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Die Tabula Clesiana ist eine Bronzetafel aus der Romerzeit die 1869 auf den Campi Neri bei der Ortschaft Cles im Nonstal im westlichen Trentino bei der Aushebung eines Grabens in 60 cm Tiefe gefunden worden ist Sie wird im Museum des Castello del Buonconsiglio in Trient aufbewahrt 1 Eine originalgetreue Kopie ist im Ratischen Museum in Sanzeno zu sehen das sich unter anderem mit der romischen Besiedlung des Nonstales befasst Tabula Clesiana Inhaltsverzeichnis 1 Beschaffenheit und Inhalt 1 1 Beschreibung 1 2 Inhalt 1 3 Bedeutung 1 4 Text 1 5 Ubersetzung 2 Rezeption 3 Literatur 4 AnmerkungenBeschaffenheit und Inhalt BearbeitenBeschreibung Bearbeiten Die Tafel mit den Massen 50 38 0 61 cm ist aus qualitativ hochwertigem Material hergestellt wiegt 7 140 kg und befindet sich in einem guten Zustand Die Regelmassigkeit der Schriftfuhrung der optische Gesamteindruck und der amtlich korrekte Stil der Inschrift weisen auf eine hoch spezialisierte Werkstatt hin An den Ecken der Tafel sind die Locher fur die Nagel zu ihrer Anbringung zu sehen 2 Inhalt Bearbeiten Sie ist mit einer Inschrift versehen die einen Erlass des romischen Kaisers Claudius aus dem Jahr 46 n Chr zum Gegenstand hat Im Vorspann des eigentlichen Erlasses werden das genaue Datum 15 Marz die zwei amtsfuhrenden Konsuln und der Kaiser mit seinen Titeln aufgefuhrt Der Text ist eine kaiserliche Verfugung in der er zu zwei ihm zur Kenntnis gebrachten konkreten und voneinander unabhangigen Sachverhalten Stellung bezieht Die einzige Gemeinsamkeit besteht anscheinend darin dass es sich um Falle handelt die mit den Alpen zu tun hatten Im ersten Fall geht es um alte Streitigkeiten zwischen zwei Volksstammen die in der Gegend des Comersees und nordlich davon im heutigen Bergell siedelten Sie stritten sich um Landereien die im Lichte neuer Informationen die dem Kaiser durch Camurius Statutus zugetragen wurden im Besitz des Kaisers waren Der Kaiser beauftragt seinen Verwalter Julius Planta den Fall an Ort und Stelle genau zu untersuchen und nach seinem Gutdunken eine Entscheidung zu fallen die er ihm dann zur Kenntnis bringen soll Im zweiten Fall geht es um den rechtlichen Status von Stammesangehorigen die in den tridentinischen Talern lebten Die im Nonstal ansassigen Anauni und die moglicherweise in benachbarten Talschaften siedelnden Sinduni und Tuliassi waren auch Jahrzehnte nach der Eingliederung des Territoriums in dem sie lebten in das romische Reich noch nicht in den Genuss des romischen Burgerrechts gelangt Sie hatten hochstens den Rechtsstatus von adtributi die einem municipium angegliedert waren und darauf hoffen konnten irgendwann in der Zukunft gleichsam nach einer Probezeit das volle romische Burgerrecht zugesprochen zu bekommen Nur die romischen Burger die cives konnten bestimmte Rechtsgeschafte abschliessen oder bestimmte Verwaltungsfunktionen bekleiden Wie aus dem Text hervorgeht scheint zwischen den cives des municipium tridentinum und den genannten angegliederten Stammen eine dermassen enge familiare soziale und wirtschaftliche Vermischung stattgefunden zu haben dass sich diese als romische Burger ausgaben und wie selbstverstandlich in wichtigen Posten der romischen Verwaltung z B in der Pratorianergarde zu finden waren die nur vollwertigen Burgern zuganglich hatten sein sollen Dem Kaiser scheint die rechtliche Lage so verworren vorgekommen zu sein dass er sich dazu entschliesst die nachtragliche Sanierung einer Unzahl von Einzelfallen in der Weise vorzunehmen dass er den angefuhrten Volksstammen pauschal die romischen Burgerrechte verleiht Bedeutung Bearbeiten Der Fund dieser Bronzetafel hat seinerzeit fur betrachtliches Aufsehen gesorgt so dass sich sogar Theodor Mommsen in einem Traktat mit der darin enthaltenen Rechtsmaterie befasst hat Die Tafel liefert wertvolle Einsichten in lokale Gegebenheiten jener Zeit wie zugig die romanische Assimilierung peripherer gebirgiger ratischer Gebiete vonstattengegangen ist deren Bevolkerung in allen Bereichen die romische Lebensweise ubernommen hat Sie benennt erstmals die Stamme der Tuliassi und der Sinduni deren korrekte Lokalisierung auch heute nur hypothetisch moglich ist Text Bearbeiten M arco Iunio Silano Q uinto Sulpicio Camerino co n s ulibus Idibus Marti i s Bai i s in praetorio edictum Ti beri Claudi Caesaris Augusti Germanici propositum fuit id quod infra scriptum est Ti berius Claudius Caesar Augustus Germanicus pont ifex maxim us trib unicia potest ate VI imp erator XI p ater p atriae co n s ul designatus IIII dicit cum ex veteribus controversis petentibus 3 aliquamdiu etiam temporibus Ti beri Caesaris patrui mei ad quas ordinandas Pinarium Apollinarem miserat quae tantum modo inter Comenses essent quantum memoria refero et Bergaleos isque primum apsentia pertinaci patrui mei deinde etiam Gai principatu quod ab eo non exigebatur referre non stulte quidem neglexserit et posteac detulerit Camurius Statutus ad me agros plerosque et saltus mei iuris esse in rem praesentem misi Plantam Iulium amicum