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Walter Schubart 5 August 1897 in Sonneberg 15 September 1942 in einem Gefangenenlager in Kasachstan damalige UdSSR war ein deutscher Jurist und Kulturphilosoph 1933 verliess er Deutschland und lebte bis zu seiner Verhaftung durch die sowjetische Geheimpolizei GPU im Juli 1941 in Riga Hier schrieb er mehrere Bucher mit denen er sich weit uber den deutschen Sprachraum hinaus als Kultur und Religionsphilosoph einen Namen machte Vor allem sein geschichtsphilosophischer Essay Europa und die Seele des Ostens der 1938 im Verlag Vita Nova in Luzern erschien fand starke Beachtung In Deutschland wurde das Buch erst nach dem Zweiten Weltkrieg bekannt und bis Ende der 1970er Jahre nachgedruckt Im postsowjetischen Russland wird es bis heute haufig nationalistisch interpretiert Walter Schubart undatiertes Foto wahrscheinlich aus den 1920ern Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Werk und Rezeption 3 Selbstandige Schriften 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenWalter Schubart wurde am 5 August 1897 als altestes Kind von Albin und Charlotte Schubart geb Roth im thuringischen Sonneberg geboren Sein Vater war Amtsrichter am dortigen Herzoglichen Amtsgericht spater geheimer Justizrat in Meiningen die Mutter stammte aus einer Kaufmannsfamilie in Sonneberg Walter wuchs mit seinen Geschwistern Erika und Werner auf und besuchte das humanistische Gymnasium in Meiningen wo die Familie seit 1906 lebte Fruh zeigte sich sein Interesse an Geisteswissenschaften und seine von der Mutter geweckte Liebe zur Musik Nach dem Abitur nahm Walter Schubart als Freiwilliger am Ersten Weltkrieg teil und kehrte 1919 als Offizier mit militarischen Auszeichnungen zuruck Nach dem Willen des Vaters studierte er Rechtswissenschaft in Heidelberg Halle Tubingen und Jena wo er 1922 mit der Promotion zum Dr jur abschloss Es folgten eine Tatigkeit als Syndikus an der Akademie der Bildenden Kunste Munchen wo er mit Oswald Spengler in Kontakt kam und mehrere Auslandsreisen Schubart war seit dem Sommersemester 1920 bis zu seinem Austritt 1931 Mitglied der Studentenverbindung AV Igel Tubingen 1 In Munchen lernte Schubart die als elegant und hochgebildet beschriebene Vera Englert kennen eine lettische Judin die sich als russische Aristokratin ausgab Ihr Geburtsname lautete Rosa Rebekka Behrmann 14 jul 26 Januar 1897greg in Ventspils vermutlich 1943 in einem Frauenlager in Kasachstan Sie war mit dem deutschen Piloten Josef Englert verheiratet und hatte mit ihm zwei Kinder Inge und Maximilian lebte aber schon seit 1924 getrennt von ihrem Mann Walter Schubart und Vera Englert wurden ein Paar mit den Kindern ubersiedelten sie nach Jena und heirateten am 23 Dezember 1930 in Erfurt 1926 bis 1932 arbeitete Schubart als Rechtsanwalt am Oberlandesgericht Jena Nach Hitlers Machtubernahme 1933 emigrierte er mit seiner Familie nach Lettland da er im nationalsozialistischen Deutschland keine Zukunft fur sich sah Er wohnte zunachst bei seiner Schwiegermutter in Ventspils bis 1918 dt Windau ab 1935 in Riga Noch in Jena wurde sein Sohn Alexander geboren in Ventspils seine Tochter Nora Seit 1938 lebte Schubart mit seiner Familie in der fur ihre Jugendstilfassaden beruhmten Rigaer Albertstrasse Alberta iela 7 Wohnung Nr 10 In Riga begann Schubart als Schriftsteller und Publizist zu arbeiten und bezeichnete sich selbst als Professor fur Philosophie Es lassen sich jedoch nur Vortrage am deutschen Herder Institut Riga nachweisen Fur eine Promotion im Fach Philosophie fehlt ebenso wie fur eine regulare Lehrtatigkeit an der Universitat Riga jeder Beleg In rascher Folge entstanden mehrere Bucher Zeitungsartikel fur die deutschbaltische bis zur Gleichschaltung 1933 liberale Rigasche Rundschau sowie Aufsatze fur Zeitschriften in der Schweiz Osterreich und Deutschland Seine Bucher Europa und die Seele des Ostens 1938 Dostojewski und Nietzsche 1939 und Geistige Wandlung Von der Mechanik zur Metaphysik 1940 erschienen im Schweizer Exilverlag Vita Nova und wurden von den Nationalsozialisten auf den Index des unerwunschten und