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Am 3 September 1882 ereignete sich der Eisenbahnunfall bei Hugstetten auf der Bahnstrecke Freiburg Colmar bei Hugstetten Ein Zug der Grossherzoglich Badischen Staatseisenbahnen entgleiste 69 Menschen starben mehr als 200 wurden verletzt Heute liegt die Unfallstelle naher dem Freiburger Stadtteil Landwasser Die UnfallstelleDie UnfallstelleSkizze eines Augenzeugen von der Unfallstelle und den anlaufenden RettungsmassnahmenDies war der schwerste Eisenbahnunfall in den ersten 100 Jahren deutscher Eisenbahngeschichte erst der Eisenbahnunfall von Genthin 1939 forderte noch mehr Opfer Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 1 1 Eisenbahninfrastruktur 1 2 Fahrzeuge 2 Unfallhergang 3 Folgen 3 1 Unmittelbare Folgen 3 2 Trauer 3 3 Aufarbeitung 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenDer 3 September der Sonntag nach dem Sedantag einem Feiertag im Deutschen Kaiserreich war fur uber 1200 Menschen Anlass zu einem spatsommerlichen Ausflug mit einem Sonderzug von Colmar nach Freiburg Gegen 20 Uhr sollte der Zug mit seinen Fahrgasten vom Bahnhof Freiburg nach Colmar zuruckkehren Am Abend war ein Unwetter mit starkem Regen uber Freiburg niedergegangen weshalb sich die Abfahrt um einige Minuten verzogerte Eisenbahninfrastruktur Bearbeiten Die Bahnstrecke war am 14 September 1871 bis Breisach als Privatbahn errichtet 1878 verstaatlicht und im gleichen Jahr uber den Rhein hinweg nach Colmar verlangert worden Sie wies von Freiburg zum Rhein hin ein Gefalle von bis zu 12 auf Der Oberbau war seit Inbetriebnahme nicht verandert oder durchgehend saniert worden so dass hier immer noch sehr leichte Schienen verlegt waren die zudem mit schwebenden Stoss zusammentrafen Dies bedeutet dass die Schienenenden jeweils zwischen zwei Holzschwellen aneinander lagen Allein 1881 hatten sich auf der Strecke 31 Schienen und Laschenbruche ereignet 1 Die Schwellen waren nicht impragniert Sie lagen nicht in einem Schotterbett sondern in einer Kiesbettung Die Sanierung der Strecke war bereits vorgesehen da das Gleis nach betrieblich bedingten Verschiebungen wiederholt hatte gerichtet werden mussen 2 Ein halbes Jahr vor dem Unfall war in Bergfahrt wegen des Streckenzustandes eine Lokomotive entgleist 1 Die Strecke war mit Streckenposten im Abstand von 1000 m gesichert die sich untereinander mit Lautewerken verstandigen konnten 1 Das Unwetter hatte die Bettung der Gleise der Bahnstrecke im Bereich von Mooswald unterspult oder aufgeweicht 3 Fahrzeuge Bearbeiten Der Zug wurde von der Lokomotive KNIEBIS vom Typ X c gezogen einer Longboiler Lokomotive mit drei angetriebenen Achsen C Kupplung Die Konstruktion stammte aus der Werkstatt von Robert Stephenson Ohne die Achsabstande zu verandern hatte er Lokomotiven mit einem langeren Kessel gebaut einem so genannten Longboiler Der jetzt weit uber die ausseren Achsen ragende Kessel konnte bei hoherer Geschwindigkeit Eigenschwingungen der Lokomotive verursachen die diese im Extremfall aus dem Gleis werfen konnte 4 Mehrere derartige Unfalle sind bekannt 5 Longboiler Lokomotiven wurden deshalb in Deutschland in den 1880er Jahren in der Regel nicht mehr eingesetzt vor allem nicht vor Personenzugen 6 denn schon beim Eisenbahnunfall von Avenwedde 1851 war eine solche