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Totenzettel sind einfache oder gefaltete Zettel mit den wichtigsten Lebensdaten eines Verstorbenen die meist im Rahmen des Requiems an die Trauergaste verteilt werden Der Brauch war im 19 Jahrhundert im gesamten katholischen Europa verbreitet und wird regional immer noch gepflegt In manchen Gegenden sind dafur die Bezeichnungen Totenbild chen Totenbrief Sterbebild chen und Sterbezettel Trauerbild chen und Trauerzettel Leichenzettel Grabzettel Leidbild oder Leidbildchen gebrauchlich in Osterreich werden sie auch Parten oder Partezettel genannt in Teilen der Schweiz Leidhelgeli 1 Totenzettel aus dem Rheinland 1885Im weiteren Sinn versteht man unter Totenzettel auch Todesnachrichten die fruher im Ort verteilt oder versandt wurden Ihrem Zweck und der Aufmachung nach waren sie jenen ahnlich die man auch heute noch benutzt um das Ableben eines Menschen mitzuteilen um das Gebet fur den Verstorbenen und seine Familie zu erbitten und zur kirchlichen Begrabnisfeier einzuladen Sie sind eine sehr informative Quelle fur die Ahnenforschung und werden daher manchmal auch von Familienforschern in gedruckter oder elektronischer Form reproduziert Inhaltsverzeichnis 1 Geschichtlicher Ruckblick 2 Bildliche Gestaltung 3 Textliche Gestaltung 4 Druckverfahren 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichtlicher Ruckblick BearbeitenDer alteste erhaltene Totenzettel wurde 1663 in Koln gedruckt fur die dort am 23 Juni 1663 verstorbene Catharina Balchem 2 Niederlandische Quellen nennen das Jahr 1668 als fruheste nachweisbare Datum der Bidprentjes der alteste Wurzburger Totenzettel stammt aus dem Jahr 1672 Totenzettel erfreuten sich insbesondere in den Niederlanden einer besonderen Beliebtheit wie die umfangreichen Sammlungen in Nijmegen Albertinum und Amsterdam Museum Amstelkring mit je 300 000 Exemplaren sowie jene des Centraal Bureau voor Genealogie in Den Haag mit uber einer Million Exemplaren zeigen Inhalt und Umfang passten sich dabei den Gewohnheiten der jeweiligen Zeit an Ende des 17 Jahrhunderts und vor allem im 18 Jahrhundert fasste man auf vielen Totenzetteln das Leben des Verstorbenen zusammen vermerkte wichtige Ereignisse und pries die geistliche Pragung des Lebenslaufes Begleitend konnten Trost spendende Zitate biblischer oder sonstiger Herkunft abgedruckt sein manchmal in lateinischer Sprache sowie in der deutschen Ubersetzung Im 19 Jahrhundert verbreitete sich der Brauch uber das gesamte katholische Europa und erreichte 1840 Bayern Bis 1860 wurden gewohnliche Heiligen oder Andachtsbildchen gelegentlich solche mit gestanztem Spitzenrand auf der Ruckseite mit dem Namen und sonstigen Angaben uber den Verstorbenen bedruckt Erst danach setzte die Produktion spezieller Sterbebilder mit schwarzem oftmals aber auch silbernem Trauerrand ein Die kleinformatigen Totenzettel sind in der Regel zwei oder vierseitig und werden in Papierformaten ahnlich DIN A6 oder auch DIN A7 gedruckt die grosseren erreichen DIN A4 oder sogar das Format eines kleineren Plakats Auf der ersten Seite ist in der Regel ein Bild des Verstorbenen abgedruckt Je weiter man sich dem 20 Jahrhundert nahert desto mehr verknappt sich der Inhalt der Totenzettel auf einige wenige Lebensdaten des Verstorbenen und desto mehr vereinfacht sich der Bildschmuck Es bleibt zuweilen nur der Trauerrand Der Wunsch der Verstorbene moge die ewige Ruhe erlangen und die an die Hinterbliebenen gerichtete Bitte um ein Gebet fur den Verstorbenen gehoren in vielen Gegenden zum unverzichtbaren Bestandteil der Totenzettel anderswo entspricht der Text weitgehend dem einer Todesanzeige in der Zeitung Neuerdings finden sich auch Totenzettel mit freier gestalteten Texten z B Zitaten aus der Literatur Liedern oder Ahnlichem die einen Bezug zur verstorbenen Person haben und manchmal von ihr bereits zu Lebzeiten ausgewahlt wurden Die Bitte um Gebet wurde auch zum Anlass genommen den Totenzettel in ein Gebet oder Gesangbuch zu legen daher findet man haufig Totenzettel oder Sterbebildchen zwischen den Seiten von Gebet und Gesangbuchern Teils werden Totenzettel in Form einer Sammlung aufbewahrt Bildliche Gestaltung Bearbeiten nbsp Sterbebild eines jungen Madchens aus dem Jahr 1887Hauptthema war fruher auf den Sterbebildern die Passion Christi Darstellungen der Todesangst auf dem Olberg uber den Kreuzweg und den Kreuzestod bis zur Auferstehung waren die Regel Haufig dargestellt findet sich in diesem Themenkreis Maria als schmerzensreiche Muttergottes Daneben gab es Bilder welche die Heilige Familie in ihrer