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Dreamtime ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Fur weitere Bedeutungen von Dreamtime siehe Dreamtime Begriffsklarung Die Bezeichnung Traumzeit engl Dreamtime oder Dreaming soll den zentralen Begriff der Mythologie aller australischer Aborigines und ihrer ethnischen Religionen wiedergeben wobei die Ubersetzung irrefuhrend ist Die Traumzeit Legenden handeln von der universellen raum und zeitlosen Welt aus der die reale Gegenwart in einem unablassigen Schopfungsprozess hervorgeht um ihrerseits wiederum die Traumzeit mit neuen geschichtlichen Vorgangen zu fullen Dieses allumfassende spirituelle Gewebe erklart somit wie alles entstanden ist und begrundet die ungeschriebenen Gesetze nach denen die Aborigines leben Die Ereignisse der Traumzeit manifestieren sich nach ihrem Glauben in Landmarken wie Felsen Quellen und anderen Naturerscheinungen 1 Felsmalereien in der Carnarvon Schlucht die vermutlich spezielle Zeichen eines Clans sowie Traumzeitmotive symbolisieren den Geist eines Verstorbenen zu fangen Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Allgemeine Traumzeit Weltanschauung 3 Seelen und Jenseitsvorstellungen 4 Totemismus 5 Australische Hochgotter 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseEtymologie BearbeitenDer britische Ethnologe Walter Baldwin Spencer und sein australischer Kollege Francis James Gillen ubersetzten das Wort alcheringa der zentralaustralischen Sprache Arrernte mit dreaming das im Deutschen mit Traumzeit wiedergegeben wurde Die Ausdrucke dreaming beziehungsweise Traumzeit sind jedoch missverstandlich weil sie an den Traum erinnern Mit dem Traumen im Schlaf hat die Traumzeit aber wenig zu tun Fur die Aborigines handelt es sich bei der Traumzeit vielmehr um die spirituelle naturliche und moralische Ordnung des Kosmos 2 und traumen bedeutet in diesem Zusammenhang die kollektive Fahigkeit die Welt und ihre Zusammenhange richtig zu verstehen und zu nutzen die mythische Welt im Rahmen einer Kulthandlung zu reflektieren sowie Lebenskraft zu besitzen Dies kann durchaus auch mit dem normalen individuellen Traumen in Verbindung gebracht werden 3 In einer weiteren zentralaustralischen Sprache dem Pitjantjatjara heisst die Traumzeit tjukurrpa In anderen Sprachen der Aborigines gibt es wiederum eigene Begriffe fur die Traumzeit aber es wird stets das Gleiche darunter verstanden Die Traumzeit wird in Geschichten ausschliesslich mundlich wiedergegeben 4 Allgemeine Traumzeit Weltanschauung Bearbeiten nbsp Regenbogenschlange als Felszeichnung nbsp Kultmasken aus Westaustralien nbsp Bei der Felsgruppe Three Sisters in den Blue Mountains handelt es sich um die Traumzeitlegende der drei schonen Schwestern Meehni Wimlah und Gunnedoo die von ihrem Vater zum Schutz vor dem Monster Bunyip in Fels verwandelt wurdenDie verschiedenen Begriffe der australischen Sprachen die mit Traumzeit ubersetzt werden bezeichnen die Vorstellung von einer raum und zeitlosen Quelle der Existenz die man als fortwahrende Schopfungsgegenwart ohne Anfang bezeichnen konnte In der Vergangenheit liegen nur die Ereignisse und Erfahrungen der diesseitigen Welt Traume oder Traumpfade die seit undenklichen Zeiten auf die Traumzeit zuruckwirken und diese unablassig in einem zeitlosen Prozess wandeln Samtliche Wesen aber auch die Dinge der unbelebten Natur haben ihren Ursprung und ihr Gegenstuck Ahnenwesen in der Traumzeit Im Gegensatz zu den diesseitigen Wesen und Ereignissen stehen die Wesen und Ereignisse der Traumzeit jedoch gleichrangig und gleichzeitig mit allem bisher Geschehenen nebeneinander Die Traume der diesseitigen Welt sind identisch mit der Lebensenergie der Menschen sowie der belebten und unbelebten Natur die die Traumzeit unablassig erweitern Die Traumzeit die heilige fortdauernde Schopfungsgegenwart wird als eigentliche Realitat betrachtet 1 Nach der Vorstellung der Aborigines konnen Clever Men durch bestimmte