www.wikidata.de-de.nina.az
Der Begriff Verband steht fur eine Vielzahl sehr unterschiedlicher ausserlich anwendbarer Behandlungstechniken Im wortlichen Sinne versteht man darunter das Befestigen von Wundauflagen am Korper Inzwischen hat sich der Bedeutungsumfang erheblich erweitert Die Verbandlehre Desmurgie ist Teilgebiet der Chirurgie 1 Darstellung eines Verbandes auf einer antiken griechischen VaseErstverband fur eine kleine Kopfwunde Gemalde 19 Jahrhundert Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Funktion 3 Material 3 1 Ruhigstellende Verbande 3 2 Kompressionsverbande 3 3 Wundverbande 3 4 Hilfsmittel 4 Sonderformen 5 Techniken des Verbindens 6 Wundverbandwechsel 7 Literatur 8 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenWann erste Verbande angelegt wurden wird sich wahrscheinlich nicht ermitteln lassen Wie man bei Naturvolkern auch heute noch sieht kann vermutet werden dass schon in Urzeiten Wunden mit naturlichen Materialien abgedeckt oder ruhiggestellt wurden um die Heilung zu unterstutzen Lange Zeit bestanden Wundverbande vor allem aus Textilien Bereits in der Antike bestand zum Teil ein hohes Niveau in der Verbandtechnik auch im Hinblick auf hygienische Vorgehensweise Uber die Verbandtechniken ist allerdings im Detail wenig bekannt Aufgrund fehlenden Wissens vor allem in der Mikrobiologie wurden in der Medizin aber auch zum Teil heute als abenteuerlich empfundene Grundsatze fur Verbande entwickelt So war man z B in Europa noch Mitte des 19 Jahrhunderts der Meinung ein verschmutzter Verband von einer Wunde die erfolgreich abgeheilt war sei bei anderen Patienten heilungsfordernd Mit den zunehmenden Erkenntnissen der Hygiene waren dann wieder lange Zeit Baumwolle und Leinen die vorherrschenden Verbandmaterialien da sie sich sterilisieren liessen Es dominierte die sogenannte trockene Wundbehandlung Seit Beginn des 20 Jahrhunderts traten verstarkt neue Materialien fur Verbande hinzu Hervorzuheben ist hier die Entwicklung dauerelastischer Gewebe und hautvertraglicher Klebstoffe Erst Mitte des 20 Jahrhunderts als mit vertieften Kenntnissen der Heilungsprozesse aber auch durch Entwicklung neuer Materialien vor allem von Alginaten und atmungsaktiven Folien eine angemessene feuchte Wundbehandlung moglich wurde trat eine grundsatzliche Neuorientierung ein Funktion BearbeitenVerbande haben ein weites Anwendungsspektrum und mussen darum zum Teil widerspruchliche Leistungen erbringen Dabei gilt naturlich in besonderer Weise dass Verbande keine Schaden verursachen sollten Ein wesentliches Problem fast aller Wundverbande ist eine drohende Verklebung oder Verwachsung der Wunde mit Verbandmaterial und die dann immer wiederkehrende Storung des Heilungsprozesses durch Verbandwechsel Dieses Problem muss vor allem durch den Einsatz geeigneter Materialien gelost werden Ausserdem schranken Verbande haufig Korperfunktionen ein etwa wenn Schienen Gelenke immobilisieren Dies fuhrt nicht nur zur Einschrankung der Lebensqualitat fur die Dauer der Behandlung es kann auch zu Folgeschaden fuhren die unter Umstanden dauerhaft sind Positive Anforderungen an Verbande konnen sein Schutz vor Umwelteinflussen wie dem Eindringen von Krankheitserregern Fremdkorpern Austrocknung Aufweichung Uberhitzung Auskuhlen UV Strahlung Schutz vor mechanischer Belastung Ruhigstellung dies konnen Belastungen durch Bewegung sein die zum Aufklaffen einer Wunde oder zum Zerreissen neugebildeten Gewebes fuhren konnten aber auch Druckbelastungen sein Typisches Beispiel ist der Gipsverband Applikation von Arzneimitteln in einfacher Form zur Fixierung von z B Salben oder wirkstoffgetrankten Polstern bis hin zu transdermalen therapeutischen Systemen Kompression einer Wunde um Schwellungen und Narbenbildung zu vermindern von Gliedmassen zur Thromboseprophylaxe oder zur Unterstutzung der Lymphdrainage zur Verminderung der Durchblutung bis hin zum Abbinden Blutstillung durch Verlangsamung des Blutflusses meist in Verbindung mit komprimierender Wirkung und beschleunigter fremdkorperinduzierter Blutgerinnung Sekretaufnahme die sowohl dem Aufweichen des Gewebes vorbeugen als auch den Abtransport heilungshemmender Stoffe wie denaturiertem