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Die Temperamentenlehre ist ein von der antiken Humoralpathologie abgeleitetes Personlichkeitsmodell das Menschen nach ihrer Grundwesensart kategorisiert Aus wissenschaftlicher Sicht ist das Modell wie auch die Humoralpathologie uberholt und spielt in der modernen Personlichkeitspsychologie keine Rolle mehr 1 Die vier Apostel von Albrecht Durer nach einigen Interpreten eine Darstellung der vier Temperamente Johannes Sanguiniker Petrus Phlegmatiker Markus Choleriker und Paulus Melancholiker Die Lehre zeichnet sich durch ihre Einteilung des Gesamttemperamentes des Menschen in vier grundlegende Temperamente aus die wiederum auf die Gesamtfulle der menschlichen Konstitution physisch und psychisch aber auch auf die Gesamtfulle der den Menschen umgebenden Welt bezogen werden Anwendung findet die Temperamentenlehre noch als historische Grundlage in der Waldorfpadagogik 2 3 sowie gelegentlich in der Alltagspsychologie Inhaltsverzeichnis 1 Antike und Mittelalter 1 1 Ursprunge der Lehre 1 2 Entwicklung der Temperamentenlehre 2 18 bis 20 Jahrhundert 3 Siehe auch 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseAntike und Mittelalter BearbeitenUrsprunge der Lehre Bearbeiten Hauptartikel Vier Elemente Lehre und Humoralpathologie Die Temperamentenlehre der Neuzeit geht auf ein aristotelisch galenisches Lehrgebaude 4 zuruck das auf der Vier Elemente Lehre und der Humoralpathologie Viersaftelehre beruht die Hippokrates von Kos griech Arzt ca 460 370 v Chr zugeschrieben wird und besonders deutlich in der Schrift Die Natur des Menschen dargestellt wird welche vermutlich von Polybos dem Schwiegersohn und Schuler des Hippokrates verfasst wurde Entwicklung der Temperamentenlehre Bearbeiten Die Verknupfung der Viersaftelehre mit der Lehre von den vier Temperamenten erfolgte durch Galenos von Pergamon der den vier hypothetischen Saften humores bzw Kardinalsaften des Korpers je ein Temperament zuordnete 5 Je nach Vorherrschaft bzw Vorwiegen eines dieser vier gedachten Korpersafte bilde sich das damit verbundene Temperament verbunden auch mit einer entsprechenden Krankheitsdisposition 6 besonders hervor Galen griff dabei eine Auffassung auf die in gewissen Bereichen z B der Melancholie bereits zuvor gebildet worden war und systematisierte sie Rotes Blut lat sanguis gr aἷma haima Sanguiniker aἱmatwdhs heiter aktiv Weisser Schleim gr flegma phlegma Phlegmatiker flegmatikos passiv schwerfallig Schwarze Gallenflussigkeit gr melaina xolh melaina cholḗ Melancholiker melagxolikos traurig nachdenklich Gelbe Gallenflussigkeit gr xolh cholḗ Choleriker xolerikos reizbar und erregbar Im Mittelalter 7 wurde die Temperamentenlehre Galens noch durch die Zuordnung von Elementen Himmelsrichtungen Jahreszeiten Planeten Sternzeichen und Tonarten erganzt 8 Traditionelle Bezeichnungen Tiere auch Element und astrologische Zuordnungen Weitere ZuordnungenSanguiniker Lowe Hase Affe 9 Luft Jupiter ZwillingWaageWassermann Fruhling Morgen Kindheit warm und feucht HerzCholeriker Katze Lowe 9 Feuer Mars WidderLoweSchutze Sommer Mittag Adoleszenz warm und trocken LeberMelancholiker Hirsch Elch Bar 9 Erde Saturn StierJungfrauSteinbock Herbst Abend Erwachsenenalter kalt und trocken MilzPhlegmatiker Ochse Lamm 9 Wasser Mond KrebsSkorpionFische Winter Nacht Babyalter Greisenalter kalt und feucht Gehirn nbsp Choleriker Melancholiker Sanguiniker und PhlegmatikerIn der Kunstgeschichte vor allem durch Albrecht Durer verarbeitet und dargestellt wie im Bild Melencolia I von 1514 wurde immer wieder in der Darstellung der griechischen und romischen Mythologie auch eine Beziehung zwischen den Temperamenten und den vier Flussen des Hades hergestellt 18 bis 20 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Viergeteiltes Buhnenbild zu Nestroys Das Haus der vier Temperamente Kupferstich von Andreas Geiger 1838 Johann August Unzer postulierte beruhend auf den vier traditionellen Temperamenten 1746 einige vermischte