Rituale und Zeremonien jederzeit vor allem an heiligen Orten mit der Traumzeit und ihren Figuren Kontakt aufnehmen Es sind die Urzeitwesen dieser Schopfungsgeschichte etwa die auf Fels und Hohlenmalereien dargestellten Wondjina die die Berge die Flusse das Meer und den Himmel gestalteten den Tieren und den Pflanzen ihren Namen gaben und den Menschen als Kulturheroen Waffen Werkzeuge und Gesetze brachten Diese mythischen Wesen die deutlich von Stamm zu Stamm variieren werden von manchen Autoren als Geister von anderen als Hochgotter bezeichnet Australische Hochgotter Sie werden zwar als Himmelswesen angesehen da sie nach der Umgestaltung und Ordnung der Welt von der Erde in den Himmel aufstiegen doch sie sind weder ursachliche Schopfer noch greifen sie in das Schicksal der Menschen ein Insofern werden sie im Allgemeinen auch nicht kultisch verehrt 5 Eine zentrale Figur in vielen Traumzeitvorstellungen ist die Regenbogenschlange denn sie ist die Verschmelzung von zwei wichtigen Prinzipien die die Einheit von Geist und Materie darstellen 6 Bei manchen Stammen kommt die zentrale Rolle auch einem mythischen Kanguru oder Waran zu Vermutlich bereits seit der Besiedlung Australiens vor 40 000 oder mehr Jahren begannen die Menschen in Traumzeit Legenden die mundlich uberliefert wurden von der Erschaffung der Welt zu berichten 7 Die Traumzeit und ihre Wesen gilt auch als Ursprung fur alle Regeln des menschlichen Zusammenlebens fur Recht und Gesetz Aus der Traumzeit leiten sich die sozialen Regeln ab wobei Verstosse gegen den Verhaltenskodex sanktioniert werden Dennoch ist die Traumzeit keine unveranderbare moralische Instanz sondern lernt aus den Erfahrungen des Diesseits Es gibt nichts was nicht mit der Traumzeit verbunden ware In der Vorstellung der Aborigines ist eine traumende Landschaft eine Verkorperung mystischer Wirklichkeiten welche mit Worten nur schwer erklarbar sind 8 Die Aborigines glauben dass ihre unsterbliche Seele ein Funke ihrer Ahnwesen aus der Traumzeit ist der nach dem Tod eines Wesens in die Traumzeit zuruckkehrt Zudem stellt dieser Funke die ungebrochene Verbindung zur Traumzeit dar die durch bestimmte Rituale stimuliert werden kann Diese Ahnwesen werden nicht gottgleich idealisiert sondern sind fehlerhaft wie jedes reale Wesen Ihre in der Traumzeit gespeicherten Lebenswege sollen den Menschen als Lehrstucke fur das personliche und das kollektive Handeln dienen 1 Nach Gerhard Leitner gibt es drei wesentliche Ansatze der Traumzeit Weltanschauung Da es regionale und personliche Traumzeiten gibt sind die personlichen Traumzeiten in das grossere regionale Umfeld das Land eingebunden Diese Einbettung kommt uber die vaterliche Linie zustande Die Bindung an das Land ist so stark dass die Menschen sich als zum Land gehorend empfinden und nicht etwa umgekehrt 1 Die Traumzeit wird nicht in Frage gestellt Sie ist evident Zweifler gibt es kaum Die Traumzeit ist gottlos ihr zentrales Thema ist die Geographie die sich in der Landbindung offenbart Die Geschehnisse der Traumzeit manifestieren sich in tausenden heiliger Landmarken die in Jahrtausenden zu einer Art spiritueller Landkarte Australiens geworden sind Es sind erstarrte Hinweise auf einstige Geschehnisse und an solchen Orten findet die Kontaktaufnahme zur Traumzeit statt Kundige Aborigines konnen diese Landmarken jederzeit mit den zugehorigen Traumzeit Ereignissen in Verbindung bringen 1 Das Land ist demnach die zentrale Traumzeitfigur und kein Gott Das Land und die Traumzeit anderer werden respektiert Alle Traumzeiten besser Traumzeitpfade sind miteinander verkettet Die Traumpfade songlines diesen Begriff hat der britische Schriftsteller Bruce Chatwin 1940 1989 verwendet bedeuten dass niemand das gesamte Wissen der Traumzeit besass und dieses Einzelwissen in periodisch stattfindenden Riten und Zeremonien zusammengefugt wurde und wird 9 Das Wissen ist nicht allen zuganglich sondern nur auserwahlten Tragern der Gemeinschaft