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Duplex usus legis zweifacher Gebrauch des Gesetzes ist ein Begriff der lutherischen Ethik Der usus civilis legis Tafel mit den Zehn Geboten im Rathaus zu Wittenberg Lucas Cranach d A 1516Der usus elenchticus legis Vom Gesetz den Tafeln der Zehn Gebote zu Tode erschreckt flieht der Mensch zum Kreuz Christi Lucas Cranach d A Gesetz und Gnade 1529 Herzogliches Museum Gotha Martin Luther verwendete seit der Kirchenpostille 1522 1 konsequent folgende Terminologie Erster Gebrauch des Gesetzes usus civilis oder politicus Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Ordnung Luther meinte dass die Menschen wie wilde Tiere ubereinander herfielen wenn die weltliche Obrigkeit nicht durch Gesetze und Strafen ein friedliches Zusammenleben schutzte 2 Zweiter Gebrauch des Gesetzes usus elenchticus spiritualis oder theologicus Sundenerkenntnis cognitio peccati So braucht Gott sein Gesetz lasst es wirksam werden zur Aufdeckung der Sunde in den Herzen der Menschen 3 Einen Tertius usus legis dritten Gebrauch des Gesetzes kannte Luther nicht Werner Elert und Gerhard Ebeling wiesen unabhangig voneinander nach dass die einzige Fundstelle hierzu in Luthers Werken WA 39 I 485 16 24 eine Bearbeitung des Textes Elert Falschung durch Philipp Melanchthon ist 4 Gegen die Anhanger Melanchthons Philippisten hielten die Gnesiolutheraner am Duplex usus legis fest 5 Den Begriff usus legis bildete Luther in Anknupfung an den Bibelvers 1 Tim 1 8 LUT Die inhaltliche Prazisierung erfolgte in zwei Schritten zunachst in Auseinandersetzung mit den von Luther sogenannten Schwarmern hier besonders mit Karlstadt spater in Auseinandersetzung mit den Antinomisten Bildersturm als vermeintliche Konsequenz von Luthers Theologie Thomas Murner Von dem grossen Lutherischen Narren 1522 Fur Karlstadt machte sich die Gultigkeit des alttestamentlichen Gesetzes fur Christen besonders am Bilderverbot fest Die Entfernung kultischer Bilder aus Kirchen wurde von Luther als Bildersturm bezeichnet und damit als gewalttatiges Sturmen diskreditiert Gegen Karlstadt behauptete Luther fur Christen gelte statt des alttestamentlichen Gesetzes das kaiserliche Recht Die Tora sei der Juden Sachsenspiegel und gehe die Christen nichts mehr an Damit trat Luther fur eine Eigenstandigkeit der burgerlichen Rechtschaffenheit iustitia civilis ein deren Normen nicht biblizistisch hergeleitet werden 6 Fur Johann Agricola hat es der Glaube nur mit dem Evangelium zu tun das Gesetz gehore ins Rathaus und nicht auf die Kanzel 7 Luther ging nicht so weit Das Gesetz konne zwar nichts zur Rechtfertigung beitragen Aber es beschreibe eine Grundverfassung des Menschen Der Mensch werde vom Gesetz z B mit der Forderung der Mitmenschlichkeit konfrontiert ignoriert er sie so macht er sich schuldig erfullt er sie so dient ihm das nach Luther nur zur Selbstbestatigung und endet als fatale Selbstgerechtigkeit 8 Gibt es fur Luther eine allgemeinmenschliche Gesetzeserfahrung Nach Ebelings Definition ware das anzunehmen Gesetz ist fur Luther nicht eine statuarische geoffenbarte Norm zu der sich nun der Mensch so oder so verhalt sondern eine existentiale Kategorie in der die theologische Interpretation des faktischen Menschseins zusammengeballt ist Gesetz ist darum nicht eine Idee oder eine Summe von Satzen sondern die Wirklichkeit des gefallenen Menschen 9 Vor dem Hintergrund moderner Philosophie ist die Annahme es gebe eine naturliche Gotteserkenntnis mindestens umstritten Luther sah das allerdings so Das Gesetz sei in Form der Zehn Gebote jedem Menschen in Herz und Gewissen eingepragt 10 Fur Luther gehorte das Gesetz auf die Kanzel allerdings nicht als padagogische oder moralisierende Gesetzespredigt sondern als Wegweiser zum Evangelium Luther hat die Ausserung die Tora sei der Juden Sachsenspiegel und ginge die Christen nichts an teilweise wieder relativiert es gebe in der Tora Gesetze besonders den Dekalog die dem naturlichen Gesetz entsprachen Dasselbe Gesetz das Gott dem Mose am Sinai offenbarte sei auch allen Menschen ins Herz geschrieben 11 Im Blick auf den ersten Gebrauch des Gesetzes usus civilis ergeben sich Perspektiven fur eine moderne lutherische Ethik Das Gesetz ist dasselbe fur Christen und Nichtchristen Nur seine Bedeutung Wirkung Funktion ist verschieden fur Christen und Nichtchristen so Martin Honecker 12 In christlicher Freiheit konnen deshalb neue Gesetze entworfen werden nach Luther sogar ein neuer Dekalog Aber dabei bleibt man immer anfallig fur Irrtumer Die Entwicklung neuer Gesetze ist deshalb ein kommunikatives Geschehen bei der die Christen untereinander aber auch mit der Bibel im Gesprach bleiben 13 Literatur BearbeitenMartin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Grundlagen und Grundbegriffe Walter de Gruyter Berlin New York 1990 ISBN 3 11 008146 6 Wilfried Joest Dogmatik Band 2 Der Weg Gottes mit dem Menschen 3 durchgesehene Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1993 ISBN 3 525 03264 1 Svend Andersen Macht aus Liebe Zur Rekonstruktion einer lutherischen politischen Ethik Theologische Bibliothek Topelmann Band 149 Walter de Gruyter Berlin New York 2010 Einzelnachweise Bearbeiten Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 63 Svend Andersen Macht aus Liebe Zur Rekonstruktion einer lutherischen politischen Ethik Berlin New York 2010 S 22 f Wilfried Joest Der Weg Gottes mit dem Menschen Gottingen 1993 S 494 Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 63 Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 75 Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 64 Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 65 Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 66 Gerhard Ebeling Wort und Glaube I S 64 5 hier zitiert nach Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 66 f Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 67 Svend Andersen Macht aus Liebe Zur Rekonstruktion einer lutherischen politischen Ethik Berlin New York 2010 S 61 Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 68 Martin Honecker Einfuhrung in die Theologische Ethik Berlin New York 1990 S 69 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Duplex usus legis amp oldid 197645516