www.wikidata.de-de.nina.az
Der Tatzlagerantrieb auch als Antrieb durch Tatzlagerfahrmotor Tatzlagermotor oder Vorgelegeachsmotor 1 bekannt ist eine Form des elektrischen Einzelachsantriebs von Triebfahrzeugen Seine Besonderheit ist dass der Fahrmotor zusammen mit dem ihm verbundenen Stirnradgetriebe teilweise uber Tatzlager auf einem Treibradsatz des Fahrzeuges und teilweise auf den gefederten Rahmen des Fahrzeugs abstutzt Das Ritzel des Fahrmotors treibt ein auf der Treibradsatzwelle aufgebrachtes Grossrad an 2 Die grosse ungefederte Masse des Tatzlagerantriebs wirkt sich ungunstig auf den Oberbau und das Fahrzeug aus 3 Tatzlagermotor eines Strassenbahntriebwagen von AEG ca 1899Tatzlagerfahrmotor einer elektrischen Lokomotive der CD Reihe 181 182 Rechts das schrag verzahnte Ritzel auf der Motorwelle Mittig die zum Aufsetzen auf die Radsatzwelle teilbaren Tatzlager Links die Drehmomentstutzarme Beim abgefederten Tatzlagerantrieb oder Schwebemotor ist die teilweise Abstutzung der Motor Getriebeeinheit uber Tatzlager auf der Treibradsatzwelle abgefedert gestaltet wodurch sich die ungefederten Massen verringern Die Tatzen stutzen sich auf eine zwischengefugte Hohlwelle und diese uber zwischengefugte Gummiringe an den Radscheiben ab Ebenfalls ist das Grossrad nicht direkt auf der Radsatzwelle sondern auf der Hohlwelle aufgebracht 1 Dabei ist der Federweg zwischen der Hohlwelle und der Radsatzwelle nur etwa ein Drittel des Radsatzfederwegs 4 Weitere Formen des Antriebs von Triebfahrzeugen sind die Achsmotorantriebe und die Gestellmotorantriebe welche sich von der Ausfuhrung des Fahrmotoraufhangung unterscheiden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufbau 3 Anwendung 3 1 Fahrzeuge mit Tatzlagerantrieb Auswahl 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Tatzlagerantrieb wurde 1887 zeitgleich mit dem Stangenstromabnehmer vom Elektrotechnik Pionier Frank Julian Sprague fur die von ihm konzipierten Fahrzeuge der Strassenbahn in Richmond Virginia entwickelt 5 Er setzte sich in Folge rasch als zuverlassiger und einfacher Antrieb fur elektrische Triebwagen und Lokomotiven durch Aufbau Bearbeiten nbsp Original Tatzlagerantrieb beidseitig 1 Fahrmotor 2 Motorritzel 3 Grossrad 6 Radsatzwelle 7 Rader 8 Tragarm Drehmomentstutze Die Tatzlager befinden sich auf der Radsatzwelle nbsp Modifizierter Tatzlagerantrieb beidseitig 4 Hohlwelle 5 elastische Abstutzung an den Radscheiben Die Tatzlager befinden sich auf der Hohlwelle Der Fahrmotor ist zwischen den Radern eines Radsatzes in das Drehgestell oder den Bodenrahmen des Triebfahrzeugs eingebaut Am zylindrischen Motorgehause schliessen sich zwei rohrformige und namensgebende Tatzlager an uber die sich das Motorgehause auf der Radsatzwelle oder der Hohlwelle siehe auch Hohlwellenantrieb abstutzt Ersteres ist bei den unabgefederten und Letzteres bei den abgefederten Tatzlagerantrieben der Fall Um Motor und Radsatz trennen zu konnen wurden die Tatzlager lange als teilbare Gleitlager ausgefuhrt Die Kraftubertragung erfolgt uber ein Zahnradpaar wobei ein kleines Ritzel auf der Motorwelle und ein grosses Zahnrad das Grossrad auf der Radsatzwelle oder der Hohlwelle sitzt Die Kraftubertragung von der Hohlwelle zum Radsatz erfolgt uber eine allseits bewegliche Kupplung in Form von Federn Bekannte Beispiele fur abgefederte Tatzlagerantriebe sind der Gummiringfederantrieb und der Kegelringfederantrieb Der Motor stutzt sich auf der anderen Seite auf einem Quertrager des Drehgestell oder Fahrzeugrahmens ab Diese Abstutzung erfolgte fruher uber eine am Motorgehause angegossene Nase weshalb diese Art von Antrieben im Englischen als nose suspended nasenaufgehangt bezeichnet wird In die Abstutzung ist in der Regel eine Federung integriert Beim Einfedern des Fahrzeuges bewegt sich das Fahrmotorgehause vergleichbar mit einem Achslenker In seltenen Fallen liegt die Drehmomentstutze am Tatzlagerrohr gegenuber dem Fahrmotor Eine solche Version wurde bei den Lokomotiven der CSD Reihe E 669 2 verwendet Dort laufen zwei Haltearme gegenuber dem Motor vom Lagerrohr radial weg und zuletzt mit einem seitlichen Knick in eine