Es ist geheim Es gab hervorgehobene Personlichkeiten in den Gruppen den Stammesfuhrer den Medizinmann clever man und den Richter law man den Altesten der Gruppe die dieses Wissen weiter vermittelten Dieses Wissen wurde nach Frau und Mann unterschieden Es bedeutete auch nicht dass die jeweilige Person eine hervorgehobene Stellung in der Gruppe innehatte Das Wissen der Frauen war Mannern nicht zuganglich und umgekehrt Die Rechtsprechung geschah durch den Altesten der Gruppe und Unrecht wurde geahndet Es waren entweder unmittelbare Sanktionen oder Verhandlungen auch konnte ein Kampf vereinbart werden Deutete der Richter der law man mit einem Knochen auf den Verurteilten so kam dies einem Ausschluss aus der Gruppe gleich Ausschluss aus der Gruppe bedeutete dass er alleine kaum eine Uberlebenschance in der Wildnis Outback hatte Seelen und Jenseitsvorstellungen BearbeitenBei den traditionellen Aborigines herrscht zumeist die Vorstellung von drei Seelenstadien im Laufe des Lebens die Geist Kind Seele die Lebens und die Totenseele wobei die Bezeichnungen sehr unterschiedlich sind Kinder kommen in den Besitz ihrer Seele indem der Vater im Traum oder in Trance eine Kindoffenbarung empfangt und diese dann durch eine magische Tat etwa durch das Beruhren mit einer Lanzenspitze auf die Mutter ubertragt Die Kenntnisse uber die Totenseele und das Jenseits sind gering da die Australier es vermeiden uber Verstorbene zu sprechen Hier herrschen offenbar sehr uneinheitliche Vorstellungen in der ansonsten recht einheitlichen Traumzeit Religion Von einem endgultigen Erloschen uber dauerhafte Aufenthalte etwa auf den Inseln der Toten bis hin zu gewollter Reinkarnation in Tieren oder Menschen sind alle denkbaren Vorstellungen vorhanden 5 Totemismus Bearbeiten nbsp Ein Tjurunga Schwirrgerat aus Holz ursprunglich Ritualgerat zur Kontaktaufnahme mit den Totemahnen heute hergestellt fur touristische VerkaufeEin besonderer Ausdruck der Traumzeit und von vorrangiger Bedeutung fur das religiose Leben vieler Stamme ist der Totemismus Jede Person ist Trager eines Totems einer Totemfigur beziehungsweise eines Totemahnen Sie legen dem Trager bestimmte Pflichten auf Wenn z B das Totem ein Tier ist sagen wir ein Kanguru dann wird es der Betreffende nicht jagen oder essen Er wird niemanden heiraten der dieses Totem hat auch wenn anderweitige Voraussetzungen erfullt sind Totems schaffen Verbindungen die uber die Verwandtschaft hinausgehen 10 Im Gegensatz zu den Kulturheroen und Gottern werden sie niemals im Himmel gesehen sondern stets verbunden mit der Erde und dem irdischen Leben Die Totemahnen schliefen in der Urzeit unter der damals formlosen Erdoberflache ehe sie an Wasserlochern durch Quellen oder Sumpfe zur Oberflache kamen um danach wieder abzutauchen oder sich in heilige Gegenstande vorzugsweise Steine zu verwandeln Die Statten ihres irdischen Erscheinens gelten als heilig an ihnen werden die Totemvorfahren rituell verehrt Die Totemtiere oder pflanzen stellen die Verbindung einer Gruppe zu den Totemahnen dar Dieses Gruppentotem ist Grundlage der ausserst komplizierten exogamischen Heiratsvorschriften 5 Die Ritualkultur der Stamme mit Totemismus bildet die Grundlage des religiosen Kults Die von Liedern und Tanzen begleiteten Riten gelten als von den Totemvorfahren gestiftet und machen die Menschen wesensgleich mit diesen Ahnen Zur Teilnahme an esoterischen fur Frauen verbotenen Kulthandlungen sind junge Manner nach Abschluss der Initiationsriten berechtigt durch die sie in die Gemeinschaft der Manner aufgenommen werden Diese Riten sind mit grossen Harten verbunden und gelten als Opferhandlungen Zu ihrem Vollzug gehorte allgemein die schmerzhafte Narbenschneidung Diese war sehr weit allerdings nicht auf dem ganzen Kontinent verbreitet Wahrend im Allgemeinen fur das Totem strenges Speiseverbot besteht kann rituell das Essen der Totempflanze oder des Totemtieres erlaubt oder sogar geboten sein Die Gegenwart der