schadlichen Schrifttums gesetzt Nur Schubarts letztes Buch Religion und Eros 1941 konnte in Deutschland bei dem Verlag C H Beck in Munchen veroffentlicht werden Die Besetzung Lettlands durch die Rote Armee am 17 Juni 1940 machte Schubart jede Vortrags und Lehrtatigkeit unmoglich Versuche sich nach Budapest oder Zurich abzusetzen scheiterten einen Ruf an das Moskauer Institut fur west ostlichen Ausgleich lehnte er ab Bei einer Hausdurchsuchung durch die sowjetische Geheimpolizei GPU wurden die Schreibmaschine Bucher und Bilder beschlagnahmt ebenso das schriftstellerische Archiv Schubarts Das Manuskript eines Buches uber Kultur und Technik das Schubart noch fertiggestellt hatte gilt als verschollen Im November 1940 wurde Sohn Maximilian denunziert und in Arrest genommen kurz darauf wurde auch der Vater verhaftet jedoch nach Verhoren wieder freigelassen Sein Sohn konnte durch Vermittlung des deutschen Botschafters in Moskau Friedrich Werner Graf von der Schulenburg wieder auf freien Fuss kommen und musste innerhalb von 24 Stunden das Land verlassen Im Januar 1941 schickte das Ehepaar Schubart das selbst keine Ausreisevisa erhielt die Kinder Inge Alexander und Nora nach Deutschland Am 19 Juli 1941 wurden Walter Schubart und seine Frau Vera von der GPU verhaftet und mit der sibirischen Eisenbahn deportiert Erst 1998 wurde aufgrund einer Anfrage von Angehorigen durch das Rote Kreuz bekannt dass Walter Schubart am 15 September 1942 in einem Gefangenenlager in Kasachstan umgekommen ist 2 Archive des KGB in Riga und Moskau behaupteten in den 1990er Jahren auf Nachfrage ihnen sei daruber nichts bekannt Wann und wo Vera Schubart starb liess sich bis heute nicht ermitteln Nachfragen bei russischen Behorden blieben ohne Antwort Werk und Rezeption BearbeitenIn seinen Buchern die in mindestens acht Sprachen ubersetzt wurden vertrat Schubart eine humanistisch religiose Weltsicht mit der er fur viele Leser wahrend der Zeit der Naziherrschaft ein anderes Deutschland verkorperte und dem pseudoreligiosen Anspruch der NS Ideologie entgegentrat Das Buch Europa und die Seele des Ostens kundigt die Erlosung Europas durch Russland oder die Geburt einer westostlichen Weltkultur 3 an Es wurde nach seinem Erscheinen u a in den Niederlanden Frankreich der Schweiz Ungarn und den USA unmittelbar nach dem Krieg auch in Italien wahrgenommen In Deutschland hat man es erst nach 1945 entdeckt Zwei Horfunksendungen stellten Schubarts Thesen zur Diskussion Auf Kritik stiessen vor allem sein pessimistisches Bild westlicher Kultur und seine Hoffnung auf eine Heilung des westlichen Menschen durch die russische Seele 4 Wahrend des Ost West Konflikts stellte Heinrich Boll seine Aktualitat heraus nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fand der Philosoph Wilhelm Schmid es helfe die Gegenwart zwischen Ost und West besser zu verstehen Seit der ersten vollstandigen russischen Ubersetzung die 1997 erschien wird dieses Werk im postsowjetischen Russland kontrovers diskutiert Schubarts letztes veroffentlichtes Werk Religion und Eros ist der religionspsychologische Versuch die beiden starksten Triebkrafte des Menschen die nach Schubarts Ansicht vor allem durch die Sexualmoral des Apostels Paulus und des Kirchenvaters Augustinus verfeindet waren miteinander zu versohnen Zum Schluss behauptet der Autor Religion und Erotik haben dasselbe Ziel Sie wollen den Menschen verwandeln sie erstreben seine Wiedergeburt 5 Das Buch wurde schon fruh von Religionshistorikern und Psychologen gewurdigt aber auch wegen seiner Uberhohung des Eros seiner Tendenz zur Mystik und einer allzu negativen Deutung des Protestantismus kritisiert 6 Evangelische und katholische Theologen von Rang wie Karl Barth im Rahmen seiner Religionskritik Helmut Thielicke und Heinrich Stirnimann haben sich mit ihm auseinandergesetzt Heute berufen sich christliche Autoren geistlicher Schriften wie der Benediktiner Anselm Grun und der ehemalige Priester Pierre Stutz auf Schubarts Pladoyer fur eine lebendige Verbindung von Religion und Erotik Seit den 1970er Jahren fand Schubarts Beitrag zu einer west