Lokomotive vor einem Schnellzug Unfallursache gewesen Fur die KNIEBIS war deshalb eine Hochstgeschwindigkeit von 50 km h festgesetzt worden 6 Die KNIEBIS zog 28 Personenwagen mit Holzaufbauten in denen etwa 1200 Fahrgaste reisten Vorschriftsgemass hatten mindestens 25 der Wagen also 7 mit Bremsern besetzt werden mussen was in dem Gefalle sowieso knapp bemessen war Unfallhergang BearbeitenAuf sechs der 28 Wagen waren Bremser eingeteilt gewesen Da der Zug fur die Ruckfahrt nach Colmar fur den allgemeinen Verkehr freigegeben worden war kummerten sich zwei der Bremser nach Beginn der Fahrt um das Kassieren des Fahrgelds Ein weiterer Bremser war damit beschaftigt einen neuen Kollegen einzuweisen Die beiden anderen besassen keine ausreichende Streckenkenntnis sodass einer im entscheidenden Gefalle nicht der andere zu schwach bremste So steigerte sich die Geschwindigkeit des Zuges durch das Gewicht der schiebenden Eisenbahnwagen zunehmend Die Lokomotive fing an zu wippen und ubte eine entsprechende stossweise Belastung auf den unzureichenden Oberbau aus der dies nicht auffangen konnte Das Lokomotivpersonal versuchte mit der Bremse von Lokomotive und Tender zu bremsen vergeblich Bei der uberhohten Geschwindigkeit von ca 70 km h Tachometer zur Geschwindigkeitskontrolle waren noch unbekannt entgleiste die KNIEBIS gegen 20 20 Uhr als die Schienen unter ihr nachgaben und blieb im sumpfigen Gelande stecken Dies geschah auf freier Strecke in einer langen Geraden 5 4 km hinter dem Freiburger Bahnhof in Hohe des heutigen Tierhygienischen Instituts im Freiburger Stadtteil Landwasser Dabei deformierte die Lokomotive das Gleis auf einer Lange von 226 Metern 25 Personenwagen entgleisten ebenfalls verkeilten sich ineinander und zersplitterten zum Teil derart vollstandig dass von ihnen nur Einzelteile ubrig blieben Nur vier Wagen blieben im Gleis 7 Folgen Bearbeiten nbsp Telegrafische Anfrage zur Klarung der Identitat von Unfallopfern am Tag nach dem UngluckUnmittelbare Folgen Bearbeiten Aus den Trummern der zerstorten Wagen bargen die Helfer bei Regen und Sturm 64 Tote Rund 230 Menschen uberlebten das Ungluck schwer verletzt funf verstarben noch in den Tagen danach an ihren schweren Verletzungen Mit Pferdefuhrwerken und Handkarren halfen Burger aus Hugstetten Hochdorf und Lehen bei den Rettungsmassnahmen Da auch die Telegrafenleitung durch den Unfall zerstort worden war konnte sie nicht genutzt werden um Hilfe herbeizuholen Zudem konnte der Bahnhof Freiburg so keine Zugmeldungen empfangen Auf die tote Telegrafenleitung reagierte der Bahnhof Freiburg indem er den folgenden Zug im Planabstand von 15 Minuten lediglich mit einem Vorsichtsbefehl versehen folgen liess Der Lokfuhrer des zweiten Zuges konnte gewarnt von einem Streckenposten rechtzeitig vor der Unfallstelle bremsen 1 Das Lautesignal des Streckenpostens Hilfslokomotive schicken wurde im Bahnhof Freiburg erst gegen 21 45 Uhr beachtet Dort gab es aber keine Hilfslokomotive So wurde von einem gerade eintreffenden Guterzug die Lokomotive abgespannt und fur den Hilfszug eingesetzt der so erst zwei Stunden nach dem Unfall an der Unfallstelle eintraf Arzte mitzuschicken wurde vergessen Sie wurden mit Pferdefuhrwerken nachgeschickt kamen jedoch erst kurz vor Mitternacht an 1 Erst am nachsten Morgen wurden