Totemahnen wird im Surren der Schwirrholzer erlebt siehe auch Tjuringa 5 Individueller religioser Totemismus ist am ausgepragtesten im zentralen und nordlichen Australien wahrend sich bei den sudlicheren und ostlichen Stammen oft eine Mythologisierung innerhalb der Sippengemeinschaften findet die in Vorstellungen von Kulturheroen und Demiurgen munden welche es so bei den nordlichen und zentralen Stammen nicht gibt 11 12 Australische Hochgotter BearbeitenVor allem die altere Volkerkunde suchte etwa im Hinblick auf die Urmonotheismus These weltweit nach Beweisen dass in allen Religionen Hochgotter vorkamen die angeblich den christlichen Gott reprasentierten Himmelsgotter sind in der Religionsgeschichte charakteristisch fur den Hochgottglauben Auch in Australien glaubte man fundig zu werden In der Tat gibt es bei einigen Stammen ein hochstes Wesen das als Gott bezeichnet werden konnte Diese Auslegung ist jedoch auch im Hinblick auf allzu zielgerichtete Ubersetzungen aus den Eingeborenensprachen nach wie vor umstritten Heute werden sie eher als Traumzeitwesen Ahnwesen oder Kulturheroen betrachtet 13 Nordwesten Walanganda zum Himmel gehorig der am Ende der Urzeit als Herrscher aller Geistwesen zum Himmel aufstieg Er wird in der Milchstrasse erkannt Nordwesten vor allem Kimberley Galalang der den Menschen das beste Land die schonste Sprache und langes Leben geschenkt haben soll Stifter der Einehe und Wachter uber die Moralgesetze Neusudwales Djaramulun Alter Ego aus Mann und Adlerfalke ein Gewittergott der auf Donnerwolken reitet und Steinaxte als Blitze schleudert West und Zentral Victoria Bundjil Neusudwales Baiami oft als Vater des Djaramulun benannt 5 Zumeist als Kulturheros bekannt 14 Siehe auch BearbeitenDie letzte Flut australischer Spielfilm 1977 Literatur BearbeitenWally Caruana Die Kunst der Aborigines Lichtenberg Verlag Munchen 1997 ISBN 3 7852 8403 9 Bruce Chatwin Traumpfade Roman Carl Hanser Verlag Munchen 1990 ISBN 978 3 596 10364 5 James Cowan Offenbarungen aus der Traumzeit Das spirituelle Wissen der Aborigines Luchow Verlag Stuttgart 2004 ISBN 3 363 03050 9 Ursula Dreyer Dreaming Tracks Spurensuche Auf dem Weg zu interkulturellen Dialogen Kleio Humanities Bremen 2006 ISBN 3 9811211 1 2 Hans Peter Duerr Traumzeit Uber die Grenze zwischen Wildnis und Zivilisation Syndikat Verlag Frankfurt am Main 6 Aufl 1980 ISBN 3 8 1 2008 0077 5 Gerhard Leitner Die Aborigines Australiens Beck Verlag Munchen 2006 ISBN 3 406 50889 8 Anna Voigt und Nevill Drury Das Vermachtnis der Traumzeit Leben Mythen und Tod der Aborigines Delphi bei Droemer Munchen 1998 ISBN 3 426 29045 6 Weblinks BearbeitenTraumzeitgeschichten auf www australien panorama Mythos Traumzeit Traumzeit LegendenEinzelnachweise Bearbeiten a b c d e Anna Voigt und Nevill Drury Das Vermachtnis der Traumzeit Leben Mythen und Tod der Aborigines Caruana Kunst der Aborigines S 10 Fritz Stolz 1 Weltbilder als Ausdruck von Religionen PDF Kap 2 5 Cowan Offenbarungen S 40 a b c d e Gunter Lanczkowski Die Religion der Australier erschienen in Horst Balz et al Hrsg Theologische Realenzyklopadie Band 4 Arkandisziplin Autobiographie hier Australien Abschnitt 2 De Gruyter Berlin New York 1979 ISBN 978 3 11 019098 4 S 755 768 Cowan Offenbarungen S 35 Leitner Die Aborigines S 40 Cowan Offenbarungen S 29 Leitner Die Aborigines S 37ff Leitner Die Aborigines S 41 Tokarew S 46 f 59 70 f Richard Nile Christian Clerk Weltatlas der alten Kulturen Australien Neuseeland und der Sudpazifik Geschichte Kunst Lebensformen Christian Verlag Munchen 1995 ISBN 3 88472 291 3 S 39 Corinna Erckenbrecht Traditionelle Religionen in Australien In Harenberg Lexikon der Religionen Harenberg Dortmund 2002 ISBN 3 611 01060 X S 924 925 Corinna Erckenbrecht Traditionelle Religionen in Australien von A Z In Harenberg Lexikon der Religionen Harenberg Dortmund 2002 ISBN 3 611 01060 X S 929 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Traumzeit amp oldid 237166400