Das ATP-Turnier von Hamburg (offiziell Hamburg European Open) ist ein Herren-Tennisturnier, das alljährlich am Hamburger Rothenbaum als Internationale Deutsche Meisterschaften ausgetragen wird. Der Wettbewerb gehörte bis 2008 zur Masters-Serie der ATP und hieß bis dahin Hamburg Masters. 2009 wurde das Turnier von der ATP herabgestuft, seitdem ist es Bestandteil der ATP Tour 500. Sprecher des Turniers sahen dessen Zukunft gefährdet, da topplatzierte Spieler kaum mehr Anreiz hätten, daran teilzunehmen. Versuche des DTB, die Herabstufung juristisch anzufechten, blieben erfolglos. Das Turnier, das zuvor im Mai gespielt wurde, findet nun im Juli statt und hat somit seinen Stellenwert als Aufwärmturnier für die French Open verloren.
Hamburg European Open | |
ATP Tour | |
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Austragungsort | Hamburg Deutschland |
Erste Austragung | 1892 |
Kategorie | Tour 500 |
Turnierart | Freiplatzturnier |
Spieloberfläche | Sand |
Auslosung | 32E/16Q/16D/4QD |
Preisgeld | 1.770.865 US$ |
Center Court | 13.200 Zuschauer |
Website | Offizielle Website |
Stand: 13. Juli 2022 |
Neben dem Herrenturnier wurden am Rothenbaum zwischen 1896 und 2002 auch Damenturniere und von 1906 bis 1974 auch Mixed-Wettbewerbe ausgetragen. Seit 2021 findet parallel wieder ein Damenturnier statt.
Geschichte Bearbeiten
Bis zum Zweiten Weltkrieg Bearbeiten
Die ersten „Internationalen Deutschen Meisterschaften im Tennis“ fanden 1892 in Hamburg statt. Sie gehören somit wie die heute als Grand-Slam-Turniere bekannten Offenen Meisterschaften von Australien, Frankreich, England und den USA zu den ältesten und traditionsreichsten Turnieren der Welt. Wie anderswo waren auch hier zunächst nur Männer teilnahmeberechtigt.
Die Internationalität des Turniers bestand zu Beginn nur darin, dass auch österreichische Staatsbürger zugelassen waren. Als Ort wählte man die Anlage des „Eisenbahn-Vereins auf der Uhlenhorst“, die bis 2010 dem „Klipper THC Hamburg“ gehörte. Die erste Austragung ab dem 27. August 1892 war vom Ausbruch der Cholera überschattet; das Turnier wurde unterbrochen und fand erst einen Monat später mit dem 19-jährigen Walter Bonne seinen ersten Sieger.
1894 fand das Turnier erstmals auf dem Areal des „Eisbahn-Verein vor dem Dammthor“, der das heutige Gelände Rothenbaum bis 1933 gepachtet hatte. Das Jahr 1897 sah die ersten wirklich „offenen“ Deutschen Meisterschaften und den Engländer Hillyard als Sieger. Von 1898 bis 1901 wurde das Turnier in Bad Homburg vor der Höhe ausgetragen. Der Grund waren Finanzierungsschwierigkeiten der austragenden Hamburger Vereine.
1902 wurde die Hamburger Tennis-Gilde als Turnierveranstalter gegründet. Im selben Jahr kehrten die German Open an den „Eisbahn-Verein vor dem Dammthor“ zurück. Bis zum Ersten Weltkrieg wurden die Meisterschaften im Wechsel mit der Anlage des „Eisenbahn-Vereins auf der Uhlenhorst“ durchgeführt. Erstmals wurde ein Herren-Doppeltitel ausgelobt. 1906 wurde erstmals ein Mixed-Titel vergeben.
Zwischen 1914 und 1919 wurde Deutschland aus dem internationalen Tennisgeschehen ausgeschlossen. Seit 1924 ist die Anlage am Rothenbaum endgültig Standort des Turniers. Ein Jahr später gewann Otto Froitzheim seinen siebten Titel. Er ist bis heute Rekordsieger der German Open. Zwischen 1940 und 1947 wurden wegen des Zweiten Weltkriegs keine Meisterschaften ausgetragen.
