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Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie wurde massgeblich von Chester I Barnard Herbert A Simon James March und Richard Cyert Ende der dreissiger Jahre des 20 Jahrhunderts gepragt Sie nimmt Entscheidungen in den Blick und versteht Entscheidungen als Entscheidungsprozesse und nicht als Entscheidungslogik 1 Die Frage im Mittelpunkt der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie ist wie durch Anpassungen an komplexe und veranderliche Umwelten das Fortbestehen von Organisationen gesichert wird Sie baut auf zwei Pramissen auf Menschen besitzen nur eine begrenzte Informationsverarbeitungskapazitat 2 Menschen mussen zum Mitwirken in Organisationen motiviert werden vergl X Y Theorie Inhaltsverzeichnis 1 Begrenzte Rationalitat 2 Rationalitatserweiterung durch Organisation 3 Mitgliedschaft in Organisation Anreiz Beitrag Theorie 4 Organisatorisches Lernen 5 EinzelnachweiseBegrenzte Rationalitat Bearbeiten Hauptartikel Begrenzte Rationalitat und Satisficing Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie geht von einer begrenzten Rationalitat der Individuen in ihrem Entscheidungsverhalten aus 3 Sie unterscheidet dabei drei verschiedene Dimensionen der Begrenzung Zuerst betont sie die Unvollstandigkeit des Wissens bezuglich der Konsequenzen von Entscheidungsalternativen da deren Erfassung die kognitiven Fahigkeiten von Menschen ubersteigt Ausserdem hatten sie Schwierigkeiten alle Konsequenzen zukunftiger Ereignisse und deren Bewertung vorherzusehen Ein Beispiel dafur ist das klassische Auseinanderklaffen von Vorfreude und den dann beim Eintreffen der Situation empfundenen Gefuhlen Drittens sei die Anzahl der wahrgenommenen Entscheidungsalternativen immer begrenzt und konne niemals alle Moglichkeiten umfassen 4 Beispielsweise kann ein Berufsanfanger nicht alle verfugbaren Berufe und Ausbildungen kennen und sich uber sie informieren Aus diesen drei Begrenzungen folgert die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie dass ein Individuum nicht in erster Linie nach der objektiv optimalen Losung sucht sondern die erste befriedigende Losung wahlt die dem eigenen Anspruchsniveau genugt Dieses Phanomen das als satisficing bezeichnet wird entsteht dadurch dass Individuen eine vereinfachte und subjektive Definition der Situation zugrunde legen und auch habituelles Verhalten ihre Entscheidungen beeinflusst z B durch Gewohnheit Sobald eine Befriedigung des Anspruchs eintritt und der Entscheidungsprozess damit vorerst abgeschlossen ist bildet sich das Potential fur eine Verschiebung des Anspruchsniveaus fur die nachste Entscheidung Das Anspruchsniveau eines Individuums andert sich also mit der Erfahrung in Bezug auf vergangene Entscheidungen 5 Rationalitatserweiterung durch Organisation BearbeitenEine Konsequenz der begrenzten Rationalitat ist dass die Organisation dennoch Mittel und Wege finden muss Unsicherheit und Komplexitat niedrig zu halten Dafur sind verschiedene Mechanismen von Bedeutung welche Entscheidungssituationen vereinfachen Arbeitsteilung schafft eine Unterteilung von Problemen in Teilprobleme und macht sie so leichter bearbeitbar Weiterhin konnen so unterschiedliche Organisationsziele besser erreicht werden beispielsweise durch eine Aufteilung des Produktions und Vertriebsprozesses Standardisierung und Formalisierung von Arbeitsprozessen schaffen eine Vorlage fur die Ausfuhrung von Aufgaben und Schaffung von Losungen da sie so bereits bestehen und einfach angewendet werden konnen Einfuhrung von hierarchischen Strukturen welche die Handlungsmoglichkeiten der Mitglieder je nach Hierarchiestufe einschranken Kommunikation ermoglicht eine arbeits und aufgabenspezifische Versorgung und Verteilung von Informationen Indoktrination zwecks der Zuruckstellung der individuellen Ziele der Mitglieder um dem Zweck der Organisation gerecht zu werden Diese Mechanismen reduzieren die Komplexitat zu einem gewissen Teil und bilden die Voraussetzungen fur die Entscheidungsfindung durch Mitglieder der Organisation vor 6 Sie beseitigen die Komplexitat jedoch nie vollstandig 6 Mitgliedschaft in Organisation Anreiz Beitrag Theorie BearbeitenGrundlegend werden Organisationen als Handlungssysteme mit vorgeschriebenen Grenzen verstanden Durch diese Grenzen entsteht ein Verstandnis von Beitragen im Sinne der Organisation wobei Handeln im Sinne der Organisation als Beitrag verstanden wird welche in Abwagung der wahrgenommenen Alternativen des Handelnden getatigt werden Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie konzeptualisiert an dieser Stelle ein Gleichgewicht zwischen Beitragen und Anreizen Dieses Gleichgewicht besteht aus Anreizen seitens der Organisation und Beitragen seitens der Mitglieder Die Organisation muss dabei genugend Anreize schaffen um Mitglieder zu motivieren Entgegen der klassischen Okonomie beschrankt sich dies nicht auf rein materielle Anreize sondern auch nicht materielle Anreize Human Relations Ansatz 7 Organisationen stellen jedoch auch weitere Anforderungen an ihre Mitglieder welche sich nicht allein auf Anreiz und Beitrag runterbrechen lassen Zentral ist hier der Zusammenhang von Mitgliedschaft und Akzeptanz von Herrschaft und Machtausubung Der Theorie nach fuhrt dies zu einem unpersonlichen Handeln innerhalb der Organisation Durch den weit gefassten Organisationsbegriff gelten diese Herrschaftsbeziehungen nur nach innen also in die Organisation und nicht nach aussen Organisatorisches Lernen BearbeitenDas Ziel des organisatorischen Lernens ist die Verbesserung des organisatorischen Verhaltens uber die schrittweise Anpassung von Zielen der Anpassung an die Umwelt und der Suche nach neuen Losungen Das adaptive rationale System der Organisation gilt als Abgrenzung zu klassischen Sichtweisen die die Organisation als umfassend rational betrachten Die fruhere Annahme der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie wurde revidiert bzw kritisch hinterfragt wodurch man auf die Voraussetzungen kam durch die Organisationen lernen konnen Mitarbeiter mussen die richtigen Probleme wahrnehmen konnen siehe Sensemaking Diese mussen sie in individuelle Handlungen umsetzen Daraus folgen Umsetzungen in Handlungen der Organisation Schliesslich mussen richtige Schlussfolgerungen zur Wirksamkeit der Veranderung gezogen werdenDieses Lernen ist ein zyklischer Prozess der kein Ende kennt da die Organisation nie auslernt und sich immer wieder der Umwelt und ihren Veranderungen anpassen muss Eine Grundvoraussetzung um die Reaktion auf die Umwelt zu verbessern ist dass die Organisation Geduld haben muss das bedeutet dass wenn man in Organisationen Veranderungen vornimmt man sich nicht von einzelnen Niederlagen abbringen lassen sollte sondern dabeibleiben und geduldig die langfristigen Folgen der Veranderungen abwarten sollte Zwei weitere Voraussetzungen sind erstens die Bereitschaft Risiken einzugehen und zweitens die Bereitschaft das Experiment mit alternativen Wegen fortzusetzen auch wenn die ersten Erfahrungen negativ sind Aus diesen Annahmen der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie Begrenzte Rationalitat unvollstandige Informiertheit und Satisficing resultieren Folgeprobleme Entscheidungsprozesse konnen je nach Kontext und Zeitpunkt sehr unterschiedlich ausfallen da die Mitglieder unterschiedlich viel Zeit und Aufmerksamkeit dafur investieren und nicht nach einer rationalen Losung sondern einer befriedigenden Losung streben und zusatzlich andere Teilnehmer uberzeugen mussen 8 Einzelnachweise Bearbeiten Ulrike Berger Isolde Bernhard Mehlich Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie In Alfred Kieser Mark Ebers Hrsg Organisationstheorien 6 Auflage W Kohlhammer Stuttgart 2006 ISBN 3 17 019281 7 S 169 Ulrike Berger Isolde Bernhard Mehlich Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie In Kieser Alfred Ebers Mark Hrsg Organisationstheorien 6 Auflage W Kohlhammer Stuttgart 2006 ISBN 3 17 019281 7 S 169 Andrew M Colman Dictionary of Psychology Oxford University Press 2001 Giuseppe Bonazzi Geschichte des organisatorischen Denkens Hrsg Veronica Tacke 2 Auflage Wiesbaden 2008 ISBN 978 3 658 02506 9 S 316 f Ulrike Berger Isolde Bernhard Mehlich Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie In Kieser Alfred Ebers Mark Hrsg Organisationstheorien 6 Auflage W Kohlhammer Stuttgart 2006 ISBN 3 17 019281 7 S 177 183 a b Ulrike Berger Isolde Bernhard Mehlich Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie In Kieser Alfred Ebers Mark Hrsg Organisationstheorien 6 Auflage W Kohlhammer Stuttgart 2006 ISBN 3 17 019281 7 S 179 182 Ulrike Berger Isolde Bernhard Mehlich Die Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie Hrsg Kieser Alfred Ebers Mark 6 Auflage W Kohlhammer Stuttgart 2006 ISBN 3 17 019281 7 Ulrike Berger Isolde Bernhard Mehlich Die verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie In Kieser Alfred Ebers Mark Hrsg Organisationstheorien 6 Auflage W Kohlhammer Stuttgart 2006 ISBN 3 17 019281 7 S 148 160 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie amp oldid 238663990