Eiweiss aus Brandwunden oder Eiter sicherstellen soll Schmerzlinderung PlaceboeffektMaterial BearbeitenDas Material muss der Funktion folgen und ist darum genau so vielfaltig wie die Anwendungsgebiete Verbandmaterial soll dabei prinzipiell moglichst wenig zusatzliche Belastungen verursachen also etwa keine Hautreizungen oder Druckstellen verursachen und keine Ruckstande in Wunden zurucklassen welche die Wundheilung hemmen also z B nicht fusseln Ruhigstellende Verbande Bearbeiten Fur ruhigstellende Verbande werden feste Materialien verwendet wie etwa Schienen aus Metall z B in Form von Drahtleiterschienen Kunststoffen oder fruher auch aus Holz Der klassische ruhigstellende Verband ist bis heute der Gipsverband der jedoch in jungerer Zeit immer mehr durch Verbande aus verschiedenen wasserpolymerisierenden faserverstarkten Kunststoffen z B Cast abgelost wird die pflegeleichter und leichter sind Wo keine vollstandige Ruhigstellung notwendig ist konnen auch fest angelegte textile Materialien entlastend wirken etwa als elastische Binden Zinkleimverband oder Tapeverband Polstermaterialien sind auch heute noch vielfach Kompressen oder Verbandwatte aber auch hier zunehmend Kunststoffe etwa in Form von Schaumstoff oder auch Gelkissen Kompressionsverbande Bearbeiten Fur Kompressionsverbande kommen in der Regel elastische Bandagen Strumpfe oder Adaptive Kompressionsbandagen zum Einsatz Je nach Therapieziel werden dafur sehr unterschiedliche Formate und Materialeigenschaften vorgehalten z B werden dehnungsfahigere Materialien Langzugbinde fur Tiefenwirkung und statischen Druck etwa bei mobilen Patienten und weniger elastische Materialien Kurzzugbinde fur oberflachlichere Wirkung bei bettlagerigen Patienten verwendet Langzugbinden mussen jedoch bei Nacht und bei mehr als zehnminutigen Liegepausen abgenommen werden Wundverbande Bearbeiten nbsp Moderner Verband zur feuchten WundversorgungBei klassischen Wundverbanden werden vor allem Textilien verwendet Sie bestehen aus mehreren Schichten die evtl verschiedene Aufgaben erfullen sollen Die Wundauflage bestand in der Vergangenheit uberwiegend aus Baumwollkompressen Fur Brandwunden wurden oft auch Seidengewebe eingesetzt Bei sekundarer Wundheilung kommen vermehrt feuchte Verbande zum Einsatz insbesondere bei chronischen Wunden wie dem Ulcus cruris Fur die feuchte Wundbehandlung werden dafur zunehmend Alginate Hydrokolloide oder spezielle Schaumstoffe verwendet Damit wird auch das Problem einer Verklebung von Verband und Wundflache gelost Solange solche Versorgungssysteme nicht zur Verfugung standen oder wo diese nicht angezeigt sind wird etwa durch metallbedampfte Gewebe oder das Auflegen gefetteter Gaze auf die Wundflache versucht Anhaftungen zu vermeiden Die Fixierung der Wundauflage erfolgte fruher fast ausschliesslich mit wohl erstmals Ende des 15 Jahrhunderts 2 von dem Wundarzt Alexander Hartmann aus franckfurtt 3 so genannten Rollbinden Mullbinden oder Leinenbinden In neuerer Zeit kommen dafur vermehrt elastische Binden oft auch adhasiv beschichtet oder Textilschlauche Schlauchmull Stulpa zum Einsatz Durch die Entwicklung atmungsaktiver Folien werden Wundauflagen auch schon direkt mit Klebefolien fixiert was die Beobachtung des Wundgebietes erleichtert allerdings Uberempfindlichkeitsreaktionen auf Klebstoffe hervorrufen kann In der Versorgung kleinerer Wunden kommen auch Wundschnellverband und Spruhpflaster zur Anwendung In der Ersten Hilfe werden auch Verbandtucher sowie Dreiecktucher und vorbereitete Kombinationen von Materialien als Verbandpackchen verwendet Hilfsmittel Bearbeiten Hilfsmittel zum Aufbau eines Verbandes konnen auch gefettete Gaze Alginate Zellstoff oder Papier und naturlich verschiedenste Arzneistoffe sein die unter oder in die Wundauflage verbracht werden Dazu kommen noch Verbandklammern Sicherheitsnadeln oder Klebestreifen auch Fixierpflaster um Bindenenden oder Verbandrander zu sichern nbsp Schlauchverband an einem Finger zur Befestigung von VerbandmaterialNeben der bereits erwahnten Funktion zur Befestigung von Verbandmaterial werden die rohrenformig mit unterschiedlichen Durchmessern hergestellten Trikotschlauche auch als Hilfsmittel