1948 bis 1978 Bearbeiten
1949 gewann der 39-jährige Gottfried von Cramm seinen sechsten und letzten Titel. Im Alter von 45 Jahren gewann er 1955 seinen letzten Doppeltitel. 1956 fanden die German Open zum 50. Mal statt. Zu diesem Anlass wurde der Center Court auf 5.000 Plätze erweitert. 1964 wurde der Hauptplatz erneut ausgebaut und fasste nunmehr 8.000 Zuschauer. Im selben Jahr kam es zum bisher einzigen Mal seit dem Zweiten Weltkrieg zu einem rein deutschen Finale; Wilhelm Bungert schlug Christian Kuhnke in vier Sätzen.
1966 traten auch die German Open in die Ära des professionellen Tennis ein. Amateure und Profis sind seitdem gleichermaßen startberechtigt. Seit 1969 wird ein offizielles Preisgeld gezahlt – bei der ersten Austragung wurde um 17.500 US-Dollar gespielt. Da Jack Kramer 1970 den Grand Prix Tennis Circuit gründete, wurde das Turnier ab 1971 mit Wimbledon, Paris, Forest Hills und Rom in die Grand-Prix-Turniere eingereiht. Hierzu wurden die Meisterschaften in den Juni verlegt.
1979 bis 2009 Bearbeiten
Ab 1979 wurde das Herrenturnier nicht mehr von der traditionsreichen Hamburger Tennis-Gilde, sondern vom Hamburger Tennis-Verband veranstaltet.
1980 wurde die Anlage am Rothenbaum umfassend ausgebaut; ein Turnierhaus entstand, der Center Court erhielt eine elektronische Anzeigetafel und wurde auf 9.000 Plätze ausgebaut. Mit 67.000 Besuchern erzielte die Herrenveranstaltung im selben Jahr einen neuen Zuschauerrekord. Ein Jahr später wurde das Preisgeld zum 75. Jubiläum des Turniers auf 200.000 US-Dollar erhöht.
In den 1980ern erlebten beide Turniere aufgrund der Erfolge von Boris Becker, Steffi Graf und Michael Stich einen Boom. 1984 trat Becker erstmals beim Herrenturnier an – gewinnen konnte er es nie. Jährlich wurden neue Zuschauerrekorde aufgestellt, 1989 kamen insgesamt 102.000 Besucher auf die Anlage; der Center Court wurde auf ein Fassungsvermögen von 10.000 Zuschauern ausgebaut. Im selben Jahr verlegte der DTB seine Geschäftsstelle auf die Rothenbaum-Anlage.
1990 überstieg das Preisgeld des Herrenturniers erstmals die Millionenmarke. 1993 wurde Michael Stich erster deutscher Sieger des Turniers seit Wilhelm Bungert. Bis 1997 wurde die Anlage erneut massiv ausgebaut. Für knapp zehn Millionen Euro erhielt der Center Court eine Kapazität von 13.200 Plätzen sowie ein mobiles Dach. Nicht zuletzt die enormen Umbaukosten brachten den Deutschen Tennis Bund in eine prekäre finanzielle Situation. Darüber hinaus trug das Ende des deutschen Tennis-Booms zu einem starken Rückgang des Besucherinteresses und der für das Turnier gezahlten Fernsehgelder bei.
1999 wurde das Herrenturnier mit neun anderen Turnieren in die neu gegründete Masters Series aufgenommen, 2009 wurde dieser Status durch die Einordnung in die neue ATP 500 Series wieder aberkannt. 2003 wurde Boris Becker zum Chairman des von finanziellen Problemen gebeutelten Turniers berufen.
Seit 2009 Bearbeiten
Von 2009 bis 2018 war Michael Stich Turnierdirektor. Im Jahr 2009 verlor das Turnier durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts seinen Titelsponsor bet-at-home.com. Dieser Verlust sowie die Herabstufung des Turniers durch die ATP in die dritte Kategorie im Jahr 2009 stürzte das Turnier in eine ungewisse Zukunft.
Im September 2010 hob der Europäische Gerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts wieder auf und ab 2011 wurde bet-at-home.com wieder Titelsponsor der German Open. Im November 2015 gab bet-at-home.com bekannt, dass es den zum Jahresende auslaufenden Vertrag nicht verlängert. Ab 2016 hat das Turnier keinen titelgebenden Sponsor mehr.
Betreiber des Turniers nach Michael Stich ist seit 2019 die Reichel Business Group GmbH.
