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Unter dem Begriff Steinkonservierung werden Massnahmen verstanden die dem Zweck dienen den Zustand eines verwitterten Denkmalgesteins zu bewahren zu erhalten bzw konservieren Da die Verwitterung fast immer das Ergebnis der chemischen und oder physikalischen Wechselwirkung von Wasser mit den gesteinsbildenden Mineralen bzw deren Gefuge ist besteht ein Ansatz der Steinkonservierung darin Wasser vom Stein fernzuhalten und gegebenenfalls aufgelostes bzw verloren gegangenes Bindemittel zu ersetzen Da uberwiegend die verwitternden Oberflachen aus weichen Sandsteinen sowie kalkgebundenen oder gipshaltigen Natursteinen gefestigt und vor weiterer Erosion geschutzt werden mussen wird der Arbeitsbereich haufig auch verkurzend unter dem Begriff Natursteinkonservierung zusammengefasst Die Steinkonservierung besitzt eine lange Tradition Die verwendeten Mittel und Applikationstechniken haben sich im Laufe der Zeit in Anlehnung an den aktuellen Stand von Forschung und Entwicklung verandert aber das Ziel die Bewahrung und der Schutz von Kulturgut aus Naturwerksteinen ist das gleiche geblieben Stets muss bedacht werden dass jede Konservierungsmassnahme an porosen Stoffen als nicht reversibel einzustufen ist Inhaltsverzeichnis 1 Kieselsaureester Festigung 2 Acrylharzvolltrankung 3 Minimalinvasive Acrylharzvolltrankung AVT X 4 Vollkonservierung mit funktionellen Silanen 5 Hydrophobierung 6 Biologische Verfahren 7 Sonstige Verfahren 8 Literatur 9 Siehe auch 10 EinzelnachweiseKieselsaureester Festigung BearbeitenGegenwartig wird insbesondere die Festigung verwitterter Gesteinsoberflachen mit Kieselsaureester praktiziert Der Kieselsaureester wird mit einer Injektionsspritze einem Pinsel oder einer Kompresse auf die Gesteinsoberflache gebracht dringt in das oberflachennahe Porengefuge des Steins ein und hydrolysiert dort unter Reaktion mit der Feuchte im Gestein zu amorpher Kieselsaure Dieses Kieselgel ersetzt als dunner Film im Porenraum die durch Verwitterung verloren gegangene Bindung und festigt dadurch absandende und leicht abschuppende Gesteinsoberflachen sedimentarer Gesteine Tiefergehende Schaden wie Rissbildungen oder sich von der Oberflache ablosende Schalen konnen durch dieses Verfahren nicht repariert werden Dazu sind aufwendigere Massnahmen wie das Verfullen der Risse bzw das Hinterfullen der Schalen mit materialangepassten Morteln erforderlich Das Bindemittel dieser Mortel ist haufig auch Kieselsaureester oder ein Kieselsol Problematisch bei der Kieselsaureesterfestigung sind die Eindringtiefe des Festigungsmittels und das Erreichen eines ausgeglichenen Festigkeitsprofils im Steinquerschnitt Die Eindringtiefe bei den vor Ort am Bauwerk anwendbaren Applikationstechniken hangt davon ab wie bereitwillig das Material aufgrund seiner Kapillaritat die Kieselsaurelosung aufsaugt Bei sehr feinporigen Gesteinen mit einem mittleren Porenradius lt 1 µm betragt die Eindringtiefe nur wenige Millimeter wahrend sie bei grossporigen Gesteinen gt 5 µm einige Zentimeter betragen kann Reicht die verwitterte Zone tiefer in den Stein als die Eindringfront des Kieselsaureesters dann entsteht eine harte aussere Schale auf einer schwach verfestigten Zone die dann zur Sollbruchstelle wird 1 Acrylharzvolltrankung BearbeitenFur abbaubare Objekte wird seit mehr als 30 Jahren das Verfahren der Acrylharz Volltrankung angewendet bei dem die problematische Schalenbildung nicht auftritt In grossen Autoklaven wird mit Unterstutzung von Vakuum und Druck monomeres Methylmethacrylat