et comitem meum qui cum adhibitis procuratoribus meis quisque 4 in alia regione quique in vicinia erant summa cura inqui sierit et cognoverit cetera quidem ut mihi demons trata commentario facto ab ipso sunt statuat pronun tietque ipsi permitto quod ad condicionem Anaunorum et Tulliassium et Sindu norum pertinet quorum partem delator adtributam Triden tinis partem ne adtributam quidem arguisse dicitur tam et si animadverto non nimium firmam id genus homi num habere civitatis Romanae originem tamen cum longa usurpatione in possessionem eius fuisse dicatur et ita permix tum cum Tridentinis ut diduci ab i i s sine gravi splendi 5 municipi i iniuria non possit patior eos in eo iure in quo esse se existima verunt permanere benificio meo eo quidem libentius quod plerisque 6 ex eo genere hominum etiam militare in praetorio meo dicuntur quidam vero ordines quoque duxisse non nulli collecti 7 in decurias Romae res iudicare quod benificium i i s ita tribuo ut quaecumque tanquam cives Romani gesserunt egeruntque aut inter se aut cum Tridentinis alisve ratam 8 esse iubeat 9 nominaque ea quae habuerunt antea tanquam cives Romani ita habere i i s permittamUbersetzung Bearbeiten Tiberius Claudius Caesar Augustus Pontifex Maximus verfugt Da seit langem alte Streitigkeiten bestehen die auf die Zeiten meines Onkels des Kaisers Tiberius zuruckgehen der den Pinarius Apollinaris beauftragt hatte den Streit zwischen den Comern und soviel ich mich erinnere den Bergaliern zu schlichten kam es wegen der dauernden Abwesenheit meines Onkels nie zu einem Entschluss und das ebenso wenig unter der Herrschaft des Gaius Caligula weil dieser wohl aus besserer Einsicht nie einen Bericht daruber angefordert hatte Als mir dann Camurius Statutus mitgeteilt hatte dass ein Grossteil jener Grunde und Walder um die es ging zu meinem Besitz gehoren entsandte ich meinen Freund und Kameraden Julius Planta an Ort und Stelle damit er mit meinen Bevollmachtigten die aus der dortigen und aus benachbarten Gegenden zu bestimmen sind fleissige Erhebungen anstelle und den wahren Sachverhalt ergrunde denselben habe ich auch bevollmachtigt zu bestimmen und zu beschliessen was ihm am gunstigsten erscheint er soll mir dann personlich daruber Bericht erstatten Was nun die Lage der Anauni Tulliassi und Sinduni betrifft von denen mir berichtet wurde ein Teil sei den Tridentinern ein Teil aber noch niemandem zugeteilt so muss ich zwar gestehen dass das romische Burgerrecht dieser Volksstamme auf recht unklarer Herkunft beruht andererseits sagt man dass diese Leute es schon lange besitzen und dass sie derart mit den Tridentinern vermischt sind dass man sie nicht ohne schweren Schaden fur diese herrliche Gemeinde daraus loslosen konnte Ich gestatte daher dass sie kraft meiner Gnade und Gunst in dem Zustand verbleiben mogen den sie sich angemasst haben und dies um so lieber als mir gesagt wird dass viele unter ihnen auch bei den Pratorianern dienen und einige von ihnen dort sogar Kommandoposten innehaben und dass nicht wenige unter ihnen in den Dekurien in Rom richterliche Funktionen ausgeubt haben Diese meine Gunst verleihe ich ihnen dermassen dass alles was sie als romische Burger taten und ausfuhrten sowohl untereinander mit den Tridentinern oder mit anderen auf meinen Befehl beglaubigt werde und ich erlaube dass ihnen jene Titel bestatigt werden die sie schon fruher innehatten so als ob sie romische Burger waren Rezeption BearbeitenDer Aufsehen erregende Fund wurde im spaten 19 und fruhen 20 Jahrhundert rasch im Rahmen der nationalistisch aufgeheizten Debatte um den Tirol Trentiner Raum funktionalisiert 10 Er diente irrendentischen Autoren als Beleg fur eine fruhe Romanitat des sudlichen damals noch zu Osterreich Ungarn gehorenden Tirols Insbesondere der Trentiner Historiker Giovanni Oberziner postulierte in seinem 1883 erschienenen Werk I Reti in relazione cogli antichi abitatori d Italia die Latinitat des gesamten sudlich des Brenners gelegenen Gebiets 11 Literatur BearbeitenTheodor Mommsen Edict des Kaisers Claudius uber das romische Burgerrecht der Anauner vom J 46 n Chr In Hermes Bd 4 Heft 1 1870 S 99 120 Digitalisat CIL 5 5050Anmerkungen Bearbeiten Tabula Clesiana In alpiantiche unitn it Abgerufen am 8 Juli 2022 italienisch Darstellung der Tafel In alpiantiche unitn it Abgerufen am 8 Juli 2022 sollte heissen pendentibus sollte heissen quique sollte heissen splendidi sollte heissen plerique sollte heissen allecti sollte heissen rata sollte heissen iubeam Anselmo Baroni Citta e regioni tra storia locale e grande storia Qualche riflessione a partire dal caso alpino In Ubergange Transiti Geschichte und Region Storia e regione 15 2 Studienverlag Innsbruck Wien Bozen 2006 S 96 106 Elvira Migliario Hannes Obermair Roma sulle sponde del Talvera In Elvira Migliario Gianni Santucci Hrsg Noi figli di Roma Fascismo e mito della romanita Quaderni di Storia Le Monnier Mondadori Milano 2022 ISBN 978 88 00 86287 5 S 135 159 hier S 138 139 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tabula Clesiana amp oldid 229800186