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Als Transitabkommen wird das Abkommen zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland uber den Transitverkehr von zivilen Personen und Gutern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin West bezeichnet 1 Es wurde zwischen den Staatssekretaren Egon Bahr Bundesrepublik und Michael Kohl DDR ausgehandelt und am 17 Dezember 1971 in Bonn unterzeichnet Am 3 Juni 1972 trat es in Kraft Unterzeichnung des Transitabkommens 1971 durch Egon Bahr links und Michael Kohl im Palais Schaumburg Zeitliche Ubersicht der Ostvertrage 1963 1973Im Rahmen der neuen Ostpolitik der Regierung Brandt Scheel die durch einen Wandel durch Annaherung eine deutliche Verbesserung der innerdeutschen Beziehungen erreichen wollte war Gegenstand des Abkommens gem Art 1 der Transitverkehr von zivilen Personen und Gutern auf Strassen Schienen und Wasserwegen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Westsektoren Berlins Berlin West durch das Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik Das Transitabkommen wurde noch vor dem Grundlagenvertrag geschlossen Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Inhalt 2 1 Gegenstand 2 1 1 Guterverkehr 2 1 2 Personenverkehr 2 2 Missbrauch der Transitwege 2 3 Abgaben Gebuhren und andere Kosten 2 4 Transitkommission 3 Auswirkungen 4 Personen mit standigem Wohnsitz in den Westsektoren Berlins 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGrundlagen BearbeitenGrundlage fur dieses Abkommen war das zwischen den Alliierten geschlossene Viermachteabkommen vom 3 September 1971 welches ebenfalls am 3 Juni 1972 in Kraft trat 2 Die Sowjetunion garantierte darin erstmals seit 1945 den ungehinderten Transitverkehr zwischen der Bundesrepublik und West Berlin 3 Wenn auch die West Sektoren so wie bisher kein Bestandteil konstitutiver Teil der Bundesrepublik Deutschland sein und auch weiterhin nicht von ihr regiert werden sollten so sollten doch die Bindungen zwischen den Westsektoren Berlins und der Bundesrepublik Deutschland aufrechterhalten und entwickelt werden Die den zivilen Verkehr betreffenden konkreten Regelungen sollten die beiden deutschen Staaten im Rahmen der in Anlage I zum Viermachteabkommen niedergelegten Grundsatze selbst regeln 4 5 6 Die Regelung des Interzonenverkehrs wurde seit 1945 von den Vier Machten in Anspruch genommen Der deutschen Seite kam im Rahmen des Transitregimes auf den Zugangswegen zwischen der Bundesrepublik und West Berlin nur eine untergeordnete Rolle zu Ihr war es verwehrt uber die Gegenstande der Transitregelung frei zu disponieren Sie hatte vielmehr lediglich die Befugnis nach Massgabe einer von den Vier Machten fest umrissenen besatzungsrechtlichen Ermachtigung das Viermachte Abkommen insoweit durch eigene Regelungen auszufullen Das innerdeutsche Transitabkommen wurde daher auch als Ausfuhrungs und Erganzungsabkommen zum Viermachte Abkommen bezeichnet 7 Zuvor hatten die Bundesrepublik Deutschland und die UdSSR im Moskauer Vertrag vom 12 August 1970 die innerdeutsche Grenze als unverletzlich anerkannt 8 Inhalt BearbeitenDie einzelnen Bestimmungen mussten dem Charakter eines Ausfuhrungs und Erganzungsabkommens entsprechend mit der Anlage I zum Viermachteabkommen vereinbar sein was schon in der Praambel zum Ausdruck kommt die ausdrucklich auf eine Ubereinstimmung mit dem Viermachteabkommen verweist Die Botschafter der drei Westmachte haben nach der Paraphierung diese Konformitat gegenuber der deutschen Bundesregierung schriftlich bestatigt 9 Gegenstand Bearbeiten Hauptartikel Transitverkehr durch die DDR Gegenstand des Abkommens war der Transitverkehr von zivilen Personen und Gutern auf Strassen Schienen und Wasserwegen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Westsektoren Berlins durch das Hoheitsgebiet der Deutschen Demokratischen Republik Art 1 Er sollte uber die vorgesehenen Grenzubergangsstellen und