MMA in das zuvor vollstandig ausgetrocknete Porensystems eingebracht Nach vollstandiger Durchdringung wird das MMA durch Warmezufuhr polymerisiert so dass in dem Porensystem PMMA Acrylglas Plexiglas entsteht Durch Haftvermittler wird eine gute Verhaftung mit der Porenwandung erreicht so dass eine hohe uber den gesamten Querschnitt des Gesteins gleichmassige Festigkeit erzielt wird und die Wasseraufnahme vollstandig unterbunden ist Nach anfanglich aufgetretenen Problemen die u a auf nicht ausreichende vorherige Trocknung zuruckzufuhren waren hat sich das Verfahren inzwischen fur zahlreiche keinesfalls aber alle Gesteinsarten die Feuchtigkeit aufnehmen und damit witterungsanfallig sind bewahrt Das Verfahren wurde aufgrund des starken Eingriffs in die Gesteinssubstanz in der Anfangsphase ausschliesslich als ultima ratio bei anders nicht mehr zu rettenden Objekten eingesetzt Diese Einschrankung ist inzwischen weitgehend aufgehoben Eine besondere Bedeutung kommt dem Verfahren bei statisch gefahrdeten Objekten zu z B Treppenanlage des Wendelsteins in Torgau Geringfeste Natursteine mit hohem Porenvolumen beispielsweise Weiberner Tuff sind aufgrund einer hohen Wahrscheinlichkeit von Folgeschaden in Form von Rissbildungen fur eine Acrylharzvolltrankung nicht geeignet Eine prophylaktische Anwendung dieses Verfahrens sollte unterbleiben 2 Minimalinvasive Acrylharzvolltrankung AVT X BearbeitenIn einer neuerlichen Weiterentwicklung wird die Acrylharzvolltrankung mittlerweile mit variablem Anteil von polymerisierbarem Bindemittel durchgefuhrt Zu der alten Bezeichnung AVT AcrylharzVollTrankung kommt das Suffix X Eine AVT50 hat also einen 50 igen Anteil polimerisierbaren MMAs Derzeit zum Einsatz kommen fur Sandstein und Marmor AVT90 bis AVT20 vornehmlich aber AVT50 Der entscheidende Unterschied zur klassischen Acrylharzvolltrankung ist dass die Steinpore nicht mehr vollstandig verfullt und verschlossen sondern lediglich mit einem dunnen PMMA Film ausgekleidet wird Die an der Porenwand anhaftende Filmstarke variiert mit dem polimerisierbaren Anteil Die thermische Dehnung des gefestigten Gesteins entspricht weitgehend der des ungefestigten Gesteins Das Porenvolumen verkleinert sich je nach Gesteinsart und Filmstarke und die Wasseraufnahme ist dementsprechend reduziert Eine Wiederbehandelbarkeit mit konventionellen restauratorischen Mitteln und Massnahmen ist vollstandig gegeben Vollkonservierung mit funktionellen Silanen BearbeitenAls Erganzung zur vorher beschriebenen Acrylharzvolltrankung gibt es ein neueres Verfahren der Vollkonservierung strukturgeschadigter Objekte mit einem mineralischen Festigungsmittel Die Vollkonservierung mit funktionellen Silanen kann nur an abbaubaren und mobilen Sandsteinobjekten durchgefuhrt werden da auch hier grosse druck und vakuumfahige Autoklaven benotigt werden Mit dem Konzept der Vollkonservierung wird einer Grenzflachenbildung zwischen gefestigten und ungefestigten Bereichen entgegengewirkt Da das Festigungsmittel aus einer Mischung funktioneller Organoalkoxysilane besteht die an silikatischen Oberflachen chemisch anbinden kann eignet es sich zur Festigung von Sandsteinen nicht aber zur Festigung von calcitischen Gesteinen wie z B Marmor Das Festigungsmittel wird monomer in den Stein eingebracht und im Porenraum durch Hydrolyse und Polykondensation zu einem stabilen Polysiloxanfilm auspolymerisiert Es wird dabei lediglich die innere Oberflache der Gesteinsporen beschichtet Der Porenraum an sich bleibt offen Die Abfolge der Vollkonservierung mit