ostlichen Kultur in Japan Resonanz Die Bucher die zu seinen Lebzeiten erschienen wurden ins Japanische ubersetzt drei von ihnen ubersetzte der japanische Kulturwissenschaftler Yoshiaki Komai Selbstandige Schriften BearbeitenDas Ideal der Weltzerstorung Leipzig 1919 20 Kleinschrift Europa und die Seele des Ostens Luzern 1938 Digitalisat 1946 Neuausgabe Pfullingen 1951 zweite Auflage 1979 mit einem Vorwort von Heinrich Boll englische Ubersetzung Russia and Western Man Ubers von Amethe von Zeppelin New York Frederick Ungar Publishing Co 1950 Dostojewski und Nietzsche Luzern 1939 2 Auflage 1946 Geistige Wandlung Von der Mechanik zur Metaphysik Luzern 1940 Religion und Eros Munchen 1941 Neuausgabe 1952 zuletzt herausgegeben von Friedrich Seifert Beck Munchen 2001 ISBN 3 406 44801 1Literatur BearbeitenLev Anninskij Russkii zon Val tera Shuberta Der russische Aon Walter Schubarts in Druzhba narodov 2002 Nr 8 http magazines russ ru druzhba 2002 8 ann html Hans Ester De strijd der twee zielen in het werk van Walter Schubart in Literator Vol 33 No 2 2012 5 Seiten zuganglich in http www literator org za index php literator article viewFile 401 515 Rainer Goldt Vom Mythos verschlungen Wirken und Verschwinden des Walter Schubart in Schweizerische Monatshefte 80 2000 Heft 2 39 43 zuganglich in https www e periodica ch cntmng pid smh 002 2000 80 687 Michael Heymel Von der Heilung des westlichen Menschen Der Kulturphilosoph Walter Schubart 1897 1942 in Jahrbucher fur Geschichte Osteuropas 62 2014 Heft 3 S 371 400 Michael Heymel Der Kulturphilosoph Walter Schubart 1897 1942 Eine Spurensuche Berlin 2015 einzige vorhandene Monographie uber Leben und Werk Schubarts Michael Heymel Zur bewegten Geschichte eines Hauses Die Villa Hase in Jena und ihre Bewohner im 20 Jahrhundert in Gerbergasse 18 Thuringer Jahreszeitschrift fur Zeitgeschichte und Politik Ausgabe 4 17 S 25 28 Agita Luse Vel nenotikusi sastapsanas par filozofu V Subartu Eine Begegnung die niemals stattfand Uber den Philosophen Walter Schubart in Kentaurs XXI Bd 3 1992 89 94 1 Abb Agita Luse Vstrecha Begegnung Uber Leben und Werk des Philosophen Walter Schubart in Daugava Daugava 4 1993 126 133 Agita Luse Intersubjectivity and Love In Search of the Other in Analecta Husserliana Yearbook XLVIII Dordrecht 1996 401 408 Gunter Neske Nachwort zu Walter Schubart Europa und die Seele des Ostens Pfullingen 1979 351 356 enthalt biographische Details die nirgendwo sonst erwahnt werden Wilhelm Schmid Europa und die Seele des Ostens Was ein Buch von 1938 uns heute noch zu sagen hat in Herzattacke 7 1995 Heft 3 231 240 Timofey Sherudilo Val ter Shubert o russkom narode Walter Schubart uber das russische Volk 2000 www pereplet ru text schubart html Inge Schubart Ich wunsch dir die Sterne vom Himmel herunter Berlin 1994 Munchen 1999 autobiographischer Roman der Stieftochter Weblinks BearbeitenKalender Heiliges Russland 15 09 1942 uber Walter Schubart in Russische Idee zuganglich uber http www rusidea org a 25091512 abgerufen am 24 Juli 2012 russisch Einzelnachweise Bearbeiten Altenverein der Tubinger Verbindung Igel e V Akademische Verbindung Igel Tubingen Mitgliederverzeichnis 1871 2011 Tubingen 2011 Nr 503 Erstmals mitgeteilt von Rainer Goldt Vom Mythos verschlungen Wirken und Verschwinden des Walter Schubart In Schweizerische Monatshefte 80 2000 Heft 2 S 43 Walter Schubart Europa und die Seele des Ostens Pfullingen 2 Aufl 1979 Vorwort S 9 Vgl Michael Heymel Der Kulturphilosoph Walter Schubart 1897 1942 Eine Spurensuche Berlin 2015 S 47 61 Walter Schubart Religion und Eros Munchen 2001 S 278 Zur Rezeption von Religion und Eros vgl Michael Heymel Der Kulturphilosoph Walter Schubart 1897 1942 Berlin 2015 S 80 85 Normdaten Person GND 129397954 lobid OGND AKS LCCN no95003200 VIAF 23217695 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Schubart WalterKURZBESCHREIBUNG deutscher Jurist und KulturphilosophGEBURTSDATUM 5 August 1897GEBURTSORT SonnebergSTERBEDATUM 15 September 1942STERBEORT Kasachstan damalige UdSSR Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Walter Schubart amp oldid 236019502