Temperamente beispielsweise bei melancholischen Cholerikern oder cholerischen Melancholikern 10 Johann Nepomuk Nestroy schrieb 1837 die Posse Das Haus der Temperamente in der die Buhne vier Wohnungen zeigt die von vier Familien mit den unterschiedlichen Temperamenten bewohnt werden Die Temperamentenlehre wurde viele Jahrhunderte akzeptiert und inspirierte moderne Personlichkeitspsychologen wie Hans Eysenck 1916 1997 der in seinem Personlichkeitszirkel die Eigenschaft instabil zwischen melancholisch und cholerisch extrovertiert zwischen cholerisch und sanguinisch stabil zwischen sanguinisch und phlegmatisch sowie introvertiert zwischen phlegmatisch und melancholisch einordnete Rudolf Steiner Begrunder der Anthroposophie und Anreger fur die Grundung der Waldorfschule entwickelte neben einer Vielzahl die Padagogik betreffenden Thesen eine Variante der Temperamentenlehre Diese teilt wie ihre griechische Vorlauferin das Gesamttemperament des Menschen in vier Grundtypen ein wobei es grosse Einseitigkeiten einer oder mehrerer Temperamente im jeweiligen Individuum geben kann die vier Temperamente also in unterschiedlicher Starke und Auspragung im jeweiligen Individuum vorkommen Als Beispiel fur die Eigenschaften und Bedeutungen eines ganz bestimmten Temperamentes konnen nach Steiner daher nur stark einseitig temperierte Personen herangezogen werden die sodann gewissen Umstanden des Lebens mit grossen Schwierigkeiten anderen Umstanden wiederum mit grossen Starken begegnen konnen 1901 02 schuf der danische Komponist Carl Nielsen seine 2 Sinfonie mit dem Titel Die vier Temperamente 1940 komponierte Paul Hindemith eine gleichnamige Komposition fur Streichorchester und Klavier 1946 als Ballett uraufgefuhrt source source source source source source source source track Erklarvideo uber die TemperamentenlehreSiehe auch BearbeitenCharaktertypenWeblinks Bearbeiten nbsp Commons Die vier Temperamente Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien nbsp Wiktionary Temperamentenlehre Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Helmut Zander Anthroposophie in Deutschland Theosophische Weltanschauung und gesellschaftliche Praxis 1884 1945 Band 1 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2007 ISBN 978 3 525 55452 4 S 1408 f Ausfuhrliche Darstellung nicht nur in Bezug auf Anthroposophie Christian Rittelmeyer Die Temperamente in der Waldorfpadagogik Ein Modell zur Uberprufung ihrer Wissenschaftlichkeit In Harm Paschen Hrsg Erziehungswissenschaftliche Zugange zur Waldorfpadagogik Wiesbaden 2010 Heiner Ullrich Anthroposophie zwischen Mythos und Wissenschaft Eine Untersuchung zur Temperamentenlehre Rudolf Steiners In Padagogische Rundschau Nr 38 1984 ISSN 0030 9273 S 443 471 Harald Schmidt Temperamentenlehre Neuzeit In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte de Gruyter Berlin New York 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 1382 f hier S 1382 J van Wageningen Die Namen der vier Temperamente In Janus Band 23 1918 S 48 55 Paul Diepgen Heinz Goerke Aschoff Kurze Ubersichtstabelle zur Geschichte der Medizin 7 neubearbeitete Auflage Springer Berlin Gottingen Heidelberg 1960 S 12 Vgl auch Klaus Schonfeldt Die Temperamentenlehre in deutschsprachigen Texten des 15 Jahrhunderts Philosophische Dissertation Heidelberg 1962 Gundolf Keil Humoralpathologie In Werner E Gerabek Bernhard D Haage Gundolf Keil Wolfgang Wegner Hrsg Enzyklopadie Medizingeschichte De Gruyter Berlin 2005 ISBN 3 11 015714 4 S 641 643 hier S 642 a b c d Magistrat der Stadt Langen Stadt Langen Das Funfte Quartal Langen 2008 Vierrohrenbrunnen S 40 41 Gernot Huppmann Anatomie eines Bestseller Johann Unzers Wochenschrift Der Arzt 1759 1764 ein nachgereichter Rezensionsessay In Wurzburger medizinhistorische Mitteilungen Band 23 2004 S 539 555 hier S 546 Temperamente der Temperamentenlehre Sanguiniker Phlegmatiker Melancholiker Choleriker Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Temperamentenlehre amp oldid 238858590