Bisherige Sieger Bearbeiten
Rekordsieger des Einzels ist in der Open Era Roger Federer mit vier Titeln. Im Doppel war Emilio Sánchez Vicario ebenfalls viermal erfolgreich.
Einzel Bearbeiten
Doppel Bearbeiten
Jahr | Sieger | Finalgegner | Ergebnis |
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2023 | Kevin Krawietz Tim Pütz (2) | Sander Gillé Joran Vliegen | 7:64, 6:3 |
2022 | Lloyd Glasspool Harri Heliövaara | Rohan Bopanna Matwé Middelkoop | 6:2, 6:4 |
2021 | Tim Pütz (1) Michael Venus (2) | Kevin Krawietz Horia Tecău | 6:3, 6:73, [10:8] |
2020 | John Peers (3) Michael Venus (1) | Ivan Dodig Mate Pavić | 6:3, 6:4 |
2019 | Oliver Marach (2) Jürgen Melzer | Robin Haase Wesley Koolhof | 6:2, 7:63 |
2018 | Julio Peralta Horacio Zeballos | Oliver Marach Mate Pavić | 6:1, 4:6, [10:6] |
2017 | Ivan Dodig Mate Pavić | Pablo Cuevas Marc López | 6:3, 6:4 |
2016 | Henri Kontinen John Peers (2) | Daniel Nestor Aisam-ul-Haq Qureshi | 7:5, 6:3 |
2015 | Jamie Murray John Peers (1) | Juan Sebastián Cabal Robert Farah | 2:6, 6:3, [10:8] |
2014 | Marin Draganja Florin Mergea | Alexander Peya Bruno Soares | 6:4, 7:5 |
2013 | Mariusz Fyrstenberg Marcin Matkowski | Alexander Peya Bruno Soares | 3:6, 6:1, [10:8] |
2012 | David Marrero (2) Fernando Verdasco | Rogério Dutra da Silva Daniel Muñoz de la Nava | 6:4, 6:3 |
2011 | Oliver Marach (1) Alexander Peya | František Čermák Filip Polášek | 6:4, 6:1 |
2010 | Marc López David Marrero (1) | Jérémy Chardy Paul-Henri Mathieu | 6:3, 2:6, [10:8] |
2009 | Simon Aspelin Paul Hanley (2) | Marcelo Melo Filip Polášek | 6:3, 6:3 |
2008 | Daniel Nestor (3) Nenad Zimonjić | Bob Bryan Mike Bryan | 6:4, 5:7, [10:8] |
2007 | Bob Bryan Mike Bryan | Paul Hanley Kevin Ullyett | 6:3, 6:4 |
2006 | Paul Hanley (1) Kevin Ullyett (2) | Mark Knowles Daniel Nestor | 6:2, 7:68 |
2005 | Jonas Björkman (2) Maks Mirny | Michaël Llodra Fabrice Santoro | 4:6, 7:62, 7:63 |
2004 | Wayne Black Kevin Ullyett (1) | Bob Bryan Mike Bryan | 6:4, 6:2 |
2003 | Mark Knowles (2) Daniel Nestor (2) | Mahesh Bhupathi Maks Mirny | 6:4, 7:610 |
2002 | Mahesh Bhupathi Jan-Michael Gambill | Jonas Björkman Todd Woodbridge | 6:2, 6:4 |
2001 | Jonas Björkman (1) Todd Woodbridge (2) | Daniel Nestor Sandon Stolle | 7:62, 3:6, 6:3 |
2000 | Todd Woodbridge (1) Mark Woodforde | Wayne Arthurs Sandon Stolle | 6:74, 6:4, 6:3 |
1999 | Wayne Arthurs Andrew Kratzmann | Paul Haarhuis Jared Palmer | 2:6, 7:65, 6:2 |
1998 | Donald Johnson Francisco Montana | David Adams Brett Steven | 6:2, 7:5 |
1997 | Luis Lobo Javier Sánchez (2) | Neil Broad Piet Norval | 6:3, 7:6 |
1996 | Mark Knowles (1) Daniel Nestor (1) | Guy Forget Jakob Hlasek | 6:2, 6:4 |
1995 | Wayne Ferreira Jewgeni Kafelnikow | Byron Black Andrei Olchowski | 6:1, 7:6 |