funktionellen Silanen Konditionierung des Steins Der Stein wird konditioniert werden um den Porenraum fur die Aufnahme des Festigungsmittels vorzubereiten Er muss jedoch nicht vollstandig getrocknet werden da das Festigungsmittel Feuchtigkeit zum Reagieren benotigt Trankung Der konditionierte Stein wird in einer Trankwanne gelagert Die Trankwanne wird im Druck Vakuum Autoklaven mit dem Trankmedium geflutet und unter Vakuum gesetzt Luft entweicht aus dem Stein Es folgt eine Druckphase die das Trankmedium in den Stein transportiert Nach mehreren Druck Vakuum Phasen wird der Stein aus dem Trankmedium entnommen Ausreaktion Die Ausreaktion findet unter kontrolliertem feucht warmen Klima statt Zusatzlich wird der Umgebungsdruck dem Reaktionsverlauf angepasst Die vollstandige Reaktion dauert je nach Art und Format des Substrats 14 Tage bis 3 Wochen Restaurierung Alle konventionellen restauratorischen Massnahmen konnen ohne Einschrankungen an den gefestigten Stucken durchgefuhrt werden Reversibilitat und Wiederbehandlung Grundsatzlich ist keine Konservierungsmassnahme vollstandig reversibel Von hoherer Bedeutung ist heute die Wiederbehandelbarkeit 3 Die Wiederbehandelbarkeit ist nach der Vollkonservierung mit funktionellen Silanen vollstandig gegeben Da der Porenraum nicht verfullt sondern nur ummantelt ist kann eine wiederholte Festigung mit dem gleichen System in spaterer Zeit mit anderen neuen Festigungsmitteln aber auch mit der vorher erwahnten Acrylharzvolltrankung durchgefuhrt werden Hydrophobierung BearbeitenAls eine schonende weil nur wasserabweisende Konservierungsmassnahme ist lange Zeit die Hydrophobierung angesehen worden Der Hinweis dass der Stein weiterhin atmen konne hat den Blick auf die Probleme verschlossen die hinter der hydrophobierten Schicht auftreten konnen Die Hydrophobierung wirkt nicht nur von aussen nach innen sondern auch von innen nach aussen Das bedeutet dass das im Stein befindliche Wasser den Stein durch diese Schicht nur uber die Dampfphase verlassen kann Hinter dieser Schicht kann es somit zu einem Wasserstau und bei salzbelasteten Steinen zu einer Salzkonzentration kommen Die Hydrophobierung erfordert deshalb eine sehr umfangreiche Voruntersuchung auf Eignung des Gesteins und des individuellen Einsatzortes um Schaden durch Frost und Salzbelastung auszuschliessen Verschiedene Steinvarietaten insbesondere die rheinischen Tuffe aber auch Backsteine bzw Ziegel zeigen sehr haufig auf die Hydrophobierung zuruckzufuhrende Folgeschaden in Form von Schalenbildungen von der Starke der von der Hydrophobierung erfassten Gesteinsoberflache Voraussetzung fur eine erfolgreiche Konservierungsmassnahme ist die Aufnahmefahigkeit des zu behandelnden Gesteins fur das angebotene Konservierungsmittel So nehmen sehr feinporige Gesteine u U nur das Losungsmittel auf wahrend an der Oberflache eine Ablagerung des Wirkstoffes festzustellen ist Die Eignung des Konservierungsmittels fur das jeweilige Gestein oder umgekehrt des Gesteins fur ein ansonsten bewahrtes Konservierungsmittel ist deshalb von Fall zu Fall zu prufen nicht zuletzt im Hinblick auf den vorliegenden Verwitterungszustand und eventuell fruher durchgefuhrter Massnahmen Zu prufen ist aber auch die Aufnahmebereitschaft des Kapillarsystems Eine mit Wasser gefullte Pore kann kein Konservierungsmittel aufnehmen Die In situ Behandlung stosst hier an naturliche physikalische Grenzen Die hier formulierten Schadensbilder und Einschrankungen reflektieren allerdings Erfahrungen welche nur noch bedingt auf den heutigen Stand der Technik