Transitstrecken in der einfachsten schnellsten und gunstigsten Weise erfolgen Art 2 3 nbsp Ein LKW wird an der innerdeutschen Grenze verplombt Guterverkehr Bearbeiten Fur die Beforderung von zivilen Gutern im Transitverkehr konnten amtlich verschlossene Strassenguterfahrzeuge Eisenbahnguterwagen und Binnenfrachtschiffe benutzt werden Art 6 Die in Art 6 und 7 enthaltenen Vorschriften uber die Verplombung von Fahrzeugen im Guterverkehr gaben bis in die technischen Details hinein nur das wieder was in der Anlage I zum Viermachte Abkommen in Ziffer 2 a und b vorgesehen war Personenverkehr Bearbeiten nbsp Visaeintrage der Behorden der DDRFur Transitreisende in Kraftfahrzeugen sowie durchgehenden Autobussen und in den Reisezugen ohne Verkehrshalt auf dem Gebiet der DDR wurden Visa an den Grenzubergangsstellen erteilt Art 4 Reisende ihre Transportmittel sowie Fahrpersonal von Gutertransportmitteln sollten nicht durchsucht werden Mit dem Abkommen wurde unter anderem vereinbart dass die Ausstellung von Visa an den Grenzkontrollstellen der DDR direkt am Fahrzeug der Reisenden zu erfolgen habe und dass eine Kontrolle der Gepackstucke unterbleibe In die Passe wurde dabei ein zweifarbiger Visavermerk gestempelt Die Farben wechselten jedes Jahr Fur Einwohner West Berlins wurde ein extra Blatt in den grunen behelfsmassigen Berliner Personalausweis eingelegt Der von der Bundesrepublik ausgestellte Reisepass fur Einwohner West Berlins wurde von den Behorden der DDR nicht anerkannt Bei Nutzung von durchgehenden Zugverbindungen wurden Visa von den Kontrollorganen der DDR wahrend der Fahrt erteilt Der Visavermerk bei dem Transit mit der Bahn war einfarbig schwarz Missbrauch der Transitwege Bearbeiten Aus Sicht der DDR bestand eine erhohte Gefahr dass die Transitstrecken fur Fluchtversuche oder unkontrollierte und somit unerwunschte Kontakte zwischen West Berlinern bzw Bundesburgern und Burgern der DDR genutzt werden konnten Daher wurde in Art 16 und 17 explizit festgehalten was als Missbrauch des Transitabkommens gewertet und strafrechtlich verfolgt werden konnte 1 Ein Missbrauch im Sinne dieses Abkommens liegt vor wenn ein Transitreisender nach Inkrafttreten dieses Abkommens wahrend der jeweiligen Benutzung der Transitwege rechtswidrig und schuldhaft gegen die allgemein ublichen Vorschriften der Deutschen Demokratischen Republik bezuglich der offentlichen Ordnung verstosst indem er a Materialien verbreitet oder aufnimmt b Personen aufnimmt c die vorgesehenen Transitwege verlasst ohne durch besondere Umstande wie Unfall oder Krankheit oder durch Erlaubnis der zustandigen Organe der Deutschen Demokratischen Republik dazu veranlasst zu sein d andere Straftaten begeht oder e durch Verletzung von Strassenverkehrsvorschriften Ordnungswidrigkeiten begeht Im Falle hinreichenden Verdachts eines Missbrauchs werden die zustandigen Organe der Deutschen Demokratischen Republik die Durchsuchung von Reisenden der von ihnen benutzten Transportmittel sowie ihres personlichen Gepacks nach den allgemein ublichen Vorschriften der Deutschen Demokratischen Republik bezuglich der offentlichen Ordnung durchfuhren oder die Reisenden zuruckweisen Das Abkommen sah ferner vor dass ein Vergehen auch durch die Behorden der Bundesrepublik strafrechtlich verfolgt werden sollte sofern der Verstoss zu einem Zeitpunkt entdeckt wurde zu dem sich der Verursacher bereits ausserhalb der DDR befand Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verstiess ein entgeltlicher Fluchthelfervertrag weder gegen ein gesetzliches Verbot 134 BGB noch gegen die guten Sitten 138 BGB 10 11 Einwande der DDR diese Rechtsprechung verstosse gegen Geist und Buchstaben des Transitabkommens und die Verpflichtung der Bundesregierung zur Verhinderung von Missbrauch wies die Bundesregierung mit der Begrundung zuruck die bundesdeutschen Gerichte seien unabhangig und der Einwirkung der Bundesregierung entzogen 12 Abgaben Gebuhren