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Das Bundesverfassungsgericht erklarte mit Urteil vom 18 Dezember 2002 1 das Zuwanderungsgesetz 2002 aus formellen Grunden fur verfassungswidrig und daher nichtig Damit trat das Gesetz nicht am 1 Januar 2003 in Kraft Von der Nichtigkeitsfolge wurden auch die Regelungen erfasst die am 26 Juni und 1 Juli 2002 wirksam geworden waren Logo auf den Entscheidungen des VerfassungsgerichtsNach dieser Entscheidung brachte die Regierung auf Initiative von Bundesinnenminister Otto Schily das Gesetz im Januar 2003 erneut ein es trat in der entsprechenden Fassung am 1 Januar 2005 in Kraft Inhaltsverzeichnis 1 Politischer Hintergrund 2 Tragende Grunde des Urteils 3 Sondervotum der Richterinnen Osterloh und Lubbe Wolff 4 Weblinks 5 Literatur 6 EinzelnachweisePolitischer Hintergrund BearbeitenWahrend die Unions gefuhrte Opposition im Deutschen Bundestag sich gegenuber der rot grunen Mehrheit nicht durchsetzen konnte zeichnete sich im Bundesrat eine Stimmengleichheit ab so dass es auf die Stimmen des Landes Brandenburg ankam Die dort regierende grosse Koalition aus SPD und CDU hatte in ihrem Koalitionsvertrag generell vereinbart sich bei mangelnder Einigung im Bundesrat der Stimme zu enthalten Bundesratsklausel Dies hatte das Gesetz blockiert Der Ministerprasident Manfred Stolpe hatte deutlich gemacht dass er davon abweichen und Widerspruch von anderen Ministern seines Kabinetts nicht dulden werde CDU Minister die zugleich als Bundesratsmitglieder fur die Brandenburgische Regierung bestellt waren standen vor dem Dilemma die Regierungskoalition zu gefahrden bzw ihre spontane Abbestellung durch den Ministerprasidenten zu provozieren oder das ungewollte Gesetz passieren zu lassen Das Bundesratsmitglied Jorg Schonbohm CDU hatte sich daher entschlossen in Absprache mit anderen Bundesratsmitgliedern CDU regierter Lander namentlich Peter Muller und Roland Koch einmalig in Dissens zu stimmen und danach sich nicht eindeutig zu aussern wahrend die anderen Mitglieder fur ihn appellieren siehe weitere Abschnitte in den Hauptartikeln Bundesrat ZuwanderungsgesetzTragende Grunde des Urteils BearbeitenZur Begrundung ihrer Entscheidung fuhrt die Senatsmehrheit aus Das Zuwanderungsgesetz verstosst gegen Art 78 GG und ist daher nichtig Es ist wegen der in ihm enthaltenen Bestimmungen uber das Verwaltungsverfahren ein zustimmungsbedurftiges Gesetz das jedoch im Bundesrat nicht die erforderliche Mehrheit der Stimmen erhalten hat An einer Zustimmung des Landes Brandenburg fehlt es weil bei Aufruf des Landes im Bundesrat die Stimmen nicht einheitlich abgegeben wurden Die Lander werden jeweils durch ihre anwesenden Bundesratsmitglieder vertreten Dabei geht das Grundgesetz von der einheitlichen Stimmabgabe aus und respektiert die Praxis der landesautonom bestimmten Stimmfuhrer ohne seinerseits mit Geboten und Festlegungen in den Verfassungsraum des Landes uberzugreifen Impermeabilitat Der Abgabe der Stimmen durch einen Stimmfuhrer kann jedoch jederzeit durch ein anderes Bundesratsmitglied desselben Landes widersprochen werden Damit entfalle die Stimmfuhrerschaft Hier hat das im Abstimmungsverfahren aufgerufene Land Brandenburg seine 4 Stimmen nicht einheitlich abgegeben Die Uneinheitlichkeit der Stimmenabgabe Brandenburgs ist durch den weiteren Abstimmungsverlauf nicht beseitigt worden Der Bundesratsprasident durfte nach seiner Feststellung dass das Land Brandenburg uneinheitlich abgestimmt habe nicht erneut das Bundesratsmitglied Manfred Stolpe fragen wie das Land Brandenburg abstimme Der die Abstimmung leitende Bundesratsprasident ist zwar grundsatzlich berechtigt bei Unklarheiten im Abstimmungsverlauf eine Klarung herbeizufuhren und auf eine wirksame Abstimmung des Landes hinzuwirken Besteht jedoch ein einheitlicher Landeswille erkennbar nicht und ist nach den gesamten Umstanden nicht zu erwarten dass ein solcher noch wahrend der Abstimmung zustande kommen werde entfallt das Recht zur Nachfrage Hier lag der Wille des Landes Brandenburg zur uneinheitlichen Abstimmung klar zutage Es bestand Klarheit uber den Dissens Selbst wenn ein Nachfragerecht des Bundesratsprasidenten