werktaglichen Beschaftigung zeigten Eine grosse Rolle vor allem bei verstorbenen Kindern spielten Schutzengelbilder oder auch Darstellungen Marias oder Jesu Christi Gerne wahlte man Abbildungen der als wundertatig geltenden Marien oder Heiligenfiguren bekannter Wallfahrtsorte in Bayern etwa der schwarzen Madonna der Gnadenkapelle von Altotting Auch Auferweckungswunder wurden dargestellt Von etwa 1885 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges waren die ikonographischen Motive am breitesten gefachert Es gab eine fast unuberschaubare Fulle symbolischer und allegorischer Darstellungen mit Grabkerzen Gedenksteinen Urnen und Saulen sowie Stillleben aus Kreuzen Leidenswerkzeugen Ankern Kelchen Herzen usw Ab etwa 1875 wurden die Textseiten der Sterbebilder vielerorts mit Originalfotografien versehen Die Fotos mussten hierzu in Handarbeit ausgeschnitten und aufgeklebt werden Der Brauch den Verstorbenen selbst mit abzubilden verbreitete sich ab 1885 In Bayern fasste diese Sitte nur sehr zogernd Fuss Lediglich die Sterbebilder von Honoratioren oder anderen hochstehenden Personlichkeiten weisen hie und da ein Foto des Verstorbenen auf Erst mit den Gefallenenbildchen des Ersten Weltkrieges wurde das Einrucken eines Fotos auch in Bayern ublich Heute findet man zuweilen auch Totenzettel mit nichtreligiosen Darstellungen z B werden Fotos von herbstlichen Landschaften oder Baumen verwendet Textliche Gestaltung Bearbeiten nbsp Totenzettel mit genauen Angaben zur Todesursache und Personlichkeit 1866 nbsp Totenzettel aus dem Jahre 1913 mit AblassgebetNeben der bildlichen Darstellung auf der Vorderseite war stets auch der ausgewahlte Text auf der Ruckseite des Sterbebildes von grosser Bedeutung Zwischen 1860 und 1950 waren die Sterbebilder sehr beredt Der Betrachter erfahrt vom Familien und Gesellschaftsstand ehrengeachteter Manner und Frauen und davon ob sie verheiratet verwitwet oder als tugendsame Junglinge oder Jungfrauen dahingeschieden waren In der Landwirtschaft spielten Hof und Flurnamen eine gewichtige Rolle Es wurde genau festgehalten ob die verstorbene Person z B Bauerin Austragsmutter bayrisch siehe Auszugshaus Bauernsohn oder der Huberbauer war Das lange oder kurze Leiden wurden ebenfalls genannt Bei Unglucksfallen ist auch deren Art bezeichnet worden selbst vom Tod durch Morderhand ist zu lesen Sorgfaltig ist auch das genaue Alter des oder der Verstorbenen angefuhrt sowie der Empfang der Sterbesakramente Vermerkt wurden fruher auch Verdienste beim Militardienst und Kriegsauszeichnungen Verdienste in offentlichen Amtern und wichtigste weltliche bzw geistliche Orden und Ehrenzeichen sowie Mitgliedschaften in einem Dritten Orden Auch die Berufsbezeichnung galt bis in die 50er Jahre hinein als unerlasslich Weitere wichtige Informationen auf den Totenzetteln sind Geburtsnamen Geburts und Sterbeort Vielfach wurden die Sterbebilder mit Sinnspruchen meist Gebetstexte Zitate aus der Bibel oder den Kirchenvatern versehen Haufig findet sich das lateinische Requiescat in pace oft auch abgekurzt zu R I P auf der Vorder oder Ruckseite des Sterbebildes Manchmal wurden auf dem Totenzettel auch Ablasskonditionen angegeben Druckverfahren BearbeitenTechnisch waren die Sterbebilder von etwa 1860 bis 1890 in Stahlstich oder Lithografie ausgefuhrt Ab 1880 verlegte man sich zunehmend auf die Chromolithografie Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der Kupfertiefdruck aufgenommen Bei der Herstellung aufwendiger Bilder waren haufig mehrere Druckereien beteiligt indem ein Betrieb die aufwendigen bildlichen Darstellungen druckte und diese Formulare dann von einer anderen Druckerei mit dem Text meist im Bleisatz bedruckt wurden Dadurch konnten die Totenzettel schnell und auch in technisch nur einfach ausgestatteten Betrieben hergestellt werden Zusammenstellungen von Totenzetteln aus einem Ort zeigen dabei oft dass bestimmte Druckereien uber einen langen Zeitraum die gleichen Bilder verwendeten Siehe auch BearbeitenTodesanzeige Andachtsbildchen ParteLiteratur BearbeitenAlois Lederer Seit 1840 erinnern in Bayern Sterbebilder an die Verstorbenen In Labertaler Igeleien Lesejournal der ArGe Naherholung Mittleres Labertal Ausgabe November 2004 online Josef Wisskirchen Kolner Totenzettel aus dem Jahre 1663 im Pfarrarchiv St Ulrich in Frechen Buschbell In Jahrbuch des Frechener Geschichtsvereins 2 2006 S 125 134 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Totenzettel Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Geschichte hautnah eine 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