und andere Kosten Bearbeiten Mit Art 18 wurde zudem geregelt dass die fur die Benutzung der Transitwege anfallenden Kosten fortan nicht mehr direkt vom Reisenden zu bezahlen waren sondern nunmehr in einer jahrlichen Pauschalsumme durch die Bundesrepublik beglichen wurden Dieser Passus stellte fur die Reisenden eine immense Erleichterung dar Hierzu heisst es im Vertragstext 1 Abgaben Gebuhren und andere Kosten die den Verkehr auf den Transitwegen betreffen einschliesslich der Instandhaltung der entsprechenden Wege Einrichtungen und Anlagen die fur diesen Verkehr genutzt werden werden von der Bundesrepublik Deutschland an die Deutsche Demokratische Republik in Form einer jahrlichen Pauschalsumme gezahlt 2 Die von der Bundesrepublik Deutschland zu zahlende Pauschalsumme umfasst a die Strassenbenutzungsgebuhren b die Steuerausgleichsabgabe c die Visagebuhren d den Ausgleich der finanziellen Nachteile der Deutschen Demokratischen Republik durch den Wegfall der Lizenzen im Linienverkehr mit Autobussen und der Erlaubniserteilung im Binnenschiffsverkehr sowie entsprechender weiterer finanzieller Nachteile dd Die Pauschalsumme wird fur die Jahre 1972 bis 1975 auf 234 9 Millionen DM pro Jahr festgelegt 3 Die Bundesrepublik Deutschland uberweist die Pauschalsumme jahrlich bis zum 31 Marz erstmalig bis zum 31 Marz 1972 auf ein Konto bei einer von der Deutschen Demokratischen Republik zu bestimmenden Bank in der Bundesrepublik Deutschland zugunsten der Deutschen Aussenhandelsbank AG in Berlin 4 Die Hohe der ab 1976 zu zahlenden Pauschalsumme und die Bestimmung des Zeitraumes fur den diese Pauschalsumme gultig sein soll werden im zweiten Halbjahr 1975 unter Berucksichtigung der Entwicklung des Transitverkehrs festgelegt Die Bedeutung des Artikels 18 geht auch aus einem Schriftwechsel den beide Vertragspartner wahrend der Vertragsverhandlungen fuhrten hervor Dabei wurde vereinbart dass dieser Artikel vorab bereits zum 1 Januar 1972 in Kraft trat Die jahrlichen Pauschalsummen wurden wie vereinbart regelmassig dem Verkehrsaufkommen auf den Transitstrecken angepasst und beliefen sich letztlich im Jahre 1989 auf 860 Millionen DM Transitkommission Bearbeiten Das Abkommen sah in Art 19 die Bildung einer Kommission zur Klarung von Schwierigkeiten und Meinungsverschiedenheiten bei der Anwendung oder Auslegung dieses Abkommens vor Sie wurde von Vertretern beider Verkehrsministerien geleitet und trat auf Ersuchen eines Vertragspartners zusammen Die gemeinsame Transitkommission hat bis 1990 etwa 50 mal getagt Haufigster Grund war der Protest der DDR gegen die Nutzung von Transitstrecken durch Fluchthelfer 13 Auswirkungen BearbeitenIn den Folgejahren wurde der Transitverkehr durch die DDR zunehmend verbessert 14 So wurden Vereinbarungen hinsichtlich einer Erneuerung der Autobahn Transitstrecke Berlin Hannover heutige BAB 2 der Einrichtung einer Autobahnverbindung zwischen Berlin und Hamburg heutige BAB 24 der Verkehr fuhrte bis Mitte der 1980er Jahre uber die Fernstrasse 5 die Einrichtung des Grenzubergangs Staaken Eisenbahn sowie weiterer Verbesserungen getroffen Die von der Bundesrepublik hierfur ubernommenen Kosten beliefen sich bis 1990 auf insgesamt 2 210 5 Millionen DM wobei der Bau der Autobahnstrecke Berlin Hamburg mit 1 2 Milliarden DM den grossten Anteil ausmachte Personen mit standigem Wohnsitz in den Westsektoren Berlins BearbeitenMit Vereinbarung vom 20 Dezember 1971 wurde der Reise und Besucherverkehr von Personen mit standigem Wohnsitz in den Westsektoren Berlins fur Reisen nach Berlin Ost und das Hoheitsgebiet der DDR geregelt 15 Es trat ebenfalls zusammen mit dem Viermachteabkommen in Kraft Personen mit standigem Wohnsitz in Berlin West konnte einmal oder mehrmals die Einreise zu Besuchen von insgesamt dreissig Tagen Dauer im Jahr aus humanitaren familiaren religiosen kulturellen und touristischen Grunden genehmigt werden Erforderlich waren ein gultiger