grundsatzlich unterstellt wird fuhrt dies zu keinem anderen Ergebnis Die Nachfrage hatte nur in der gebotenen neutralen Form erfolgen durfen Dazu bestanden zwei Moglichkeiten Entweder hatte das Land Brandenburg in der laufenden Abstimmung ein zweites Mal aufgerufen werden konnen Damit ware die Frage wie das Land abstimme an alle anwesenden Bundesratsmitglieder gerichtet worden Oder der Bundesratsprasident hatte wie geschehen ein Bundesratsmitglied des Landes direkt fragen durfen dann aber hatte nach dem Ja des Ministerprasidenten zur Vermeidung von Unklarheit auch Minister Schonbohm gefragt werden mussen ob er bei seinem Nein bleibe Dem Schweigen ohne vorangehende Frage kommt kein rechtlicher Erklarungswert in einer Abstimmung zu es besteht keine Pflicht zum ungefragten Zwischenruf Sondervotum der Richterinnen Osterloh und Lubbe Wolff BearbeitenRichterin Osterloh und Richterin Lubbe Wolff stimmen der Senatsmehrheit darin zu dass bei der Abstimmung uber das Zuwanderungsgesetz das Land Brandenburg zunachst nicht einheitlich gestimmt hat Ihrer Auffassung nach war das Land Brandenburg jedoch berechtigt das im ersten Durchgang gezeigte Abstimmungsverhalten zu korrigieren Sie tragen das Urteil im Ergebnis nicht mit Denn das Gericht hat diesen Befund ausser Acht gelassen und eine unvollstandige Prufung durchgefuhrt Wegen des Wortlauts von Art 51 Abs 3 Satz 2 GG bestehen schon Zweifel daran dass bei uneinheitlicher Abstimmung eines Landes uberhaupt davon gesprochen werden kann es habe eine wirksame Stimmabgabe im Rechtssinne stattgefunden Schon aus diesem Grund bestand ein Recht des Landes seine Stimmen erneut und nunmehr wirksam abzugeben Selbst wenn die Nachfrage des Bundesratsprasidenten Wowereit unzulassig gewesen ware bedeutet dies nicht dass das Land Brandenburg sein Korrekturrecht nicht mehr wirksam ausuben konnte Die Auffassung der Senatsmehrheit lauft darauf hinaus dass der Bundesratsprasident das Recht eines Landes zur Korrektur seiner Stimmabgabe beseitigt wenn er dem Land unveranlasst die Gelegenheit dazu anbietet oder falsch danach fragt Dass jemand durch inkorrektes Verhalten eines Anderen Rechte einbusst also wie hier sein Recht auf Willenskundgabe und Mitwirkung an der Gesetzgebung verliert ist dem Rechtssystem fremd Die Verfassung kennt kein Handeln zu Lasten Dritter Der Bundesratsprasident hat mit seiner Nachfrage vielmehr einen neuen Abstimmungsdurchgang eroffnet In diesem zweiten Durchgang kam es nicht mehr auf die zuvor uneinheitlich abgegebenen Stimmen an sondern darauf ob das Land nunmehr einheitlich abstimmen wurde Das ist geschehen Der Minister Schonbohm hat den Dissens nicht aufrechterhalten Er hat sich nicht getraut erneut mit Nein zu votieren er hat namlich gar nicht votiert Seine Worte Sie kennen meine Auffassung Herr Prasident sind in diesem Kontext irrelevant Auf die mit diesen Worten bekraftigte Auffassung kam es aber nicht an Art 51 Abs 3 Satz 2 GG verlangt nicht dass die Vertreter eines Landes im Bundesrat einheitlicher Auffassung sind Eben deshalb ist es notwendig zwischen Stimmabgaben und Auffassungskundgaben prazise zu unterscheiden Das Grundgesetz stellt ausschliesslich auf die Einheitlichkeit der Stimmabgabe ab und postuliert typusstreng nur die Voten Ja Nein Enthaltung Ein zweiter Dissens der Bundesratsmitglieder Brandenburgs ist daher nicht gegeben Das Land Brandenburg war befugt in jedem Abstimmungsdurchgang solange er lauft sein Votum zu andern oder zuruckzuziehen oder durch Uneinheitlichkeit zu erschuttern Allenfalls nach etwaiger Feststellung der Dissens bestehe in der zweiten Stimmabgabe fort konnte der Bundesratsprasident davon ausgehen das Land Brandenburg werde in dieser Abstimmung kein einheitliches Votum abgeben so dass sich weiteres Nachfragen erubrige Weblinks BearbeitenDeutscher Bundesrat Plenarprotokoll 774 PDF S 171 ff Literatur BearbeitenGunter Renner Das Urteil des BVerfG zum Zuwanderungsgesetz Bewertung und Folgerungen In NJW 2003 S 332 ff Einzelnachweise Bearbeiten BVerfG Urteil vom 18 Dezember 2002 Az 2 BvF 1 02 BVerfGE 106 310 NJW 2003 339 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zuwanderungsgesetz 2002 amp oldid 218174385