gefederte Aufnahme im Drehgestell Hier konnen die Arme das umgelenkte Motorgewicht aber auch die Reaktion auf das Antriebsdrehmoment abstutzen Horizontales Spiel zu den Fahrzeugseiten hin und langs bewahren diese Haltearme vor den deutlich grosseren Kraften die der Radsatz nur uber seine Achslager auf das Drehgestell ausuben soll Eine weitere Ausfuhrungsvariante ist der Tatzlagermotor mit doppelter Ubersetzung Hierbei wird durch ein zusatzliches Zwischenrad der Abstand zwischen Radsatzwelle und Motorwelle vergrossert wodurch es moglich ist grossere und damit leistungsstarkere Fahrmotoren zu verwenden 1 Anwendung BearbeitenDer Tatzlagerantrieb ist die einfachste Art der Aufhangung von Fahrmotoren im Drehgestell Er wurde zunachst uberwiegend bei Strassen und Uberlandbahn Triebwagen und Lokomotiven kleiner Leistung eingesetzt Im Laufe der 1920er und 1930er Jahre wurden zunachst in Frankreich anschliessend auch in Deutschland Lokomotiven mit grosserer Leistung eingesetzt 1 Er ist ein kostengunstiger Antrieb und war bis um 1950 die klassische Antriebsart von Strassenbahntriebwagen und elektrischen Lokomotiven Auch die Fahrmotoren dieselelektrischer Drehgestelllokomotiven werden in der Regel in Tatzlageranordnung eingebaut Der Tatzlagerantrieb ist weiterhin der am haufigsten eingesetzte Antrieb und kommt immer noch bei langsameren Fahrzeugen zum Einsatz Nachteilig gegenuber gefederten Antrieben wie zum Beispiel Hohlwellen Kardanscheiben oder Federtopfantrieb ist beim Tatzlagerantrieb die hohe Masse die ungefedert auf dem Radsatz liegt typischerweise etwa die Halfte der Masse des Fahrmotors 6 was zu einer erhohten Abnutzung der Gleise und Getriebezahnrader fuhrt Gemass einer LCC Untersuchung der DB aus dem Jahr 2005 7 ist der Tatzlagerantrieb bei Geschwindigkeiten bis 160 km h wirtschaftlicher als der Hohlwellenantrieb Mit Gleichstrom und Einphasen Reihenschluss Fahrmotoren waren mit Tatzlagerantrieben nur Leistungen bis 550 kW pro Radsatz und Geschwindigkeiten bis 120 km h moglich Durch die Verwendung von Asynchronmotoren die ein geringeres Leistungsgewicht haben konnte die Leistung auf bis zu 1400 kW pro Radsatz und die Geschwindigkeit bis auf 160 km h erhoht werden Abgefederte Tatzlagerantriebe in Form von Gummi und Kegelringfederantrieben wurden mit Einphasenreihenschlussmotoren bis etwa 1000 kW und fur serienmassige Geschwindigkeiten bis 160 km h ausgefuhrt Fahrzeuge mit Tatzlagerantrieb Auswahl Bearbeiten diverse Strassenbahn und Lokalbahnfahrzeuge schwere Guterzuglokomotiven der DR Baureihe E 95 Baujahr 1927 S Bahn Triebwagen der DR Baureihe ET 165 Baujahre 1928 1931 Schnellzuglokomotiven der DR Baureihe E 11 Baujahre 1961 1976 S Bahn Triebwagen der DB Baureihe 420 Baujahre 1969 1997 Diesellokomotiven der DR Baureihe 132 DB Baureihe 232 Baujahre 1970 1982 Schnellbahn Triebwagen OBB B4hET 4020 Baujahre 1978 1987Literatur BearbeitenJury Leonid Koffman Der Tatzlager Motor In Wolfgang Messerschmidt Hrsg Lok Magazin Nr 88 Franckh sche Verlagshandlung W Keller amp Co 1978 ISSN 0458 1822 S 15 22 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Tatzlagerantriebe Sammlung von BildernEinzelnachweise Bearbeiten a b c d Karl Sachs Elektrische Triebfahrzeuge Ein Handbuch fur die Praxis sowie fur Studierende Hrsg Schweizerischer Elektrotechnischer Verein 2 Auflage Springer Verlag Wien 1973 S 385 bis 413 Helmut Bendel u a Die elektrische Lokomotive Seite 306 Tatzmotorenantrieb In Lexikon Eisenbahn 6 bearbeitete und erganzte Auflage transpress Berlin S 770 Helmut Bendel u a Die elektrische Lokomotive Seite 315 ONB ANNO Elektrotechnik und Maschinenbau Abgerufen am 19 Januar 2022 Siegfried Muller Elektrische und dieselelektrische Triebfahrzeuge Leistungsfahigkeit Wirtschaftlichkeit Arbeitsweise Birkhauser Basel 1979 ISBN 3 0348 6551 1 S 48 urn nbn de 1111 20131122384 Nachdruck Springer Basel 2014 Martin B Sebald Vergleich Tatzlagerantrieb und Kardanantrieb mit Hohlwelle ETR Eisenbahntechnische Rundschau Nr 54 Eurailpress Deutscher Verkehrs Verlag Hamburg 2005 S 455 460 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tatzlagerantrieb amp oldid 234884837