ubertragbar sind da moderne Rohstoffe und weiterentwickelte Hydrophobierungsmittel ebenfalls vielfach zusatzlich impragnierend wirken und durch die damit verbundene Tiefenwirkung langfristig wirksam sind Bestimmte Natursteine und insbesondere Betone werden auf diese Weise geschutzt und entsprechend hat sich eine hierauf spezialisierte Zulieferer und Verarbeiterindustrie entwickelt und etabliert Aufgrund der Vielzahl von Rohstoffen bzw daraus formulierten Hydrophobierungsmitteln und der daraus resultierenden Unubersichtlichkeit des Angebotes ist in jedem Falle aber notwendig dass sowohl Anwender als auch Anbieter von Hydrophobierungsmitteln die Eignung des Untergrundes bzw des hierfur vorgesehenen Hydrophobierungsmittels gewissenhaft in Vorversuchen individuell prufen Diese Voraussetzung ist nicht immer gegeben was aber nicht im Umkehrschluss dazu fuhren sollte Hydrophobierungsprodukte pauschal mit Schadensbildern zu assoziieren Dem gegenuber stehen eine Vielzahl von auch langfristig erfolgreich hydrophobierten Bauvorhaben im In und Ausland Biologische Verfahren BearbeitenEine ungewohnliche neue Methode wurde jungst am Mailander Dom ausprobiert Eine Forschergruppe unter Leitung der Mikrobiologin Francesca Cappitelli liess an zwei verschiedenen verwitterten Stellen zwei Verfahren gegeneinander antreten die man unter der Uberschrift Chemie gegen Biologie zusammenfassen kann Der Einsatz von Mikroben der Art Desulfovibrio vulgaris erwies sich als die schonendere Methode Sie reinigten die dunkle gipshaltige Kruste des Marmors gleichmassig und ruckstandsfrei 4 5 Sonstige Verfahren BearbeitenSowohl mit Kalkwasser als auch mit Barytwasser wurde versucht murbe Natursteine oder Putzmortel zu festigen indem die Losung in das Kapillarsystem eingebracht wurde damit die Fallungsprodukte das Korngerust stabilisierten Es wurde jedoch wissenschaftlich belegt dass sofern uberhaupt ein Festigkeitszuwachs stattfindet dieser vorwiegend auf einer Umlagerung von noch im Mortel vorhandenem Calciumhydroxid zuruckzufuhren ist so dass der Effekt auch durch eine einfache Trankung mit Wasser erreicht werden kann Literatur BearbeitenRolf Snethlage Leitfaden Steinkonservierung Planung von Untersuchungen und Massnahmen zur Erhaltung von Denkmalern aus Naturstein 3 uberarbeitete Auflage Fraunhofer IRB Verlag Stuttgart 2008 ISBN 978 3 8167 7554 6 DBU Forschungsprojekt AZ 25200 45 Bewahrung wertvoller umweltgeschadigter Kulturguter aus Naturstein durch innovative Konservierung mit einer Mischung funktioneller Silane Siehe auch BearbeitenBetoninstandsetzung Oberflachen von NaturwerksteinEinzelnachweise Bearbeiten Polemik zur Natursteinkonservierung von Konrad Fischer abgerufen im Februar 2016 Literaturubersicht zur Acrylharzvolltrankung beim IRB 1 2 Vorlage Toter Link www baufachinformation de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Die Acrylharzvolltrankung Ibach H Quelle Naturstein 1987 ISSN 0028 1026 Odermatt W in Nachhaltigkeit und Denkmalpflege Beitrage zu einer Kultur der Umsicht 2003 S 127 137 Der Spiegel 38 2007 S 169 F Cappitelli L Toniolo A Sansonetti D Gulotta G Ranalli E Zanardini C Sorlini Advantages of using microbial technology over traditional chemical technology in removal of black crusts from stone surfaces of historical monuments In Applied and environmental microbiology Band 73 Nummer 17 September 2007 S 5671 5675 ISSN 0099 2240 doi 10 1128 AEM 00394 07 PMID 17601804 PMC 2042061 freier Volltext Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Steinkonservierung amp oldid 237434933