Personalausweis und die Einreisegenehmigung fur die Ausreise dann die Ausreisegenehmigung der DDR Literatur BearbeitenMichael Kohl Egon Bahr et al Konvolut Transitabkommen Beziehungen DDR BRD 12 Titel Staatsverlag der DDR ohne Jahr Presse und Informationsamt der Bundesregierung Die Berlin Regelung Das Viermachte Abkommen uber Berlin und die erganzenden Vereinbarungen Bonn 1971 Lutz Gusseck Die internationale Praxis der Transitgewahrung und der Berlin Verkehr Frankfurt am Main Athenaum 1973 ISBN 9783761026175 Rezension von Kay Hailbronner in ZaoRV 1975 S 846 f Hartmut Schiedermair Das Verbot des Rechtsmissbrauchs und die Regelung des Transitverkehrs nach Berlin ZaoRV 1978 S 160 181 Volltext online Friedrich Christian Delius Peter Joachim Lapp Transit Westberlin Erlebnisse im Zwischenraum Ch Links Verlag 2000 ISBN 978 3 86153 198 2 Weblinks BearbeitenAbkommen zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland uber den Transitverkehr von zivilen Personen und Gutern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin West vom 17 Dezember 1971 1000dokumente de Ansprache des Bundeskanzlers 3 September 1971 Ansprache von Bundeskanzler Willy Brandt am 3 September 1971 anlasslich der Unterzeichnung des Viermachte Abkommens cvce de Die Bundesregierung hat sich selbst und die Bevolkerung getauscht Bruch des Vier Machte Abkommens durch die DDR Chronologie einer Krisen Strategie des Ostens Union in Deutschland UiD Dokumentation 33 34 1974 Transitabkommen Die Stasi sorgte fur luckenlose Beobachtung von Einreise bis Ausreise aus der DDR Stasi Unterlagenarchiv im Bundesarchiv Vier Autobahnen nach Berlin Transitstrecken und ihre Bedeutung PentAlpha Verlag fur Kunst und Medien Einzelnachweise Bearbeiten Abkommen zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland uber den Transitverkehr von zivilen Personen und Gutern zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Berlin West vom 17 Dezember 1971 verfassungen de abgerufen am 18 August 2021 Viermachte Abkommen vom 3 September 1971 verfassungen de abgerufen am 18 August 2021 Andreas Grau Vier Machte Abkommen Lebendiges Museum Online 19 September 2014 II A des Viermachteabkommens Hartmut Schiedermair Das Verbot des Rechtsmissbrauchs und die Regelung des Transitverkehrs nach Berlin ZaoRV 1978 S 160 169 ff Volltext online Transit durch die DDR MDR 3 Juni 2021 Hartmut Schiedermair Der volkerrechtliche Status Berlins nach dem Viermachte Abkommen vom 3 September 1971 Beitrage zum auslandischen offentlichen Recht und Volkerrecht 1975 S 72 ff Art 3 3 Spiegelstrich des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken Moskauer Vertrag vom 12 August 1970 documentArchiv de abgerufen am 18 August 2021 Unsere Regierungen sind der Auffassung dass die Bestimmungen des Transit Abkommens mit dem Viermachte Abkommen vom 3 September 1971 in Einklang stehen welches den Massstab fur seine Auslegung und Anwendung darstellt vgl Hartmut Schiedermair Das Verbot des Rechtsmissbrauchs und die Regelung des Transitverkehrs nach Berlin ZaoRV 1978 S 160 171 Volltext online BGH Urteil vom 29 September 1977 III ZR 164 75 BGH Urteil vom 21 Februar 1989 III ZR 185 77 Hans H Mahnke Hrsg Dokumente zur Berlin Frage 1967 1986 Munchen 1987 S 483 ff google books Detlef Nakath Politik Vor 25 Jahren wurde das deutsch deutsche Transitabkommen unterzeichnet Durchgehender Autobus Neues Deutschland 14 Dezember 1996 vgl Die Entwicklung der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik Unterrichtung durch die Bundesregierung BT Drs 7 420 vom 28 Marz 1973 Reiseverkehr Der Verkehr von und nach Berlin West S 30 32 ff Vereinbarung zwischen der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und dem Senat uber Erleichterungen und Verbesserungen des Reise und Besuchsverkehrs vom 20 Dezember 1971 verfassungen de abgerufen am 20 August 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Transitabkommen amp oldid 220005339