die letzten Toten und Verletzten geborgen Trauer Bearbeiten nbsp GedenkkreuzIm Deutschen Reich loste die Katastrophe Trauer und Entsetzen aus Landesweit wurden die Fahnen auf halbmast gesetzt und alle offentlichen Feiern abgesagt Die Opfer wurden in ihre Heimatgemeinden im Elsass uberfuhrt und dort beigesetzt funf Menschen fanden in Freiburg ihre letzte Ruhe Seit 1885 erinnert ein schlichtes zum Gedenken an den Unfall aufgestelltes Kreuz gegenuber dem Tierhygienischen Institut an der Strasse zwischen Freiburg und Hugstetten an den Unfall Es tragt die Inschrift Es zeugt dies Kreuz von Todesschrecken der frohe Menschen jah betroffen zeugt aber auch vom Auferwecken und einem christlich frommen Hoffen Wanderer Bete ein Vaterunser fur die am 3 September 1882 auf der Eisenbahn Verungluckten Aufarbeitung Bearbeiten Fur die Badischen Staatseisenbahnen war der Unfall ein Anlass die bis dahin traditionell mit Namen versehenen Lokomotiven nur noch mit Nummern zu bezeichnen Die Ungluckslok war nur leicht beschadigt und wurde nach der Reparatur wieder eingesetzt was bei Reisenden auf erhebliches Misstrauen stiess Im April 1883 wurden der Bahnamtsvorstand der Fahrdienstleiter in Freiburg und der Zugfuhrer wegen organisatorischer Fehler und Uberwachungsversaumnissen sowie der Wagenwarter weil er sich nicht auf seinem Platz aufgehalten hatte und daruber hinaus der Lokomotivfuhrer wegen unzureichender Aufmerksamkeit vor der Grossen Strafkammer des Freiburger Landgerichts angeklagt Weil die Umstande des Unfalls in den technischen Unzulanglichkeiten von Oberbau und Lokomotive angesiedelt waren und den Angeklagten kein personlicher Schuldvorwurf zu machen war sprach das Gericht sie nach funftagiger Verhandlung frei 1 Die technisch und organisatorisch Verantwortlichen wurden nicht belangt Ihr Beitrag zu dem Unfall verschwand im allgemeinen Organisationsverschulden Literatur BearbeitenWolf Middendorf Eisenbahnungluck im Mooswald In Freiburger Almanach 25 1974 S 51 56 Hans Joachim Ritzau Eisenbahn Katastrophen in Deutschland Splitter deutscher Geschichte Band 1 Landsberg Purgen 1979 S 55 ff Rainer Humbach Eisenbahn Ungluck bei Hugstetten In Eisenbahn Kurier 1 2013 S 68 71 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Eisenbahnunfall bei Hugstetten 1882 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Das Eisenbahnungluck bei Freiburg In Staufener Wochenblatt 7 September und 9 September 1882 Artikel zum Ungluck in der Freiburger Zeitung vom 6 September 1882 Eisenbahnungluck auf der Website der Gemeinde MarchEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e f Ritzau Eisenbahn Katastrophen 1979 S 58 Ritzau Eisenbahn Katastrophen 1979 S 57 Freiburg 4 September Bonner Volkszeitung 6 September 1882 abgerufen am 4 September 2019 Ritzau u a Schatten der Eisenbahngeschichte Band 4 Deutsche Eisenbahn Katastrophen Verlag Zeit und Eisenbahn 1979 ISBN 3 921304 36 9 Andreas Sassen Das Kronprinzendenkmal am Bahnhof Isselhorst Avenwedde In Beitrage zur Geschichte des Kirchspiels Isselhorst Gutersloh 2000 S 7f a b Ritzau Eisenbahn Katastrophen 1979 S 55 Ritzau Eisenbahn Katastrophen 1979 S 57f 48 033472222222 7 8044444444444 Koordinaten 48 2 0 5 N 7 48 16 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisenbahnunfall bei Hugstetten amp oldid 238854703