1994 | Scott Melville Piet Norval | Henrik Holm Anders Järryd | 6:3, 6:4 |
1993 | Paul Haarhuis Mark Koevermans | Grant Connell Patrick Galbraith | 6:4, 6:7, 7:6 |
1992 | Sergio Casal (3) Emilio Sánchez Vicario (4) | Carl-Uwe Steeb Michael Stich | 5:7, 6:4, 6:3 |
1991 | Sergio Casal (2) Emilio Sánchez Vicario (3) | Cássio Motta Danie Visser | 4:6, 6:3, 6:2 |
1990 | Sergi Bruguera Jim Courier | Udo Riglewski Michael Stich | 7:6, 6:2 |
1989 | Emilio Sánchez Vicario (2) Javier Sánchez (1) | Boris Becker Eric Jelen | 6:4, 6:1 |
1988 | Darren Cahill Laurie Warder | Rick Leach Jim Pugh | 6:4, 6:4 |
1987 | Miloslav Mečíř Tomáš Šmíd (3) | Claudio Mezzadri Jim Pugh | 4:6, 7:6, 6:2 |
1986 | Sergio Casal (1) Emilio Sánchez Vicario (1) | Boris Becker Eric Jelen | 6:4, 6:1 |
1985 | Hans Gildemeister (2) Andrés Gómez (3) | Heinz Günthardt Balázs Taróczy | 1:6, 7:6, 6:4 |
1984 | Stefan Edberg Anders Järryd | Heinz Günthardt Balázs Taróczy | 6:3, 6:1 |
1983 | Heinz Günthardt Balázs Taróczy | Mark Edmondson Brian Gottfried | 7:6, 4:6, 6:4 |
1982 | Pavel Složil Tomáš Šmíd (2) | Anders Järryd Hans Simonsson | 6:4, 6:3 |
1981 | Hans Gildemeister (1) Andrés Gómez (2) | Peter McNamara Paul McNamee | 6:4, 3:6, 6:4 |
1980 | Heinz Gildemeister Andrés Gómez (1) | Reinhart Probst Max Wünschig | 6:3, 6:4 |
1979 | Jan Kodeš (2) Tomáš Šmíd (1) | Mark Edmondson John Marks | 6:3, 6:1, 7:6 |
1978 | Wojciech Fibak Tom Okker (3) | Víctor Pecci | Antonio Muñoz6:2, 6:4 |
1977 | Bob Hewitt (6) Karl Meiler | Phil Dent Kim Warwick | 3:6, 6:3, 6:4, 6:4 |
1976 | Fred McNair Sherwood Stewart | Dick Crealy Kim Warwick | 7:6, 7:6, 7:6 |
1975 | Juan Gisbert Manuel Orantes | Wojciech Fibak Jan Kodeš | 6:3, 7:6 |
1974 | Jürgen Faßbender (2) Hans-Jürgen Pohmann (2) | Brian Gottfried Raúl Ramírez | 6:3, 6:4, 6:4 |
1973 | Jürgen Faßbender (1) Hans-Jürgen Pohmann (1) | Manuel Orantes Ion Țiriac | 6:1, 6:3 |
1972 | Jan Kodeš (1) Ilie Năstase | Bob Hewitt Ion Țiriac | 4:6, 6:0, 3:6, 6:2, 6:2 |
1971 | John Alexander Andrés Gimeno | Dick Crealy Allan Stone | 6:4, 7:5, 7:9, 6:4 |
1970 | Bob Hewitt (5) Frew McMillan (2) | Tom Okker Nikola Pilić | 6:3, 7:5, 6:2 |
1969 | Tom Okker (2) Marty Riessen (2) | Jean-Claude Barclay Jürgen Faßbender | 6:1, 6:2, 6:4 |
Beginn der Open Era | |||
1968 | Tom Okker (1) Marty Riessen (1) | John Newcombe Tony Roche | 6:4, 6:4, 7:5 |
1967 | Bob Hewitt (4) Frew McMillan (1) | ||
1966 | Fred Stolle (3) Torben Ulrich (2) | ||
1965 | Ingo Buding Christian Kuhnke | ||
1964 | Manuel Santana | José Luis Arilla||
1963 | Bob Hewitt (3) Fred Stolle (2) | ||
1962 | Bob Hewitt (2) Martin Mulligan | ||
1961 | Bob Hewitt (1) Fred Stolle (1) | ||
1960 | Roy Emerson Neale Fraser | ||
1959 | Don Candy (3) Luis Ayala |