anleger die Aktien zwischenzeitlich verkauft ist der Verkaufserlos auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen Gelingt ihm jedoch lediglich der Nachweis dass die Mitteilung den Borsenkurs beeinflusst hat kommt nach den Grundsatzen der IKB Entscheidung zumindest ein Anspruch auf Ersatz des Kursdifferenzschadens in Betracht Eine Haftung aus 823 Absatz 2 BGB setzt voraus dass der Schadiger ein Schutzgesetz verletzt Bei einem Schutzgesetz handelt es sich um eine Norm die zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen dient 31 Als solches Schutzgesetz kommt die Pflicht zur Ad hoc Publizitat aus Art 17 MMVO in Betracht Der Fur den Vorlaufer dieser Norm 15 WpHG wurde die Schutzgesetzeigenschaft verneint da die Norm nicht dem Schutz des einzelnen Anlegers sondern der Gesamtheit der Anleger diente Diese Intention brachte der Gesetzgeber wahrend des Gesetzgebungsverfahrens deutlich zum Ausdruck 32 33 Auch Art 17 MMVO bezweckt in erster Linie den Schutz des Kapitalmarkts als solchen Ob diese Norm ein Schutzgesetz darstellt ist daher in der Rechtswissenschaft umstritten 34 35 Einige Rechtswissenschaftler befurworten ferner eine Schadensersatzpflicht nach den Grundsatzen der allgemeinen zivilrechtlichen Prospekthaftung 36 Hiergegen wird eingewandt dass sich diese Haftung aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen von Verkaufsprospekt und Ad hoc Publizitat nicht ubertragen lasse 37 Offentlich rechtliche Folgen eines Verstosses gegen die Veroffentlichungspflicht BearbeitenNach 39 Absatz 3d Nummern 6 11 WpHG stellt ein Verstoss gegen die Veroffentlichungspflicht eine Ordnungswidrigkeit dar Diese kann nach 39 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 WpHG bis zu zweieinhalb Millionen Euro und zwei Prozent des Gesamtumsatzes den das Unternehmen im der Behordenentscheidung vorangegangenen Geschaftsjahr erzielt hat betragen Missbrauch BearbeitenDie grosse Beachtung von Ad hoc Meldungen im Kapitalmarkt verleitet manche Emittenten dazu Ad hoc Meldungen zu PR Zwecken zu nutzen Zur Zeit des Neuen Marktes war diese Praxis weit verbreitet Die Zahl der jahrlich veroffentlichten Ad hoc Meldungen verfunffachte sich in den Jahren 1995 2000 38 Eine empirische Studie von Andre Guttler belegt den Missbrauch von Ad hoc Meldungen durch Teilnehmer des Neuen Marktes 39 Mit dem 4 Finanzmarktforderungsgesetz 2002 prazisierte der Gesetzgeber den zulassigen Inhalt von Ad hoc Meldungen Die Veroffentlichung sonstiger Angaben die nicht unter die Veroffentlichungspflicht fallen ist seither untersagt und kann mit Bussgeldern geahndet werden Agenturen wie die DGAP reagierten darauf mit der Einrichtung paralleler Verbreitungskanale fur Pressemeldungen Durch diese Massnahmen konnte der Missbrauch der Ad hoc Publizitat eingedammt wenn auch nicht vollstandig verhindert werden Ein kurzer Absatz mit allgemeinen Angaben zur Geschaftstatigkeit des Unternehmens wird in Ad hoc Meldungen toleriert Weblinks BearbeitenText der Wertpapierhandelsanzeige und Insiderverzeichnisverordnung Emittentenleitfaden der Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungsaufsicht Leitfaden der die Ad hoc Pflicht konkretisiert PDF Datei Siehe auch BearbeitenEQS Group AG marktfuhrender Dienstleister fur Ad hoc Publizitat in Deutschland Regulatory Information ServicesEinzelnachweise Bearbeiten Ursula Hermann Knaurs etymologisches Lexikon 1983 S 21 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 388 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 386 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 395 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 380 