z B als Unterzug fur Gipsverbande oder zur Hautbedeckung am Amputationsstumpf eingesetzt Sonderformen BearbeitenOkklusivverband schon mehr eine Arzneimittelapplikationsart Wickel mit Ubergangen zur physikalischen Therapie Transportschienen Orthopadische Bandagen mit Ubergangen zur Orthese Abbindung von Korperteilen zum Erzeugen von Blutleere oder Stoppen starker Blutungen Techniken des Verbindens BearbeitenTraditionell wurden Verbande durch Umwickeln angelegt Die Grundform dafur ist der Spiralgang bei dem Bindengange gleichmassig teilweise uberlappend gewickelt werden Ein einmaliger Bindenumlauf wird dabei als Zirkeltour bezeichnet Die sogenannte Achtertour ist eine Abwandlung die eine hohere Stabilitat verleiht Mit dem gleichen Ziel wurden Kornahrenverband und Umschlagverband entwickelt Fur schwierige anatomische Gegebenheiten wie etwa an Gelenken oder Verbande im Schulter oder Huftbereich wurden kunstvolle Wickelschemata entwickelt die ein hohes Mass an Sachkenntnis und Ubung erforderten wie der desaultsche Achsel Schulter Ellbogenverband oder der Kopf Halfterverband Mit dem Aufkommen von Schlauchmull Elastikverbanden und selbstklebenden oder Adhasiv Verbandmaterialien in den 1980er Jahren verloren die Wickeltechniken an Bedeutung Nur fur Kompressionsverbande werden sie noch angewendet Heute gibt es eine Vielzahl industriell vorgefertigter Systeme die jeweils richtig ausgewahlt angepasst und dann spezifisch uberwacht werden mussen Leitbegriff ist dabei das physiologische Wundmilieu Bei der Versorgung tiefer Defekte mussen zum Teil Hohlraume gefullt werden etwa in Form von Tamponaden oder Abflusssonden gelegt werden Hier wurde in der Vergangenheit meist Baumwollgewebe verwendet und auch hier werden zunehmend Schaumstoffe oder Kunstfaserpolster verwendet Auch beim Anlegen ruhigstellender Verbande ist oft eine spezielle Vorbereitung des Untergrundes notwendig Dabei mussen Kanten und Knochenerhebungen abgepolstert werden und dem Verband an mechanisch belasteten Stellen Verstarkungen eingebaut werden Wundverbandwechsel BearbeitenVerbandwechsel sind jeweils Gelegenheiten therapeutisch auf die Wunde einzuwirken etwa durch das Aufbringen von Medikamenten oder Spulung der Wunde Ausserdem kann durch Beobachtung von Wunde und Wundauflage die Heilung beurteilt und dokumentiert werden Allerdings besteht wahrend eines Verbandwechsels auch das Risiko der Auskuhlung der Wunde die Gefahr einer Storung eingesetzter Heilungsprozesse die Moglichkeit fur Keime und Erreger an die Wunde zu gelangen oder gar einer Infektion Darum sind die Regeln aseptischer Arbeitsweise 4 streng zu beachten In der modernen Wundversorgung hat sich die sogenannte Non Touch Technik d h die ausschliessliche Beruhrung des Wundgebietes mit sterilen Materialien oder sterilisierten Instrumenten nicht mit der Hand etabliert Literatur BearbeitenUrsula Kowe Die Geschichte des Verbandstoffes med Diss Bonn 1958 Johannes Steudel Der Verbandsstoff in der Geschichte der Medizin Ein kulturhistorischer Uberblick Duren im Rheinland 1964 Ingo Blank Wundversorgung und Verbandwechsel Kohlhammer Stuttgart 2007 ISBN 3 17 016219 5 Eibl Eibesfeld Kessler Stenger Verbandlehre 6 uberarb Auflage Urban amp Schwarzenberg 1997 ISBN 3 541 02856 4 Thiemes Pflege Begr von Liliane Juchli Hrsg Edith Kellnhauser 9 uberarb Auflage Thieme Stuttgart New York 2000 ISBN 3 13 500009 5 S2 Leitlinie Phlebologischer Kompressionsverband PKV AWMF Registernummer 037 005 Volltext Stand 06 2009 Einzelnachweise Bearbeiten Helmut Fass Verbandlehre In Lehrbuch der Chirurgie Springer Berlin Heidelberg 1976 ISBN 978 3 642 96335 3 S 122 141 Wolfgang Wegner Hartmann Alexander In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 536 f Volker Zimmermann Hartmann Alexander In Burghart Wachinger u a Hrsg Die deutsche Literatur des Mittelalters Verfasserlexikon 2 vollig neu bearbeitete Auflage Band 3 De Gruyter Berlin New York 1981 ISBN 3 11 007264 5 Sp 499 Vgl auch Ernst von Bergmann Uber die gegenwartigen Verbandmethoden und ihre Stellung zur Antiseptik In Berliner klinische Wochenschrift 1882 S 610 ff Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Verband Medizin amp oldid 239424033