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 382 http www handelsregister de rp web direct download do jsessionid 9F843333CF31DDEBD11F359E113205F8 n1 tc032n02 id 6 Link nicht abrufbar Website von Pressetext Abgerufen am 9 Juli 2016 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 403 Archivierte Kopie Memento des Originals vom 14 September 2008 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www dgap de Schnorrenberg Thomas Investor Relations Management 2008 Gabler Verlag S 31 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 407 Katja Langenbucher Aktien und Kapitalmarktrecht 3 Auflage C H Beck Munchen 2015 ISBN 978 3 406 66738 1 17 Rn 39 40 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 412 Katja Langenbucher Aktien und Kapitalmarktrecht 3 Auflage C H Beck Munchen 2015 ISBN 978 3 406 66738 1 17 Rn 42 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 418 419 Katja Langenbucher Aktien und Kapitalmarktrecht 3 Auflage C H Beck Munchen 2015 ISBN 978 3 406 66738 1 17 Rn 43 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 404 BGH Urteil vom 23 April 2013 II ZB 7 09 PDF 170 KB abgerufen am 12 September 2020 s a in Neue Juristische Wochenschrift 2013 S 2114 Christoph Kumpan 97 WpHG Rn 3 In Klaus Hopt Christoph Kumpan Patrick Leyens Hanno Merkt Markus Roth Handelsgesetzbuch mit GmbH amp Co Handelsklauseln Bank und Borsenrecht Transportrecht ohne Seerecht Begrundet von Adolf Baumbach 40 Auflage C H Beck Munchen 2021 ISBN 978 3 406 75414 2 Katja Langenbucher Aktien und Kapitalmarktrecht 3 Auflage C H Beck Munchen 2015 ISBN 978 3 406 66738 1 17 Rn 154 158 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 436 BGHZ 192 90 BGH Urteil vom 9 Mai 2005 II ZR 287 02 Neue Juristische Wochenschrift S 2450 Christoph Kumpan 98 WpHG Rn 1 in Klaus Hopt Christoph Kumpan Patrick Leyens Hanno Merkt Markus Roth Handelsgesetzbuch mit GmbH amp Co Handelsklauseln Bank und Borsenrecht Transportrecht ohne Seerecht Begrundet von Adolf Baumbach 40 Auflage C H Beck Munchen 2021 ISBN 978 3 406 75414 2 Katja Langenbucher Kausalitatsbeziehungen bei der Einschaltung von Finanzintermediaren In Georg Bitter Marcus Lutter Hrsg Festschrift fur Karsten Schmidt Verlag Dr Otto Schmidt Koln 2009 ISBN 978 3 504 38064 9 S 1053 1056 1057 Thomas Mollers Der Weg zu einer Haftung fur Kapitalmarktinformationen In JuristenZeitung 2005 S 75 78 BGHZ 160 149 BGHZ 160 134 BGH Urteil vom 4 Juni 2007 II ZR 147 05 Neue Zeitschrift fur Gesellschaftsrecht 2007 S 708 Renate Schaub 823 Rn 226 In Hanns Prutting Gerhard Wegen Gerd Weinreich Hrsg Burgerliches Gesetzbuch Kommentar 12 Auflage Luchterhand Verlag Koln 2017 ISBN 978 3 472 09000 7 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 449 Klaus Hopt Hans Christoph Voigt Prospekt und Kapitalmarktinformationshaftung Recht und Reform in der Europaischen Union der Schweiz und den USA Mohr Siebeck Tubingen 2005 ISBN 978 3 16 148548 0 S 273 Alexander Hellgardt Europarechtliche Vorgaben fur die Kapitalmarktinformationshaftung In Die Aktiengesellschaft 2012 S 154 165 Petra Buck Heeb Kapitalmarktrecht 8 Auflage C F Muller Heidelberg 2016 ISBN 978 3 8114 4247 4 Rn 450 Johannes Hewicker Ad hoc Publizitat Die Haftung des Vorstandes Verlag Dr Kovac Hamburg 2005 ISBN 978 3 8300 2041 7 Barbara Grunewald Michael Schlitt Einfuhrung in das Kapitalmarktrecht 4 Auflage C H Beck Munchen 2019 ISBN 978 3 406 72400 8 S 285 Presseportal Ad hoc Praxis in der Kritik Memento vom 11 Mai 2003 im Internet Archive Studie Andre Guttler Memento vom 3 Oktober 2006 im Internet Archive PDF 258 kB Bitte den Hinweis zu 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